Beschluss vom 21.08.2017 -
BVerwG 8 PKH 1.17ECLI:DE:BVerwG:2017:210817B8PKH1.17.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.08.2017 - 8 PKH 1.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:210817B8PKH1.17.0]

Beschluss

BVerwG 8 PKH 1.17

  • VG Chemnitz - 25.01.2017 - AZ: VG 1 K 158/12

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. August 2017
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Christ
und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab und Hoock
beschlossen:

Der Antrag des Klägers, ihm für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 25. Januar 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe

I

1 Der Kläger begehrt eine höhere als die ihm von der Beklagten zuerkannte Entschädigung für den Verlust des Eigentums an dem Grundstück Z.straße ... in C. Weiterhin begehrt er die Feststellung, dass die Käufer, an die das Grundstück 1986 veräußert wurde, dieses unredlich erworben haben. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, dem Kläger und einer weiteren Berechtigten zur gesamten Hand für den Vermögensverlust an dem Grundstück über den bereits festgesetzten Betrag hinaus eine Entschädigung in Höhe von 4 601,62 € zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Für die hiergegen beabsichtigte Beschwerde hat der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.

II

2 Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 25. Januar 2017 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 117 Abs. 2 ZPO).

3 Gemäß § 132 Abs. 2 VwGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder auf der Grundlage des Vorbringens des Klägers ersichtlich, noch sonst erkennbar.

4 1. Die sinngemäß erhobene Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), das Verwaltungsgericht habe den Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verletzt, weil es über das Ablehnungsgesuch des Klägers unter Mitwirkung der abgelehnten Richter entschieden habe, ist nicht berechtigt. Die unrichtige Entscheidung eines Ablehnungsgesuchs ist im Rahmen einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nur in dem Maße beachtlich, als damit die vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts geltend gemacht wird (vgl. § 138 Nr. 1 VwGO). Das ist nur dann der Fall, wenn die Ablehnungsentscheidung auf Willkür oder einem vergleichbar schweren Mangel des Verfahrens beruht, der in der Sache die Rüge einer nicht vorschriftsgemäßen Besetzung des Gerichts rechtfertigt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21. März 2000 - 7 B 36.00 - juris Rn. 4, vom 27. Januar 2016 - 8 B 8.15 - juris Rn. 3 und vom 27. Juni 2017 - 8 BN 1.16 - juris Rn. 3). Auf einen solchen Mangel führt das Vorbringen des Klägers nicht; Anhaltspunkte für einen derartigen Verfahrensmangel sind auch sonst nicht zu erkennen.

5 Das Verwaltungsgericht hat das mit Schriftsatz des Klägers vom 19. Januar 2017 angebrachte Ablehnungsgesuch gegen sämtliche berufsrichterlichen Mitglieder der Kammer mit Beschluss vom 20. Januar 2017 als unzulässig, weil offensichtlich rechtsmissbräuchlich angesehen. Rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich ist ein Befangenheitsgesuch dann, wenn die Begründung dieses Gesuchs unter keinem denkbaren Gesichtspunkt die Ablehnung des Richters rechtfertigen kann und mit der Art und Weise seiner Anbringung ein gesetzwidriger und damit das Instrument der Richterablehnung missbrauchender Einsatz dieses Rechts erkennbar wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. November 2012 - 2 KSt 1.11 - NVwZ 2013, 225 Rn. 2 m.w.N.). Das Verwaltungsgericht hat das Ablehnungsgesuch des Klägers für offensichtlich rechtsmissbräuchlich gehalten, weil es sich auf eine inhaltliche Kritik an dem vorangegangenen Prozesskostenhilfebeschluss der Kammer vom 17. Januar 2017 und den darauf bezogenen Vorwurf der Rechtsverweigerung beschränkt habe, ohne jedoch Befangenheitsgründe geltend zu machen, die sich individuell auf die an der zu treffenden Entscheidung beteiligten Richter bezögen. Diese Einschätzung mit der Folge, dass die Kammer unter Mitwirkung der drei abgelehnten Richter über das Befangenheitsgesuch entscheiden konnte, lässt keine objektiv willkürliche Verfahrensweise erkennen.

