Verfahrensinformation

Die Beteiligten streiten darüber, ob den Klägerinnen dem Grunde nach ein Anspruch auf Entschädigung für mehrere im Gebiet der Gemeinden Niederschmalkalden und Schweina in Thüringen gelegene Grundstücke zusteht. Die Grundstücke gehörten ursprünglich zum Vermögen einer Kammgarnspinnerei, deren Anteile wiederum sämtlich durch ein Textilunternehmen in Berlin gehalten wurden. Die Rechtsvorgänger der Klägerinnen waren deren Gesellschafter. Sie mussten im Jahre 1937 wegen ihres jüdischen Glaubens aus dem Unternehmen ausscheiden. Die Kammgarnspinnerei wurde 1945 auf der Grundlage des Befehls der sowjetischen Militäradministration in Deutschland unter Sequestration gestellt. Im Jahre 1949 gelangten die Grundstücke des Unternehmens in Volkseigentum. Während der Zeit der DDR wurden die Grundstücke schließlich an Eigenheimbauer veräußert. Die Klägerinnen machen wegen des Ausschlusses der Rückübertragung der Grundstücke einen Anspruch auf Entschädigung geltend.


Beschluss vom 29.09.2003 -
BVerwG 8 B 105.03ECLI:DE:BVerwG:2003:290903B8B105.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 29.09.2003 - 8 B 105.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:290903B8B105.03.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 105.03

  • VG Meiningen - 31.03.2003 - AZ: VG 5 K 1114/98.Me

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. September 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M ü l l e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a g e n k o p f und K r a u ß
beschlossen:

  1. Auf die Beschwerde der Klägerinnen wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Meiningen über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 31. März 2003 aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 13 517 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist begründet. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Ein Revisionsverfahren kann Gelegenheit zur Klärung der sinngemäß gestellten Frage bieten, wie sich der Entschädigungsanspruch nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes vom 27. September 1994 (BGBl I S. 2632) zu einem ergänzenden Anspruch auf Einräumung von Bruchteilseigentum nach § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG verhält.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 13 und 14 GKG.
Rechtsmittelbelehrung
Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 8 C 20.03 fortgesetzt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, einzureichen.
Für den Revisionskläger besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Der Revisionskläger muss sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften ferner durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. In derselben Weise muss sich jeder Beteiligte vertreten lassen, soweit er einen Antrag stellt.

Urteil vom 19.01.2005 -
BVerwG 8 C 20.03ECLI:DE:BVerwG:2005:190105U8C20.03.0

Leitsätze:

§ 2 NS-VEntschG regelt ausschließlich die Höhe der Entschädigung. Das gilt auch für die neu eingefügte Anrechnungsvorschrift des Satzes 4.

Der Restitutionsausschlussgrund des redlichen Erwerbs (§ 4 Abs. 2 VermG) greift auch gegenüber einem Anspruch auf Einräumung von Bruchteilseigentum nach § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG durch.

Urteil

BVerwG 8 C 20.03

  • VG Meiningen - 31.03.2003 - AZ: VG 5 K 1114/98.Me

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l , die
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a g e n k o p f und G o l z e , die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von H e i m b u r g sowie den Richter am Bundesverwaltungsgericht P o s t i e r
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 31. März 2003 wird aufgehoben.
  2. Der Bescheid des Thüringer Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 29. September 1998 wird insoweit aufgehoben, als er Entschädigungsansprüche der Klägerinnen verneint.
  3. Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass den Klägerinnen für die in der Anlage 1 zum Bescheid vom 29. September 1998 aufgeführten Grundstücke in Höhe der mit Bescheid des Thüringer Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 5. Februar 1998 festgestellten Anteile dem Grunde nach ein Anspruch auf Entschädigung zusteht.
  4. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

I


Die Klägerinnen begehren die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung, dass ihnen eine Entschädigung für den Verlust von insgesamt 15 in den Grundbüchern von N. und S. eingetragenen Grundstücken dem Grunde nach zusteht.
Eigentümerin der Grundstücke, aus denen nach Teilung die streitbefangenen hervorgegangen sind, war die im Jahre 1932 gegründete Kammgarnspinnerei a. d. W. AG in N. Sämtliche Anteile an der Aktiengesellschaft hielt das 1872 gegründete und in Berlin ansässige Textilunternehmen Adolph M. & Co. OHG. Zu den meist jüdischen Gesellschaftern dieses Unternehmens zählten die Rechtsvorgänger der Klägerinnen Ernst und Dr. Robert M. Ausweislich einer zum 31. Dezember 1937 erstellten Bilanz betrugen deren Anteile an der OHG 27,32 % bzw. 26,58 %. Dr. Robert M. schied wegen seiner Emigration im Jahre 1937 ohne vertragliche Regelung aus der Gesellschaft aus. Die verbliebenen drei jüdischen Gesellschafter schlossen im April 1938 mit den weiteren Gesellschaftern Wilhelm und Rudolf S. einen notariell beglaubigten Vertrag, wonach sie "zum Zwecke der Arisierung" der OHG aus der Gesellschaft ausschieden.
Nach Kriegsende ist das Vermögen dieser Firma entschädigungslos eingezogen und in Volkseigentum überführt worden. Die Kammgarnspinnerei a. d. W. AG geriet auf der Grundlage des Befehls Nr. 124 der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland unter Sequestration und wurde anschließend in Volkseigentum überführt.
Die Klägerinnen meldeten als Rechtsnachfolgerinnen der Brüder Ernst und Dr. Robert M. 1991 und 1992 vermögensrechtliche Ansprüche hinsichtlich der beiden Unternehmen an.
Das Berliner Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen stellte mit Bescheid vom 24. Februar 1994 bestandskräftig fest, dass die Klägerinnen zu 1 bis 3 in Erbengemeinschaft mit einem Anteil von 27,32 % und die Klägerinnen zu 4 und 5 in Erbengemeinschaft mit einem Anteil von "25,68 %" (richtig: 26,58 %) als Rechtsnachfolger der genannten früheren beiden Gesellschafter Berechtigte der Vermögenswerte des Textilunternehmens Adolph M. & Co. OHG seien, da die Gesellschafter ihre Anteile zum Zwecke "der Arisierung" hätten verkaufen müssen. Es handle sich um einen verfolgungsbedingten Vermögensverlust im Sinne von § 1 Abs. 6 VermG. Eine Rückgabe des Unternehmens sei aber wegen Einstellung des Geschäftsbetriebes ausgeschlossen und die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme
des Betriebes lägen nicht mehr vor. Deshalb hätten die Klägerinnen nur einen Anspruch auf Rückübertragung der in Berlin belegenen Betriebsgrundstücke.
Das Thüringer Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen, der Funktionsvorgänger der Beklagten, stellte mit Bescheid vom 5. Februar 1998 bestandskräftig fest, dass u.a. die Klägerinnen zu 1 bis 3 und die Klägerinnen zu 4 und 5 jeweils in Erbengemeinschaft Ansprüche auf Einräumung von Bruchteilseigentum in bestimmter Höhe an den fraglichen Betriebsgrundstücken der Kammgarnspinnerei haben. Da die Firma Adolph M. & Co. OHG zum Zeitpunkt des Ausscheidens ihrer jüdischen Gesellschafter alleiniger Aktionär der Kammgarnspinnerei gewesen sei, könnten die Klägerinnen die Einräumung von Bruchteilseigentum an den Vermögensgegenständen im Wege der Einzelrestitution in Höhe der ihren Rechtsvorgängern entzogenen Beteiligungen verlangen. Über die Ansprüche hierüber bzw. auf Erlösauskehr wegen investiver Veräußerung unter Berücksichtigung von Ausschlussgründen werde durch gesonderten Bescheid entschieden. Das Amt stellte ferner fest, dass den Klägerinnen kein Anspruch auf Rückübertragung des ehemaligen Unternehmens in N. bzw. diesbezügliche Entschädigungsansprüche zustünden, da an dem Unternehmen lediglich über die Firma Adolph M. & Co. OHG eine mittelbare Beteiligung ihrer Rechtsvorgänger bestanden habe. Der Wert der Beteiligung an der Aktiengesellschaft sei im Rahmen der zu gewährenden Entschädigungsleistung für die Firma Adolph M. & Co. OHG nach § 6 Abs. 7 VermG zu berücksichtigen.
