Beschluss vom 20.07.2006 -
BVerwG 2 B 27.06ECLI:DE:BVerwG:2006:200706B2B27.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.07.2006 - 2 B 27.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:200706B2B27.06.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 27.06

  • Bayerischer VGH München - 06.03.2006 - AZ: VGH 3 B 04.3382

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Juli 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kugele und Groepper
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. März 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf sämtliche Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.

2 1. Die von der Beschwerde als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Frage,
ob ein Gericht sich bei der Frage der Entschädigung der Gerichtsvollzieher über die ständige Verwaltungspraxis hinwegsetzen dürfe,
rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Sie war weder Gegenstand des bisherigen Verfahrens noch Gegenstand der angegriffenen Entscheidung des Berufungsgerichts und steht in keinem erkennbaren Zusammenhang mit dem Streitgegenstand oder den anzuwendenden Vorschriften, so dass sie auch in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden müsste. Im Übrigen ist nicht klärungsbedürftig, dass das Gericht bei einer auf Feststellung gerichteten Klage zu prüfen und zu entscheiden hat, welche Handlungspflichten sich aus dem Gesetz ergeben und dass die Beantwortung dieser Frage sich nicht aus der Verwaltungspraxis ergibt. Sollte mit der Frage gerügt sein, dass das Berufungsgericht die „ständige Verwaltungspraxis“ nicht zur Kenntnis genommen habe, so wäre das im Wege der Aufklärungs- oder der Gehörsrüge zu beanstanden, verleiht der Rechtssache aber keine grundsätzliche Bedeutung.

3 Weiterhin hält die Beschwerde die Frage für klärungsbedürftig,
ob bei der Überprüfung der Frage, ob die anfallenden notwendigen Sach- und Personalkosten für das Jahr 1993 realitätsnah festgesetzt wurden, Zahlen aus den Jahren 2000 ff. berücksichtigt werden dürfen.

4 Diese Frage kann schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision führen, weil die ihr zugrunde liegende Unterstellung nicht zutrifft, das Berufungsgericht habe seine Tatsachenbasis in der genannten Weise ermittelt. Wie dem angegriffenen Urteil zu entnehmen ist, hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die tatsächlichen Verhältnisse des Jahres 1993 zugrunde gelegt und lediglich zum Vergleich auch spätere Erhebungen herangezogen. Das angegriffene Urteil beruht allein auf den für das Jahr 1993 getroffenen Feststellungen. Im Übrigen würde eine fehlerhafte Sachverhaltsermittlung der Sache keine grundsätzliche Bedeutung verleihen.

5 Aus demselben Grunde ist auch die weitere Frage nicht grundsätzlich klärungsbedürftig,
wie eine „Unterdeckung“ bei den Sachkosten in Höhe von 12 762,90 DM die Beschäftigung einer Bürokraft ermöglichen solle.

6 Abgesehen davon, dass es sich hierbei um eine tatsächliche und nicht um eine rechtliche Frage handelt, würde sich die Frage auch deswegen nicht stellen, weil das Berufungsgericht eine Unterdeckung nicht festgestellt hat. Es hat vielmehr (S. 13) dargestellt, dass in der die Personal- und die Sachkosten umfassenden Gesamtabrechnung ein Überschuss verbleibt, den das Gericht als „sehr groß“ bezeichnet.

