Beschluss vom 20.08.2012 -
BVerwG 2 B 42.12ECLI:DE:BVerwG:2012:200812B2B42.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.08.2012 - 2 B 42.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:200812B2B42.12.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 42.12

  • Bayer. VG München - 27.02.2007 - AZ: VG M 5 K 05.3132
  • Bayerischer VGH München - 12.03.2012 - AZ: VGH 14 BV 11.202

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. August 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und
Dr. Hartung
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. März 2012 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 602 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf Divergenz gestützte Beschwerde (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO) hat keinen Erfolg.

2 1. Der Kläger steht als Polizeioberkommissar im Dienst der Beklagten. Er ist Angehöriger der Bundespolizei Fliegerstaffel Süd und wird in verschiedenen Hubschraubertypen der Bundespolizei auf dem Dienstposten eines Wärmebild- und Peilsystemoperators eingesetzt. Sein Antrag auf Gewährung der Zulage als sonstiger ständiger Luftfahrzeugbesatzungsangehöriger ab Januar 2005 blieb im Verwaltungsverfahren erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:

3 Der Kläger habe Anspruch auf Gewährung der Stellenzulage als sonstiger ständiger Luftfahrzeugbesatzungsangehöriger, weil er auf seinem Dienstposten als Wärmebild- und Peilsystemoperator zur Standardbesatzung eines Luftfahrzeugtyps gehöre und in diesem Luftfahrzeug auch regelmäßig zum Einsatz komme. Im Übrigen gewähre die Beklagte auch Notärzten und Rettungsassistenten die vom Kläger beanspruchte Zulage, obwohl diese, wie auch der Kläger, nur dann im Hubschrauber zum Einsatz kämen, wenn dieser einem ihrer Funktion entsprechenden Zweck (Rettungsmission) diene. Zudem sei die durchschnittliche Zahl von Flugstunden eines Systemoperators im Jahr 2011 höher gewesen als die eines Bordwarts/Flugtechnikers, dem die Beklagte die Zulage bewillige.

4 2. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

5 Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn der Beschwerdeführer gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche, noch ungeklärte Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f.). Dies ist hier nicht der Fall.

6 Die Beschwerde sieht als grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage an,
„ob bei der Auslegung des Begriffs sonstige ständige Luftfahrzeugbesatzungsangehörige auch gefragt werden muss, ob bei einer typischen Betrachtungsweise, die darauf abstellt, ob ein gleiches Maß an Dauererschwernissen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorliegt, verlangt werden muss, dass untersucht wird, ob tatsächlich die gleichen Belastungen vorliegen, wie dies bei einem Piloten der Fall ist.“

7 Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht, weil sie in der Rechtsprechung des Senats geklärt ist.

8 Nach Nr. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B (Anlage I zum Bundesbesoldungsgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 (BGBl I S. 3020) - im Folgenden: Vorbemerkungen - erhalten Soldaten und Beamte der Besoldungsgruppen A 5 bis A 16 als sonstige ständige Luftfahrzeugbesatzungsangehörige eine Stellenzulage nach Anlage IX, wenn sie entsprechend verwendet werden.

9 Durch die Stellenzulage nach Nr. 6 der Vorbemerkungen sollen gemäß § 42 Abs. 1 BBesG die hohen Anforderungen, die besonderen physischen und psychischen Belastungen sowie die erhöhten Gefahren abgegolten werden, denen Soldaten oder Beamte als fliegendes Personal bei der Verrichtung ihres Dienstes ausgesetzt sind (Urteil vom 12. Juni 1984 - BVerwG 6 C 94.83 - Buchholz 235 § 42 BBesG Nr. 6 S. 17). Nach der Systematik des Besoldungsrechts können solche Dauererschwernisse gleichbleibender Art durch eine Stellenzusage abgegolten werden (Urteile vom 3. Januar 1990 - BVerwG 6 C 11.87 - Buchholz 240 § 47 BBesG Nr. 6 S. 8 f., vom 23. April 1998 - BVerwG 2 C 1.97 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 20 S. 32, vom 8. Juni 2000 - BVerwG 2 C 24.99 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 25 S. 7 und vom 28. Oktober 2010 - BVerwG 2 C 29.09 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 33 Rn. 11).

10 Die Zulage für Soldaten und Beamte als fliegendes Personal ist eine Stellenzulage, deren Zahlung gemäß § 42 BBesG auf herausgehobene Funktionen (Absatz 1) und auf die Dauer ihrer Wahrnehmung beschränkt ist (Absatz 3 Satz 1). Herausgehoben im Sinne dieser Vorschrift sind diese Funktionen wegen der für ihre Wahrnehmung zusätzlich zu erfüllenden Anforderungen, die von der allgemeinen Ämterbewertung nicht erfasst werden (Urteil vom 27. November 2003 - BVerwG 2 C 55.02 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 28 S. 18). Welche Funktionen im Sinne des § 42 Abs. 1 BBesG herausgehoben sind, hat der Gesetzgeber in den einzelnen Zulagevorschriften normativ entschieden (Urteile vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 1.08 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 32 Rn. 11 und vom 28. Oktober 2010, a.a.O. Rn. 15).

