Beschluss vom 18.04.2006 -
BVerwG 8 B 112.05ECLI:DE:BVerwG:2006:180406B8B112.05.0

Beschluss

BVerwG 8 B 112.05

  • VG Cottbus - 07.09.2005 - AZ: VG 1 K 840/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. April 2006
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze, die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg und den Richter am Bundes-verwaltungsgericht Postier
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 7. September 2005 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 124 341,77 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Weder kommt der Sache die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch liegt der gerügte Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) vor.

2 1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

3 Die Beschwerde bezeichnet die Fragen als grundsätzlich bedeutsam:
Tritt an die Stelle eines Rückübertragungsanspruchs auch dann der Anspruch auf Auskehr des Erlöses, wenn der beanspruchte Vermögenswert zwar vor Inkrafttreten des Vermögensgesetzes veräußert wurde, aber zwei Genehmigungsakte vorliegen, von denen einer vor Inkrafttreten des Vermögensgesetzes datiert und ein weiterer Genehmigungsakt nach Inkrafttreten des Vermögensgesetzes?
Ist für den Fall, dass eine erste GVVO-Genehmigung vor Inkrafttreten des Vermögensgesetzes und eine weitere GVVO-Genehmigung nach Inkrafttreten des Vermögensgesetzes (ergangen ist), nicht für die Anwendbarkeit des § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG darauf abzustellen, dass die zuletzt erteilte Genehmigung als entscheidungserheblich und rechtlich wirksam anzusehen ist - jedenfalls dann, wenn die Grundbucheintragung auf Grund der zeitlich letzten GVVO-Genehmigung erfolgt?
Ersetzt eine zeitlich spätere GVVO-Genehmigung eine zeitlich vorher erteilte GVVO-Genehmigung auch dann, wenn in der späteren Genehmigung kein ausdrücklicher Hinweis auf die Aufhebung oder Ersetzung der ersten Genehmigung enthalten ist?

4 Diese Fragen lassen sich auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens ohne Weiteres verneinen. Ist für einen Kaufvertrag noch vor Inkrafttreten des Vermögensgesetzes eine - wie hier das Verwaltungsgericht angenommen hat - wirksame Grundstücksverkehrsgenehmigung erteilt worden, ist auch der Kaufvertrag und das darin zugleich liegende Verfügungsgeschäft wirksam geworden, so dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 Satz 2 und 3 VermG (wirksame Verfügung nach Inkrafttreten des Vermögensgesetzes) nicht gegeben sind. Die Erteilung einer weiteren Genehmigung für den bereits genehmigten Kaufvertrag geht ins Leere. Dieser Genehmigung kommt daher rechtlich keine weitere Bedeutung zu. Für die Annahme, die zweite Genehmigung solle die erste ersetzen, bedürfte es entsprechender Anhaltspunkte, die das Verwaltungsgericht hier gerade nicht festgestellt hat.

5 2. Die Rüge der Beschwerde, das Verwaltungsgericht habe gegen seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen, weil es die in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll beantragte Beweiserhebung nicht durchgeführt habe, ist unbegründet. Die Zurückweisung des unbedingt gestellten Beweisantrags in der mündlichen Verhandlung ist ebenso wenig revisionsrechtlich zu beanstanden, wie die Nichtberücksichtigung des Weiteren nur hilfsweise gestellten Beweisantrags. Soweit sich der Beweisantrag auf die Wirksamkeit der im Jahre 1990 erteilten Grundstücksverkehrsgenehmigung, insbesondere den Zeitpunkt der Bekanntgabe an die im Verteiler genannten Stellen bezieht, hat das Verwaltungsgericht zurecht darauf hingewiesen, dass es sich dabei um eine Rechtsfrage bzw. um eine nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht erhebliche Tatsache handelt. Soweit die Klägerin behauptet hat, die Genehmigung sei erst nach dem 29. September 1990 erteilt und zurückdatiert worden, fehlt es - wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - für diese Behauptung im Hinblick auf den Inhalt der Altakten an jedem Anhaltspunkt. Die Klägerin hat auch in der Begründung ihrer Beweisanträge (und im Übrigen auch in der Beschwerdeschrift) keine derartigen Anhaltspunkte dargelegt.

