Beschluss vom 20.12.2011 -
BVerwG 7 B 43.11ECLI:DE:BVerwG:2011:201211B7B43.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.12.2011 - 7 B 43.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:201211B7B43.11.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 43.11

  • VGH Baden-Württemberg - 16.03.2011 - AZ: VGH 3 S 2668/08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Dezember 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Brandt
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 16. März 2011 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 70 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Die Klägerin betreibt ein großes Textilveredelungsunternehmen, das Stoffe insbesondere färbt und bedruckt. Das im Betrieb anfallende Abwasser, das mit Resten konzentrierter Chemikalienlösungen und Chemikalienzubereitungen belastet ist, wird über den Hauptsammler eines Abwasserzweckverbands in die von diesem betriebene mechanisch-biologisch arbeitende Kläranlage geleitet und gelangt danach in den Rhein. Mitglieder des Abwasserzweckverbands sind neben der Klägerin und weiteren Textilbetrieben zwei Städte. Zur Umsetzung der in Anhang 38 - Textilherstellung, Textilveredelung - zur Abwasserverordnung enthaltenen Vorgaben ordnete die zuständige Wasserbehörde gegenüber der Klägerin insgesamt 15 Einzelmaßnahmen an; die von der Klägerin beantragte Befreiung von der Abwasservorbehandlung lehnte sie ab. Die nach im Wesentlichen erfolglosem Widerspruch erhobene Klage wurde vom Verwaltungsgericht abgewiesen. Die Berufung wies der Verwaltungsgerichtshof zurück.

2 Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde der Klägerin.

II

3 Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist, soweit sie nicht lediglich in der Art eines zulassungsfreien oder zugelassenen Rechtsmittels Kritik an der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Streitfalls durch den Verwaltungsgerichtshof übt, sondern den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt, unbegründet.

4 1. Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.

5 a) Die von der Klägerin als rechtsgrundsätzlich bedeutsam bezeichneten Fragen:
„Trifft es zu, dass eine wasserrechtliche Anordnung, die die Regelungen der Anhänge zur Abwasserverordnung umsetzt, grundsätzlich keiner Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall bedarf, soweit sich die Einleitung von Abwasser nicht erheblich von den in den Anhängen der Abwasserverordnung typisierten Fallkonstellationen unterscheidet?
Trifft es zu, dass die Abwasserverordnung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bereits dadurch auf normativer Ebene ausreichend Rechnung trägt und damit grundsätzlich eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall ausschließt, dass die in den Anhängen zur Abwasserverordnung (hier: Anhang 38) aufgeführten Mindestanforderungen je nach Herkunft des Abwassers differenziert geregelt werden?
Ist die Verhältnismäßigkeitsprüfung auch insoweit ausgeschlossen, als Gesichtspunkte betroffen sind, die in Anhang 38 überhaupt nicht behandelt werden?“
rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.

6 Die dritte Frage wäre in einem Revisionsverfahren schon nicht klärungsfähig, weil sie tatsächliche Feststellungen voraussetzt, die der Verwaltungsgerichtshof so nicht getroffen hat. Entsprechendes gilt für die erste Frage, soweit sie durch den zweiten Satzteil einschränkend gefasst ist. Im Übrigen bedarf die Klärung der Fragen nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens. Denn sie sind ohne Weiteres nach den in der Rechtsprechung entwickelten Rechtsgrundsätzen im Sinne des vom Verwaltungsgerichtshof eingenommenen Rechtsstandpunkts zu beantworten.

7 Ein Verwaltungsakt, der in Rechte des Adressaten eingreift, muss nach dem Grundsatz der Gesetzesbindung der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) mit den einschlägigen Rechtsvorschriften in Einklang stehen. Dazu zählen auch die unter dem Rang eines förmlichen Gesetzes stehenden Rechtsverordnungen. Danach sind, wenn mit dem Erlass des Verwaltungsakts die Befolgung genereller Regelungen hier in Gestalt normativ festgelegter Umweltstandards sichergestellt werden soll, auch die zwingenden, nicht unter dem Vorbehalt einer Einzelfallprüfung stehenden Vorgaben aus der Rechtsverordnung zu beachten, sofern sie sich Geltung beimisst; dies trifft jedenfalls bei den von der Rechtsverordnung vorausgesetzten Regelfällen zu. Soweit die Rechtsverordnung Ermessensspielräume eröffnet, sind diese nach Maßgabe des gesetzlichen Zwecks unter Würdigung der Umstände des Einzelfalles auszufüllen.

