Beschluss vom 21.11.2002 -
BVerwG 3 B 120.02ECLI:DE:BVerwG:2002:211102B3B120.02.0

Beschluss

BVerwG 3 B 120.02

  • VG Frankfurt/Oder - 24.04.2002 - AZ: VG 6 K 2626/97

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. November 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. B o r g s - M a c i e j e w s k i
und Dr. B r u n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. April 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bleibt erfolglos.
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne der vorgenannten Bestimmung hat eine Rechtssache nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung dazu beitragen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern. Entscheidende Voraussetzung hierfür ist die Klärungsbedürftigkeit der von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlich bedeutsam bezeichneten Frage. Hieran fehlt es u.a. dann, wenn zu dieser Frage bereits eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt. So liegt der Fall hier.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts ist die beigeladene Wohnungsbaugenossenschaft gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Wohnungsgenossenschafts-Vermögensgesetz (WoGenVermG) Eigentümerin der von der Klägerin als Alteigentümerin zurückverlangten Grundstücke geworden, weil es sich dabei um "für Wohnzwecke genutzten, ehemals volkseigenen Grund und Boden" gehandelt habe. Die Klägerin verweist demgegenüber auf die zum 3. Oktober 1990 auf sie lautende Grundbucheintragung und möchte geklärt wissen, ob die betreffenden Grundstücke trotzdem als volkseigen im Sinne der angeführten Bestimmung zu gelten haben, zumal sie jedenfalls nicht durch "Einzelakt" in Volkseigentum überführt worden seien.
Zutreffend hat sich das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Senats vom 15. Juli 1999 (- BVerwG 3 C 12.98 - Buchholz 428.2 § 11 VZOG Nr. 23) berufen. Dort wird ausgeführt, die Kommunen hätten aufgrund des Gesetzes über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der DDR (vom 23. Juli 1952, GBl S. 613) als selbständige Körperschaften des öffentlichen Rechts zu existieren aufgehört und seien mit ihrem Vermögen in dem insoweit ungegliederten Einheitsstaat aufgegangen; das Vermögen sei damit dem Zentralstaat "unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden" (Art. 21 Abs. 3 EV). Von dieser Rechtslage, die der Senat im Übrigen bereits seinem Urteil vom 13. März 1997 (- BVerwG 3 C 14.96 - Buchholz 428.2 § 1 a VZOG Nr. 6 S. 6) zugrunde gelegt hatte, ist auch der früher mit dem Vermögenszuordnungsrecht befasste 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts stets ausgegangen, ohne dies näher zu problematisieren.
Mit der Auflösung der Kommunen bzw. dem Verlust ihrer Rechtspersönlichkeit wurde ihr bisheriges Vermögen kraft Gesetzes Volkseigentum. Zusätzlicher "Einzel-Enteignungsakte" bedurfte es dazu entgegen der Annahme der Klägerin ebenso wenig wie einer Berichtigung der Grundbücher. Das DDR-Gesetz von 1952 stellt eine "staatliche Entscheidung" i.S. von § 1 a Abs. 3 VZOG dar, derzufolge Volkseigentum ohne Eintragung in das Grundbuch und ohne dessen Berichtigung entstanden ist. Sozialistisches Eigentum bestand nach der Rechtsordnung der DDR (vgl. Art. 10 Abs. 1 Verfassung der DDR vom 6. April 1968 i.d.F. vom 7. Oktober 1974) entweder aus gesamtgesellschaftlichem Volkseigentum, aus genossenschaftlichem Gemeineigentum werktätiger Kollektive oder aus Eigentum gesellschaftlicher Organisationen der Bürger. Ein Fortbestehen kommunalen Eigentums war somit nicht nur wegen des - insoweit ersatzlosen - Wegfalls der bisherigen Eigentümer, sondern auch wegen des Fehlens einer diesbezüglichen Eigentumskategorie ausgeschlossen. Folgerichtig führten Grundstückskäufe durch den Rat einer Gemeinde stets zur Entstehung von sozialistischem Eigentum in der Form des Volkseigentums (vgl. Urteil vom 15. Dezember 1994 - BVerwG 7 C 57.93 - BVerwGE 97, 240 = Buchholz 111 Art. 22 EV Nr. 7 S. 18).
Soweit die Beschwerde die Frage der Verfassungswidrigkeit des § 4 Satz 2 WoGenVermG geklärt wissen will, bedarf es hierzu ebenfalls keines Revisionsverfahrens mehr. Im Urteil vom 15. Juli 1999 (- BVerwG 3 C 15.98 - BVerwGE 109, 221 <230> = Buchholz 111 Art. 27 EV Nr. 1 S. 8) hat der Senat mit Blick auf die Gesetzesmaterialien dargelegt, dass die "Restitutionsfestigkeit" der wohnungsgenossenschaftlichen Ansprüche bereits in Art. 22 Abs. 4 EV angelegt war. Daher kann keine Rede davon sein, der Gesetzgeber des Wohnungsgenossenschaftsvermögensgesetzes habe sich unzulässigerweise über den Einigungsvertrag hinweggesetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG.