Beschluss vom 18.12.2002 -
BVerwG 9 VR 20.02ECLI:DE:BVerwG:2002:181202B9VR20.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.12.2002 - 9 VR 20.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:181202B9VR20.02.0]

Beschluss

BVerwG 9 VR 20.02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Dezember 2002
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts
H i e n und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. S t o r o s t und Dr. E i c h b e r g e r
beschlossen:

  1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Planfeststellungsbeschluss des Antragsgegners vom 29. August 2002 wird abgelehnt.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10 000 € festgesetzt.

1. Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Antragsgegners vom 29. August 2002 für den zweiten Bauabschnitt der Ortsumgehung Meißen im Zuge der Bundesstraße B 101. Er ist Eigentümer eines 5 800 m2 großen, derzeit als Grünfläche genutzten Grundstücks, das nach dem festgestellten Plan mit einer Teilfläche von 4 549 m2 vom Straßenbaulastträger für den Straßenbau und landschaftspflegerische Ausgleichsmaßnahmen im Böschungsbereich erworben werden soll. Mit seiner Klage macht er geltend, die Inanspruchnahme seines Grundstücks sei abwägungsfehlerhaft.
2. Der Antrag, gegen dessen Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, ist unbegründet. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses, das in dem in § 17 Abs. 6 a Satz 1 FStrG und § 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG geregelten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage zum Ausdruck kommt, überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes bis zur Entscheidung über seine Klage.
Bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt sich, dass die Klage auf der Grundlage der zur Begründung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Bezug genommenen Gesichtspunkte voraussichtlich keinen Erfolg haben kann. Unter diesen Umständen besteht kein hinreichender Anlass dafür, von der gesetzlich vorgesehenen Regel der sofortigen Vollziehbarkeit der Planfeststellung hier abzusehen.
Gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses erhebt der Antragsteller der Sache nach keine Rügen. Die von ihm beanstandete Nichtberücksichtigung seiner Argumentation im Anhörungsverfahren betrifft die Einstellung seiner Belange in die planerische Abwägung und damit eine Frage des materiellen Rechts.
Auch eine Verletzung des materiellen Rechts, die einen Anspruch des Antragstellers auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit begründen könnte, lässt sich dem mit dem Antrag in Bezug genommenen bisherigen Klagevorbringen nicht entnehmen. Dieses weist insbesondere nicht auf Mängel bei der durch § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG gebotenen Abwägung hin, die gemäß § 17 Abs. 6 c Satz 1 FStrG erheblich - also offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen - sind und nicht durch Planergänzung behoben werden können.
Insoweit macht der Antragsteller zum einen geltend, der Antragsgegner habe nicht berücksichtigt, dass es bereits 1990 Planungen für die Errichtung eines Motels auf dem betroffenen Grundstück gegeben habe, die von der Stadt Meißen unterstützt worden seien, dass er das Grundstück 1997 im Zwangsversteigerungsverfahren als unerschlossenes Baugrundstück mit einem Verkehrswert von 72 500 DM erworben habe und dass das Grundstück katastermäßig Eintragungen einer früheren Bebauung aufweise. Dieses Vorbringen weist nicht auf einen offensichtlichen Abwägungsmangel hin.
Die Planfeststellungsbehörde hat den Vortrag des Antragstellers im Erörterungstermin, dass es Anfang der 1990er Jahre seitens der Eigentümer Pläne für eine Bebauung des Grundstücks gegeben habe, die zunächst mit der Stadt abgestimmt, dann aber wegen der Veränderungssperre aufgegeben worden seien, nicht übergangen. Sie hat vielmehr im Planfeststellungsbeschluss darauf abgestellt, dass eine bauliche Nutzungsabsicht bisher nicht durch eine Baugenehmigung konkretisiert worden sei und sich eine bauliche Nutzung nach Lage des Grundstücks auch nicht aufdränge. Dies lässt erkennen, dass sie den genannten Vortrag des Antragstellers zwar in die Abwägung eingestellt, ihm jedoch kein die für die Inanspruchnahme des Grundstücks sprechenden Belange überwiegendes Gewicht beigemessen hat. Dass damit die Bedeutung des betroffenen privaten Belangs verkannt oder dieser Belang fehlgewichtet wurde, ist jedenfalls nicht offensichtlich. Die erst im gerichtlichen Verfahren nach Ablauf der Antragsbegründungsfrist nachgeschobenen Hinweise auf nichtamtliche Angaben im Zwangsversteigerungsverfahren, auf die Höhe des darin festgesetzten Verkehrswertes und auf nicht näher spezifizierte katastermäßige Eintragungen betreffen keine den im Verwaltungsverfahren vorliegenden Unterlagen zu entnehmenden oder sonst offensichtlichen Umstände. Sie würden auch in der Sache keine andere Beurteilung rechtfertigen. Die damit angesprochene Frage der Bebaubarkeit des Grundstücks konnte die Planfeststellungsbehörde nämlich - wie geschehen - angesichts der vorhandenen Bebauung östlich der Trasse hier als Frage der Höhe einer Entschädigung behandeln und in ein nachfolgendes Enteignungs- und Entschädigungsverfahren verweisen.
Im Hinblick darauf lässt auch der weitere Einwand des Antragstellers, der sein Grundstück weniger berührenden alternativen Trassierung 1al-3 hätte bereits aufgrund des geringeren Flächenverbrauchs der Vorzug gegeben werden müssen, keinen offensichtlichen Abwägungsmangel erkennen. Die Planfeststellungsbehörde hat der planfestgestellten Trasse trotz des höheren Flächenverbrauchs den Vorzug vor der genannten Alternative gegeben, weil letztere im hier in Rede stehenden Bereich eine ungünstigere Trassierung und einen Verlust an Verkehrsfluss und Verkehrssicherheit mit sich bringe. Das bisherige Klagevorbringen ist nicht geeignet, diese Erwägung als offensichtlich abwägungsfehlerhaft erscheinen zu lassen. Infolge der aus dem Übersichtslageplan der Varianten ersichtlichen Verlagerung des Beginns der Baustrecke vom Ortsausgang am Ende der Wohnsiedlung in Meißen-Korbitz auf eine etwa 300 m südlich davon gelegene Linie kann bei der planfestgestellten Variante die Kurve an der Einmündung der Korbitzer Straße begradigt und damit eine Gefahrenstelle im Ortsausgangs- bzw. -eingangsbereich entschärft werden.
Die Kostenentscheidung folgt auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 3 GKG.