Beschluss vom 18.12.2003 -
BVerwG 1 B 130.03ECLI:DE:BVerwG:2003:181203B1B130.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.12.2003 - 1 B 130.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:181203B1B130.03.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 130.03

  • VGH Baden-Württemberg - 07.02.2003 - AZ: VGH 1 S 194/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Dezember 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht R i c h t e r und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht B e c k
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 7. Februar 2003 wird verworfen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde, die sich auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache stützt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), ist unzulässig. Sie genügt nicht den Anforderungen, die § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde stellt.
Die Beschwerde hält zunächst die Frage für grundsätzlich bedeutsam, "ob im Rahmen des Aufenthaltsgenehmigungsrechts, wenn alle Anspruchsvoraussetzungen zur Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung, hier der Aufenthaltsbefugnis, zu einem bestimmten Zeitpunkt vorliegen, die Erteilung derselben durch die Ausländerbehörde versagt werden darf, wenn diese im Hinblick auf die Herleitung der Anspruchsvoraussetzungen durch den Ehemann der Klägerin eine Entscheidung in einem erheblichen Maße hinauszögert, so dass in Erwartung darauf, dass die Anspruchsvoraussetzungen durch Widerruf der Asylberechtigung beim Ehemann, sowie die damit später möglicherweise einhergehende Rücknahme der Aufenthaltsbefugnis, nicht mehr gegeben sind". Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage und das mit ihr zusammenhängende weitere Beschwerdevorbringen werden den gesetzlichen Darlegungsanforderungen in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht. Vor allem zeigt die Beschwerde nicht auf, dass sich die aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren stellen würde. Die Fragestellung geht davon aus, dass alle Anspruchsvoraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgelegen haben. Die Beschwerde meint offenbar, die Klägerin habe, solange ihr Ehemann noch im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis gewesen sei, ohne weiteres die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis erfüllt. Sie legt indes nicht dar, woraus sich dies ergeben soll. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, an die der Senat gebunden ist, ist die Klägerin, eine vietnamesische Staatsangehörige, im Dezember 1996 nach Deutschland eingereist und hat im Mai 1997 die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis beantragt. Bereits im April 1997 war die Feststellung, dass beim Ehemann der Klägerin die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, widerrufen worden. Das Berufungsgericht hat ausdrücklich ausgeführt, dass die hier allein im Betracht kommende Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 31 AuslG voraussetzt, dass der Familienangehörige in eigener Person die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 bis 4 AuslG erfüllt, und dies bei der Klägerin - unabhängig davon, ob ihr Ehemann noch im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis gewesen sei - nicht der Fall sei (UA S. 6). Hiermit und mit den im Einzelnen erörterten tatbestandlichen Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 bis 4 AuslG setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Sie legt damit schon im Ansatz nicht dar, dass es auf die Frage der behaupteten Anspruchsvereitelung durch Hinauszögern einer Entscheidung seitens des Beklagten in einem Revisionsverfahren überhaupt ankäme.
Die Beschwerde hält ferner die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, "inwieweit es mit dem Gesetzeszweck und der gesetzgeberischen Intention hinsichtlich des Ausländergesetzes mit diesem vereinbar ist, über Jahre hinweg sog. Kettenduldungen zu erteilen, sofern zumindest zu einem bestimmten Zeitpunkt die Anspruchsvoraussetzungen zur Erteilung der Aufenthaltsbefugnis gegeben waren". Die Beschwerde bezieht sich in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des Senats zu § 30 Abs. 3 AuslG. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer unter bestimmten Voraussetzungen eine Aufenthaltsbefugnis erteilt werden, wenn der Ausländer unanfechtbar ausreisepflichtig ist. Die Beschwerde geht jedoch nicht darauf ein, dass es nach Auffassung des Berufungsgerichts im Entscheidungsfall bisher an einer unanfechtbaren Ausreisepflicht der Klägerin fehlt (vgl. auch § 30 Abs. 4 AuslG). Auf § 30 Abs. 2 AuslG und die dort geregelten, vom Berufungsgericht verneinten Voraussetzungen geht die Beschwerde nicht ein. Sie macht daher - von allem anderen abgesehen - auch hier nicht ersichtlich, dass bzw. in welchem rechtlichen Zusammenhang sich die von ihr benannte Grundsatzfrage in einem Revisionsverfahren stellen würde.
Schließlich stellt sich nach Auffassung der Beschwerde die weitere Grundsatzfrage, "wie das Spannungsverhältnis zwischen Artikel 6 GG und § 30 Abs. 3 und 4 AuslG zu sehen ist, wenn, wie hier bei der Klägerin die Ausreisepflichtigkeit vorliegt und diese auch vollziehbar ist, aufgrund der rechtshängigen Verfahren von Unanfechtbarkeit jedoch noch nicht ausgegangen werden kann; gleichzeitig jedoch, wie bereits dargestellt, zu einem früheren Zeitpunkt die Anspruchsvoraussetzungen gegeben waren". Auch in dieser Frage geht die Beschwerde von einem zu einem früheren Zeitpunkt gegebenen Anspruch auf Aufenthaltsbefugnis aus, ohne diesen auch nur ansatzweise dazulegen. Im Übrigen hat der Senat mehrfach erkannt, dass der Zweck des § 30 Abs. 3 AuslG es rechtfertigt, ausnahmslos die Unanfechtbarkeit der Ausreisepflicht zu fordern (vgl. Urteil vom 19. September 2000 - BVerwG 1 C 14.00 - Buchholz 402.240 § 6 AuslG Nr. 16 m.w.N.). Nichts anderes kann für § 30 Abs. 4 AuslG gelten, der nicht nur die unanfechtbare Ausreisepflicht fordert, sondern diese zusätzlich mit einer Mindestdauer von zwei Jahren verbindet. Die Beschwerde, die auf diese Rechtsprechung nicht eingeht, macht nicht ersichtlich, dass es anlässlich des Entscheidungsfalles weitergehenden Klärungsbedarf gibt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.