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 29. September 1998 lehnte der Funktionsvorgänger der Beklagten unter Nummer 1 einen Anspruch auf Rückübertragung der ehemals zum Vermögen der Kammgarnspinnerei gehörenden Grundstücke zu Bruchteilseigentum in Höhe der mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 5. Februar 1998 festgestellten Anteile ab, da an den Grundstücken natürliche Personen in redlicher Weise dingliche Nutzungsrechte erworben hätten. Die dagegen vor dem Verwaltungsgericht Meiningen zunächst erhobene Klage haben die Klägerinnen zurückgenommen. Unter Nummer 2 seines Bescheides stellte der Funktionsvorgänger der Beklagten ferner fest, dass Entschädigungsansprüche bezüglich dieser Grundstücke nicht bestünden. Die Entschädigung für den Wert der Unternehmensbeteiligung würde bei der Entschädigungsleistung für die geschädigten Anteile am Mutterunterneh-
men berücksichtigt werden. Die Gewährung einer zusätzlichen Singularentschädigung für die von der Rückübertragung ausgeschlossenen Grundstücke könnte anderenfalls zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Doppelentschädigung führen.
Mit ihrer hiergegen auf Feststellung der Entschädigungsberechtigung erhobenen Verpflichtungsklage haben die Klägerinnen im Wesentlichen vorgetragen, dass ihnen ein grundstücksbezogener Entschädigungsanspruch zustehe. Mit Einführung von § 3 Abs. 1 Satz 4 und 5 in das Vermögensgesetz habe der Gesetzgeber beabsichtigt, die von den Nationalsozialisten Verfolgten zu privilegieren. Demgemäß seien seinerzeit zum "Tochterunternehmen" gehörende Grundstücke auch bei einer mittelbaren Schädigung gesondert in Geld zu entschädigen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil es einen Anspruch auf Feststellung eines eigenständigen Entschädigungsanspruchs hinsichtlich der zum Tochterunternehmen gehörenden Betriebsgrundstücke verneint hat. Zwar sollten die NS-Verfolgten nicht schlechter stehen, als dies bei Anwendung des alliierten Rückerstattungsrechts der Fall gewesen wäre. Dessen Ziel sei es gewesen, den früheren Gesellschaftern neben den aus ihren Beteiligungen fließenden Rechten ihre wirtschaftliche Eigentümerstellung möglichst ungeschmälert zurückzugeben. Wenn der Durchgriff aber - wie hier - ausgeschlossen sei, weil die Einräumung von Bruchteilseigentum entsprechend der früheren Beteiligung wegen redlichen Erwerbs dinglicher Nutzungsrechte gemäß § 4 Abs. 2 VermG nicht möglich sei, erfolge die Wiedergutmachung nur über eine in Geld zu gewährende Entschädigung nach § 1 des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes. Danach bestehe ein Anspruch auf Entschädigung in Geld gegen den Entschädigungsfonds. Diese Entschädigung erfolge nicht gesondert, sondern werde nur im Rahmen der noch ausstehenden Entschädigungsleistung für das Mutterunternehmen, hier der Firma Adolph M. & Co. OHG, berücksichtigt.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügen die Klägerinnen die Verletzung materiellen Rechts. Die Beklagte und der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht verteidigen das angefochtene Urteil.

