Beschluss vom 22.03.2011 -
BVerwG 10 B 7.11ECLI:DE:BVerwG:2011:220311B10B7.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.03.2011 - 10 B 7.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:220311B10B7.11.0]

Beschluss

BVerwG 10 B 7.11

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 29.11.2010 - AZ: OVG 9 A 2532/07.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. März 2011
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dörig und Richter
sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke
beschlossen:

  1. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt.
  2. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. November 2010 wird verworfen.
  3. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Dem Kläger konnte die beantragte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil seine Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

2 Die auf den Verfahrensmangel der Versagung rechtlichen Gehörs gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

3 Die Beschwerde macht geltend, die Entscheidung des Berufungsgerichts verletze das Recht auf rechtliches Gehör, weil sie vor Ablauf einer dem Kläger gesetzten Äußerungsfrist ergangen und dadurch ein vom Kläger fristgerecht eingereichter Schriftsatz nicht berücksichtigt worden sei. Aus § 138 Nr. 3 VwGO ergebe sich, dass die Entscheidung in diesem Fall unwiderleglich auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Im Übrigen wäre bei ordnungsgemäßer Kenntnisnahme des klägerischen Schriftsatzes eine anderweitige Entscheidung des Berufungsgerichts möglich gewesen.

4 Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde einen Gehörsverstoß nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend auf. Ein Verfahrensmangel ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Dies erfordert bei der Gehörsrüge, dass außer der Darstellung des Sachverhalts, in dem die Verletzung des rechtlichen Gehörs erblickt wird, schlüssig dargelegt wird, welches Vorbringen bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs hätte berücksichtigt werden müssen bzw. was noch vorgetragen worden wäre und inwiefern dieser Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet wäre. Dem wurde vorliegend nicht Genüge getan.

5 Die Beschwerde legt zwar dar, warum das Berufungsgericht den klägerischen Schriftsatz vom 29. November 2010 hätte berücksichtigen müssen. Die gleichzeitige Behauptung, dass bei ordnungsgemäßer Kenntnisnahme dieses Schriftsatzes eine andere Entscheidung des Berufungsgerichts möglich gewesen wäre, wird aber nicht substantiiert dargetan. In diesem Zusammenhang verweist die Beschwerde zunächst darauf, dass in dem nicht berücksichtigten Schriftsatz des Klägers geltend gemacht worden sei, dass im Rahmen der von der Organisation Wikileaks veröffentlichten Erhebungen der US-Streitkräfte die Tatsachengrundlage für die Gefährdung der Zivilbevölkerung zugunsten des Klägers hätte korrigiert werden müssen, ohne - mit Blick auf die Entscheidungserheblichkeit dieses Vorbringens - den Inhalt dieser Wikileaks-Veröffentlichungen zumindest in groben Zügen wiederzugeben. Soweit die Beschwerde weiter geltend macht, dass das vom Berufungsgericht bei der Frage der Gefahrendichte errechnete Risiko nur dann aussagekräftig sei, wenn es in Relation zu „gewöhnlichen“ Lebensrisiken gesetzt werde, legt sie nicht dar, inwiefern dieser Umstand in rechtlicher Hinsicht unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Klärung der Anforderungen an die Gefahrendichte in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Senats zu einer anderen Entscheidung des Berufungsgerichts hätte führen können. Soweit die Beschwerde schließlich darauf hinweist, der Kläger habe in dem nicht berücksichtigten Schriftsatz deutlich gemacht, dass er die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wünsche, um die bisherige Beurteilung seines Vorbringens hinsichtlich seiner Ausbildung bei der irakischen Armee durch das Verwaltungsgericht zu erschüttern, legt sie nicht dar, weshalb das Berufungsgericht allein aufgrund der Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 29. November 2010 hätte Anlass haben können, den Kläger im Rahmen einer mündlichen Verhandlung erneut zu seinem individuellen Verfolgungsschicksal anzuhören. Das Verwaltungsgericht ist vorliegend zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Behauptung des Klägers, Soldat gewesen zu sein, nicht glaubhaft sei, da er angegeben habe, gemeinsam mit seinem Bruder beim Militär gewesen zu sein, beide im Zusammenhang mit der behaupteten gemeinsamen Militärzugehörigkeit aber widersprechende Angaben gemacht hätten. Dass diese Würdigung des Verwaltungsgerichts rechtlich fehlerhaft ist, wird mit der Beschwerde nicht behauptet. Stattdessen wird darauf hingewiesen, dass der Widerruf der Behauptung, gemeinsam mit dem Bruder bei der Armee gewesen zu sein, dem Berufungsgericht die Möglichkeit eröffnet hätte, dem Kläger dennoch Glauben zu schenken. Hierauf kommt es vorliegend aber nicht an. Denn der Kläger hat im Schriftsatz vom 29. November 2010 die Behauptung, gemeinsam mit seinem Bruder beim Militär gewesen zu sein, nicht widerrufen, sondern nur pauschal und ohne weitere Erläuterung darauf hingewiesen, dass die Überlegungen des Verwaltungsgerichts nicht so zwingend seien, dass von vornherein keine anderweitige Bewertung in Betracht käme.

6 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Satz 1 RVG.