Beschluss vom 17.05.2006 -
BVerwG 7 B 21.06ECLI:DE:BVerwG:2006:170506B7B21.06.0

Beschluss

BVerwG 7 B 21.06

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 22.11.2005 - AZ: OVG 9 A 7/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. Mai 2006
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert, Krauß
und Guttenberger
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. November 2005 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 3 125,45 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Klägerin betreibt ein Aluminiumschmelzwerk und wendet sich gegen die Heranziehung zur Erstattung der Auslagen externer Sachverständiger, die zum einen die Prüfung einer Emissionserklärung gemäß § 27 Bundes-Immissionsschutzgesetz und zum anderen eine Betriebsbegehung (mit Abschlussbericht) zum Gegenstand hatten. Das Verwaltungsgericht hat den Kostenbescheid insoweit aufgehoben, als er sich auf die gutachterliche Tätigkeit zur Prüfung der Emissionserklärung bezog. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht unter Abänderung des Ersturteils den Kostenbescheid darüber hinausgehend aufgehoben: Zu den Kosten der Begutachtung der Emissionserklärung gehöre auch der Aufwand des Sachverständigen für die vorausgegangene Sichtung der Akten. Der so erworbene Kenntnisstand sei nicht der Betriebsbegehung zuzurechnen, eine (anteilige) Kostenerstattung scheide insoweit aus. Das Oberverwaltungsgericht hat in seinem Urteil die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten.

2 Die Beschwerde ist unbegründet. Der geltend gemachte Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor. Die Rechtssache hat nicht die behauptete grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

3 Der Beklagte möchte die Frage geklärt wissen,
ob die Kostenregelung des § 52 Abs. 4 Satz 3 Bundes-Immissionsschutzgesetz einen derartigen umfassenden Regelungsgehalt hat, dass all diejenigen Kosten, die in irgendeiner nicht willkürlichen Art und Weise mit einer Überwachungsmaßnahme nach § 52 Abs. 2 BImSchG in Zusammenhang stehen, durch den Auskunftspflichtigen zu tragen sind, sofern nicht eine der Ausnahmetatbestände im Sinne des 2. Halbsatzes erfüllt ist.

4 Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig, denn sie ist anhand gesetzlicher Vorgaben und anhand der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne weiteres zu bejahen.

5 Dabei ist der Begriff der Kosten im Sinne von § 52 Abs. 4 Satz 3 BImSchG dahingehend einschränkend zu verstehen, dass hiervon lediglich behördliche Auslagen und Aufwendungen erfasst werden, nicht aber Verwaltungsgebühren (Urteil vom 25. August 1999 - BVerwG 8 C 12.98 - BVerwGE 109, 272 <280>). Ob und in welcher Höhe für Überwachungsmaßnahmen im Sinne von § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG für die Personal- und Sachkosten der Behörde Verwaltungsgebühren eingefordert werden können, richtet sich nach den Kostenbestimmungen der Länder.

6 Versichert sich eine Behörde, die gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 BImSchG verpflichtet ist, die Durchführung und Einhaltung der Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen zu überwachen, bereits für dieses schlicht hoheitliche („behördeninterne“) Handeln der Hilfe sachverständiger Dritter, kann sie die Aufwendungen für deren gutachterliche Tätigkeiten nicht auf der Grundlage des § 52 Abs. 4 Satz 3 BImSchG auf den Anlagenbetreiber abwälzen. Dies trifft insbesondere für die Prüfung und Auswirkung von Emissionserklärungen (§ 27 BImSchG) zu (Urteil vom 25. August 1999 a.a.O. S. 281 ff.). Den Kostenaufwand für „sonstige“, über schlicht hoheitliches Handeln hinausgehende Überwachungsmaßnahmen, die insbesondere auch von als Eingriffsakte zu wertenden Maßnahmen begleitet sind, trägt dagegen der Betreiber der Anlage. In Rede stehen hier insbesondere die Aufwendungen für Sachverständige zur Überprüfung der Anlage und der Betriebsunterlagen vor Ort, soweit nicht die gesetzlich benannten Ausnahmetatbestände greifen (§ 52 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG).

7 Zu den vom Anlagenbetreiber zu erstattenden Aufwendungen für die Beauftragung eines sachverständigen Dritten zählen selbstredend auch dessen Vor- und Nachbereitungszeiten zur Prüfung einer Anlage in dem durch § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG vorgegebenen Rahmen, somit der gesamte Zeitaufwand für ein vorausgehendes Studium von Akten, ohne deren Kenntnis weder eine zielgerichtete Begehung der Anlage noch die die Begutachtung beendende Erstellung eines Gutachtens oder eines Abschlussberichts möglich wäre. Ein Sachverständiger kann Vorbereitungskosten für das Begehen einer Anlage nicht in Rechnung stellen, wenn ihm Umfang und Betrieb der Anlage bereits aus anderen Tätigkeiten vollumfänglich bekannt ist. Ein abzurechnender Zeitaufwand für eine Einarbeitung in die Untersuchungsmaterie fällt dann nicht an. Wird ein Sachverständiger für die Kontrollbehörde vorerst nur im schlicht hoheitlichen Aufgabenbereich des § 52 Abs. 1 Satz 1 BImSchG tätig, nämlich in der Bearbeitung einer Emissionserklärung, von deren Ergebnis möglicherweise die Notwendigkeit weiterer, „sonstiger“ Überwachungsmaßnahmen abhängt, so kommen die dabei gewonnenen Erkenntnisse mittelbar auch der späteren Tätigkeit des Gutachters im Rahmen des § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG zugute, ohne dass hierfür Kostenanteile aus der vorhergehenden gutachterlichen Tätigkeit zu berücksichtigen wären. War dagegen der Sachverständige von vornherein sowohl mit der Prüfung der Emissionserklärung wie auch mit weiteren Überprüfungstätigkeiten beauftragt und setzen diese gutachterlichen Tätigkeiten gleichermaßen umfängliche Kenntnisse über den Betrieb der Anlage voraus, dann liegt eine Aufteilung der Kosten für vorbereitende Aktenstudien auf der Hand.

8 Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ist der Fall aber so nicht gelagert: Allein auf die Prüfung der Emissionserklärung bezog sich das vorbereitende Aktenstudium. Die Tätigkeiten des Sachverständigen im Rahmen des § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG beschränkten sich ausschließlich auf eine Betriebsbegehung zum Zwecke der Kontrolle der Demontage bestimmter Anlagenteile. Ermittlungen zum Emissionsverhalten der Anlage mit entsprechenden Messungen und der Auswertung von Basisdaten vor Ort erfolgten dagegen nicht. Der Sachverständige war somit nicht mit Tätigkeiten befasst, die übergreifend der Bearbeitung sämtlicher übertragener Prüfungs- und Überwachungsaufträge gedient hätten. Die Aufteilung der Vorbereitungskosten für die Begutachtung der Emissionserklärung und eine anteilige Zuordnung dieser Kosten für die Begutachtung nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG schieden folglich aus.

9 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG.