Beschluss vom 17.04.2002 -
BVerwG 3 B 36.02ECLI:DE:BVerwG:2002:170402B3B36.02.0

Beschluss

BVerwG 3 B 36.02

  • Bayerischer VGH München - 27.11.2001 - AZ: VGH 20 B 01.990

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. April 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht van S c h e w i c k und
Dr. B r u n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. November 2001 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 225,84 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Die Rechtssache hat nicht die von der Beschwerde allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
1. Ganz überwiegend erfüllt die Beschwerdebegründung bereits die Anforderungen an die Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht. Hiernach ist erforderlich die - entweder ausdrückliche oder dem Vorbringen der Sache nach hinreichend deutlich zu entnehmende - Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 n.F. VwGO Nr. 26 m.w.N.). Eine solche Fragestellung enthält der gesamte Begründungsschriftsatz vom 6. Februar 2002 nicht.
Selbst wenn man das Vorbringen zugunsten der Kläger großzügig auslegt und in den Darlegungserfordernissen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügende Fragestellungen uminterpretiert, so nötigt auch dies nicht zur Durchführung eines Revisionsverfahrens, weil insoweit die Richtigkeit der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsansichten auf der Hand liegt:
2. Der Sache nach möchte die Beschwerde vermutlich geklärt wissen, ob die im Streitfall in Rede stehende Beleihung eines Beauftragten für Luftaufsicht diesen auch zu bewegungslenkenden Anordnungen im Sinne eines Startverbots befugt (S. 2 ff. der Beschwerdeschrift sowie S. 8 des angefochtenen Urteils) und ob ein solcher Beauftragter für Luftaufsicht insbesondere Erkenntnisse zur Flugsicht gewinnen und diese in Verfügungen umsetzen darf, wie der Verwaltungsgerichtshof angenommen hat (S. 9 des angefochtenen Urteils), was die Beschwerde als unzutreffend ansieht, weil ausschließlich auf die Sicht des Luftfahrzeugführers abzustellen sei (S. 5 ff. der Beschwerdebegründung).
a) Ausgangspunkt der mit der Beschwerde angegriffenen Darlegungen des angefochtenen Urteils ist die Annahme, bei dem im Streitverfahren in Rede stehenden Beauftragten für Luftaufsicht (sog. Flugleiter) handele es sich um eine andere Stelle bzw. andere geeignete Person im Sinne des § 29 Abs. 2 Luftverkehrsgesetz - LuftVG -, welcher die Luftfahrtbehörden "diese Aufgaben" übertragen können; bei diesen Aufgaben kann es sich ersichtlich nur um die Aufgaben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG handeln, was einschließt, dass diesen anderen Stellen bzw. Personen auch die rechtlichen Mittel zur Durchführung dieser Aufgaben (§ 29 Abs. 1 Sätze 2 und 3 LuftVG) zustehen. Von diesem rechtlichen Ansatz ausgehend hat das angefochtene Urteil angenommen, dass ein solcher Beauftragter für Luftaufsicht auch Verstößen gegen die Bestimmung des § 28 Abs. 1 Satz 1 der Luftverkehrs-Ordnung - LuftVO - begegnen kann, indem er ein Startverbot verhängt, wenn bei nicht ausreichender Sicht im Sinne dieser Vorschrift gestartet werden soll.
aa) Diesen rechtlichen Ansatz versucht die Beschwerde im Ergebnis zu Unrecht und mit nur schwer nachvollziehbarer Begründung dadurch infrage zu stellen, dass es dem Verwaltungsgerichtshof ein unzutreffendes Verständnis von § 31 Abs. 2 Nr. 18 LuftVG unterstellt; hiernach führen die Länder im Auftrage des Bundes unter anderem die Aufgabe aus, "die Ausübung der Luftaufsicht, soweit diese nicht das Bundesministerium ... selbst, das Luftfahrtbundesamt oder die für die Flugplankoordinierung, die Flugsicherung und die Luftsportgeräte zuständigen Stellen im Rahmen ihrer Aufgaben ausüben".
