Beschluss vom 18.12.2008 -
BVerwG 3 B 62.08ECLI:DE:BVerwG:2008:181208B3B62.08.0

Beschluss

BVerwG 3 B 62.08

  • VG Meiningen - 03.04.2008 - AZ: VG 8 K 44/06 Me

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Dezember 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Dette und Prof. Dr. Rennert
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 3. April 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Der Kläger, der für die Zeit vom 17. Juni 1980 bis zum 4. August 1982 als Verfolgter im Sinne des § 1 Abs. 1 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes - BerRehaG - und für die Zeit vom 24. Juli 1975 bis zum 28. Juni 1978 als verfolgter Schüler nach § 3 Abs. 1 BerRehaG anerkannt worden ist, begehrt Ausgleichsleistungen nach § 8 BerRehaG. Das Verwaltungsgericht hat seine gegen die ablehnenden Bescheide gerichtete Klage abgewiesen, weil seine Verfolgung nicht die erforderliche Zeit von mehr als drei Jahren betrage und seine Bedürftigkeit darüber hinaus nicht verfolgungsbedingt sei.

2 Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache weist nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf (1.). Soweit sich der Kläger daneben sinngemäß auf Verfahrensmängel beruft, genügt sein Vorbringen nicht den Anforderungen an die Begründung solcher Rügen (2.).

3 1. Der Kläger hält in erster Linie für klärungsbedürftig, ob Ausgleichsleistungen nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz voraussetzen, dass die Bedürftigkeit des Verfolgten verfolgungsbedingt ist. Obwohl er sich für die Grundsätzlichkeit dieser Frage auf divergierende verwaltungsgerichtliche Entscheidungen berufen kann (einerseits VG Potsdam, Urteil vom 19. Mai 1999 - 2 K 3950/98 - NJ 2000, 215 f.; andererseits VG Ansbach, Urteil vom 13. Juli 2000 - 4 K 99.01 507 - VIZ 2002, 186 ff.), kann dies nicht zur Zulassung der Revision führen, weil das Verwaltungsgericht die Abweisung der Klage unabhängig von der von ihm geforderten Kausalität zwischen Verfolgung und Bedürftigkeit auch damit begründet hat, dass der Kläger nicht die für die Gewährung von Ausgleichsleistungen notwendige Verfolgungszeit vorweisen könne. Ist eine Entscheidung aber auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionsgrund vorliegt (Beschluss vom 9. Dezember 1994 - BVerwG 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4; stRspr). Zwar hat der Kläger auch hinsichtlich des weiteren Klageabweisungsgrundes eine Grundsatzrüge erhoben. Diese ist aber offensichtlich unbegründet.

4 Der Kläger meint, bei der Berechnung der für die Ausgleichsleistungen erforderlichen Verfolgungszeit müsste auch seine Zeit als verfolgter Schüler berücksichtigt werden. Der Klärungsbedarf, den er hier sieht, besteht jedoch nicht; denn die Haltlosigkeit seiner Rechtsauffassung ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut des Gesetzes. Dieses beschränkt die Ansprüche für verfolgte Schüler nach § 3 Abs. 1 BerRehaG ausdrücklich auf Leistungen nach dem 2. Abschnitt des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes. Die begehrten Ausgleichsleistungen sind jedoch im 3. Abschnitt geregelt. Dass verfolgte Schüler diese Leistungen nicht erhalten sollen, entspricht auch der Absicht des Gesetzgebers, der die Ansprüche verfolgter Schüler erklärtermaßen auf die Hilfe zur Selbsthilfe beschränken und Ansprüche auf Ausgleichsleistungen für diesen Personenkreis ausschließen wollte (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks 12/7048 S. 38 f.).

5 2. Eine Zulassung der Revision kommt auch nicht im Hinblick auf Verfahrensmängel in Betracht. Es ist schon zweifelhaft, ob der Kläger überhaupt Verfahrensrügen erheben will; denn sein Vortrag, dass das Urteil sowohl im Hinblick auf die zugrunde liegende Verfolgungszeit als auch hinsichtlich der verneinten Kausalität zwischen Verfolgung und Bedürftigkeit überraschend ergangen und die Sache aus tatsächlichen Gründen nicht entscheidungsreif gewesen sei, ist in seine Grundsatzrüge eingebettet. Selbst wenn man aber unterstellt, dass insoweit Verfahrensmängel geltend gemacht werden sollen, führt dies nicht zum Erfolg der Beschwerde. Die mit dem Vorwurf der Überraschungsentscheidung sinngemäß geltend gemachte Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach § 108 Abs. 2 VwGO genügt nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Begründung einer solchen Rüge. Beide Klageabweisungsgründe, die unzureichende Verfolgungszeit und die fehlende Kausalität zwischen Verfolgung und Bedürftigkeit, waren Gegenstand der angegriffenen Bescheide oder der gewechselten Schriftsätze. Der Kläger legt auch nicht einmal ansatzweise dar, inwiefern er gehindert gewesen sei, sich dazu im Verfahren zu äußern. Allein der Umstand, dass er aufgrund einer im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren ergangenen Entscheidung des Bezirksgerichts Gera eine andere Entscheidung des Verwaltungsgerichts für die geltend gemachten Ausgleichsleistungen erwartet hat, vermag jedenfalls eine Gehörsverletzung nicht zu begründen.

6 Soweit dem Hinweis des Klägers auf die mangelnde Entscheidungsreife der Sache entnommen werden soll, dass das Verwaltungsgericht die Kausalität zwischen Verfolgung und Bedürftigkeit auf unzureichender Tatsachengrundlage und damit unter Verletzung der Pflicht zur gerichtlichen Sachaufklärung nach § 86 Abs. 1 VwGO verneint habe, fehlt jegliches Vorbringen dazu, warum sich dem Gericht ausgehend von der dem Urteil zugrunde liegenden Rechtsauffassung weitere Ermittlungen hätten aufdrängen müssen. Abgesehen davon wäre auch mit dem Nachweis der Kausalität das Hindernis einer zu kurzen Verfolgungszeit nicht ausgeräumt worden.

7 Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.

8 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.