Beschluss vom 20.12.2007 -
BVerwG 3 B 59.07ECLI:DE:BVerwG:2007:201207B3B59.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.12.2007 - 3 B 59.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:201207B3B59.07.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 59.07

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 19.03.2007 - AZ: OVG 13 A 4204/06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Dezember 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick und Dr. Dette
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. März 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung durch das Oberverwaltungsgericht für alle Rechtszüge auf jeweils 65 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Der Kläger, der 1963 in der Türkei geboren wurde und seit Mai 2002 die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, begehrt die Erteilung der Approbation als Zahnarzt, hilfsweise eine unbefristete Erlaubnis zur Ausübung der Zahnheilkunde in Deutschland. Er studierte von 1982 bis 1988 Zahnmedizin an der Universität Marmara/Türkei. Anschließend absolvierte er dort ein Volontariat und ein Promotionsstudium sowie Tätigkeiten in einer Klinik. Seit 1998 lebt er in Deutschland, wo er auf Grund befristeter Erlaubnisse in verschiedenen Zahnarztpraxen tätig war. Danach war er in den Niederlanden und in der Schweiz in Zahnarztpraxen beschäftigt.

2 Im Rahmen des Verfahrens zur Verlängerung der Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung der Zahnheilkunde und auf Erteilung der Approbation unterzog sich der Kläger am 16. Juli 2002, am 24. Juni 2003 und am 10. Februar 2004 einer Prüfung durch die Sachverständigen-Kommission der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe. Nach der ersten Prüfung attestierte ihm die Kommission „katastrophale Defizite“ insbesondere im praktischen Prüfungsteil, weil er u.a. bei mehreren Behandlungen gesunde Zähne beschädigt hatte. Die letzte Prüfung endete mit der Feststellung, die vom Kläger gezeigten praktischen Leistungen entsprächen insgesamt immer noch nicht denjenigen eines in der Bundesrepublik Deutschland ausgebildeten Zahnarztes. Die weitere zahnärztliche Tätigkeit des Klägers sei jedoch ohne Beeinträchtigung der gesundheitlichen Belange von Patienten möglich. Letztere Aussage erläuterte die Kommission später dahin, dass keine Befähigung zur Ausübung des zahnärztlichen Berufes insgesamt und ohne Aufsicht gegeben sei; vielmehr habe man die Möglichkeit der Behandlung von Patienten unter ständiger Aufsicht und Kontrolle wie bei Studierenden im klinischen Abschnitt offenhalten wollen.

3 Durch Bescheid vom 30. Juli 2004 lehnte der Beklagte den Antrag auf Erteilung der Approbation wie auch den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung der Zahnheilkunde ab. Der Kläger habe weder den Nachweis eines gleichwertigen Ausbildungsstandes noch eines gleichwertigen Kenntnisstandes erbracht. Diese Defizite stünden auch der Erteilung einer weiteren Erlaubnis zur Ausübung der Zahnheilkunde entgegen. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte durch Bescheid vom 3. November 2004 zurück.

4 Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Erteilung der Approbation durch Urteil vom 28. September 2006 abgewiesen; auf den Hilfsantrag des Klägers hat es die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Berufserlaubnis unter der Auflage zu erteilen, dass die Ausübung des zahnärztlichen Berufs auf eine nicht selbstständige und nicht leitende Tätigkeit unter Aufsicht einer approbierten Zahnärztin oder eines approbierten Zahnarztes innerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen beschränkt werde. Die (Anschluss-)Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen, weil die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes durch das in der Türkei abgeschlossene Studium der Zahnheilkunde nicht gegeben sei. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Prüfungen verfüge der Kläger auch nicht über einen gleichwertigen Kenntnisstand. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Eine unbefristete Erlaubnis zur Tätigkeit als Zahnarzt sehe das Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde nach Wortlaut und Systematik nicht vor.