Da im Streitfall unstreitig die Luftaufsicht durch die vorgenannten Institutionen nicht ausgeübt wird, namentlich "die Flugsicherung" (vgl. § 31 b LuftVG, Beauftragung eines Flugsicherungsunternehmens; Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Anteile ausschließlich vom Bund gehalten werden) auf dem in Rede stehenden Flughafen unstreitig nicht tätig geworden ist oder wird, bleibt unerfindlich, warum der nach Landesrecht befugte Beauftragte für Luftaufsicht nicht auch in Fragen der Bewegungslenkung (vgl. § 27 c Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a LuftVG: Flugverkehrskontrolle zur Überwachung und Lenkung der Bewegungen im Luftraum und auf den Rollflächen von Flugplätzen) zulässigerweise soll tätig werden können.
b) Nicht zum Erfolg führen kann auch das Vorbringen zur Frage, ob der Flugzeugführer oder der Beauftragte für Luftaufsicht - allgemein oder im konkreten Einzelfall - eine verbindliche Entscheidung über zureichende Sichtverhältnisse zu treffen befugt sind.
aa) Insoweit hat das Berufungsgericht mit nachvollziehbaren und einleuchtenden Gründen angenommen, aus § 28 Abs. 1 LuftVO folge nicht, dass Flugsichten allein und ausschließlich von Luftfahrzeugführern festzustellen seien.
bb) Dem setzt die Beschwerde, soweit die Darlegungen überhaupt nachvollziehbar sind, im Wesentlichen die Behauptung entgegen, aus der Formulierung des § 28 Abs. 1 Satz 2 LuftVO, wonach Flugsicht die Sicht in Flugrichtung aus dem Führerraum eines im Flug befindlichen Luftfahrzeugs ist, folge, dass in den in Rede stehenden Fällen beim Start und bei der prognostischen Bewertung der Sichtverhältnisse beim beabsichtigten Flug (ausschließlich) auf die Bewertung durch den Luftfahrzeugführer abzustellen sei, dem gemäß §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 LuftVO die Verantwortung für das Führen des Luftfahrzeugs am Boden und während des Fluges übertragen sei. Indessen trifft diese Annahme der Beschwerde ebenso wenig zu wie die vorstehend abgehandelte.
Damit, dass § 28 Abs. 1 Satz 2 LuftVO die Flugsicht in sinnvoller Weise an die Verhältnisse während eines Flugs und damit an die Sicht eines fliegenden Fahrzeugführers anknüpft, trifft die Bestimmung keine Entscheidung hinsichtlich der davon zu unterscheidenden Frage, wem eine naturgemäß nur prognostische Bewertung vor und während eines Startvorgangs anvertraut ist, ob später (beim Flug) die vorgenannten Sichtbedingungen voraussichtlich eintreffen werden, so dass es vertretbar erscheinen darf, einen Start durchzuführen. Zu diesem Zeitpunkt vor und während des Starts fehlt einem Flugzeugführer ebenso wie einer Flugsicherungsinstitution die tatsächliche Möglichkeit, die maßgebliche Flugsicht aus der eingenommenen Position eines Fliegenden zu beurteilen; es gibt daher keinen zwingenden oder in der Natur der Sache liegenden Grund, die Einschätzung des Flugzeugführers als entscheidend anzusehen.
Auch und gerade in Fällen der hier in Rede stehenden Art, die dadurch gekennzeichnet sind, dass ein Flugplatz nicht über die für größere bzw. verkehrsreichere Flugplätze typischen Flugsicherungsmöglichkeiten verfügt, gehören daher die Prüfung der zu erwartenden Sichtverhältnisse und damit die Entscheidung über die Freigabe von Starts zu den Kernaufgaben der Flugsicherung im Sinn des § 27 c LuftVG, woraus folgt, dass sie mangels zuständiger anderer Institutionen durch den im Streitverfahren in Rede stehenden Beauftragten für Luftaufsicht durchzuführen sind.
Von einer weiteren Begründung sieht der beschließende Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Bei der Streitwertfestsetzung orientiert sich der beschließende Senat an der berufungsgerichtlichen Streitwertbemessung.