Verfahrensinformation

Die Klägerin begehrt die Zuweisung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen zur Beseitigung aus ihrer Abfallbehandlungsanlage in Schwarzheide/Brandenburg an die Verbrennungsanlage RZR Herten/Nordrhein-Westfalen, hilfsweise die Feststellung, dass die Abfälle nicht andienungspflichtig sind. Das Verwaltungsgericht hat unter Abweisung der Klage im Übrigen festgestellt, dass die Abfälle nicht andienungspflichtig im Sinne der brandenburgischen Sonderabfallentsorgungsverordnung seien und daher keiner Zuweisung durch die Beklagte bedürften. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Abfälle als andienungspflichtig und ihre Zurückweisung durch die Beklagte als rechtmäßig beurteilt, weil die von der Klägerin beabsichtigte Beseitigung nicht mit dem in der brandenburgischen Sonderabfallentsorgungsverordnung normierten Vorrang der Abfallbeseitigung in den Ländern Brandenburg und Berlin vereinbar sei. Die Revision ist durch das Berufungsgericht zugelassen worden, weil die Rechtssache hinsichtlich der Zulässigkeit landesrechtlicher Regelungen zur Normierung eines Näheprinzips und eines Vorrangs der Abfallbeseitigung im Gebiet des Bundeslandes, in dem der Abfall angefallen sei, grundsätzliche Bedeutung habe.


Urteil vom 19.02.2004 -
BVerwG 7 C 10.03ECLI:DE:BVerwG:2004:190204U7C10.03.0

Leitsatz:

Landesrechtliche Andienungsregelungen für besonders überwachungsbedürftige Abfälle zur Beseitigung dürfen einen im Rahmen des Näheprinzips geltenden Vorrang der Beseitigung im Gebiet des Bundeslandes vorsehen, in dem der Abfall angefallen ist (sog. Territorialprinzip).

  • Rechtsquellen
    EGV Art. 174 Abs. 2 Satz 1
    EG-AbfRRL Art. 5 Abs. 1 und 2
    GG Art. 72 Abs. 1
    KrW-/AbfG § 3 Abs. 8 Satz 1; § 13 Abs. 4 Satz 1; § 41 Abs. 1
    AVV
    BestbüAbfV
    BdgAbfG § 1 Abs. 2; § 14
    SAbfEV § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2; § 4 Abs. 1 Satz 2; § 5 Abs. 2
    und 3

  • OVG Frankfurt/Oder - 10.04.2003 - AZ: OVG 2 A 522/02 -
    OVG für das Land Brandenburg - 10.04.2003 - AZ: OVG 2 A 522/02

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 19.02.2004 - 7 C 10.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:190204U7C10.03.0]

Urteil

BVerwG 7 C 10.03

  • OVG Frankfurt/Oder - 10.04.2003 - AZ: OVG 2 A 522/02 -
  • OVG für das Land Brandenburg - 10.04.2003 - AZ: OVG 2 A 522/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 19. Februar 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l , K l e y , H e r b e r t
und N e u m a n n
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Brandenburg vom 10. April 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

I


Die Klägerin begehrt die Zuweisung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen zur Beseitigung an die Verbrennungsanlage ..., hilfsweise die Feststellung, dass die Abfälle nicht andienungspflichtig sind.
Die Klägerin betreibt in .../Brandenburg eine Behandlungsanlage für Abfälle. Dabei fallen vorgemischte Abfälle zur Verwertung und zur Beseitigung an, die mindestens einen besonders überwachungsbedürftigen Abfall zur Beseitigung enthalten. Im Jahre 2000 diente die Firma ..., die damals diese Anlage betrieb, solche Abfälle der Beklagten an und begehrte die Zuweisung zur Verbrennungsanlage ... Die Beklagte wies den angedienten Abfall zurück, weil nach § 5 Abs. 3 der Sonderabfallentsorgungsverordnung - SAbfEV - vom 3. Mai 1995 (GVBl II S. 404) in der Fassung der 2. Änderungsverordnung vom 10. August 2000 (GVBl II S. 322) die Beseitigung im Raum Brandenburg/Berlin Vorrang habe.
Dagegen legte die genannte Firma Widerspruch ein und berief sich darauf, dass eine Ausnahme vom Territorialprinzip des § 5 Abs. 3 SAbfEV und eine Zuweisung zur Verbrennungsanlage in ... notwendig sei, weil der Abfall dort nicht zerkleinert werden müsse und daher billiger beseitigt werden könne. Den Widerspruch wies die Beklagte zurück, weil die Klägerin nicht dargelegt habe, dass ihr die Entsorgung in Brandenburg nicht zumutbar sei.
Dagegen hat die ..., Klage erhoben. Erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22. August 2002 ist die jetzige Klägerin in dieser Rolle aufgetreten und hat neben dem ursprünglich angekündigten Antrag auf Verpflichtung zur Zuweisung der Abfälle zur Verbrennungsanlage ... und dem hilfsweise gestellten Bescheidungsantrag weiter hilfsweise beantragt, festzustellen, dass die genannten Abfälle nicht andienungspflichtig seien.
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Abfälle nicht andienungspflichtig seien und daher keiner Zuweisung bedürften, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SAbfEV - seinerzeit noch in der Fassung der 2. Änderungsverordnung vom 10. August 2000 - seien besonders überwachungsbedürftige Abfälle im Sinne der Verordnung zur Bestimmung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen - BestüVAbfV - andienungspflichtig. Diese Verordnung sei jedoch mittlerweile aufgehoben und durch die Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis (Abfallverzeichnis-Verordnung - AVV) ersetzt worden, die von der Verweisung in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SAbfEV nicht erfasst werde, selbst wenn sie als dynamische Verweisung verstanden würde. Demnach bestehe keine Andienungspflicht mehr.
Die Klägerin und die Beklagte haben Berufung gegen dieses Urteil eingelegt.
Mit der am 30. September 2002 verkündeten 3. Verordnung zur Änderung der Sonderabfallentsorgungsverordnung (GVBl II S. 571) ist deren § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 rückwirkend zum 1. Januar 2002 dahin geändert worden, dass nunmehr besonders überwachungsbedürftige Abfälle im Sinne des § 3 Abs. 8 Satz 1 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes - KrW-/AbfG - der Andienungspflicht unterliegen.
Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Klage insgesamt abgewiesen. Dazu hat es im Wesentlichen ausgeführt: Es könne dahingestellt bleiben, ob die Berufung der Klägerin schon deshalb keinen Erfolg haben könne, weil nicht sie, sondern die ..., den Antrag auf Andienung gestellt habe und an diese auch die ablehnenden Bescheide adressiert seien. In jedem Fall sei die Klage unbegründet. Die Abfälle hätten nach der Alt- und der Neufassung der Sonderabfallentsorgungsverordnung der Andienungspflicht unterlegen, so dass offen bleiben könne, ob die 3. Änderungsverordnung anwendbar sei. Bis zu deren Erlass habe die Verweisung auf die Verordnung zur Bestimmung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen fortgegolten, obwohl diese zwischenzeitlich durch die Abfallverzeichnis-Verordnung ersetzt worden sei. Dies gelte unabhängig davon, ob man die Verweisung als statische oder dynamische begreife. Selbst wenn man aber annehme, die Andienungspflicht sei zwischenzeitlich entfallen, begegne die rückwirkende Wiedereinführung dieser Pflicht keinen Bedenken; denn die Betroffenen hätten nicht darauf vertrauen können, dass der Verordnungsgeber nicht an ihr habe festhalten wollen. Zumindest für die Klägerin habe kein Vertrauensschutz bestanden. Schließlich komme es aber für das Klagebegehren nur darauf an, ob im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eine Andienungspflicht bestehe. Selbst bei einer als unzulässig anzusehenden Rückwirkung müsse die Verordnung jedenfalls insoweit als gültig angesehen werden, wie sie die Andienungspflicht "ex nunc" begründe. Es sei auch nicht erkennbar, dass der Verordnungsgeber mit der Weiterführung der Andienungspflicht sein Verordnungsermessen fehlerhaft ausgeübt habe.
Die Zurückweisung der angedienten Abfälle sei nicht zu beanstanden; denn die beabsichtigte Beseitigung sei nicht mit dem Vorrang der Abfallbeseitigung in den Ländern Brandenburg und Berlin vereinbar. Dieser Vorrang sei von der Verordnungsermächtigung des § 14 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1, 2 und 4 des Brandenburgischen Abfallgesetzes - BbgAbfG - gedeckt. Ziel der Kreislauf- und Abfallwirtschaft sei nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BbgAbfG die Beseitigung nicht verwertbarer Abfälle möglichst in der Nähe ihres Entstehungsortes durch Behandlung zur Verringerung der Menge und Schädlichkeit sowie durch umweltverträgliche Ablagerung. Dem Umstand, dass der Vorrang der Entsorgung in Brandenburg und Berlin im Einzelfall mit dem Näheprinzip kollidieren könne, müsse dadurch Rechnung getragen werden, dass er nur im Rahmen des Näheprinzips gelte. Dies sei mit Bundesrecht vereinbar. Der Bund habe den Landesgesetzgebern über § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG die Befugnisse eingeräumt, die ihm nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaft zugewiesen seien, die er nicht ausdrücklich ausgeschlossen habe und von denen er seinerseits keinen abschließenden Gebrauch gemacht habe. Die Länder dürften unter diesen Voraussetzungen alle Regelungen treffen, die der Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Zielvorgaben dienten. Das Prinzip der Entsorgungsnähe und der Grundsatz der Entsorgungsautarkie seien in Art. 5 Abs. 1 und 2 der Europäischen Abfallrichtlinie - EG-AbfRRL - niedergelegt. Zwar bedeute Entsorgungsnähe nicht unbedingt Gebietsbezogenheit. Die Regionalisierung der Abfallentsorgung sei aber ein möglicher Weg, im Sinne des Ursprungsprinzips des Art. 174 Abs. 2 Satz 1 EGV Umweltbeeinträchtigungen kausal und zeitlich so früh wie möglich zu bekämpfen, und gewährleiste jedenfalls im Grundsatz - vorbehaltlich einer näher gelegenen Entsorgungseinrichtung auf einem anderen Territorium -, dass im Einklang mit Art. 5 Abs. 2 EG-AbfRRL Abfälle in einer der am nächsten gelegenen und geeignetesten Entsorgungsanlagen beseitigt würden. Die Versagung der Zuweisung der Abfälle nach ... wäre selbst dann nicht zu beanstanden, wenn die Kosten der Abfallbeseitigung dort geringer seien oder die Klägerin in ... bestimmte vertragliche Kontingente zu erfüllen hätte. Die Klägerin habe nicht hinreichend konkret dazu vorgetragen, in welcher Höhe ihr durch eine Beseitigung in Brandenburg Mehrkosten erwüchsen und dass und aus welchen Gründen dadurch die Zumutbarkeitsgrenze überschritten sei. Ein gewisser Mehraufwand sei jedenfalls hinzunehmen.
Mit ihrer durch das Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt dazu im Wesentlichen vor: Die Bedenken gegen die Zulässigkeit ihrer Klage seien unbegründet. Sie habe auf der Grundlage eines Kaufvertrages sämtliche zum Betrieb des Zwischenlagers ... erforderlichen Vermögensgegenstände übernommen und den Betreiberwechsel dem zuständigen Amt für Immissionsschutz angezeigt. Die im Andienungsverfahren ergangene Zurückweisungsentscheidung sei eine sachbezogene Regelung, die auf sie als Einzelrechtsnachfolgerin der ehemaligen Betreiberin und Abfallerzeugerin übergegangen sei. In der Sache verletze das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Bundesrecht. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend entschieden, dass auf der Grundlage der Sonderabfallentsorgungsverordnung in der Fassung der 2. Änderungsverordnung keine Andienungspflicht bestanden habe. Die 3. Änderungsverordnung, mit der dieser Mangel habe beseitigt werden sollen, sei unwirksam, weil sie alle besonders überwachungsbedürftigen Abfälle im Sinne des § 3 Abs. 8 Satz 1 KrW-/AbfG der Andienungspflicht unterwerfe. Durch diese dynamische Verweisung entscheide nicht mehr das Land, sondern der Verordnungsgeber des Bundes in verfassungswidriger Weise über den Umfang brandenburgischer Andienungspflichten. Insoweit sei die Verordnung auch mit § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG unvereinbar. Die Vorschrift fordere wegen der mit der Einführung von Andienungspflichten verbundenen Beeinträchtigungen eine Vergewisserung, für welche aus dem Kreis der besonders überwachungsbedürftigen Abfälle zur Beseitigung eine solche Pflicht bestehen solle. Diese Entscheidung könne dem Land nicht abgenommen werden. Die Sonderabfallentsorgungsverordnung sei auch mit den Anforderungen der §§ 10 bis 12 KrW-/AbfG an eine ordnungsgemäße Abfallbeseitigung unvereinbar, weil sie ein Territorialprinzip vorsehe, das in den abschließenden bundesrechtlichen Regelungen nicht vorgesehen sei. Die 3. Änderungsverordnung verstoße zudem gegen das Rückwirkungsverbot, weil eine Andienungspflicht für eine Vielzahl von Abfällen rückwirkend angeordnet werde, die erstmals mit dem In-Kraft-Treten der Abfallverzeichnisverordnung als besonders überwachungsbedürftig eingestuft würden.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, und verteidigt die angegriffene Entscheidung.

II


Die Revision ist nicht begründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts steht im Ergebnis im Einklang mit Bundesrecht.
1. Die Bedenken, die das Berufungsgericht gegen die Zulässigkeit der Klage hegt und die es hätte ausräumen müssen, bevor es die Revision wegen einer der Begründetheit des Rechtsbehelfs zuzuordnenden Frage zuließ, sind nicht berechtigt.
Da die Klägerin die Abfallbehandlungsanlage erworben hat und deren Betreiberin geworden ist, durfte sie auch das Andienungsverfahren für die nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts noch zu erzeugenden Abfälle von ihrer Rechtsvorgängerin übernehmen; denn die Person des Andienungspflichtigen ist für das Verfahren nur hinsichtlich ihrer Eigenschaft als Erzeuger oder Besitzer von Abfällen von Interesse. Wechseln Erzeuger oder Besitzer, ist daher auch ein entsprechender Wechsel der Verfahrensposition unproblematisch. Dass dies auch vom Verordnungsgeber so gesehen worden ist, lässt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 2 SAbfEV schließen. Danach entfällt die Andienungspflicht des Abfallbesitzers, wenn derselbe Abfall bereits vom Abfallerzeuger angedient wurde. Wäre das Verfahren ein höchstpersönliches, wäre eine solche Vorschrift nicht denkbar. Der Senat ist befugt, die landesrechtlichen Normen der Sonderabfallentsorgungsverordnung eigenständig im Hinblick auf die Übergangsfähigkeit eines Andienungsverfahrens auf einen Rechtsnachfolger auszulegen, weil das Oberverwaltungsgericht diese Frage offen gelassen und das Landesrecht insoweit nicht angewendet hat (vgl. Urteil vom 21. Oktober 1983 - BVerwG 8 C 162.81 - BVerwGE 68, 121 <124>; stRspr).
2. Die Abweisung der Klage lässt keine Verletzung revisiblen Rechts erkennen. Die Beurteilung der in Rede stehenden Abfälle als andienungspflichtig ist ebenso wenig bundesrechtswidrig wie die Versagung der von der Klägerin begehrten Zuweisung der Abfälle zur Verbrennungsanlage nach ...
a) Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Zuweisungsbegehrens der Klägerin und die Andienungspflicht für die betroffenen Abfälle ist nach der das Bundesverwaltungsgericht bindenden Auslegung des Landesrechts durch das Oberverwaltungsgericht die Sonderabfallentsorgungsverordnung in der Fassung der 3. Änderungsverordnung. Die Ausführungen des Berufungsgerichts und der daran anknüpfende Vortrag der Beteiligten zu der Altfassung der Verordnung und der Rechtsgültigkeit der darin vorgenommenen Verweisung auf die Verordnung zur Bestimmung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen sind daher weitgehend ohne Belang. Das gilt selbst im Hinblick auf die Frage, ob sich die 3. Änderungsverordnung eine rechtswidrige Rückwirkung beilegt, obwohl zu deren Beantwortung ein Vergleich zwischen der Altfassung und der Neufassung der Sonderabfallentsorgungsverordnung notwendig wäre; denn auch die Rückwirkungsfrage ist nicht entscheidungserheblich. Das Oberverwaltungsgericht hat insoweit ebenfalls bindend für die Revisionsinstanz entschieden, dass die Regelungen der 3. Änderungsverordnung zeitlich teilbar seien, so dass eine Nichtigkeit der Rückwirkungsregelung die übrigen, hier anwendbaren Bestimmungen der Verordnung unberührt ließe.
b) Dass das Oberverwaltungsgericht der maßgeblichen Neufassung der Sonderabfallentsorgungsverordnung eine Andienungspflicht für die hier betroffenen Abfälle entnommen hat, ist aus bundesrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Die gegen die Gültigkeit der Norm erhobenen Einwände der Klägerin, der Verordnungsgeber habe sein Verordnungsermessen nicht hinreichend ausgeübt und sich durch die Verweisung auf § 3 Abs. 8 Satz 1 KrW-/AbfG zugunsten des Bundes der Entscheidung über den Umfang brandenburgischer Andienungspflichten begeben, greifen nicht durch.
Die Klägerin meint, die Ermächtigung des § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG fordere wegen der mit der Einführung von Andienungspflichten verbundenen Beeinträchtigungen eine Vergewisserung, für welche aus dem Kreis der besonders überwachungsbedürftigen Abfälle zur Beseitigung eine solche Pflicht bestehen solle. Dieses Verordnungsermessen sei hier ausgefallen, weil die Neufassung der Verordnung ausschließlich der Reparatur des aufgrund der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung erkannten Mangels gedient habe und daher in aller Eile erlassen worden sei.
Mit diesen Ausführungen verkennt die Klägerin Inhalt und Tragweite der Kompetenzzuweisung, die in § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG zugunsten der Länder vorgenommen wird. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 13. April 2000 - BVerwG 7 C 47.98 - (Buchholz 451.221 § 13 KrW-/AbfG Nr. 5) ausgeführt hat, setzt die Einführung von Andienungspflichten für besonders überwachungsbedürftige Abfälle zur Beseitigung voraus, dass die Andienungspflichten der Sicherstellung einer umweltverträglichen Entsorgung dienen, nicht auf andere Ziele ausgerichtet und zur Gewährleistung dieses Zwecks geeignet sind. Weitere Anforderungen stellt § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG im Gegensatz zu dem für Abfälle zur Verwertung geltenden Satz 2 dieser Vorschrift nicht; er verlangt insbesondere nicht, dass eine umweltverträgliche Beseitigung sonst nicht gewährleistet wäre. Auf dieser Grundlage hat der brandenburgische Verordnungsgeber bereits mit der Altfassung der Sonderabfallentsorgungsverordnung unter Verweisung auf die Verordnung zur Bestimmung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen eine lückenlose Andienungspflicht für solche Abfälle begründet. Dass er mit dieser Grundentscheidung einer Fehleinschätzung hinsichtlich des tatsächlichen Vorliegens der genannten gesetzlichen Voraussetzungen unterlegen gewesen wäre, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt und wird auch von der Klägerin so nicht behauptet.
Der Wechsel von der Verordnung zur Bestimmung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen zur Abfallverzeichnis-Verordnung und der dadurch begründete Zwang, die landesrechtliche Sonderabfallentsorgungsverordnung zu novellieren, erforderte entgegen der Auffassung der Klägerin keine grundlegende Neueinschätzung des Umfangs der Andienungspflicht. Die Parallele, welche die Klägerin zu der Rechtsprechung des Senats zu der sich aus § 13 Abs. 4 Satz 4 KrW-/AbfG ergebenden Anpassungspflicht zieht (Urteil vom 29. Juli 1999 - BVerwG 7 CN 1.98 - Buchholz 451.221 § 13 KrW-/AbfG Nr. 2), ist schon deswegen verfehlt, weil die Definition der besonders überwachungsbedürftigen Abfälle zur Beseitigung in § 41 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG, an der sich die getroffene Grundentscheidung ausgerichtet hatte, gleich geblieben war. Insoweit bestand kein Anpassungsbedarf. Geändert hatte sich nur die Art der Katalogisierung der Abfälle. Deshalb gehen auch die Ausführungen der Klägerin zu dem Systemwechsel, der im Übergang zur Abfallverzeichnis-Verordnung gelegen habe, an der Sache vorbei. Entscheidend für den Verordnungsgeber war allein die Einstufung der Abfälle zur Beseitigung als besonders überwachungsbedürftig. Dass diese Abfälle einer geänderten Katalogisierung unterworfen waren, hätte daher allenfalls dann von Bedeutung für die Andienungsregelungen sein können, wenn sich dadurch der Umfang der andienungspflichtigen Abfälle derart geändert hätte, dass Anlass zur Überprüfung der Tauglichkeit der lückenlosen Andienungspflicht für eine umweltverträgliche Beseitigung bestanden hätte. Dafür gab und gibt es keine Anhaltspunkte. Die Beklagte stellt eine wesentliche Änderung des Umfangs der Abfälle ausdrücklich in Abrede; die Klägerin begegnet dem mit dem Hinweis auf die höhere Zahl der Abfallarten, die besonders überwachungsbedürftig seien, und die Zuordnungsschwierigkeiten, die sich aus der neuen Systematik ergäben. Dass sich der Umfang des anzudienenden Abfalls dadurch in einer für den Verordnungsgeber maßgeblichen Weise geändert hätte, folgt daraus nicht.
Auch die Bedenken der Klägerin dagegen, dass die Neufassung der Sonderabfallentsorgungsverordnung für die andienungspflichtigen Abfälle auf § 3 Abs. 8 Satz 1 KrW-/AbfG und damit auf die jeweiligen Bestimmungen der Abfallverzeichnis-Verordnung verweist, sind nicht berechtigt. Solche dynamischen Verweisungen sind aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht generell ausgeschlossen, und zwar selbst dann nicht, wenn ein Landesverordnungsgeber - wie hier - auf eine bundesrechtliche Vorschrift Bezug nimmt (BVerfGE 47, 285 <311 ff.>). Da das Land Brandenburg, wie dargelegt, aufgrund der Ermächtigung des § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG berechtigt war, eine lückenlose Andienungspflicht für besonders überwachungsbedürftige Abfälle zur Beseitigung einzuführen, durfte es auch den Fortbestand der Lückenlosigkeit durch eine entsprechende Verweisung auf die bundesrechtlichen Bestimmungen zur Definition dieser Abfälle sicherstellen; denn dynamische Verweisungen haben vor allem dort ihre Berechtigung, wo das Verweisungsobjekt - wie hier die in § 3 Abs. 8 Satz 1 KrW-/AbfG in Bezug genommene Verordnung nach § 41 Abs. 1 KrW-/AbfG - dem naturwissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt gehorchend von vornherein auf Änderungen angelegt ist (vgl. BVerfGE 60, 135 <160>). Allein der von der Klägerin angeführte Umstand, dass einzelne Bundesländer keine Andienungspflichten kennen, zwingt das Land Brandenburg nicht dazu, bei jeder Veränderung des bundesrechtlichen Katalogs der besonders überwachungsbedürftigen Abfälle eine neue Entscheidung über den Umfang der Andienungspflichten zu treffen. Vielmehr fordert die konsequente Umsetzung der erwähnten Grundentscheidung für eine lückenlose Andienungspflicht den Gleichlauf mit dem Katalog der Abfallverzeichnis-Verordnung, der durch eine dynamische Verweisung in der erwünschten Weise erreicht wird.
c) Ebenso wenig bundesrechtswidrig ist die Versagung der beantragten Zuweisung der Abfälle zur Verbrennungsanlage in ...
Entgegen der Auffassung der Klägerin war das Land Brandenburg nicht gehindert, in seine Sonderabfallentsorgungsverordnung für die besonders überwachungsbedürftigen Abfälle zur Beseitigung einen Vorrang der Entsorgung in den Ländern Brandenburg und Berlin aufzunehmen.
Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts muss dieser territoriale Vorrang im Hinblick auf § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Brandenburgischen Abfallgesetzes - BbgAbfG -, wonach zu den Zielen der Kreislauf- und Abfallwirtschaft insbesondere auch die Beseitigung nicht verwertbarer Abfälle in der Nähe ihres Entstehungsortes gehört, landesgesetzeskonform ausgelegt werden mit der Folge, dass dieser Vorrang nur im Rahmen des abfallrechtlichen Näheprinzips gilt. Auch das Näheprinzip ist nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nur eines der nach brandenburgischem Abfallrecht zu verwirklichenden Ziele und daher nicht stets vorrangig; diese Relativität führe unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben dazu, dass im Zweifel die Anlage zu wählen sei, welche die besseren Umweltstandards erfülle.
