Beschluss vom 21.03.2006 -
BVerwG 10 B 2.06ECLI:DE:BVerwG:2006:210306B10B2.06.0

Beschluss

BVerwG 10 B 2.06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. März 2006
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hien und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und Dr. Nolte
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2 901,30 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf alle Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Als grundsätzlich bedeutsam im Sinne vom § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wirft die Beschwerde die Frage auf,
„ob eine in Umsetzung einer Planungsabsicht errichtete Erschließungsanlage bereits vor dem endgültigen Abschluss des Bebauungsplanverfahrens die Grenzziehung zwischen Innen- und Außenbereich verschieben kann“.

3 Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Sie betrifft die Auslegung des jeweiligen § 2 der Beitrags- und Gebührensatzungen zur Wasserabgabesatzung sowie zur Entwässerungssatzung des Beklagten, wonach ein Herstellungsbeitrag u.a. für „bebaubare“ Grundstücke erhoben wird, und mithin dem irrevisiblen Landesrecht zuzuordnende Normen des kommunalen Satzungsrechts, deren Auslegung und Anwendung vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft wird (§ 137 Abs. 1 VwGO) und eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung deswegen nicht begründen kann.

4 Die aufgeworfene Frage wird auch nicht dadurch zu einer solchen des Bundesrechts, dass das Satzungsrecht, soweit darin von „bebaubaren“ Grundstücken die Rede ist, einen bundesrechtlich geprägten Begriff verwendet, dessen Inhalt der Verwaltungsgerichtshof naheliegenderweise unter Rückgriff auf die Regelungen der §§ 29 ff. BauGB bestimmt. Revisibles Bundesrecht liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nämlich nur dann vor, wenn eine Regelung kraft eines Gesetzesbefehls des Bundesgesetzgebers gilt (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 24. März 1986 - BVerwG 7 B 35.86 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 132 S. 16 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Denn die genannten Vorschriften des Baugesetzbuchs beanspruchen nicht, die hier in Frage stehende Beitragspflicht für die Herstellung von Wasserversorgungs- bzw. Entwässerungsanlagen zu regeln. Ihre Anwendbarkeit folgt vielmehr aus der eigenständigen Entscheidung des kommunalen Satzungsgebers, der den Beitragstatbestand selbst festgelegt hat und - in der bindenden Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) - mit dem Begriff der Bebaubarkeit auf die Regelungen der §§ 29 ff. BauGB verwiesen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 1997 - BVerwG 8 B 101.97 - juris - zum auch in den hier maßgeblichen Satzungen des Beklagten verwendeten bundesrechtlichen Begriff der Gewerblichkeit). Diese in Bezug genommenen Vorschriften sind mithin ebenso irrevisibel, wie es eine wörtlich mit den §§ 29 ff. BauGB übereinstimmende Regelung in der Satzung des Beklagten wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1974 - BVerwG 8 C 12.73 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 69 S. 28 m.w.N.).

5 2. Auch die Rüge der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) greift nicht durch. Sie setzt u.a. voraus, dass sich die geltend gemachte Abweichung auf dieselbe Rechtsvorschrift bezieht (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Denn während - wie dargelegt - die Frage der Bebaubarkeit eines Grundstücks hier eine solche des Landesrechts ist, bezieht sich die von der Beschwerde angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 12. Dezember 1990 - BVerwG 4 C 40.87 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 138) auf die bundesrechtliche Vorschrift des § 34 BauGB. Entscheidungen zu Rechtsvorschriften verschiedener Geltungsgrundlagen können jedoch, auch wenn die Regelungen inhaltlich übereinstimmen, eine Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht begründen (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 24. März 1986 - BVerwG 7 B 35.86 - a.a.O. S. 17).

6 3. Soweit die Beschwerde als Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe entgegen seiner Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) von einer sich aufdrängenden Ortsbesichtigung zur Frage eines Bebauungszusammenhangs abgesehen, erfüllt dieses Vorbringen bereits nicht die Anforderungen, die § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung eines solchen Zulassungsgrundes stellt (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - a.a.O.). Denn die Beschwerde zeigt nicht auf, hinsichtlich welcher konkreter Tatsachen weiterer Aufklärungsbedarf bestand und welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären, die von dem durch das Vorbringen der Beteiligten und die zu den Gerichtsakten gereichten Karten und Fotografien vermittelten Erscheinungsbild abwichen.

7 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG i.V.m. § 5 ZPO.