Beschluss vom 17.09.2003 -
BVerwG 8 B 107.03ECLI:DE:BVerwG:2003:170903B8B107.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.09.2003 - 8 B 107.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:170903B8B107.03.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 107.03

  • VG Magdeburg - 08.05.2003 - AZ: VG 5 A 178/03 MD

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. September 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M ü l l e r ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht G o l z e und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. v o n H e i m b u r g
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 8. Mai 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 324 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Dabei kann dahinstehen, ob sie den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 VwGO hinsichtlich der geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) entspricht; denn jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet.
1. Der Zulassungsgrund der Divergenz ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 1. September 1997 - BVerwG 8 B 144.97 - Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50 S. 7 <11>). Die Beschwerde muss also die angeblich widersprüchlichen abstrakten Rechtssätze einander gegenüberstellen. Daran fehlt es hier. Die Beschwerde behauptet zwar wiederholt, das Verwaltungsgericht sei von der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen, voneinander abweichende Rechtssätze werden aber nicht aufgezeigt. Sie sind auch nicht ersichtlich. Der Sache nach rügt die Beschwerde vielmehr, das Verwaltungsgericht habe angeblich die Rechtssätze des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelfall unzutreffend angewandt. Damit kann aber der Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht erfolgreich begründet werden (vgl. Beschluss vom 1. September 1997 - BVerwG 8 B 144.97 - a.a.O.).
2. Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Vorschrift ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss daher dargelegt, d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung im beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Auch daran fehlt es hier. Die nach Art einer Berufungsbegründung abgefasste Beschwerde formuliert schon keine vermeintlich klärungsbedürftige Rechtsfrage im dargelegten Sinne. Soweit die Beschwerde die Frage als grundsätzlich bedeutsam bezeichnet, "ob - wie das VG meint - der Missbrauch von Außerkrafttreten von Vorschriften der DDR durch Behörden der DDR zum Nachteil eines westdeutschen Eigentümers dazu führt, dass die zur Bekämpfung des einschlägigen Teilungsunrechts gedachten Vorschriften des VermG (...) nicht anwendbar sind," verkennt sie, dass das Verwaltungsgericht eine derartige Aussage nicht getroffen hat und sich diese Frage im vorliegenden Rechtsfall auch nicht stellen würde. Es liegt vielmehr auf der Hand, dass die - von der Beschwerde unterstellte - missbräuchliche Anwendung von außer Kraft getretenen Rechtsvorschriften der DDR nicht dazu führen kann, dass vermögensrechtliche Ansprüche deswegen nicht bestehen. Etwas Derartiges hat aber - wie gesagt - das Verwaltungsgericht auch an keiner Stelle seiner Entscheidung behauptet. Auch insoweit beanstandet die Beschwerde der Sache nach vielmehr die Wertung des Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht. Damit wird aber keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang einen Verstoß des verwaltungsgerichtlichen Urteils gegen die Denkgesetze rügt, übersieht sie, dass ein Tatsachengericht nicht schon dann gegen die Denkgesetze verstoßen hat, wenn es nach Meinung des Beschwerdeführers unrichtige oder fern liegende Schlüsse gezogen hat; ebenso wenig genügen objektiv nicht überzeugende oder sogar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen; es muss sich vielmehr um einen aus Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluss handeln (stRspr; Urteil vom 20. Oktober 1997 - BVerwG 9 C 147.86 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 37 S. 1 <4>, Beschlüsse vom 14. März 1988 - BVerwG 5 B 7.88 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 199 S. 31 <32 f.> und vom 8. Juli 1988 - BVerwG 4 B 100.88 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 34 S. 3 <4 f.>). Nach dem Sachverhalt darf denkgesetzlich ausschließlich eine einzige Folgerung möglich sein, die das Gericht aber nicht gezogen hat. Dies ist hier ersichtlich nicht der Fall. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen in nachvollziehbarer Weise dargelegt, warum es aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes zu dem Ergebnis gekommen ist, dass keine staatliche Verwaltung vorlag.
Schließlich folgt die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache entgegen der Ansicht der Beschwerde auch nicht aus der geltend gemachten Abweichung des Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Zu Unrecht meint die Beschwerde, die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 1. Dezember 1998 - XI ZR 104/98 - (ZOV 1999, 122) habe Rechtssätze aufgestellt, die von der vom Verwaltungsgericht zitierten und angewandten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abwichen. Soweit der Bundesgerichtshof eine staatliche Verwaltung im Sinne des § 18 Abs. 2 und des § 1 Abs. 4 VermG auch dann bejaht, wenn im Einzelfall die gesetzlichen Grundlagen nach dem Recht der DDR für die Anordnung der staatlichen Verwaltung nicht vorlagen, widerspricht dies nicht den vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 29. April 1999 - BVerwG 7 C 18.98 - (Buchholz 428 § 1 Abs. 4 VermG Nr. 3) aufgestellten Grundsätzen. Danach liegt staatliche Verwaltung nicht nur dann vor, wenn diese aufgrund bestimmter, in der Entscheidung näher angeführter Vorschriften der DDR, förmlich angeordnet wurde, sondern auch dann, wenn diese Anordnung unterblieben, die staatliche Verwaltung aber faktisch ausgeübt wurde. Nichts anderes gilt, wenn die Anordnung förmlich erfolgte bzw. tatsächlich vollzogen wurde, obwohl die Tatbestandsvoraussetzungen der genannten DDR-Vorschriften nicht vorlagen. Dies alles ändert nichts daran, dass es sich um eine staatliche Verwaltung im Sinne der Rechtsprechung gehandelt haben muss. Allein der Umstand, dass die Verwaltung durch den VEB Kommunale Wohnungsverwaltung ausgeübt wurde, besagt insoweit auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nichts, weil der VEB KWV auch privatrechtlich tätig werden konnte (vgl. auch BGHZ 128, 173). Ob dies im Einzelfall anzunehmen ist, ist keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern obliegt der Würdigung des Sachverhaltes durch das Tatsachengericht.
Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 13, 14 GKG.