Beschluss vom 20.10.2004 -
BVerwG 3 B 37.04ECLI:DE:BVerwG:2004:201004B3B37.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.10.2004 - 3 B 37.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:201004B3B37.04.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 37.04

  • VG Berlin - 29.08.2003 - AZ: VG 3 A 1774.96

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Oktober 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht
van S c h e w i c k und L i e b l e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. August 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung im künftigen Revisionsverfahren dazu dienen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Auf die Frage, ob und in welcher Beziehung von der Revision ein solcher Erfolg zu erwarten ist, muss im Rahmen der Darlegungspflicht wenigstens durch die Bezeichnung der konkreten Rechtsfrage, die sowohl für die Entscheidung des Berufungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Revisionsverfahren erheblich sein wird, eingegangen werden. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung erfordert ferner mindestens einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung rechtfertigen soll (Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - BVerwG VIII B 78.61 -
BVerwGE 13, 90 <91> und vom 6. März 2003 - BVerwG 3 B 115.02 -). Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht.
1. Das Verwaltungsgericht hat dem auf Zuordnung der streitigen Grundstücke gerichteten Hauptantrag der Beschwerdeführerin mit der Begründung den Erfolg versagt, dass dieser Teil der Klage wegen der Rücknahme ihres Zuordnungsantrags vor Erlass der angegriffenen Bescheide unzulässig sei; die erst nach Klageerhebung erfolgte erneute Antragstellung sei nicht ausreichend. Die Beschwerdeführerin trägt hierzu nur Gründe vor, weshalb die Auffassung des Verwaltungsgerichts aus ihrer Sicht unzutreffend sei, ohne indes - wie erforderlich - ausgehend von der schon ergangenen und im angefochtenen Urteil zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung die Klärungsbedürftigkeit der in Bezug auf die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage angesprochenen Rechtsfragen herauszuarbeiten.
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht im Rahmen der für zulässig erachteten hilfsweisen Anfechtungsklage das Vorliegen eines Zuordnungsanspruchs der Beschwerdeführerin geprüft und im Ergebnis verneint. Da aus denselben Gründen - ohne dass insoweit, wie nachfolgend dargestellt, ein Zulassungsgrund bestünde - eine Verpflichtungsklage auch im Falle ihrer Zulässigkeit ohne Erfolg geblieben wäre, ist die Frage der Zulässigkeit auch nicht entscheidungserheblich.
2. Die Beschwerdeführerin hält es für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, "ob in der Phase der grundlegenden Veränderungen in der DDR im Jahre 1990, insbesondere der auf neu geschaffener gesetzlicher Grundlage erfolgenden Umstellung der VEB auf privatwirtschaftliche Unternehmen, noch die Formvorschriften der Rechtsträgeranordnung anzuwenden waren und ob diese Wirksamkeitsvoraussetzungen für Vermögensübertragungen waren". Soweit diese Frage auf die Anwendbarkeit und Auslegung der Anordnung über die Rechtsträgerschaft an volkseigenen Grundstücken vom 7. Juli 1969 (GBI DDR II Nr. 68 S. 433) zielt, rechtfertigt sie die Zulassung der Revision deshalb nicht, weil das vor oder mit dem Beitritt ausgelaufene Recht der DDR - und damit auch die Vorschriften der Rechtsträgeranordnung - nicht zum revisiblen Recht gehören. Die Auslegung und Anwendung dieser Bestimmungen ist den Tatsachengerichten vorbehalten (Urteil vom 9. März 1999 - BVerwG 3 C 21.98 - Buchholz 115 Sonstiges Wiedervereinigungsrecht Nr. 21 und Beschluss vom 3. Mai 1996 - BVerwG 4 B 46.96 - Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 296). Soweit es um die Voraussetzungen für einen Vermögensübergang nach § 11 Abs. 2 Satz 2 TreuhG geht, ist damit eine in der Revision klärungsbedürftige Rechtsfrage ebenfalls nicht verbunden. Zwar handelt es sich beim Treuhandgesetz um revisibles Recht (vgl. Art. 25 EV). Es ergibt sich aber unmittelbar aus dem Gesetz und bedarf keiner Klärung im Rahmen eines Revisionsverfahrens, dass Grund und Boden grundsätzlich nur dann in das Eigentum der durch Umwandlung entstandenen Kapitalgesellschaft übergehen, wenn sich das Grundstück zuvor in der Rechtsträgerschaft der umgewandelten Wirtschaftseinheit befand. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen sind, hat aber kein wirksamer Wechsel der Rechtsträgerschaft auf den VEB Bau Lichtenberg stattgefunden, der Voraussetzung für einen Eigentumsübergang nach § 11 Abs. 2 Satz 2 TreuhG gewesen wäre. Etwas anderes gilt nur bei einem Auseinanderfallen der Rechtsträgerschaft an Grund und Boden sowie der Fondsinhaberschaft an aufstehenden Gebäuden (vgl. Urteil vom 19. November 1998 - BVerwG 3 C 28.97 - Buchholz 115 Sonstiges Wiedervereinigungsrecht Nr. 18). Dies war hier nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts aber nicht der Fall.
3. Ebenso wenig rechtfertigen die von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Fragen zur Wirksamkeit der Umwandlung eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Das Verwaltungsgericht hat mit einer zweiten selbständig tragenden Begründung darauf abgestellt, dass, selbst wenn von der Rechtsträgerschaft des VEB Bau Lichtenberg auszugehen sein sollte, es jedenfalls an einer wirksamen Umwandlung des VEB in eine Kapitalgesellschaft fehle. Bei einem Urteil, das - wie hier - nebeneinander auf mehrere Begründungen gestützt ist, kann eine Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Zulassungsgrund vorliegt (Beschlüsse vom 15. Dezember 1977 - BVerwG III B 96.76 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 158 und vom 10. August 1981 - BVerwG 7 B 28.80 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 88). Dies ist hier - wie dargestellt - nicht der Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG.