Verfahrensinformation

Die Kläger sind irakische Staatsangehörige christlichen Glaubens. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) widerrief im Jahre 2004 wegen der geänderten Verhältnisse im Irak die Flüchtlingsanerkennungen der Kläger. Das Verwaltungsgericht gab den Klagen gegen die Widerrufsbescheide statt und bejahte eine Gruppenverfolgung der Christen im Irak durch nichtstaatliche Akteure. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestätigte demgegenüber die Widerrufe der Flüchtlingsanerkennung. Er ging davon aus, dass gemessen an der Vielzahl der Anschläge im Irak auf verschiedene Bevölkerungsgruppen die Übergriffe gegenüber Christen nicht derart häufig seien, dass sie eine Gruppenverfolgung begründen könnten. Das Bundesverwaltungsgericht wird sich mit der Frage zu befassen haben, unter welchen Voraussetzungen eine Gruppenverfolgung durch nichtstaatliche Akteure nach dem durch das Zuwanderungsgesetz neu geschaffenen § 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. c AufenthG in Betracht kommt.


Urteil vom 18.07.2006 -
BVerwG 1 C 19.05ECLI:DE:BVerwG:2006:180706U1C19.05.0

Urteil

BVerwG 1 C 19.05

  • Bayerischer VGH München - 10.05.2005 - AZ: VGH 23 B 05.30185

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juli 2006
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Mallmann und Hund
sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Beck und den Richter
am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dörig
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Mai 2005 wird aufgehoben, soweit es sich auf das Anfechtungsbegehren gegen die Widerrufsbescheide des Bundesamts vom 29. Juli 2004 und vom 5. November 2004 bezieht.
  2. Die Sache wird insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I

1 Die Kläger wenden sich gegen den Widerruf ihrer Anerkennung als politische Flüchtlinge (Widerruf der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG, jetzt § 60 Abs. 1 AufenthG).

2 Der 1949 in Basra geborene Kläger zu 1 und die 1957 in Mosul geborene Klägerin zu 2 sind die Eltern der Klägerin zu 3 (1982 in Basra geboren) sowie des Klägers zu 4 und der Klägerin zu 5 (beide 1987 in Bagdad geboren). Die Kläger, sämtlich irakische Staatsangehörige katholischen Glaubens, reisten im Jahre 2000 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten Asyl. Mit bestandskräftig gewordenen Bescheiden vom 25. Juli 2001 (betreffend die Kläger zu 1, 2, 4 und 5) und vom 2. April 2002 (betreffend die Klägerin zu 3) lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - die Asylanträge teilweise (zu Art. 16a GG) ab, gab ihnen aber hinsichtlich der auf die Anerkennung als politischer Flüchtling gerichteten Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (jetzt: § 60 Abs. 1 AufenthG) wegen Verfolgungsgefahren infolge der Asylantragstellung statt. Wegen der Änderung der politischen Verhältnisse im Irak widerrief das Bundesamt die Flüchtlingsanerkennungen mit den angefochtenen Bescheiden vom 29. Juli 2004 - betreffend die Kläger zu 1, 2, 4 und 5 - und vom 5. November 2004 - betreffend die Klägerin zu 3 - (Nr. 1 der Bescheide) und stellte zugleich fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorliegen (Nr. 2 der Bescheide).

3 Mit ihren hiergegen gerichteten Klagen haben die Kläger sich auf die nach wie vor unsicheren Verhältnisse und die zunehmend bedrohliche Lage der Christen im Irak berufen. Muslimische Terrororganisationen töteten fast jeden Tag Christen, bedrohten diese, sprengten Kirchen in die Luft, ebenso Häuser und Gebäude unbeteiligter Zivilisten. Anfang Oktober 2004 sei ein Verwandter der Familie, ebenfalls ein Christ, von einer muslimischen Terrororganisation getötet worden. Auch der Bruder des Klägers zu 1 sei bereits im Irak bedroht worden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärte der Kläger zu 1 auf Nachfrage, dass er sich im Dezember 2001 von der irakischen Botschaft in Athen einen Pass habe ausstellen lassen, mit dem er auch in den Irak gereist sei, um seinen kranken Bruder zu besuchen. Das Verwaltungsgericht hat den Klagen stattgegeben und die angefochtenen Widerrufsbescheide insgesamt aufgehoben, weil die Kläger bei einer Rückkehr in den Irak als Christen einer Gruppenverfolgung durch nichtstaatliche Akteure im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. c AufenthG unterlägen.