II


Die Revision ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat mit seinem klageabweisenden Urteil gegen § 2 NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz (NS-VEntschG) verstoßen, indem es zu Unrecht aus dieser Bestimmung abgeleitet hat, dass ein Anspruch nach § 1 NS-VEntschG nicht besteht (1). Der Senat konnte in der Sache selbst entscheiden, § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO, weil die Tatsachenlage eine endgültige Entscheidung über den von den Klägerinnen geltend gemachten Anspruch auf Entschädigung dem Grunde nach gestattet hat (2).
1. Das Verwaltungsgericht hat § 2 NS-VEntschG unzutreffend ausgelegt. Diese Bestimmung befasst sich lediglich mit der Höhe der Entschädigung. Dies folgt sowohl aus der amtlichen Überschrift dieser Norm als auch aus seinen einzelnen Regelungen: Die in Satz 1 enthaltene Verweisung auf Bestimmungen des Bundesrückerstattungsgesetzes bezieht sich ebenso nur auf die Frage der Höhe der Leistung wie die Verweisung in Satz 3 auf Normen des Entschädigungsgesetzes. Dasselbe ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Satzes 2, wonach sich bei Vermögensgegenständen, für die ein Einheitswert festgestellt wird, die Höhe der Entschädigung nach dem Vierfachen des vor der Schädigung zuletzt festgestellten Einheitswertes bemisst.
Nichts anderes ergibt sich aus der Einfügung des Satzes 4 durch das Entschädigungsrechtsänderungsgesetz vom 10. Dezember 2003 (BGBl I S. 2471). Nach dieser am 17. Dezember 2003 und damit nach Zulassung der Revision in Kraft getretenen Vorschrift wird für den Fall, dass die Restitution von Bruchteilseigentum, die Zahlung des anteiligen Verkehrswertes oder die Einräumung einer entsprechenden Beteiligung an einem Unternehmen ausgeschlossen ist, zu der Entschädigung für das Unternehmen keine gesonderte Entschädigung für das Betriebsgrundstück gewährt, wenn dieses in der Bemessungsgrundlage für die Entschädigung des Unternehmens berücksichtigt wird. Die Neuregelung ist ohne ausdrückliche Übergangsregelung erfolgt und beansprucht damit Geltung für Verfahren, in denen - wie hier - die zuständige Behörde noch eine Entscheidung über die geltend gemachte Entschädigung zu treffen hat. Doch auch diese Regelung befasst sich ausschließlich mit der Höhe der Entschädigungsleistung. In der Sache handelt es sich um eine Anrechnungsvorschrift, wie dies aus dem Zusammenhang mit dem voran stehenden Satz 3 ebenso deutlich wird wie durch die Verwendung der Worte "Bemessungsgrundlage für die Entschädigung". Den Gesetzesmaterialien ist kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass diese Regelung abweichend von ihrer Stellung innerhalb des Normgefüges die Entschädigung schon dem Grunde nach erfasst. Allenfalls dann, wenn es offenkundig ist, dass der Wert des Betriebsgrundstücks in der Bemessungsgrundlage für die Entschädigung des Unternehmens berücksichtigt wird, kann auf die gesonderte Grundentscheidung über die Entschädigung kein Anspruch bestehen. Tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen Fallgestaltung sind allerdings vorliegend nicht erkennbar und waren auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht zu gewinnen.
2. Das Bundesverwaltungsgericht konnte in der vorliegenden Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO selbst entscheiden. Aufgrund der festgestellten Tatsachen und der Aktenlage steht den Klägerinnen für die fraglichen Betriebsgrundstücke dem Grunde nach ein Anspruch auf Entschädigung in Geld gegen den Entschädigungsfonds zu. Beurteilungsgrundlage ist § 1 Abs. 1 Satz 1 NS-VEntschG. Danach besteht ein Anspruch auf Entschädigung in Geld gegen den Entschädigungsfonds, wenn in den Fällen von § 1 Abs. 6 VermG die Rückgabe u.a. nach § 4 Abs. 2 VermG ausgeschlossen ist. So liegt die Ausgangslage hier. Die Berechtigteneigenschaft der Klägerinnen steht kraft des Bescheides des Rechtsvorgängers der Beklagten vom 5. Februar 1998 fest. Hiernach sind die Klägerinnen grundsätzlich berechtigt, Bruchteilseigentum an den fraglichen Betriebsgrundstücken zu erlangen. Die Rückübertragung zu Bruchteilseigentum ist aber durch den insoweit bestandskräftig gewordenen Teilbescheid des Thüringer Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 29. September 1998 ausgeschlossen. Der Ausschluss erfolgte wegen redlichen Erwerbs (§ 4 Abs. 2 VermG); hierauf abzuheben, war statthaft.
Der Anspruch auf Einräumung von Bruchteilseigentum besteht nur, wenn er nicht nach dem Gesetz ausgeschlossen ist. Diese Schlussfolgerung ergibt sich mehrfach: Eine generelle Einschränkung für alle vermögensrechtlichen Rückübertragungsansprüche und damit auch für Ansprüche nach § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG folgt zunächst aus § 3 Abs. 1 Satz 1 letzter HS VermG: Vermögenswerte sind zurückzuübertragen, "soweit dies nicht nach diesem Gesetz ausgeschlossen ist". Ferner ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Ausschlusstatbestände des Vermögensgesetzes auch einer Bruchteilsrestitution entgegenstehen können (vgl. BTDrucks 12/2480 S. 40). Demgemäß hat das Bundesverwaltungsgericht zum Ausschlussgrund des § 5 Abs. 1 Buchst. d VermG entschieden, dass zu den dort genannten "Eigentumsrechten an Grundstücken und Gebäuden", die gegebenenfalls nicht rückübertragbar sind, das Bruchteilseigentum gehört (Urteil vom 20. Dezember 1999 - BVerwG 7 C 34.98 - Buchholz 428 § 3 VermG Nr. 32). Ein triftiger Grund, zwischen den einzelnen Ausschlusstatbeständen zu unterscheiden, besteht nicht. Eines mit der Anerkennung redlichen Erwerbs verknüpften sozialen Ausgleichs bedarf es im Falle einer geltend gemachten Bruchteilsrestitution ebenso.
Mit der Zuerkennung der Grundlagenentscheidung ist keine Aussage über die Höhe der Entschädigung getroffen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Gödel Richter am Bundesverwal- Golze
tungsgericht Dr. Pagenkopf
ist infolge Krankheit verhin-
dert zu unterschreiben.
Gödel