Beschluss vom 20.12.2002 -
BVerwG 5 B 18.02ECLI:DE:BVerwG:2002:201202B5B18.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.12.2002 - 5 B 18.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:201202B5B18.02.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 18.02

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 27.12.2001 - AZ: OVG 2 A 5322/98

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Dezember 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. S ä c k e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t und Dr. R o t h k e g e l
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. Dezember 2001 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Die auf Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet. Die Rechtssache hat nicht, wie von der Klägerin geltend gemacht, grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Die Rechtsfrage, die die Klägerin für in einem Revisionsverfahren klärungsbedürftig hält, lässt sich sinngemäß ihrer in den folgenden beiden Sätzen aus der Beschwerdeschrift zum Ausdruck kommenden Rechtsauffassung entnehmen: "Fehl geht das Oberverwaltungsgericht allerdings, wenn es den in der gesetzlichen Fiktionsregelung des § 6 Absatz 2 BVFG enthaltenen Grundgedanken der Unzumutbarkeit eines Bekenntnisses nicht auch auf den Personenkreis anwenden will, dessen deutsche Volkszugehörigkeit in § 6 Absatz 1 BVFG geregelt wird. ... Der allgemeine Rechtsgedanke, dass niemand verpflichtet ist, über sein Vermögen und Können hinaus Unmögliches zu leisten, ist vielmehr etwas, was jeder gesetzlichen Regelung eigen ist." Die Rechtsfrage nach der Wirkung einer individuellen Unmöglichkeit, sich vor Beginn des Krieges mit der Sowjetunion dort zum deutschen Volkstum zu bekennen, ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht klärungsbedürftig.
Zum einen sind von der Klägerin gegen die Tatsachenfeststellung des Berufungsgerichts keine revisionsrelevanten Einwände geltend gemacht worden. Nach diesen Feststellungen, die mit den Angaben der Klägerin im Erörterungstermin am 14. August 2001 übereinstimmen, ist die Großmutter, nicht auch die Mutter der Klägerin in die Verbannung geschickt worden. Die Mutter hat die Großmutter begleitet. Ausgehend von diesen Feststellungen ist auch nicht ersichtlich, warum es der Mutter der Klägerin ab 1. Juni 1941 nicht mehr möglich war, mit dem Passeintrag als Deutsche zu leben, nachdem ihr dies nach der Verhaftung ihres Vaters im Februar 1938 und nach der Verbannung ihrer Mutter im Sommer 1938 drei Jahre lang möglich gewesen war.
Zum anderen hat der Senat schon mit Beschluss vom 28. März 2002 - BVerwG 5 B 90.01 – (Juris) entschieden, es
"ergibt sich aus der in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits klargestellten, vom Berufungsgericht zutreffend wiedergegebenen Zielsetzung des Bundesvertriebenengesetzes, dass der maßgebliche Zeitpunkt für ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum im Sinne des § 6 Abs. 1 BVFG nicht vom Einzelfall abhängig individuell unterschiedlich bestimmt werden kann. Da das Bundesvertriebenengesetz bei den bis zum 31. Dezember 1923 Geborenen und damit den zu Kriegsbeginn bereits Bekenntnisfähigen an allgemeine, (geschichtliche) kriegsbedingte Ereignisse und Kriegsfolgen anknüpft, ist, abgesehen von dem früheren Zeitpunkt für Juden (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1993 - BVerwG 9 C 40.92 - Buchholz 412.3 § 6 Nr. 71 S. 79, 82), die deutsche Volkszugehörigkeit nach § 6 Abs. 1 BVFG nur erfüllt, wenn der Betreffende sich im Zeitpunkt vor Beginn der kriegsbedingten Verfolgungs- und Vertreibungsmaßnahmen zum deutschen Volkstum bekannt hat. Hat er sich dagegen in der Zeit vor Kriegsbeginn im Juni 1941 nicht mehr zum deutschen Volkstum bekannt - dafür konnte es, wie der Fall der Klägerin, die im März 1935 mit ihren Eltern von Leningrad nach Kasachstan deportiert worden war und 1936 nur allein nach Leningrad zurückkehren durfte, zeigt, gute Gründe geben -, gehörte er nach der Abgrenzung des Bundesvertriebenengesetzes nicht mehr zur Gruppe der Volksdeutschen, die in Folge des Krieges Verfolgungs- und Vertreibungsmaßnahmen ausgesetzt war, derentwegen den Angehörigen jener Gruppe Rechte als Spätaussiedler zustehen können. Die Deportation, die die Klägerin 1935/1936 erlitten hat, war keine kriegsbedingte Verfolgungs- und Vertreibungsmaßnahme; sie war auch kein kriegsbedingter Grund, sich nicht (mehr) zum deutschen Volkstum zu bekennen."
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 GKG.