6 Auch der weitere Vortrag des Klägers, das Verwaltungsgericht habe die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) sowie den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt, weil es die als Zeugen vernommenen Käufer des Grundstücks nicht danach befragt habe, ob sie informelle Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes der DDR gewesen seien, ihr Eigentumserwerb mithin unredlich im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG gewesen sei, führt nicht auf einen Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Entgegen der Auffassung des Klägers war diese Frage für die Höhe der von ihm beanspruchten Entschädigung nicht von Bedeutung. Das angefochtene Urteil führt zutreffend aus, dass zwar für die Restitution eines Vermögenswertes maßgeblich ist, ob die Rückübertragung wegen redlichen Erwerbs der Verfügungsberechtigten ausgeschlossen ist, ein Anspruch auf Entschädigung nach § 1 Abs. 1 EntschG aber nur besteht, wenn die Rückgabe nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen - etwa nach § 4 Abs. 1 und 2 VermG - ausgeschlossen ist oder der Berechtigte Entschädigung gewählt hat (UA S. 34). Die Klage des Klägers gegen die Ablehnung der Rückübertragung des Grundstücks wegen redlichen Erwerbs im Sinne des § 4 Abs. 2 VermG wurde nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts (UA S. 7 f.) durch Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 28. April 1993 - C 4 K 1249/92 - bereits rechtskräftig abgewiesen. Dieses Urteil ist mit der Zurückweisung der hiergegen erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (BVerwG, Beschluss vom 6. Januar 1994 - 7 B 200.93 - juris) rechtskräftig geworden. Die gerichtliche Entscheidung über den im vorliegenden Verfahren streitigen Entschädigungsanspruch des Klägers nach § 1 Abs. 1 EntschG hat nach § 121 VwGO vom rechtskräftig festgestellten Ausschluss der Rückübertragung des Grundstücks auszugehen. Auf die Redlichkeit des Erwerbs kommt es daher hier nicht an, sodass diese Frage der Rechtssache auch nicht die vom Kläger geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verleihen kann.

7 2. Das übrige Vorbringen des Klägers betrifft überwiegend das bereits 1994 rechtskräftig abgeschlossene Restitutionsverfahren, das hier nicht verfahrensgegenständlich ist. Soweit sich das Vorbringen überhaupt auf das vorliegende Entschädigungsverfahren bezieht, rügt es die Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts im Einzelfall. Die diesbezüglich in der Beschwerdebegründung genannten Aspekte lassen sich nicht auf eine verallgemeinerungsfähige, über den konkreten Fall hinaus grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage zurückführen und können deshalb die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen.

8 Ferner lassen sich der Beschwerdebegründung keine Anhaltspunkte für eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO entnehmen. Schließlich sind auch im Übrigen keine Gründe erkennbar, die zur Zulassung der Revision führen könnten.

9 Von einer weitergehenden Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

Beschluss vom 06.11.2017 -
BVerwG 8 PKH 3.17ECLI:DE:BVerwG:2017:061117B8PKH3.17.0

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Beschluss

BVerwG 8 PKH 3.17

  • VG Chemnitz - 25.01.2017 - AZ: VG 1 K 158/12

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. November 2017
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Keller,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rublack und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Seegmüller
beschlossen:

Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Christ sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab und Hoock wird für unbegründet erklärt.

Gründe

1 Das im Schriftsatz des Klägers vom 2. September 2017 zur Erhebung einer "sofortigen Gehörsrüge und Beschwerde" gegen den Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde versagenden Beschluss des Senats vom 21. August 2017 enthaltene Gesuch auf Ablehnung der an diesem Beschluss beteiligten Richter des 8. Senats hat keinen Erfolg.

2 Der Senat entscheidet über das Ablehnungsgesuch gemäß § 10 Abs. 3 Halbs. 2, § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO ohne Mitwirkung der abgelehnten Richter in der aus dem Rubrum ersichtlichen Zusammensetzung, die sich aus dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts (Stand: 1. Mai 2017) ergibt.