Gilt somit nach der vom Oberverwaltungsgericht vorgegebenen Auslegung des Landesrechts das Territorialprinzip nur nach Maßgabe des Näheprinzips und ist auch dieses nicht absolut zu verstehen, stellt sich im Revisionsverfahren ausschließlich die Frage, ob das Näheprinzip landesrechtlich als eines der zu verwirklichenden Ziele einer umweltverträglichen Abfallbeseitigung vorgeschrieben werden kann und das Territorialprinzip für die Zuweisungsentscheidung ausschlaggebend sein darf, wenn es keinen Vorrang im Hinblick auf die Nähe und die Umweltstandards der Anlage gibt.
Dass die Länder in ihren Andienungsregelungen für besonders überwachungsbedürftige Abfälle zur Beseitigung ein Näheprinzip vorsehen dürfen, folgt schon aus der Ermächtigung in § 13 Abs. 4 Satz 1 KrW-/AbfG, nach der sie solche Regelungen zur Sicherstellung einer umweltverträglichen Beseitigung treffen dürfen. Zu der umweltverträglichen Beseitigung zählt die Beachtung der Prinzipien, die das europäische Abfallrecht vorgibt und zu denen - ausgehend von Art. 174 Abs. 2 Satz 1 EGV - nach Art. 5 Abs. 2 EG-AbfRRL der Grundsatz der Entsorgung in der Nähe des Entstehungsortes gehört. Die Vorstellung, der Bundesgesetzgeber habe von einer entsprechenden Lenkung abgesehen und insoweit den entsorgungspflichtigen Abfallbesitzern bewusst einen Freiraum geschaffen, den die Länder nach Art. 72 Abs. 1 GG nicht beschränken dürften, geht an dem Zweck der Ermächtigung vorbei. Zwar ist es den Ländern nicht erlaubt, durch die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe, wie den der umweltverträglichen Beseitigung, eigenständige Akzente zu setzen und dadurch das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zu einem bloßen Rahmengesetz zu machen. Anders verhält es sich jedoch in dem Bereich, der der landesrechtlichen Regelung ausdrücklich geöffnet worden ist. Hier besteht die Freiheit eigenständiger Bestimmungen, die ihre Grenzen nur dort finden, wo das Bundesgesetz selbst eine abschließende Regelung hat treffen wollen (vgl. Huber, ThürVBl 1999, 97 <108>). Von einem solchen Willen zu einer abschließenden Regelung des Bundes im Sinne der Vorstellungen der Klägerin ist nichts erkennbar; im Gegenteil, die in der Ermächtigung an die Länder liegende Kompetenzverlagerung verlöre weitgehend ihren Sinn, dürften sie den regionalen Gesichtspunkt der Nähe nicht in ihre Zuweisungsregeln aufnehmen. Die Lenkung der Abfallströme auf Landesebene dient gerade dazu, eine möglichst gleichmäßige Auslastung der vorhandenen Beseitigungseinrichtungen zu erleichtern und damit eine ausreichende Entsorgungsstruktur in der Fläche zu sichern.