8 Die Anwendung einer Rechtsverordnung setzt allerdings deren Rechtmäßigkeit voraus. Soweit sie Grundrechtseingriffe zulässt, muss sie als solche nicht zuletzt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Dies richtet sich maßgeblich nach dem von der Verordnung in rechtlich zulässiger Weise verfolgten Zweck.

9 Die nach den zutreffenden Darlegungen des Verwaltungsgerichtshofs auch nach Inkrafttreten der Neuregelung des Wasserhaushaltsgesetzes zum 1. März 2010 (vgl. Gesetz zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31. Juli 2009 <BGBl I S. 2585>) fortgeltende Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer (Abwasserverordnung) - AbwV - (i.d.F. der Bekanntmachung vom 17. Juni 2004 <BGBl I S. 1108>, zuletzt geändert durch Art. 20 des Gesetzes vom 31. Juli 2009 <BGBl I S. 2585>) mit ihren Anhängen enthält - nunmehr zur Umsetzung der in § 57 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 WHG für die Direkteinleitung geregelten sowie nach § 58 Abs. 2 Nr. 1 WHG auch auf die Indirekteinleitung anwendbaren gesetzlichen Vorgaben - als eine Ausprägung des auch in Art. 20a GG verankerten umweltrechtlichen Vorsorgeprinzips (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. November 2010 - 1 BvF 2/05 - NVwZ 2011, 94 <Rn. 135>) emissionsbezogene Mindestanforderungen an das Einleiten von Abwasser. Das Vorsorgeprinzip reagiert nämlich nicht lediglich risikobezogen auf die noch lückenhaften Kenntnisse über die Schädlichkeit bestimmter Immissionen. Es knüpft vielmehr ressourcenbezogen auch an ein feststehendes Wirkungspotenzial gefährlicher Stoffe an, demgegenüber ein angemessener Abstand eingehalten werden soll (vgl. Beschluss vom 10. Januar 1995 - BVerwG 7 B 112.94 - Buchholz 406.25 § 48 BImSchG Nr. 4; siehe auch Urteile vom 18. Mai 1982 - BVerwG 7 C 42.80 - BVerwGE 65, 313 <320> = Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 3 und vom 17. Februar 1984 - BVerwG 7 C 8.82 - BVerwGE 69, 37 <43 f.> = Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 10; sowie dazu Wahl/Appel, in: Wahl <Hrsg.>, Prävention und Vorsorge, 1995, S. 1, 74 ff., 78 ff.; Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, 5. Aufl. 2003, § 2 Rn. 18 ff., 22; Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl. 2004, § 4 Rn. 8 ff., 16 ff., 26 ff.).

10 Diese Anforderungen bezwecken den vorsorgenden Abbau von Schadstofffracht und haben - anders als ergänzende und weitergehende Regelungen nach dem Immissionsprinzip (§ 57 Abs. 1 Nr. 2, § 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG n.F.) - keinen Bezug zum konkreten Belastungszustand des jeweiligen Gewässers (vgl. Beschluss vom 25. Februar 1991 - BVerwG 7 B 3.91 - Buchholz 445.4 § 1a WHG Nr. 1 <Rn. 4>; vgl. auch Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, § 57 Rn. 5; Kotulla, WHG, 2. Aufl. 2011, § 57 Rn. 2; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 555 ff.). Zur Erreichung dieses Ziels beschränkt sich die Abwasserverordnung nicht allein auf die Normierung besonderer Reinigungsanstrengungen durch die Festlegung von Grenzwerten für die Einleitung des - behandelten - Abwassers in das Gewässer (§ 57 Abs. 2 Satz 1 WHG, § 5 Satz 1 Halbs. 1 AbwV sowie die Anhänge jeweils in Abschnitt C.). Vielmehr hat sie mit der Festlegung von Anforderungen für den Ort des Anfalls sowie vor der Vermischung (§ 57 Abs. 2 Satz 2 WHG, § 5 Abs. 1 Halbs. 2, § 3 Abs. 4 und 5, § 2 Nr. 5 und 6 AbwV sowie die Anhänge jeweils in Abschnitten D. und E.) die Vermeidung von Schadstoffen bereits an der „Quelle“ durch den Einsatz emissionsarmer Produktionsverfahren im Blick (§ 3 Abs. 1 AbwV, siehe dazu Nisipeanu, ZfW 1999, 478 <485>).