4 Auf die Berufungen der Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof - nach Verbindung der Verfahren - durch das angefochtene Urteil vom 10. Mai 2005 die erstinstanzlichen Entscheidungen geändert und die Klagen insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, die Kläger hätten zum gegenwärtigen Zeitpunkt und in absehbarer Zukunft bei Rückkehr in den Irak infolge der inzwischen eingetretenen grundlegenden Änderung der Verhältnisse keinen Anspruch auf Abschiebungsschutz nach § 60 AufenthG. Wegen ihrer Asylanträge und ihrer illegalen Ausreise drohten ihnen nach der Entmachtung Saddam Husseins und der Zerschlagung seines Regimes keine Verfolgungsmaßnahmen im Irak mehr. Weder von den Koalitionstruppen noch von der irakischen Regierung hätten Exiliraker Gefährdungen zu erwarten. Trotz der schwierig abzuschätzenden künftigen Verhältnisse im Irak bestehe für eine Änderung der Situation zum Nachteil der unverfolgt ausgereisten Kläger kein Anhalt. Zwar fänden vermehrt Anschläge statt, die aber an einer grundsätzlichen Kontrolle des Staatsgebiets auch durch alliierte Kräfte nichts änderten. Allerdings seien im Irak terroristische Anschläge an der Tagesordnung. Die allgemeine Sicherheitslage sei nach Beendigung der Hauptkampfhandlungen im Mai 2003 hochgradig instabil geworden. Überfälle und Entführungen - alle Minderheiten würden überdurchschnittlich Opfer von Entführungen - seien an der Tagesordnung. Christliche Betreiber von Alkoholgeschäften seien Ziel von Anschlägen und Plünderungen. Gezielte Anschläge auf Kirchen in Bagdad und in Mosul hätten zugenommen. Generell komme es immer wieder zu Terroranschlägen auch gegenüber Muslimen, seien es Sunniten oder Schiiten, oder anderen Bevölkerungsgruppen. Gemessen an der Vielzahl der Anschläge auf verschiedene Bevölkerungsgruppen seien die Übergriffe gegenüber Christen nicht derart häufig, dass sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gegenwärtig und in näherer Zukunft eine Gruppenverfolgung der Christen im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. c AufenthG begründen könnten. Der Widerruf sei daher zu Recht erfolgt. Einer Ermessensentscheidung nach dem am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen § 73 Abs. 2a AsylVfG habe es nicht bedurft. Im Übrigen lägen auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vor.

5 Mit der vom Senat nur hinsichtlich der Anfechtung der Widerrufsbescheide zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Urteile. Sie machen im Wesentlichen geltend, das Berufungsgericht habe eine Gruppenverfolgung von Christen im Irak durch nichtstaatliche Akteure zu Unrecht verneint. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts komme es für die Frage einer Gruppenverfolgung nicht darauf an, ob bei einem Vergleich der Übergriffe auch bezüglich anderer Bevölkerungsgruppen die Anzahl dieser Übergriffe noch nicht so erheblich sei, sondern allein darauf, dass gemessen an Intensität und Häufigkeit von Rechtsgutbeeinträchtigungen innerhalb einer Gruppe jedes einzelne weitere Gruppenmitglied daraus die begründete Furcht herleiten könne, selbst alsbald Opfer solcher Verfolgungsmaßnahmen zu werden. Die Angriffe und Diskriminierungen der Christen im Irak hätten die für eine Gruppenverfolgung erforderliche Verfolgungsdichte bereits erreicht, ohne dass der Staat oder Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschten, einschließlich internationaler Organisationen in der Lage wären, Schutz vor der Verfolgung zu bieten.

6 Die Beklagte und die beteiligte Landesanwaltschaft Bayern verteidigen das angefochtene Urteil. Die Beklagte meint, von ausschlaggebender Bedeutung seien auch bei der Gruppenverfolgung durch nichtstaatliche Akteure die Gerichtetheit der Übergriffe auf durch die Genfer Konvention geschützte Merkmale und die Verfolgungsdichte. Eine hinreichende Verfolgungsdichte für eine Gruppenverfolgung der Christen im Irak habe das Berufungsgericht aufgrund seiner tatsächlichen Feststellungen und Würdigung und der erforderlichen Gesamtbetrachtung der Situation im Herkunftsland zutreffend verneint.