3 Der Kläger hat weder in seinem Ablehnungsgesuch noch in seiner Stellungnahme zu den hierzu abgegebenen dienstlichen Äußerungen der abgelehnten Richter Gründe glaubhaft gemacht, die geeignet wären, eine Besorgnis von deren Befangenheit zu begründen.

4 Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO). Danach ist es nicht notwendig, dass der Richter tatsächlich befangen ist. Andererseits reicht die rein subjektive Vorstellung eines Beteiligten, der Richter werde seine Entscheidung an persönlichen Motiven orientieren, nicht aus, wenn bei objektiver Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund für die Befürchtung ersichtlich ist. Die Besorgnis der Befangenheit ist nur dann gerechtfertigt, wenn aus der Sicht des Beteiligten hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (BVerwG, Beschluss vom 30. September 2015 - 2 AV 2.15 - NVwZ 2016, 253 Rn. 7 m.w.N.). Dass ein Richter bei der Würdigung des maßgeblichen Sachverhalts oder dessen rechtlicher Beurteilung eine andere Rechtsauffassung vertritt als ein Beteiligter, ist regelmäßig nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Das gilt selbst für irrige Ansichten, solange sie nicht willkürlich oder offensichtlich unhaltbar sind und damit Anhaltspunkte dafür bieten, dass der Abgelehnte Argumenten nicht mehr zugänglich und damit nicht mehr unvoreingenommen ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juli 2007 - 1 BvR 3084/06 - NJW-RR 2008, 72).

5 Der Kläger kritisiert in seinem Ablehnungsgesuch, der angegriffene Prozesskostenhilfe versagende Beschluss weise keinen inhaltlichen Bezug zu der Begründung der (beabsichtigten) Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 25. Januar 2017 auf. Dieser Einwand richtet sich jedoch allein gegen die Sachbehandlung des Prozesskostenhilfegesuchs und macht entgegen der Verpflichtung aus § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 44 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht glaubhaft, dass Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit der an dem Beschluss mitwirkenden Richter bestünde. Das Vorbringen des Klägers bezieht sich in keiner Weise auf individuelle Umstände, welche die abgelehnten Richter betreffen.

6 Soweit der Kläger behauptet, die abgelehnten Richter hätten die Urschrift des angegriffenen Beschlusses nicht unterzeichnet, wird ebenfalls nicht deutlich, woraus sich eine Besorgnis ihrer Befangenheit ergeben sollte. Der Einwand trifft im Übrigen auch nicht zu. Die von allen mitwirkenden Richtern handschriftlich unterzeichnete Urschrift des Beschlusses befindet sich in der Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichts. Den Beteiligten und somit auch dem Kläger ist eine beglaubigte Abschrift hiervon übersandt worden, aus der die Namen der in der Urschrift unterzeichnenden Richter ersichtlich sind. Dies reicht aus, da das Gesetz an die Bekanntgabe eines solchen Beschlusses keine weiterreichenden Anforderungen enthält. Selbst die nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 317 ZPO für ein Urteil vorgesehene Zustellung würde im Übrigen nicht die Zustellung einer Urschrift an die Beteiligten verlangen. Sie kann vielmehr auch durch Übergabe einer Urteilsausfertigung bewirkt werden, die die Übereinstimmung mit der in den Akten verbleibenden Urschrift bezeugt und die Namen der beteiligten Richter in Maschinenschrift angibt (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2010 - XII ZB 132/09 - BGHZ 186, 22 = juris Rn. 13 ff., 17).

7 Auch daraus, dass der angegriffene Beschluss keine Rechtsmittelbelehrung enthält, kann sich schon deshalb ersichtlich keine Besorgnis der mangelnden Unvoreingenommenheit der mitwirkenden Richter ergeben, weil Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts unanfechtbar sind.

8 Schließlich ist auch dem weiteren, gegen den Inhalt der dienstlichen Äußerungen zum Ablehnungsgesuch gerichteten Vorbringen des Klägers nicht zu entnehmen, dass bei objektiver Würdigung Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit der abgelehnten Richter bestehen könnte.