11 Diese Anforderungen haben sich am Stand der Technik zu orientieren (§ 57 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1, § 3 Nr. 11 WHG) und sind schon deswegen auf eine generelle Beachtung angelegt. Die Klägerin behauptet nicht, dass die Festsetzungen im Anhang 38 der Abwasserverordnung entgegen den gesetzlichen Vorgaben nicht mit dem Stand der Technik in Einklang stehen und deswegen zur Erreichung des damit angestrebten vorsorgenden Gewässerschutzes ungeeignet sind. Im Übrigen spricht insbesondere angesichts der Einbeziehung von Vertretern der jeweils betroffenen Industriezweige in die Erarbeitung der Anhänge (siehe etwa Mindestanforderungen an Abwassereinleitungen, Textilherstellung, Textilveredelung, Hinweise und Erläuterungen zu Anhang 38 der Abwasserverordnung, herausgegeben vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser, BAnz vom 15. Januar 2004, Nr. 9a S. 42) nichts dafür, dass der Stand der Technik verfehlt wird.

12 Ein milderes Mittel zur Verfolgung des am Vorsorgeprinzip orientierten Zwecks ist ebenso wenig ersichtlich. Schließlich ist die mit der Abwasserverordnung und den Anhängen verfolgte Emissionsminderung dadurch begrenzt, dass sie nach Umfang und Ausmaß dem Risikopotenzial der Immissionen, die sie verhindern soll, proportional sein muss (vgl. Urteil vom 17. Februar 1984 - BVerwG 7 C 8.82 - BVerwGE 69, 37 <44>; Beschluss vom 30. August 1996 - BVerwG 7 VR 2.96 - Buchholz 406.25 § 17 BImSchG Nr. 3 <Rn. 22>). Die Beschwerde bringt nichts vor, was die Annahme rechtfertigen könnte, dass diese Voraussetzungen hier nicht gegeben sind. Sie zeigt nicht auf, dass der Schutz der Gewässer gegenüber dem Gefahrenpotenzial durch die Rückstände der Textilveredelung fehlgewichtet worden sein könnte. Das auf solche Substanzen bezogene in Anhang 38 spezifizierte Minimierungsgebot fügt sich des Weiteren, wie erforderlich, in ein Gesamtkonzept eines umfassenden Gewässerschutzes ein, das der Verordnungsgeber in Bezug auf zahlreiche Industrie- und Gewerbezweige in mittlerweile 57 Anhängen umgesetzt hat. Die differenzierte Bewertung nach dem sogenannten Branchenansatz trägt den Besonderheiten der betroffenen Wirtschaftszweige Rechnung.

13 Die in dieser Weise generalisierende Regelung ist - auch im Interesse der Wettbewerbsneutralität - auf allgemeine Befolgung ausgerichtet. Von diesem Regelungskonzept kann nur bei bestehenden Anlagen durch die Gewährung einer angemessenen Übergangsfrist zur Vermeidung unverhältnismäßiger Härten bis zur Anpassung und Sanierung der Produktionsanlagen und -methoden abgewichen werden (vgl. § 57 Abs. 2 Satz 3, § 58 Abs. 3 WHG n.F.; Anhang 38 Abschnitt F.). Hiervon abgesehen kann sich der Betroffene zwingenden Vorgaben grundsätzlich nicht unter Berufung darauf entziehen, dass diese im Einzelfall zu einer unverhältnismäßigen Belastung führten (vgl. Urteil vom 17. Februar 1984 - BVerwG 7 C 8.82 - BVerwGE 69, 37 <45> = Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 10; Beschlüsse vom 30. August 1996 - BVerwG 7 VR 2.96 - Buchholz 406.25 § 17 BImSchG Nr. 3 <Rn. 22> und vom 10. Juni 1998 - BVerwG 7 B 25.98 - Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 24 <Rn. 11 f.>; Breuer a.a.O. Rn. 579; Reinhardt, ZfW 2006, 65 <72 f.>; Sander, Die Indirekteinleiterverordnungen der Länder, 1993, Rn. 50; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 17 BImSchG Rn. 95; Jarass, BImSchG, 8. Aufl. 2010, § 17 Rn. 39 f.; sowie Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Aufl. 2004, 3. Kap. Rn. 7, 10).