II

7 Die Revision ist begründet.

8 1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nach der beschränkten Zulassung der Revision nur noch das mit den Hauptanträgen verfolgte Anfechtungsbegehren der Kläger, gerichtet auf die Aufhebung der Widerrufsbescheide insgesamt, also sowohl des Widerrufs der Anerkennung als politische Flüchtlinge (Widerruf der Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG, jetzt § 60 Abs. 1 AufenthG) in Nr. 1 der Bescheide als auch der (negativen) Feststellung zu § 53 AuslG (jetzt: § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG) in Nr. 2 der Bescheide. Hinsichtlich der vom Berufungsgericht ebenfalls negativ beschiedenen Hilfsbegehren auf Verpflichtung der Beklagten zur (positiven) Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG ist das Berufungsurteil dagegen - auflösend bedingt durch den Erfolg der Kläger mit den Hauptanträgen - rechtskräftig geworden.

9 2. Wie der Senat in dem gleichzeitig ergehenden Urteil des Verfahrens BVerwG 1 C 15.05 näher ausgeführt hat, ist die Abweisung der Anfechtungsklagen durch das Berufungsgericht mit Bundesrecht nicht vereinbar (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Senat kann auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend selbst entscheiden, ob die angefochtenen Widerrufsbescheide rechtmäßig sind. Die Sache ist deshalb insoweit wegen fehlerhafter Ablehnung der Hauptanträge an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Zu den Einzelheiten der Begründung wird auf das gleichzeitig verkündete Urteil im Verfahren BVerwG 1 C 15.05 , das diesem Urteil in anonymisierter Fassung beigefügt wird, Bezug genommen.

10 a) Danach hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung zu Recht als zulässig angesehen.

11 b) Das Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof haben die Klagebegehren auch zutreffend nach der neuen, durch das Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 geänderten Rechtslage beurteilt und zu Recht entschieden, dass die angefochtenen Widerrufsbescheide insgesamt nicht schon an dem durch das Zuwanderungsgesetz neu eingeführten Erfordernis einer Ermessensentscheidung nach § 73 Abs. 2a AsylVfG scheitern. Diese Bestimmung findet auf Widerrufsentscheidungen, die - wie hier - vor dem 1. Januar 2005 ergangen sind, keine Anwendung.

12 c) Die Widerrufsentscheidungen sind auch nicht etwa deshalb insgesamt rechtswidrig, weil sie nicht „unverzüglich“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG bzw. nicht innerhalb der Jahresfrist nach § 48 Abs. 4, § 49 Abs. 2 Satz 2 VwVfG erfolgt wären (vgl. auch hierzu das Urteil im Verfahren BVerwG 1 C 15.05 ).

13 d) Ob die Widerrufsbescheide im Übrigen den gesetzlichen Anforderungen aus § 73 Abs. 1 AsylVfG entsprechen und das Bundesamt deshalb zugleich befugt war, über das Bestehen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (jetzt: § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG) zu entscheiden, kann der Senat auch im vorliegenden Verfahren auf der Grundlage des Berufungsurteils nicht abschließend selbst beurteilen.

14 aa) Zwar verfehlt das angefochtene Urteil nicht bereits in seinem Ansatz die vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 1. November 2005 (- BVerwG 1 C 21.04 - ZAR 2006, 107 = DVBl 2006, 511, zur Veröffentlichung in den Entscheidungssammlungen BVerwGE und Buchholz vorgesehen), klargestellten Maßstäbe zur Auslegung der Widerrufsermächtigung in § 73 Abs. 1 AsylVfG. Danach durfte das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner im Revisionsverfahren nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und für das Revisionsgericht bindenden (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO) tatrichterlichen Feststellungen und Prognosen annehmen, dass die im Anerkennungsbescheid angenommene ursprüngliche Verfolgungsgefahr bei einer Rückkehr in den Irak wegen der Asylantragstellung in Deutschland mit der Beseitigung des Saddam-Regimes inzwischen weggefallen ist und insofern die dargelegten Voraussetzungen für einen Widerruf vorliegen. Im Ergebnis zu Recht durfte es auch davon ausgehen, dass der Ausnahmefall einer auf der früheren Verfolgung beruhenden unzumutbaren Rückkehr im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG hier nicht geltend gemacht und auch sonst nicht in Betracht zu ziehen ist.