5 Mit der Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision sowohl im Hinblick auf den Hauptantrag als auch den Hilfsantrag. Zum Hauptantrag macht er die grundsätzliche Bedeutung der Sache geltend (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Zusätzlich beruft er sich auf einen Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Im Hinblick auf den Hilfsantrag macht er nur die grundsätzliche Bedeutung der Sache geltend.

II

6 Die Beschwerde ist sowohl im Hinblick auf den Hauptantrag der Klage als auch im Hinblick auf den Hilfsantrag unbegründet.

7 1. Zum Hauptantrag sieht der Kläger die Frage als grundsätzlich klärungsbedürftig an, ob die vom Berufungsgericht herangezogenen Gleichwertigkeitslisten auch für Abschlüsse herangezogen werden dürften, die vor dem 1. Januar 2003 in einem von der Liste erfassten Land erworben wurden. Diese Frage unterliegt jedoch nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, da sie zum Bereich der Tatsachenfeststellung gehört, der nach § 137 Abs. 2 VwGO grundsätzlich dem Revisionsgericht verschlossen ist. Das Berufungsgericht hat die Gleichwertigkeitslisten, die gemeinsam von Fachleuten aus den Universitäten, den Verwaltungen und den zur Beurteilung ausländischer Bildungsgänge zuständigen Stellen erarbeitet worden sind, als Beweismittel dafür herangezogen, dass die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 ZHG für eine in der Türkei abgeschlossene Ausbildung als Zahnarzt nicht gegeben ist. Dabei hat es diesen Listen Aussagekraft auch für Ausbildungen beigemessen, die vor dem 1. Januar 2003, dem Stichtag der ersten bei den Akten befindlichen Liste, absolviert wurden. Dem liegt eine Bewertung des Inhalts der Gleichwertigkeitslisten zugrunde. Dies ist eine typische tatrichterliche Aufgabe. Einen Verstoß gegen Denkgesetze oder einen sonstigen Rechtsfehler, der der Argumentation des Berufungsgerichts entgegenstehen könnte, zeigt die Beschwerde nicht auf; er ist auch nicht erkennbar.

8 2. Der Kläger sieht weiter als grundsätzlich bedeutsam die Frage an, ob seine zahnärztlichen Tätigkeiten in den Niederlanden und in der Schweiz bei der Entscheidung über sein Begehren hätten berücksichtigt werden müssen. Insoweit fehlt es schon an der ordnungsgemäßen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, da eine konkrete Rechtsfrage, die in einem Revisionsverfahren beantwortet werden könnte, nicht herausgearbeitet wird. Der Kläger benennt keine Norm im Zahnheilkundegesetz, nach der diesen Tätigkeiten bei der Entscheidung über die Anträge des Klägers irgendeine Bedeutung zukommen könnte. Die Vorinstanzen haben zutreffend darauf hingewiesen, dass der Tätigkeit des Klägers in den Niederlanden und in der Schweiz keine Entscheidungen der dortigen Behörden zugrunde lagen, die dem Kläger eine gemeinschaftsrechtlich relevante Rechtsstellung verschafft hätten.

9 3. Schließlich sieht der Kläger als grundsätzlich bedeutsam die Frage an, ob die von der Sachverständigen-Kommission der Zahnärztekammer herangezogenen Bewertungskriterien willkürlich seien; Willkür sieht er insbesondere deshalb als gegeben an, weil seine Leistungen nicht mit - die Vergleichbarkeit herstellenden - Noten versehen worden seien. Diese Fragestellung rechtfertigt die Durchführung eines Revisionsverfahrens nicht, weil die Antwort sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Hinsichtlich des bei der Prüfung des Kenntnisstandes anzulegenden Maßstabes bestimmt § 2 Abs. 2 Satz 3 ZHG, dass der Nachweis des gleichwertigen Kenntnisstandes durch die Ablegung einer Prüfung erbracht wird, die sich auf den Inhalt des mündlichen und praktischen Teils der staatlichen Prüfung erstreckt. Damit legt das Gesetz die Prüfungsgegenstände fest. Das Ziel der Prüfung, die Gleichwertigkeit des Kenntnisstandes festzustellen, bedeutet, dass die Antwort nur in der Alternative einer positiven oder einer negativen Feststellung bestehen kann. Dagegen zielt die Prüfung nicht auf eine umfassende Leistungsbewertung im Sinne einer Abschlussbenotung, die wie bei der zahnärztlichen Prüfung für den weiteren Berufsweg des Probanden entscheidend sein kann.