14 b) Die Frage,
„Ist es ausgeschlossen, dass private Unternehmen als Mitglieder eines öffentlich-rechtlich Abwasserzweckverbandes diesem ihre Abwasserreinigungsaufgaben übertragen, so dass dieser, ob als Beauftragter oder Erfüllungsgehilfe, für diese privaten Unternehmen sämtliche Abwasserreinigungsaufgaben durchzuführen hat und demzufolge die privaten Unternehmen nicht Indirekteinleiter, sondern als Mitglieder des öffentlich-rechtlich Abwasserzweckverbandes über diesen als Direkteinleiter zu betrachten sind?“
rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht.

15 Zum einen ist die Klärungsfähigkeit der Frage, wie sie von der Klägerin formuliert wird, nicht ordnungsgemäß dargelegt. Denn sie knüpft an tatsächliche Umstände an, die der Verwaltungsgerichtshof so nicht festgestellt hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich nämlich nicht dazu verhalten, dass die Klägerin, wie in der Fragestellung vorausgesetzt, ihre Abwasserreinigungsaufgabe auf den Zweckverband übertragen hat. Die Beschwerde legt im Übrigen auch nicht dar, dass die Klägerin etwa aufgrund landesrechtlicher Bestimmungen (siehe § 56 Satz 2 WHG n.F.) abwasserbeseitigungspflichtig war.

16 Zum anderen wird in Bezug auf den mit der Fragestellung der Sache nach angesprochenen Rechtsbegriff des Direkteinleiters im Sinne von § 57 Abs. 1 WHG n.F., § 7a Abs. 1 WHG a.F., ein Klärungsbedarf ebenso wenig aufgezeigt. Nach dem Gesetz ist Direkteinleiter, wer Abwasser - unmittelbar - in ein Gewässer einleitet; demgegenüber ist Indirekteinleiter, wer Abwasser in eine öffentliche Abwasseranlage einleitet (§ 58 Abs. 1 WHG). Die Einleitung des Abwassers in eine solche Anlage schließt folglich die Anwendung der für Direkteinleiter geltenden Vorschriften aus. Die Klägerin legt nicht dar, dass der letztlich entscheidungserhebliche Begriff der öffentlichen Abwasseranlage revisionsgerichtlicher Klärung bedürfte. Hierunter fallen - auch ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs (BTDrucks 10/3973 S. 12; Czychowski/Reinhardt a.a.O. § 58 Rn. 7; Breuer a.a.O. Rn. 581) - neben den von den Kommunen betriebenen Anlagen alle (sonstigen) Abwasseranlagen, die der Allgemeinheit zur Verfügung stehen.

17 c) Schließlich kann der Beschwerde nicht gefolgt werden, soweit sie der Frage:
„Kommt es, wenn DIN-Normen (hier: DIN-Norm 1899-1:1998-05) verschiedene Untersuchungsmöglichkeiten vorsehen (hier: auch die Verwendung von im Handel erhältlichen Impfmaterial) für die Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse auf die vor Ort tatsächlich angewandte zulässige Untersuchungsmethode an oder kann deren Ergebnis ohne Beweiserhebung allein wegen der grundsätzlichen Zulässigkeit einer im konkreten Fall überhaupt nicht praktizierten Untersuchungsmethode abgelehnt werden und zu dem Schluss führen, dass die Untersuchung zu einem negativen Ergebnis geführt habe („in der Kläranlage keine gleichwertige Abwasserbehandlung möglich“)?“
rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimisst. Denn die Frage, wie eine DIN-Norm zu verstehen und anzuwenden ist, betrifft nicht die Auslegung revisiblen Rechts sondern allein die Tatsachenfeststellung (Beschlüsse vom 30. September 1996 - BVerwG 4 B 175.96 - Buchholz 445.4 § 18b WHG Nr. 2 und vom 28. Juli 2010 - BVerwG 4 B 29.10 - BauR 2010, 2083 Rn. 3).

