Beschluss vom 21.12.2016 -
BVerwG 4 BN 14.16ECLI:DE:BVerwG:2016:211216B4BN14.16.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.12.2016 - 4 BN 14.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:211216B4BN14.16.0]

Beschluss

BVerwG 4 BN 14.16

  • OVG Münster - 27.01.2016 - AZ: OVG 7 D 130/14.NE

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Dezember 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz und Dr. Külpmann
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. Januar 2016 wird zurückgewiesen.
  2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.

2 Gegenstand der Normenkontrolle ist ein im vereinfachten Verfahren erlassener Bebauungsplan der Antragsgegnerin, der eine denkmalgeschützte Hofanlage mit umliegenden Grünflächen sowie angrenzende Wohnbebauung im Kölner Ortsteil Esch mit der städtebaulichen Zielsetzung überplant, den historischen Ortskern dieses Ortsteils mit seiner ortsbildprägenden Bau- und Freiflächenstruktur zu erhalten.

3 Das Oberverwaltungsgericht hat den Bebauungsplan für unwirksam erklärt, weil es an einem auf einer Umweltprüfung beruhenden Umweltbericht im Sinne des § 2a BauGB fehle. Die Voraussetzungen für das nach § 13 Abs. 1 BauGB durchgeführte vereinfachte Verfahren hätten nicht vorgelegen. Dieser Mangel sei nicht nach § 214 Abs. 1 BauGB unbeachtlich gewesen und auch nicht nach § 215 BauGB unbeachtlich geworden. Der nach § 13 Abs. 1 BauGB erlassene Bebauungsplan könne auch nicht im Wege der Umdeutung als Bebauungsplan der Innenentwicklung nach § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB aufrechterhalten werden.

4 Mit ihrer Grundsatzbeschwerde wendet sich die Antragsgegnerin gegen die vom Oberverwaltungsgericht verneinte Umdeutungsmöglichkeit.

5 Für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig hält die Beschwerde die Frage,
ob ein unwirksamer Bebauungsplan, der im vereinfachten Verfahren aufgestellt wurde, der die Voraussetzungen eines Bebauungsplans der Innenentwicklung erfüllt, in einen solchen umgedeutet werden kann.

6 Die aufgeworfene Frage führt nicht zur Zulassung der Revision.

7 Wörtlich genommen wäre die Frage nicht entscheidungserheblich. Denn von der ihr unterlegten Prämisse, der im vereinfachten Verfahren verfahrensfehlerhaft aufgestellte Bebauungsplan habe die Voraussetzungen eines Bebauungsplans der Innenentwicklung erfüllt und genüge den Verfahrensanforderungen eines beschleunigten Verfahrens, ist das Oberverwaltungsgericht nicht ausgegangen. Es hat sich im Gegenteil auf den Standpunkt gestellt, der Bebauungsplan habe die verfahrensrechtlichen Anforderungen des § 13a BauGB nicht erfüllt, der in § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB für den Fall des sogenannten kleinen Bebauungsplans nach § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB fordere, ortsüblich bekannt zu machen, dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB aufgestellt werden soll.

8 Der Beschwerdebegründung lässt sich allerdings entnehmen, dass die Antragsgegnerin die Möglichkeit einer Umdeutung ungeachtet der von ihr formulierten Einschränkung der Frage klären lassen möchte. Die aufgeworfene Frage ist deshalb so zu verstehen, dass die Beschwerde generell klären lassen möchte, ob ein im vereinfachten Verfahren verfahrensfehlerhaft aufgestellter Bebauungsplan in einen im beschleunigten Verfahren aufgestellten Bebauungsplan der Innenentwicklung umgedeutet werden kann, wenn im Aufstellungsverfahren zumindest darauf hingewiesen wurde, dass der Bebauungsplan ohne Durchführung einer Umweltprüfung aufgestellt werden soll.

9 So verstanden ist die Frage nicht klärungsbedürftig. Es bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um auf der Grundlage vorhandener Rechtsprechung und mit Hilfe der Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts zu bestätigen.

