Beschluss vom 17.04.2003 -
BVerwG 1 B 174.02ECLI:DE:BVerwG:2003:170403B1B174.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.04.2003 - 1 B 174.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:170403B1B174.02.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 174.02

  • Schleswig-Holsteinisches OVG - 04.03.2002 - AZ: OVG 4 L 356/94

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. April 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts
E c k e r t z - H ö f e r , die Richterin am Bundes-
verwaltungsgericht B e c k und den Richter am
Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 4. März 2002 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Sie legt den geltend gemachten Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels durch Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO) nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dar.
Sie meint, das Berufungsgericht habe den Vortrag des Klägers über seine individuelle Verfolgung in der Türkei nicht für unglaubhaft halten dürfen, ohne den Kläger zu den behaupteten Widersprüchen in seinem Vorbringen - die im Übrigen in dem angefochtenen Beschluss auch nicht im Einzelnen aufgeführt seien - zu befragen und anzuhören oder zumindest darauf hinzuweisen, dass es die vom Bundesamt aufgeführten Widersprüche für erheblich halte. Außerdem hätte das Berufungsgericht bei der Annahme einer inländischen Fluchtalternative im Westen der Türkei auch die Geschichte des Heimatdorfes des Klägers und das politische Handeln seiner Verwandten berücksichtigen müssen.
Mit diesem Vorbringen ist der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht aufgezeigt. Selbst wenn das Berufungsgericht, wie von der Beschwerde behauptet, im Rahmen der Beurteilung des Verfolgungsvortrags des Klägers als unglaubhaft verfahrensfehlerhaft vorgegangen sein sollte, fehlt es in der Beschwerdebegründung an der erforderlichen Darlegung, dass die Entscheidung hierauf beruht. Denn das Berufungsgericht hat den Asylanspruch und den Anspruch auf Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG unabhängig davon auch mit der weiteren Begründung verneint, dass sich aus dem Vorbringen des Klägers über die fluchtauslösenden Ereignisse - auch wenn man es in seinem maßgeblichen Kerngehalt als wahr unterstelle - nur von Qualität und Umfang her beschränkte Aktivitäten ergäben, die allenfalls ein lokal begrenztes Verfolgungsinteresse der örtlichen Sicherheitskräfte, nicht aber ein landesweites Verfolgungsinteresse gerade an der Person des Klägers begründen könnten (BA S. 9); der Kläger hätte sich einer etwaigen Verfolgung deshalb ohne weiteres durch Umsiedlung in den Westen der Türkei entziehen können. Durchgreifende Rügen gegen diese zweite, selbständig tragende Begründung macht die Beschwerde nicht geltend.
Soweit sie die Nichtberücksichtigung des klägerischen Vorbringens bei der Annahme einer inländischen Fluchtalternative im Westen der Türkei rügt, legt sie nicht dar, aus welchen Umständen sich eine Verletzung der Kenntnisnahme- und Erwägungspflicht und damit ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs ergeben soll. Auf das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 22. Februar 2002 ist das Berufungsgericht in der Begründung seines Beschlusses ausdrücklich eingegangen (BA S. 10 f.).
Inwiefern das Berufungsgericht eine Verfolgung des Klägers wegen Sippenhaft nicht ohne vorherigen Hinweis auf seine in der Berufungsentscheidung vertretene Ansicht hätte verneinen dürfen, zeigt die Beschwerde ebenfalls nicht auf. Sie gibt schon nicht - wie für die Rüge einer unzulässigen Überraschungsentscheidung erforderlich - an, was der Kläger auf einen entsprechenden gerichtlichen Hinweis noch Entscheidungserhebliches vorgetragen hätte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.