Beschluss vom 20.08.2004 -
BVerwG 8 B 51.04ECLI:DE:BVerwG:2004:200804B8B51.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.08.2004 - 8 B 51.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:200804B8B51.04.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 51.04

  • VG Potsdam - 07.01.2004 - AZ: VG 6 K 1566/98

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. August 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a g e n k o p f und P o s t i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 7. Januar 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
  3. einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 34 972,36 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Weder liegen die gerügten Verfahrensmängel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor (1.), noch kommt der Sache die ihr beigemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu (2.).
1. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.
a) Die Beschwerde sieht den Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO dadurch als verletzt an, dass das Verwaltungsgericht die für den Erwerb des Grundstücksanteils erbrachte Gegenleistung nicht als zu niedrig eingeschätzt hat. Sie bemängelt insoweit jedoch nicht die Würdigung tatsächlicher Umstände, sondern die rechtlichen Folgerungen des Verwaltungsgerichts.
Das Gericht entscheidet gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Das Gebot der freien Beweiswürdigung verpflichtet u.a. dazu, bei der Bildung der Überzeugung von
einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt auszugehen. Das Tatsachengericht darf deshalb insbesondere nicht wesentliche Umstände übergehen, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätten aufdrängen müssen. In einem solchen Falle fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts und zugleich für die Überprüfung seiner Entscheidung darauf, ob die Grenze einer objektiv willkürfreien, die Natur- und Denkgesetze sowie allgemeine Erfahrungssätze beachtenden Würdigung überschritten ist (BVerwGE 96, 200, 208 f.).
Ein derartiger Verstoß ist der Vorinstanz nicht unterlaufen. Das Verwaltungsgericht hat einen der Wertermittlung vom 14. Juni 1986 (der Einheitswert war bei Vertragsschluss nicht bekannt) entsprechenden Wert zugrunde gelegt und die auf dem Grundstück lastenden Hypotheken berücksichtigt sowie sich mit dem anlässlich des notariellen Vertrages von der Klägerin unterzeichneten "Übergabeprotokoll" betreffend Esszimmer und Sekretär auseinander gesetzt. Wesentliche tatsächliche Umstände hat das Verwaltungsgericht dabei nicht übergangen. Die Sachlage liegt auch anders als in dem angeführten Verfahren BVerwG 7 B 326.97 (Beschluss vom 9. Januar 1998 - Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 52).
b) Die Aufklärungsrüge, welche die Beschwerde damit begründet, dass das Verwaltungsgericht keinen Beweis zum Wert des Miteigentumsanteils der Klägerin und zu den Hintergründen der Übergabeerklärung vom 10. April 1989 erhoben hat, ist unbegründet. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 7. Januar 2004 hat die anwaltlich vertretene Klägerin in der mündlichen Verhandlung keinen Beweisantrag gestellt. Dem Verwaltungsgericht musste sich auch eine Beweisaufnahme von Amts wegen nicht aufdrängen. Die Vorinstanz hatte laut Protokoll darauf hingewiesen, dass es nach ihrer Auffassung nicht darauf ankomme, wo die erwähnten Möbelstücke abgeblieben seien, und dass nach ihrer Einschätzung der Verkehrswert des Anteils der Klägerin an dem Grundstück "wesentlich geringer" als der von der Klägerin angegebene Wert sei. Darauf hat sich die Klägerin eingelassen und keine Beweisaufnahme beantragt.
Die Wirksamkeit der Übereinkunft zur Überlassung der Möbel war für das Verwaltungsgericht nicht streitentscheidend. Der Einwand der Beschwerde, es habe sich um ein Scheingeschäft gehandelt, was zu beweisen gewesen wäre, greift deshalb nicht durch. Die dem verwaltungsgerichtlichen Urteil zugrunde liegende materiellrechtliche Sicht bestimmt den Umfang der gebotenen Sachverhaltsaufklärung.
2. Die Grundsatzrüge ist unbegründet. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. Daran fehlt es hier. Die Beschwerde hält für klärungsbedürftig,
welche Grundsätze für die Annahme eines unredlichen Erwerbs in Anbetracht
des Missverhältnisses zwischen dem Wert eines Grundstücks und der dafür
erbrachten Gegenleistung anzuwenden sind.
Zur Beantwortung dieser Frage bedarf es der Zulassung der Revision nicht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der regelmäßig die Unredlichkeit des Rechtserwerbs begründende Tatbestand von § 4 Abs. 3 Buchst. c VermG erfüllt ist, wenn sich der Erwerber die durch das staatliche Verkaufsverlangen herbeigeführte Zwangslage eines Ausreisewilligen dadurch zu Nutze macht, dass er dem Veräußerer eine deutlich unter dem Wert des Objekts liegende Gegenleistung aufzwingt (Beschlüsse vom 2. April 1993 - BVerwG 7 B 22.93 - Buchholz 112 § 4 VermG Nr. 1 und vom 9. Januar 1998 - BVerwG 7 B 326.97 - Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 52). Auf die zivilrechtliche Wirksamkeit des Rechtsgeschäftes kommt es dabei nicht an. Unter Hinweis auf diese Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht vorliegend zu der Überzeugung gelangt, dass ein unredlicher Erwerb seitens des Beigeladenen nicht vorliegt. Soweit die Klägerin diese Bewertung beanstandet, kann sie damit im Rahmen einer Grundsatzrüge nicht gehört werden.
3. Die mit der Beschwerde schließlich gerügte Kostenentscheidung im angefochtenen Urteil ergibt keinen der für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO allein in Betracht kommenden Gründe.
Die hier getroffene Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO; die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 72 Nr. 1 GKG i.V.m. §§ 13, 14 GKG a.F.