Beschluss vom 18.05.2012 -
BVerwG 8 KSt 3.12ECLI:DE:BVerwG:2012:180512B8KSt3.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.05.2012 - 8 KSt 3.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:180512B8KSt3.12.0]

Beschluss

BVerwG 8 KSt 3.12

  • VG Berlin - 21.05.2010 - AZ: VG 4 K 9.10

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Mai 2012
durch die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg
beschlossen:

Die Erinnerung des S., vertreten durch den G., gegen den Kostenansatz in der Mithaftkostenrechnung vom 16. September 2011 (Kz.: 1180 0111 1835) wird zurückgewiesen.

Gründe

1 Das Schreiben der Bevollmächtigten des G. als Vertreter des Klägers zu 1 vom 19. März 2012 ist als Erinnerung gegen die Mithaftkostenrechnung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. September 2011 auszulegen, da es sich gegen die Aufforderung zur Zahlung der von den Klägern zu 2 und 3 nicht gezahlten Gerichtskosten wendet. Die Erinnerung, über die nach § 66 Abs. 6 GKG die Berichterstatterin als Einzelrichterin entscheidet, hat keinen Erfolg. Die Inanspruchnahme des Klägers zu 1 aus gesamtschuldnerischer Haftung für die noch offenen Gerichtskosten ist nicht zu beanstanden.

2 Der Kläger zu 1 ist im Wege der Mithaft für die Kostenschuld der Kläger zu 2 und 3 herangezogen worden. Gemäß § 29 Nr. 1 GKG schuldet die Kosten, wem durch gerichtliche Entscheidung die Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind. Nach dem Beschluss des Senats vom 18. Mai 2011, mit dem die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger zurückgewiesen wurde, haben die Kläger die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Diese Entscheidung ist rechtskräftig, da sie nicht mit ordentlichen Rechtsbehelfen angefochten werden kann (§ 173 VwGO i.V.m. § 705 ZPO). Die Kläger zu 1 bis 3 haften deshalb gemäß § 29 Nr. 1 GKG i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 GKG gesamtschuldnerisch als Entscheidungsschuldner.

3 Bei gesamtschuldnerischer Haftung bestimmt der Kostenbeamte nach pflichtgemäßem Ermessen, ob der geschuldete Betrag von einem Kostenschuldner ganz oder von mehreren nach Kopfteilen angefordert werden soll (§ 8 Abs. 3 Satz 1 Kostenverfügung - KostVfg - vom 1. März 1976, Bek. zuletzt BAnz 2008, S. 944). Pflichtgemäßem Ermessen entsprach es, zunächst die drei Kläger jeweils für ein Drittel der Gerichtskosten in Anspruch zu nehmen, wie es hier mit den Kostenrechnungen vom 27. Juni 2011 geschehen ist. Nachdem die Kläger zu 2 und 3 auf diese anteiligen Kostenrechnungen mit Schreiben vom 5. August 2011 mitgeteilt haben, dass sie die Zahlung der Kosten definitiv ablehnen, entspricht es fehlerfreier Ermessensausübung, nun den gesamten geschuldeten Betrag von dem Kläger zu 1 als Gesamtschuldner anzufordern.

4 Eine solche Inanspruchnahme wäre sogar zulässig, wenn der Kläger zu 1 nicht nur als Mitschuldner gem. § 32 Abs. 1 Satz 1 GKG, sondern als Zweitschuldner gemäß § 31 Abs. 2 GKG für die gesamten Gerichtskosten haften würde. Denn da die Kläger zu 2 und 3 in den Vereinigten Staaten von Amerika leben und Vermögen im Inland nicht bekannt ist, erscheint eine Zwangsvollstreckung in ihr bewegliches Vermögen als aussichtslos. Dafür ist nicht erforderlich, dass ein erfolgloser Vollstreckungsversuch bereits stattgefunden hat. Vielmehr genügt die Wahrscheinlichkeit, dass mit einer raschen und sicheren Verwirklichung des Anspruchs der Justizkasse gegen den zunächst belangten Schuldner nicht zu rechnen ist (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 7. Juli 2005 - 1 AR 32/02 - KGR Berlin 2005, 881 ff. - juris Rn. 5).

5 Die Tatsache, dass im Ausland zu vollstrecken wäre, macht die Vollstreckung zwar allein noch nicht aussichtslos. Sinn und Zweck einer Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen ist aber die rasche Befriedigung des Gläubigers. Daher ist eine Vollstreckung als aussichtslos anzusehen, wenn sie in dem jeweiligen Staat erfahrungsgemäß lange Zeit in Anspruch nehmen würde oder wenn die Vollstreckung mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wäre (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Januar 2009 - I-10 W 104/08 u.a. -juris Rn. 2 m.w.N.).

6 Die Gerichtskostenrechnung betrifft eine öffentlich-rechtliche Forderung und hat als Akt der Justizverwaltung die rechtliche Qualität eines Verwaltungsaktes. Die Einziehung der angesetzten Gerichtskosten erfolgt im Inland im Verwaltungszwangsverfahren nach der Justizbeitreibungsordnung. Im Ausland dagegen ist eine Vollstreckung der Gerichtskostenrechnung als Akt der Justizverwaltung nicht ohne Weiteres möglich. Die Vollstreckung von Gerichtskostenrechnungen wird auch nicht von in zwischenstaatlichen Vereinbarungen vorgesehenen Vollstreckungserleichterungen erfasst (vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Januar 2009, a.a.O. Rn. 3).

7 Die Beitreibung der in der Kostenrechnung angesetzten Gerichtskosten im Ausland erfolgt mit Hilfe der zuständigen Auslandsvertretung der Bundesrepublik Deutschland. Diese ist um die Vermittlung der Beitreibung zu ersuchen, nachdem die für die Gerichtskosteneinziehung zuständige Behörde geprüft hat, ob die mit der Beitreibung verbundenen Aufwendungen im richtigen Verhältnis zu dem geschuldeten Betrag stehen. Das Verfahren erfordert in der Praxis erfahrungsgemäß einen erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand. Dieser lässt es regelmäßig als unverhältnismäßig erscheinen, das Bundesamt für Justiz auf einen Vollstreckungsversuch im Ausland zu verweisen, bevor der Mitschuldner in Anspruch genommen wird.

8 Der Kläger zu 1 kann nur darauf hingewiesen werden, dass er die Kläger zu 2 und 3 für die von ihm übernommenen Gerichtskosten in Regress nehmen kann.

9 Die Höhe der Kostenforderung wird von dem Erinnerungsführer nicht in Frage gestellt. Sie ist auch nicht zu beanstanden.

10 Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).