10 4. Im Hinblick auf den Hauptantrag rügt der Kläger schließlich einen Aufklärungsmangel, da das Berufungsgericht zur Klärung der Gleichwertigkeit einen Sachverständigen hätte heranziehen müssen. Auch diese Rüge geht fehl. Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Entscheidung, wie ausgeführt, auf die Gleichwertigkeitslisten gestützt. Es hat sich im Einzelnen - teilweise unter Verweis auf seine Ausführungen im Beschluss zum Prozesskostenhilfeantrag des Klägers - mit den vom Kläger gegen diese Listen erhobenen Einwendungen auseinandergesetzt. Dazu hat es insbesondere darauf hingewiesen, dass die Einstufung des Zahnarztstudiums in der Türkei durch das Ergebnis zahlreicher Gleichwertigkeitsprüfungen wie etwa beim Kläger bestätigt werde. Unter diesen Umständen musste sich dem Berufungsgericht die Notwendigkeit einer weiteren Sachverhaltsaufklärung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht aufdrängen. Ein Aufklärungsmangel liegt nicht vor.

11 5. Im Hinblick auf den Hilfsantrag sieht der Kläger als grundsätzlich bedeutsam an, ob eine Berufsausübungserlaubnis einem deutschen Bewerber unbefristet erteilt werden könne. Auch diese Frage ist nicht klärungsbedürftig, weil die Antwort sich, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Sowohl nach § 1 Abs. 1 Satz 2 als auch nach § 13 Abs. 1 ZHG hat die Berufsausübungserlaubnis die vorübergehende Ausübung der Zahnheilkunde zum Gegenstand. § 13 Abs. 2 Satz 2 ZHG bestimmt dazu, dass die Erlaubnis nur bis zu einer Gesamtdauer der zahnärztlichen Tätigkeit von höchstens drei Jahren im Geltungsbereich des Gesetzes erteilt oder verlängert werden kann. Der Vortrag der Beschwerde, durch Kettenerlaubnisse könne letztlich eine unbefristete zahnärztliche Tätigkeit ermöglicht werden, trifft hiernach nicht zu. Zu Unrecht hat sich das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auf § 13 Abs. 3 ZHG berufen, wonach bestimmten Personen, etwa anerkannten Asylberechtigten oder Ehepartnern eines deutschen Staatsangehörigen, eine unbefristete Erlaubnis erteilt werden kann. Diese Regelung trägt der Tatsache Rechnung, dass Angehörigen von Drittstaaten die Approbation als normale Grundlage einer dauernden Ausübung der Zahnheilkunde nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZHG im Allgemeinen verschlossen ist. Dies ist weder unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung noch unter dem der Berufsausübungsfreiheit mit dem Fall vergleichbar, dass einem deutschen Staatsbürger die Approbation wegen ins Gewicht fallender fachlicher Mängel versagt werden muss.

12 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 3 GKG. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts können die begehrte Approbation und die hilfsweise beantragte Erteilung einer Berufsausübungserlaubnis nicht kumulativ im Streitwert berücksichtigt werden, da bei der nach § 52 Abs. 1 GKG maßgeblichen Bedeutung der Sache für den Kläger das Interesse an der Approbation das Interesse an der dahinter zurückbleibenden Erlaubnis einschließt.