Beschluss vom 21.05.2003 -
BVerwG 5 B 11.03ECLI:DE:BVerwG:2003:210503B5B11.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.05.2003 - 5 B 11.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:210503B5B11.03.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 11.03

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 08.11.2002 - AZ: OVG 2 A 2282/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Mai 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. S ä c k e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
S c h m i d t und Dr. F r a n k e
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. November 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 16 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vorgetragenen Gründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.
1. Das Oberverwaltungsgericht hat einen Anspruch des Klägers zu 1 auf Erteilung eines Aufnahmebescheides und der Kläger zu 2 bis 4 auf Einbeziehung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG im Wesentlichen mit der Begründung verneint, die Voraussetzungen eines Aufnahmebescheides nach § 27 Satz 1 BVFG seien nicht gegeben, da der Kläger zu 1 keinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten mehr habe; dies folge zur Überzeugung des Gerichts aus einem Schreiben des Klägers vom 7. Oktober 1997, in welchem er erklärt habe, am früheren Wohnsitz "alles aufgegeben" zu haben. Aus den vom Kläger zu 1 vorgelegten Meldebescheinigungen ergebe sich nichts anderes. Davon abgesehen habe der Kläger sich ausweislich der Angaben im Schriftsatz vom 26. Februar 2002 seit April 1995 nicht mehr in Russland aufgehalten und seinen dauernden Lebensmittelpunkt nach Deutschland verlegt. Es liege auch kein Härtegrund nach § 27 Abs. 2 BVFG vor. Der Kläger zu 1 habe seine drohende Einberufung nach Tschetschenien nicht glaubhaft gemacht und seine Angaben zur Pflegebedürftigkeit der Eltern nicht belegt. Er erfülle auch nicht die Voraussetzungen als Spätaussiedler, da er sich bei Ausstellung seines ersten Inlandspasses im Jahre 1976 nicht mit deutscher, sondern mit einer anderen Nationalität habe eintragen lassen. Darin liege ein Gegenbekenntnis, das nicht gemäß § 6 Abs. 2 Satz 5 BVFG unerheblich sei und dessen Revidierung nach der Neufassung des § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG nicht mehr möglich sei. Selbst wenn zu Gunsten des Klägers zu 1 eine besondere Härte im Sinne des § 27 Abs. 2 BVFG unterstellt werde und hinsichtlich der Frage des Bekenntnisses § 6 a.F. BVFG anwendbar wäre, hätte das Gegenbekenntnis seine Wirkung nicht verloren. Es bestehe auch kein Anspruch des Klägers zu 1 auf Einbeziehung in den Aufnahmebescheid seines Vaters, da dieser keinen Wohnsitz mehr in den Aussiedlungsgebieten habe. Der Kläger habe seinen Antrag erst nach Ausreise der Eltern gestellt und die Voraussetzungen eines besonderen Härtefalles im Sinne des § 27 Abs. 2 BVFG nicht vorgetragen.
2. Die Begründung der Grundsatzrüge, mit welcher die Beschwerde das Bestehen einer Wohnung in Moskau geltend macht und durch Augenschein unter Beweis stellt, richtet sich gegen die Rechtsanwendung und Tatsachenwürdigung im Einzelfall und macht der Sache nach geltend, es lägen (noch) die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufnahmebescheides nach § 27 Abs. 1 BVFG vor, obwohl der Kläger bereits 1995 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei. Damit ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in keiner Weise dargelegt (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) und keine klärungsbedürftige, entscheidungserhebliche Rechtsfrage von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung aufgezeigt.
3. Auch die Verfahrensrüge, mit welcher der Kläger zu 1 mit der Begründung, während des gesamten Berufungsverfahrens sei die Frage des Vorhandenseins eines Wohnsitzes in den Aussiedlungsgebieten nicht problematisiert worden, vielmehr hätten die Parteien lediglich über die Frage des angeblichen Wechsels der Volkszugehörigkeit gestritten, das Fehlen eines rechtlichen Hinweises rügt, in welchem Falle er weitere Beweismittel wie beispielsweise Zeugen bzw. Fotografien angeboten hätte, hat keinen Erfolg. Entscheidungserhebliche Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO werden von der Beschwerde nicht aufgezeigt; insbesondere sind die Kläger nicht durch das angefochtene Urteil unter Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) dadurch "überrascht" worden, dass das Berufungsgericht entscheidungserheblich auf diesen Gesichtspunkt abgestellt hat, denn als rechtskundige Prozessvertreter mussten die Bevollmächtigten der Kläger damit rechnen, dass das Berufungsgericht seine Entscheidung auch auf diesen Gesichtspunkt stützen werde oder jedenfalls könne. Die Bedeutung der Frage eines Wohnsitzes der Kläger in den Aussiedlungsgebieten war bereits Gegenstand des Gerichtsbescheides vom 30. November 1999 (Gerichtsakte S. 62 ff.) sowie des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 25. Februar 2000 (Gerichtsakte S. 102 ff.) gewesen; hierzu haben die Prozessbevollmächtigten bereits in ihrem Schriftsatz vom 14. April 2000 (Antrag auf Zulassung der Berufung) Stellung genommen (Gerichtsakte S. 138 f.). In dem Schriftsatz vom 12. Juli 2000 waren hierzu weitere Unterlagen eingereicht worden (Gerichtsakte S. 159 ff.). In der Berufungsbegründung vom 21. November 2001 hatten die Kläger erneut vorgetragen, der Kläger zu 1 verfüge über einen Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet (Gerichtsakte S. 180). Eines besonderen gerichtlichen Hinweises auf die Bedeutung dieses auch den Prozessbevollmächtigen der Kläger bekannten Gesichtspunktes bedurfte es somit nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 GKG, § 14 Abs. 1 GKG.