15 bb) Hingegen sind die Erwägungen des Berufungsgerichts dazu, dass den Klägern - bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Berufungsverhandlung im Mai 2005 - bei einer Rückkehr in den Irak nicht erneut eine (andere) Verfolgung im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG droht, mit Bundesrecht nicht in vollem Umfang vereinbar. Insoweit hat der Verwaltungsgerichtshof im Ausgangspunkt zwar zutreffend geprüft, ob den Klägern nunmehr bei einer Rückkehr in den Irak eine (Gruppen-)Verfolgung als Christen durch nichtstaatliche Akteure droht. Den hierzu im Urteil des Verfahrens BVerwG 1 C 15.05 entwickelten Anforderungen wird das Berufungsurteil indessen nicht gerecht. Der Verwaltungsgerichtshof hätte seine Entscheidung nicht ohne genauere Feststellungen zu Art, Umfang und Gewicht der Verfolgungshandlungen treffen dürfen und diese zu der Zahl der irakischen Christen in Beziehung setzen müssen. Die tatrichterliche Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs, gemessen an der Vielzahl der Anschläge auf verschiedene Bevölkerungsgruppen seien die Übergriffe gegenüber Christen nicht derart häufig, dass sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gegenwärtig und in näherer Zukunft eine Gruppenverfolgung der Christen im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. c AufenthG begründen könnten, ist ferner auch deshalb mit Bundesrecht nicht vereinbar, weil eine Gruppenverfolgung der Christen nicht mit der Begründung verneint werden kann, dass auch andere Bevölkerungsgruppen oder Minderheiten in ähnlicher Weise drangsaliert werden.

16 3. Für das weitere Verfahren bemerkt der Senat:

17 a) Hinsichtlich des Klägers zu 1 wird das Berufungsgericht zunächst prüfen müssen, ob dessen Anerkennung als politischer Flüchtling nicht schon gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG dadurch erloschen ist, dass er sich im Dezember 2001 von der irakischen Botschaft in Athen einen irakischen Pass hat ausstellen lassen, mit dem er dann auch in den Irak gereist ist (vgl. das Sitzungsprotokoll des Verwaltungsgerichts vom 20. Januar 2005, GA I Bl. 55 sowie die im Revisionsverfahren eingereichte Mitteilung des Landratsamts Straubing vom 4. Oktober 2005, GA II a Bl. 15 ff.). Sollte die Prüfung ergeben, dass der Kläger zu 1 sich damit nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsprechung (vgl. Beschluss vom 15. April 1998 - BVerwG 1 B 40.98 - Buchholz 402.25 § 72 AsylVfG Nr. 1 sowie zur Vorgängervorschrift des § 15 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG a.F. Urteil vom 2. Dezember 1991 - BVerwG 9 C 126.90 - BVerwGE 89, 232) freiwillig dem Schutz seines Heimatstaates unterstellt hat, wäre die Flüchtlingsanerkennung kraft Gesetzes erloschen. In diesem Fall käme unter Umständen auch eine Umdeutung des Widerrufs in die Feststellung des Erlöschens der Rechtsstellung als Flüchtling und Ablehnung des neuen Asylbegehrens (wegen der nunmehr geltend gemachten Verfolgung als Christ) in Betracht (vgl. zu den Voraussetzungen für eine Umdeutung im gerichtlichen Verfahren: Urteil vom 23. November 1999 - BVerwG 9 C 16.99 - BVerwGE 110, 111, 114 f.).

18 b) Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung, ob den Klägern heute bei einer Rückkehr in den Irak eine Gruppenverfolgung als Christen droht, zu Recht den allgemeinen (Prognose-)Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit angelegt und nicht den erleichterten sog. herabgesetzten oder herabgestuften Maßstab der hinreichenden Sicherheit vor erneuter bzw. wiederholter Verfolgung (vgl. im Einzelnen das Urteil im Verfahren BVerwG 1 C 15.05 ).

19 c) Nach den Feststellungen im Berufungsurteil besteht auch hier kein Zweifel, dass die für die Flüchtlingsanerkennung der Kläger ausschlaggebende Annahme des subjektiven Nachfluchttatbestands der Asylantragstellung in Deutschland keinerlei Verknüpfung mit der nun bei einer Rückkehr in Betracht kommenden Gefahr einer Verfolgung durch Private wegen des christlichen Glaubens aufweist. Dies gilt im Übrigen, wie in der Revisionsverhandlung erörtert, auch für den im Anerkennungsverfahren seinerzeit sonst noch vorgebrachten, vom Bundesamt als nicht asylbegründend bewerteten Verfolgungsvortrag der Kläger.

20 4. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG (vgl. auch hierzu das Urteil im Verfahren BVerwG 1 C 15.05 ).