6 Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts braucht die Tatsacheninstanz unsubstantiierten Beweisanträgen nicht nachzugehen. Unsubstantiiert sind nicht nur Beweisanträge, die das Beweisthema nicht hinreichend konkretisieren, sondern auch solche Anträge, die dazu dienen sollen, unsubstantiierte Behauptungen zu stützen, also beispielsweise auf erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage aufgestellte Behauptung abzielen. Einem Prozessbeteiligten ist es nicht erlaubt, unter formalem Beweisantritt Behauptungen aufzustellen, für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht. Zwar darf eine Behauptung nicht schon dann als unerheblich behandelt werden, wenn sie nicht auf dem Wissen des Behauptenden, sondern auf einer Vermutung beruht. Jedoch ist es nicht Aufgabe des Gerichts, sich mit Behauptungen zu befassen, die aus der Luft gegriffen sind und durch keinerlei greifbare Anhaltspunkte gestützt werden. Beweisanträge, denen derartige Behauptungen zugrunde liegen, lösen als so genannte Beweisermittlungs- oder -ausforschungsanträge keine Pflicht des Gerichts zur Beweiserhebung aus (vgl. Beschlüsse vom 25. Januar 1988 - BVerwG 7 CB 81.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 196, vom 29. März 1995 - BVerwG 11 B 21.95 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266 und vom 5. November 1998 - BVerwG 7 B 199.98 - RÜ BARoV 1999 Nr. 3 S. 7).

7 Allein die Tatsache, dass die Beteiligten die bei den Akten befindliche frühere Genehmigung aus dem Jahre 1990 übersehen haben und dass im Jahre 1991 eine weitere Genehmigung ohne Bezugnahme auf die frühere Genehmigung erteilt wurde, lässt entgegen der Ansicht der Beschwerde auch nicht mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die Annahme zu, die frühere Genehmigung sei nachträglich erstellt und rückdatiert worden, zumal diese im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einem vom staatlichen Notariat gestellten Antrag auf Erteilung der Genehmigung sowie auf eine Weiterleitung einer Genehmigung durch das staatliche Notariat an das Liegenschaftsamt steht, die auch einen Eingangsvermerk des Liegenschaftsamtes trägt. Die Beschwerde zeigt nicht auf, wer aus welchem Grunde ein Interesse und die Möglichkeit für eine solche Aktenmanipulation gehabt haben sollte.

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf den §§ 47, 52 GKG. Für die Festsetzung des Streitwerts in Verfahren, die die Rückübertragung eines Grundstücks betreffen, ist nach der ständigen Rechtsprechung beider für das Vermögensrecht zuständiger Senate des Bundesverwaltungsgerichts auf den aktuellen Verkehrswert abzustellen (vgl. Beschlüsse vom 2. August 1999 - BVerwG 8 KSt 12.99 - Buchholz 360 § 13 GKG Nr. 105 und vom 28. September 2005 - BVerwG 7 KSt 12.05 - sowie Nr. 48.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004 - DVBl 2004, 1525 <1530>). Maßgeblich für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Antragstellung, die den Rechtszug einleitet (§ 40 GKG). Deswegen kann für das Beschwerdeverfahren der von der Klägerin im Schriftsatz vom 15. September 2005 dargelegte niedrigere Bodenrichtwert berücksichtigt werden, gegen den die übrigen Beteiligten keine substantiierten Einwendungen erhoben haben. Für das Klageverfahren muss es dagegen bei dem im Zeitpunkt der Klageerhebung angegebenen Bodenrichtwert verbleiben.

9 Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der Wert für das aufstehende Gebäude nicht unberücksichtigt zu lassen. Für die Streitwertfestsetzung ist es unerheblich, wer die Kosten für die Errichtung bzw. den Erhalt des Gebäudes in der Vergangenheit getragen hat. Substantiierte Angriffe gegen den vom Verwaltungsgericht geschätzten Wert des Gebäudes enthält die Beschwerde nicht.

10 Bei einem Bodenrichtwert von 72 021,77 € ergibt sich unter Berücksichtigung des Schätzwertes des Verwaltungsgerichts für das Gebäude in Höhe von 52 320 € der nunmehr für das Beschwerdeverfahren festgesetzte Streitwert von 124 341,77 €.