18 2. Mit der Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) dringt die Klägerin ebenso wenig durch.

19 Ein Verfahrensmangel im Sinne dieser Vorschrift ist nur dann ordnungsgemäß bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26). Auch das leistet die Klägerin nicht.

20 a) Entgegen jedenfalls missverständlicher Formulierungen im Begründungsschriftsatz hat die Klägerin ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof am 16. März 2011 unbedingte Beweisanträge, die gemäß § 86 Abs. 2 VwGO vorab gesondert zu bescheiden sind, nicht gestellt (§ 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 2 ZPO; vgl. zur Beweiskraft des Protokolls nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 415 ZPO Urteile vom 27. April 2006 - BVerwG 7 C 10.05 - Buchholz 451.221 § 13 KrW-/AbfG Nr. 10 und vom 6. Oktober 1982 - BVerwG 7 C 17.80 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 26). Sie hat vielmehr die im Schriftsatz vom 15. März 2011 angekündigten Beweisanträge lediglich hilfsweise gestellt. Damit wird nur die weitere Erforschung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO angeregt (stRspr, vgl. etwa Beschlüsse vom 10. Juni 1999 - BVerwG 9 B 81.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 302 und vom 12. März 2010 - BVerwG 8 B 90.09 - juris Rn. 19). Der Vorwurf einer Verletzung der Aufklärungspflicht ist bei der Ablehnung eines Hilfsbeweisantrags nur dann begründet, wenn sich dem Gericht, namentlich im Hinblick auf die hilfsweise angeregte Beweiserhebung, eine weitere Beweisaufnahme auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen (siehe etwa Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26). Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) käme nur in Betracht, wenn die Ablehnung einer Beweiserhebung im Verfahrensrecht keine Stütze fände.

21 Hiernach zeigt die Klägerin mit ihrem Vorbringen weder einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz noch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs auf.

22 Der Verwaltungsgerichtshof ist der Mehrzahl der Beweisangebote (Nr. 1 bis 9, 13 bis 23, 25) - ausdrücklich oder jedenfalls der Sache nach - zumindest auch deswegen nicht nachgegangen, weil die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht entscheidungserheblich seien. Dies beurteilt sich allein nach dem materiellrechtlichen Standpunkt des Verwaltungsgerichtshofs, selbst wenn dieser verfehlt sein sollte (Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119> = Buchholz 451.171 § 7 AtG Nr. 5; Beschluss vom 24. August 2006 - BVerwG 7 B 38.06 - Buchholz 451.171 § 9a AtG Nr. 1 <Rn. 28>), und trägt die Ablehnung weiterer Aufklärung.

23 Die Klägerin, die sich zu den Beweisangeboten Nr. 2 und 16 bis 19 nicht verhält, legt nicht dar, dass der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidungserheblichkeit jeweils gemessen an seinem rechtlichen Ausgangspunkt - Maßgeblichkeit der Vorgaben des Anhangs 38 mit Anforderungen nicht allein für das Einleiten von Abwasser in Gewässer, sondern auch Anforderungen vor der Vermischung und für den Ort des Anfalls - verkannt hat. Soweit die Klägerin demgegenüber von ihrer abweichenden Rechtsauffassung über die anzulegenden rechtlichen Maßstäbe ausgeht, für die es in erster Linie auf der Grundlage eines - verkürzten - Verständnisses als „materieller“ Direkteinleiter auf die Einhaltung der Werte bei der Einleitung ankommen soll, ist dies - wie dargelegt - unbeachtlich.

