Beschluss vom 19.07.2007 -
BVerwG 10 B 58.07ECLI:DE:BVerwG:2007:190707B10B58.07.0

Beschluss

BVerwG 10 B 58.07

  • Schleswig-Holsteinisches OVG - 19.09.2006 - AZ: OVG 1 LB 25/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. Juli 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Mallmann und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Richter und Prof. Dr. Kraft
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. September 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Die auf Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2 Die Beschwerde macht zunächst der Sache nach geltend, das Berufungsgericht habe den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (§ 138 Nr. 3 VwGO) dadurch verletzt, dass es zu Unrecht über die Berufung durch Beschluss nach § 130a VwGO entschieden habe. Damit sei dem Kläger keine Möglichkeit gegeben worden, seine Befürchtungen für den Fall einer Rückkehr in den Irak im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu äußern. Bereits in der ersten Instanz sei der Kläger nicht angehört worden. Das erstinstanzliche Gericht habe in Fällen wie dem vorliegenden (Widerruf des Flüchtlingsstatus von irakischen Staatsangehörigen) teilweise förmlich eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der faktisch aber nach Absprache mit dem Richter niemand erschienen sei, da es nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auf den individuellen Vortrag nicht angekommen sei.

3 Mit diesem Vorbringen wird der behauptete Verfahrensverstoß nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass das Berufungsgericht § 130a VwGO fehlerhaft ausgelegt und angewendet und damit den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt hat (vgl. auch den den Beteiligten bekannten Beschluss vom 7. Februar 2007 - BVerwG 1 B 286.06 ). Der Gesetzgeber hat - wie es sich aus dem Zusammenhang mit § 84 Abs. 2 VwGO erschließt - das vereinfachte Berufungsverfahren nach § 130a VwGO nur unter der Voraussetzung zugelassen, dass in erster Instanz eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat oder dem Berufungskläger jedenfalls eröffnet war. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist danach unzulässig, wenn der Klage in erster Instanz durch Gerichtsbescheid stattgegeben wurde (vgl. Urteil vom 14. März 2002 - BVerwG 1 C 15.01 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 58). Dies macht die Beschwerde indessen nicht geltend. Tatsächlich hat das Verwaltungsgericht - entgegen der Darstellung der Beschwerde - ausweislich der Niederschrift vom 5. August 2005 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Kläger nicht erschienen ist. Damit hat der Kläger auf eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und die damit verbundene Gelegenheit, persönlich vor Gericht vorzutragen, verzichtet (vgl. zur Zulässigkeit einer Entscheidung nach § 130a VwGO in dem - hier nicht gegebenen - Fall eines Verzichts auf mündliche Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO das erwähnte Urteil vom 14. März 2002 a.a.O. m.w.N.). Das Berufungsgericht war hierdurch an einer Entscheidung nach § 130a VwGO nicht gehindert. Der Umstand, dass es - wie die Beschwerde darlegt - auf den Vortrag des Klägers nach der damaligen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts für den Erfolg der Klage nicht ankam, ändert hieran nichts. Die Beschwerde zeigt schließlich auch nicht auf, dass sich das Berufungsgericht durch Anhörung einen eigenen Eindruck von der Glaubwürdigkeit des Klägers hätte verschaffen müssen (vgl. auch Beschluss vom 10. Mai 2002 - BVerwG 1 B 392.01 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 259).

4 Die Beschwerde zeigt auch keine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör auf, soweit sie weiter ausführt, das Berufungsgericht habe nicht den im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 4. August 2006 gestellten Antrag des Klägers ablehnen dürfen, durch Vernehmung des A. als Zeugen Beweis dazu zu erheben, dass der Kläger und seine Familie wegen der früheren Tätigkeit seines Vaters im Rahmen der Baath-Partei im Irak ernstzunehmenden Drohungen durch Opfer und Gegner des Saddam-Regimes ausgesetzt sei. Zu Unrecht meint die Beschwerde, dieser - zuvor bereits im erstinstanzlichen Verfahren gestellte - Antrag habe nicht mit der Begründung abgelehnt werden dürfen, dass er zu unsubstantiiert sei. Das Berufungsgericht hat insoweit u.a. ausgeführt (BA S. 11), der Kläger äußere Sorge vor privater Rache wegen der Verbrechen seines - bereits 1991 verstorbenen - Vaters und der allgemeinen Unsicherheit im Irak, ohne allerdings zu konkretisieren, wer wann welche Bedrohungen geäußert habe. Das Berufungsgericht hat mithin erkennbar darauf abgestellt, dass der in Rede stehende Beweisantrag nicht auf substantiierte Tatsachenbehauptungen und Indiztatsachen gestützt ist. Damit hat es entgegen der Ansicht der Beschwerde eine prozessrechtlich zulässige und somit eine Gehörsverletzung ausschließende Begründung dafür gegeben, dass es dem Beweisantrag nicht nachgekommen ist. Zugleich zeigt die Beschwerde nicht in einer den gesetzlichen Darlegungsanforderungen entsprechenden Weise auf, dass sich dem Berufungsgericht eine entsprechende weitere Tatsachenaufklärung nach § 86 Abs. 1 VwGO hätte aufdrängen müssen.

5 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

6 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Satz 1 RVG.