11 Hieraus folgt unmittelbar, dass einem Soldaten oder Beamten die Zulage zusteht, wenn er zum Kreis der sonstigen ständigen Luftfahrzeugbesatzungsangehörigen zu zählen ist. Mit dieser gesetzlichen Systematik unvereinbar ist die der als rechtsgrundsätzlich bezeichneten Frage zugrunde liegende Überlegung, es müsse noch untersucht werden, ob der betreffende Luftfahrzeugbesatzungsangehörige bei einer typischen Betrachtungsweise tatsächlich derselben Belastung ausgesetzt sei wie der Luftfahrzeugführer. Denn die Entscheidung, dass eine bestimmte Funktion mit der Folge der Gewährung der Zulage im Sinne von § 42 BBesG herausgehoben ist, hat bereits der Gesetzgeber getroffen.

12 Diese Überlegungen gelten entsprechend für die ebenfalls als rechtsgrundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage,
„ob Personen, die bei der Erfüllung ihrer Aufgaben - hier polizeitaktischer Art - in Erfüllung ihrer Dienstposten regelmäßig von einem Fluggerät aus tätig sind, im Lichte der Zulagenvorschrift ,ständige Luftfahrzeugbesatzungsangehörige´ sein können, wenn sie nicht den Flugbetrieb selbst unmittelbar oder mittelbar durchführen oder sicherstellen.“

13 Wenn ein Soldat oder Beamter zum Kreis der sonstigen ständigen Luftfahrzeugbesatzungsangehörigen zu zählen ist, ist der gesetzliche Tatbestand mit der Folge erfüllt, dass der Anspruch auf die Zulage besteht. Darauf, ob der betreffende Soldat oder Beamter den Flugbetrieb selbst unmittelbar oder mittelbar durchführt oder sicherstellt und ob seine physischen und psychischen Belastungen im Einzelfall mit denen eines Luftfahrzeugführers vergleichbar sind, kommt es nach der abschließenden gesetzgeberischen Entscheidung nicht an.

14 3. Die Revision ist auch nicht wegen der geltend gemachten Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

15 Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass das Berufungsgericht in dem angefochtenen Urteil einen inhaltlich bestimmten, das Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, mit dem es einem Rechtssatz widersprochen hat, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Das ist der Fall, wenn das Berufungsgericht einen im zu entscheidenden Fall erheblichen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts nicht anwendet, weil es ihn für unrichtig hält. Eine Divergenz liegt demgegenüber nicht vor, wenn das Berufungsgericht einen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelfall rechtsfehlerhaft anwendet oder daraus nicht die rechtlichen Folgerungen zieht, die etwa für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten sind (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26, vom 3. Juli 2007 - BVerwG 2 B 18.07 - Buchholz 235.1 § 69 BDG Nr. 1 und vom 28. Oktober 2008 - BVerwG 2 B 53.08 - juris Rn. 3). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

16 Soweit die Beschwerde beanstandet, der Verwaltungsgerichtshof habe untersucht, ob der Kläger auf seinem Dienstposten zur Standardbesatzung eines Hubschraubers gehört, ist er offenkundig nicht vom Senatsurteil vom 28. Oktober 2010 (- BVerwG 2 C 29.09 - a.a.O.) abgewichen. Denn diese Prüfung entspricht der ausdrücklichen Vorgabe dieses Urteils (vgl. Rn. 18) im Sinne von § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO.

17 Soweit die Beschwerde geltend macht, der Verwaltungsgerichtshof sei von dem genannten Urteil des Senats abgewichen, weil er nicht konkret geprüft habe, ob der Kläger auf seinem Dienstposten eines Wärmebild- und Peilsystemoperators den gleichen Dauererschwernissen ausgesetzt sei wie etwa der Luftfahrzeugführer, wird ebenfalls keine Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufgezeigt. Denn eine solche Prüfung der konkreten Verhältnisse hat der Senat im Urteil vom 28. Oktober 2010 gerade nicht vorgegeben, weil es nach der gesetzgeberischen Entscheidung allein darauf ankommt, ob der Betreffende zum Kreis der sonstigen ständigen Luftfahrzeugbesatzungsangehörigen zu zählen ist.

18 Im Übrigen rügt die Beschwerde lediglich, der Verwaltungsgerichtshof habe die Grundsätze des Senatsurteils vom 28. Oktober 2010 (a.a.O.) unrichtig angewendet. Dies reicht für den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht aus.

19 Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 42 Abs. 2 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG.