Beschluss vom 22.04.2003 -
BVerwG 3 A 5.02ECLI:DE:BVerwG:2003:220403B3A5.02.0

Beschluss

BVerwG 3 A 5.02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. April 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht van S c h e w i c k und
Dr. B r u n n
beschlossen:

Das Bundesverwaltungsgericht erklärt den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig und verweist den Rechtsstreit an das sachlich und örtlich zuständige Landgericht Dresden.

Der Rechtsstreit ist nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 83 VwGO in Verbindung mit § 17 a GVG von Amts wegen (vgl. Beschluss vom 17. April 2002 - BVerwG 3 B 137.01 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 244 S. 40) an das örtlich zuständige Landgericht zu verweisen. Es kann offen bleiben, ob das Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung in diesem Verfahren nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zuständig wäre, sofern der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 VwGO gegeben wäre. Denn das Verfahren zielt auf einen Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung von (öffentlich-rechtlichen) Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, so dass gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 (1. Halbsatz, 3. Alt.) VwGO der ordentliche Rechtsweg gegeben ist.
§ 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO begründet den Rechtsweg zu den Zivilgerichten u.a. für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten und nimmt davon ausschließlich solche Schadensersatzansprüche aus, die auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen; für sie ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Zwar dehnt die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Urteil vom 29. Mai 1973 - BVerwG VII C 2.72 - DÖV 1974, 133 f. und Beschluss vom 30. April 2002 - BVerwG 4 B 72.01 - Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 288) den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten aus auf Schadensersatzansprüche wegen Verschuldens bei Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages. Doch setzt der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten jedenfalls voraus, dass der jeweils geltend gemachte Schadensersatzanspruch in sachlichem Zusammenhang mit Anbahnung, Abschluss oder Abwicklung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages steht. Daran fehlt es hier.
Zutreffend geht die Klägerin davon aus, der von ihr geltend gemachte Schadensersatzanspruch resultiere aus der Zuweisungsverfügung des Bundesministeriums des Innern vom 24. Juni 1993, mit der der Bund nach Abstimmung mit dem Sächsischen Staatsministerium des Innern dem Land Sachsen gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über den Zivilschutz ab 1. Juli 1993 einen Hubschrauber zur Verfügung gestellt hat; der Anspruch stütze sich auf eine Verletzung von durch diese Zuweisungsverfügung begründeten öffentlich-rechtlichen Pflichten. Bei dieser Zuweisungsverfügung handelt es sich jedoch entgegen der Ansicht der Klägerin zweifelsfrei nicht um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, sondern um einen Verwaltungsakt. Darauf weist bereits der verwandte Begriff "Verfügung" hin. Bestätigt wird diese Annahme namentlich durch die in der Zuweisungsverfügung dem Bund eröffnete Möglichkeit, sie bei Vorliegen bestimmter Gründe nicht kündigen, sondern "widerrufen" zu können. Das Land Sachsen soll sich ebenfalls von der Zuweisung nicht durch eine Kündigung lösen können, sondern bei Vorliegen der entsprechenden Gründe einen Antrag auf Widerruf stellen können.
Ist hiernach die ordentliche Gerichtsbarkeit dazu berufen, über das Begehren des klagenden Bundes zu befinden, welches sich der Sache nach aus einer Verletzung von durch die Zuweisungsverfügung begründeten Pflichten ergeben soll, so hält es der beschließende Senat aber gleichwohl für gerechtfertigt, den Ort einer zugleich in Betracht zu ziehenden unerlaubten Handlung im Sinne des § 32 ZPO (Besonderer Gerichtsstand der unerlaubten Handlung) für maßgeblich anzusehen; denn das Klagevorbringen führt auch schlüssig auf eine unerlaubte Handlung i.S. der §§ 823 ff. BGB, so dass das zuständige Gericht sich voraussichtlich ferner mit diesen Anspruchsgrundlagen wird befassen müssen.
In der zivilrechtlichen Rechtsprechung und im einschlägigen Schrifttum hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass das nach § 32 ZPO zuständige Gericht auch über einen konkurrierenden quasi-vertraglichen Anspruch mit zu entscheiden hat (vgl. KG, Beschluss vom 2. September 1999 - 28 AR 90/99 - NJW-RR 2001, 62 m.w.N.; vgl. auch Thomas/Putzo, ZPO, 24. Auflage, § 32 Rn. 6 m.w.N.); der beschließende Senat folgt dem jedenfalls für den Fall, dass - wie hier - beide Klagegründe auf dem selben Lebenssachverhalt beruhen.