Ebenso wenig sind die Länder gehindert, Gesichtspunkte der Entsorgungsautarkie in ihren Andienungsregeln zu berücksichtigen und im Hinblick darauf territoriale Zuweisungsregeln zu schaffen. Der Grundsatz der Entsorgungsautarkie soll gemäß Art. 5 Abs. 1 EG-AbfRRL die Gemeinschaft insgesamt und jeden Mitgliedstaat in die Lage versetzen, mittels eines integrierten und aufgabenadäquaten Netzes technologisch fortgeschrittener und keine übermäßigen Kosten verursachender Anlagen die Abfallbeseitigung sicherzustellen (Urteil vom 11. April 2002 - BVerwG 7 CN 1.02 - Buchholz 451.90 Sonstiges Europäisches Recht Nr. 191). Im Einklang damit kann jedenfalls ein territorialer Vorrang begründet werden, der wie hier - als ein Hilfskriterium - dann greift, wenn nach anderen Gesichtspunkten, insbesondere dem der Nähe gleichermaßen geeignete Anlagen für die Abfallbeseitigung in Betracht kommen. Eine solche - eingeschränkte - Regionalisierung des Autarkieprinzips trägt dazu bei, die Entsorgungsinfrastruktur des betroffenen Bundeslandes aufrechtzuerhalten, ohne das gebotene Niveau des Gesundheits- und Umweltschutzes zu vernachlässigen. Der Einwand der Klägerin, der territoriale Vorrang in § 5 Abs. 3 Satz 2 SAbfEV begründe einen unzulässigen Gebiets- und Wettbewerbsschutz von Anlagen privater Betreiber von Abfallbeseitigungsanlagen in Berlin und Brandenburg und verfehle damit den durch das Kreislaufwirtschaftsrecht eingeführten Vorrang der Selbstregulierung und Selbstverantwortung, ist unberechtigt. Die Klägerin lässt außer Acht, dass es ausschließlich um besonders überwachungsbedürftige Abfälle zur Beseitigung geht, die trotz der Neuausrichtung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes zu mehr privater Entsorgungsverantwortung wegen der Gefährlichkeit solcher Abfälle nach wie vor einem stärkeren Zugriff staatlicher Lenkung unterliegen.
Die Andienungsregelungen lassen schließlich auch im Übrigen keinen Bundesrechtsverstoß erkennen, welcher die Rechtswidrigkeit der der Klägerin gegenüber getroffenen Zuweisungsentscheidung zur Folge hätte. Die Ausgestaltung der Andienungspflichten ist insbesondere nicht unverhältnismäßig. Es trifft allerdings zu, dass sich der brandenburgischen Sonderabfallentsorgungsverordnung kein allgemeiner Befreiungstatbestand entnehmen lässt, wie er beispielsweise in § 5 Abs. 2 der entsprechenden Verordnung des Landes Baden-Württemberg enthalten ist und den der Verwaltungsgerichtshof Mannheim aus Gründen der Verhältnismäßigkeit für geboten gehalten hat, um atypischen Fällen Rechnung tragen zu können (vgl. Urteil vom 22. Mai 2001 - 10 S 1405/99 - ZUR 2002, 51 <53>; dazu Beschluss des Senats vom 31. Januar 2002 - BVerwG 7 B 1.02 - Buchholz 451.221 § 13 KrW-/AbfG Nr. 8). Die brandenburgische Sonderabfallentsorgungsverordnung regelt in ihrem § 3 lediglich einige Ausnahmetatbestände, wie sie auch in anderen Ländern normiert worden sind. Ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Gewerbefreiheit der Andienungspflichtigen ergibt sich jedoch aus dem Fehlen einer solchen Befreiungsregelung nicht, solange und soweit die landesrechtlichen Vorschriften die maßgeblichen Ziele der Entsorgung als Vorgaben ausgestaltet haben, die "nach Möglichkeit" einzuhalten sind und es daher erlauben, auch den Belangen des Andienungspflichtigen im Rahmen dieser Zielvorgaben Rechnung zu tragen. Dass diese Belange auch in Brandenburg in die Zuweisungsentscheidung einzubeziehen sind, verdeutlicht § 5 Abs. 3 Satz 3 SAbfEV, wonach die Beklagte die Angaben des Abfallbesitzers nach § 4 Abs. 1 Satz 2 SAbfEV, also die von ihm benannte annahmebereite Entsorgungsanlage, berücksichtigen soll. Derartige Regelungen sind nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich geeignet, die Verhältnismäßigkeit des in der Andienungspflicht liegenden Eingriffs sicherzustellen (Urteil vom 13. April 2000, a.a.O.). Dass die Beklagte auch in der Praxis ihre Zuweisungsentscheidungen unter Berücksichtigung der Belange der Andienungspflichtigen trifft, zeigt der Fall der Klägerin, deren Zuweisungswunsch auch deswegen nicht erfüllt wurde, weil sie nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanz zu der in ihrem Fall gegebenen Atypik keine hinreichend substantiierten Angaben gemacht hatte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.