10 Dabei kann der Senat offen lassen, ob eine Umdeutung von Rechtsnormen entsprechend dem in § 47 VwVfG und § 140 BGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgrundsatz (vgl. Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 47 Rn. 5) überhaupt in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 4 CN 4.13 - BVerwGE 150, 101 Rn. 11). Denn der Weg einer Umdeutung ist vorliegend jedenfalls deshalb versperrt, weil sich das vereinfachte Verfahren nach § 13 BauGB und das beschleunigte Verfahren nach § 13a BauGB schon nach Verfahrensanforderungen und -zweck in einer Weise unterscheiden, die einer Umdeutung entgegensteht.

11 Dem Oberverwaltungsgericht ist zuzustimmen, dass der streitgegenständliche Plan bereits deshalb nicht in einen Bebauungsplan der Innenentwicklung umgedeutet werden kann, weil er die verfahrensrechtlichen Anforderungen des § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB nicht vollständig erfüllt. In der ortsüblichen Bekanntmachung hat die Antragsgegnerin nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zwar darauf hingewiesen, dass der Bebauungsplan ohne Durchführung einer Umweltprüfung aufgestellt werden soll; ein Hinweis auf die Aufstellung im beschleunigten Verfahren ist aber unterblieben.

12 Der Einwand der Beschwerde, dieser Umstand dürfe nicht zur Verneinung der verfahrensrechtlichen Voraussetzungen führen, weil dieser Aspekt auch von der Umdeutung erfasst werden müsse, vermengt die Einhaltung der verfahrensrechtlichen Anforderungen des beschleunigten Verfahrens als Voraussetzung einer möglichen Umdeutung mit deren Folgen. Der Wortlaut des § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB ist eindeutig. Er verlangt - neben dem Hinweis, dass auf die Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB verzichtet wird - auch den Hinweis, dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden soll. Eine einschränkende Interpretation verbietet sich bereits unter dem Gesichtspunkt der Verfahrenstransparenz. Darauf hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht hingewiesen. Denn Art. 3 Abs. 7 der Richtlinien 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl. L 197 S. 30) verlangt, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass auch die Gründe für die Entscheidung, keine Umweltprüfung vorzuschreiben, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 2014 - 4 BN 12.14 - Buchholz 406.11 § 13a BauGB Nr. 1 Rn. 12 ff.).

13 Innenentwicklung (zum Begriff BVerwG, Urteil vom 4. November 2015 - 4 CN 9.14 - BVerwGE 153, 174 Rn. 23 f.) ist zudem eine planerische Aufgabe der Gemeinde (zutreffend Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2016, § 13a Rn. 24). Das gesetzgeberische Ziel der Innenentwicklung kann deshalb nur erreicht werden, wenn die planende Gemeinde erkennt, dass sie im beschleunigten Verfahren tätig ist. Diese besondere Zwecksetzung hat die Gemeinde auch bei der Betätigung ihres nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB eröffneten Verfahrensermessens ("kann") in den Blick zu nehmen. Die interessierte Öffentlichkeit ist hierüber im Rahmen der ortsüblichen Bekanntmachung zu unterrichten.

14 Interpretative Einschränkungen des Wortlauts des § 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB im Interesse einer Umdeutung kommen aber auch angesichts der ganz unterschiedlich ausgestalteten Regelungsinstrumente nicht in Betracht. Das für Bebauungspläne der Innenentwicklung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB vorgesehene beschleunigte Verfahren erlaubt es unter den in § 13a Abs. 1 Satz 2 bis 5 BauGB geregelten weiteren Voraussetzungen, die betroffenen Flächen städtebaulich grundlegend neu zu ordnen und zu entwickeln. Demgegenüber kann das vereinfachte Verfahren nach § 13 BauGB nur gewählt werden, wenn die städtebauliche Ordnung und Entwicklung in ihrem grundsätzlichen Charakter unangetastet bleibt (Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2016, § 13 Rn. 18). Für eine teleologische Reduktion, wie sie der Beschwerde offensichtlich für den Fall vorschwebt, dass im Aufstellungsverfahren zumindest auf das Unterbleiben einer Umweltprüfung hingewiesen wurde, fehlt nach alledem jede Rechtfertigung. Unerheblich ist insoweit, dass der Gesetzgeber das Unterbleiben der Hinweise nach § 13a Abs. 3 BauGB in § 214 Abs. 2a Nr. 2 BauGB für unbeachtlich erklärt hat. Denn diese Vorschrift lässt die Rechtmäßigkeitsanforderungen unberührt.

15 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.