7 Der weiteren Frage,
ob es mit der vom Dienstherrn geschuldeten Alimentation eines Gerichtsvollziehers vereinbar sei, dass dessen Entschädigung in der Regel erst festgesetzt wird, nachdem der Gerichtsvollzieher die notwendigen Verträge abgeschlossen hat,
kommt ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung zu. Es ist dem Dienstrecht nicht fremd und stellt deshalb keinen Verstoß gegen das Alimentationsprinzip dar, dass einzelne Besoldungsbestandteile oder sonstige aus dem Gesichtspunkt der Fürsorge geschuldete Leistungen erst als Reaktion auf bestimmte Ereignisse und daher nur mit zeitlicher Verzögerung festgesetzt und wirksam werden. Dies gilt beispielsweise für Beihilfeleistungen oder für einzelne Bestandteile des Familienzuschlags, deren Zahlung von einer erst nachträglich feststellbaren Einhaltung einer Eigenmittelgrenze abhängt (§ 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG). Dass der Dienstherr gehalten ist, keinen unangemessen langen Zeitraum zwischen dem Entstehen der Aufwendungen und deren Ermittlung verstreichen zu lassen, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt. Danach ist der Dienstherr verpflichtet, die Entschädigung an den angefallenen notwendigen Sach- und Personalkosten auszurichten und aktuell und realitätsnah zu ermitteln (vgl. Urteile vom 4. Juli 2002 - BVerwG 2 C 13.01 - Buchholz 240 § 49 BBesG Nr. 2 S. 4 und vom 19. August 2004 - BVerwG 2 C 41.03 - DGVZ 2005, 7). Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang kritisiert, das angegriffene Urteil habe sich mit dieser Frage überhaupt nicht auseinander gesetzt, so mag darin ein Begründungsdefizit liegen, das der Sache aber keine grundsätzliche Bedeutung verleiht.

8 Dasselbe gilt schließlich für die Frage,
ob bei der Festsetzung der Entschädigung der Gerichtsvollzieher regionale Unterschiede berücksichtigt werden müssen.

9 Die Beschwerde trägt selbst vor, dass der Senat in seinem Urteil vom 19. August 2004 (a.a.O.) diese Frage bereits geklärt hat. Die Kritik der Beschwerde, die sich in diesem Zusammenhang gegen die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts richtet, vermag deshalb eine grundsätzliche Bedeutung dieser Frage nicht darzutun.

10 2. Auch die auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gestützte Divergenzrüge greift nicht durch. Die Beschwerde beanstandet, dass sich das Berufungsgericht an die rechtlichen Vorgaben der Senatsentscheidung vom 19. August 2004 (a.a.O.) nicht gehalten und die danach gebotenen Erhebungen unterlassen habe, legt jedoch nicht dar, wie § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dies erfordert, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abweichenden Rechtssatz beruht. Eine solche Divergenz scheidet auch deswegen aus, weil sich das Berufungsgericht auf das genannte - in dieser Sache ergangene - Senatsurteil ausdrücklich bezieht, sich als daran gebunden versteht und ihm ausdrücklich folgt. Eine danach allenfalls in Betracht zu ziehende unrichtige Anwendung dieser Entscheidung durch das Berufungsgericht stellt keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dar (vgl. Beschluss vom 10. Juli 1995 - BVerwG 9 B 18.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 264).

11 3. Mit der Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) beanstandet die Beschwerde, das Berufungsgericht habe die sachliche Richtigkeit der Kostenerhebung nicht ausreichend geprüft, sei einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht nachgekommen, habe sich mit einzelnen Teilen eines Schriftsatzes nicht auseinander gesetzt und die Existenz gravierender regionaler Unterschiede in aktenwidriger Weise ignoriert. Mit diesen als Aufklärungs- oder Gehörsrügen einzuordnenden Angriffen vermag die Beschwerde nicht durchzudringen. Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen erkennen, dass es das Vorbringen des Klägers zur Kenntnis genommen und sich mit ihm auseinander gesetzt hat. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens hat es nicht für erforderlich angesehen, weil es seiner Entscheidung tragend den vom Bundesverwaltungsgericht herausgearbeiteten Gedanken zugrunde gelegt hat, dass nur tatsächlich angefallene Kosten und kein fiktiver Aufwand für die Erstattung von Bedeutung seien und dass Unterdeckungen im Sachkostenbereich durch Überdeckungen im Personalkostenbereich kompensiert werden können und im Falle des Klägers auch kompensiert worden seien. Damit richten sich die Angriffe der Beschwerde letztlich gegen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die maßgeblich den Umfang seiner Ermittlungspflicht bestimmt. Ein die angegriffene Entscheidung tragender Verfahrensfehler ist damit nicht dargetan.

12 4. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO und auf § 52 Abs. 2 GKG.