24 Zu den Beweisangeboten Nr. 7, 9 und 12, die sich auf die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 3 Abs. 4 AbwV in Bezug auf die in Nr. 7 der angefochtenen Anordnung genannten Konzentrate beziehen, ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof die unter Beweis gestellten Tatsachen abschließend auch deswegen als nicht entscheidungserheblich eingestuft hat, weil einer Anrechnung der Reinigungsleistung der Kläranlage auch die Bestimmung des § 3 Abs. 5 AbwV entgegenstehe; hierzu verhält sich die Beschwerde nicht. Den Beweisangeboten Nr. 13, 14 und 15 fehlt jedenfalls der konkrete Bezug zu den Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 AbwV. Beim Beweisangebot Nr. 5 verkennt die Klägerin, dass die Anforderungen nach § 7a WHG a.F. neben dem allgemeinen Versagungsgrund einer Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit nach § 6 Abs. 1 WHG a.F. stehen; dies folgt eindeutig aus § 7a Abs. 1 Satz 2 WHG a.F. § 7a WHG a.F. stellt an jede Abwassereinleitung nur Mindestanforderungen im Vorfeld einer Bewirtschaftungsentscheidung, die strengere Anforderungen bis hin zur Versagung der Erlaubnis gebieten kann (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 7a Rn. 17). An diesem Verhältnis hat sich durch die gesetzliche Neuregelung in § 12 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Nr. 10 Alt. 1 WHG n.F. und § 12 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Nr. 10 Alt. 2, § 57 Abs. 2, § 58 Abs. 1 Satz 1 WHG n.F. nichts geändert.

25 Bei den Beweisangeboten Nr. 10, 11, 24 und 26 stellt der Verwaltungsgerichtshof jeweils zumindest auch darauf ab, dass sie nicht substantiiert seien. Dieser Einwand rechtfertigt es grundsätzlich, von weiterer Sachaufklärung abzusehen. Um die Erheblichkeit eines Beweisantrags beurteilen zu können, ist es nämlich unerlässlich, dass er konkrete Beweisbehauptungen enthält und zudem dargelegt wird, weshalb das benannte Beweismittel hierüber Erkenntnisse zu vermitteln vermag (Beschluss vom 4. Dezember 1998 - BVerwG 8 B 187.98 - Buchholz 310 § 6 VwGO Nr. 1). Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs ist insoweit jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. Bei Nr. 10 und 11 führt er aus, dass das Beweisthema nicht substantiiert und ohne nähere Konkretisierung einem Sachverständigengutachten nicht zugänglich sei. Gegen diese ohne Weiteres nachvollziehbare Einschätzung bringt die Klägerin nichts vor. Entsprechendes gilt für die Beweisangebote Nr. 24 und 26; auch hier fehlt es jedenfalls an der erforderlichen Konkretisierung des Beweisthemas.

26 b) Ohne Erfolg bleibt auch das Vorbringen der Klägerin, der Verwaltungsgerichtshof habe das rechtliche Gehör durch den Erlass einer Überraschungsentscheidung verletzt. Nach Ansicht der Klägerin habe der Verwaltungsgerichtshof ohne vorherigen Hinweis nach § 86 Abs. 3 VwGO Hilfsbeweisanträge nicht als unerheblich oder unsubstantiiert erachten dürfen. Mit dieser Rüge kann die Klägerin bereits deswegen nicht durchdringen, weil sie sich durch ihr prozessuales Verhalten selbst der Möglichkeit begeben hat, vor einer abschließenden Entscheidung die rechtliche Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs in Erfahrung zu bringen und darauf zu reagieren. Denn die Klägerin hat es unterlassen, einen unbedingten Beweisantrag zu stellen, über den nach § 86 Abs. 2 VwGO in der mündlichen Verhandlung durch einen begründeten Beschluss zu entscheiden ist und der dem Beteiligten danach Gelegenheit gibt, seinen nach Auffassung des Gerichts unzulänglichen Vortrag mit neuen oder veränderten Beweisanträgen nachzubessern (vgl. Beschlüsse vom 8. Dezember 1988 - BVerwG 9 B 388.88 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 35 und vom 21. Juli 1997 - BVerwG 7 B 175.97 - juris Rn. 5). Die Verfahrensrüge ist aber auch insoweit kein Mittel, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren (stRspr, vgl. Urteil vom 23. Mai 1986 - BVerwG 8 C 10.84 - BVerwGE 74, 222 <223 f.> = Buchholz 448.0 § 17 WPflG Nr. 7; Beschlüsse vom 10. Oktober 2001 - BVerwG 9 BN 2.01 - Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 7 und vom 16. November 2010 - BVerwG 7 B 41.10 - Buchholz 406.25 § 4 BImSchG Nr. 14).

27 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.