Verfahrensinformation

Die Klägerinnen, landwirtschaftliche Unternehmen, wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der Bundesautobahn A 20 zwischen Langsdorf und Triebsees. Sie befürchten Beeinträchtigungen ihrer landwirtschaftlichen Nutzflächen. Ihre Klagen hat das Bundesverwaltungsgericht mit Gerichtsbescheid abgewiesen. Darauf haben sie Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.


Gerichtsbescheid vom 15.06.2004 -
BVerwG 4 A 21.03ECLI:DE:BVerwG:2004:150604G4A21.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Gerichtsbescheid vom 15.06.2004 - 4 A 21.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:150604G4A21.03.0]

Gerichtsbescheid

BVerwG 4 A 21.03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. Juni 2004
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht H a l a m a , Prof. Dr. R o j a h n , G a t z und Dr. J a n n a s c h sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. P h i l i p p
für Recht erkannt:

  1. Das Verfahren wird im Umfang der Klagerücknahme eingestellt.
  2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  3. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

I


Die Klägerin wendet sich gegen die Beschlüsse des Beklagten vom 27. Juni 2003, zugestellt am 29. Juli 2003, die den Plan für den Neubau der Bundesautobahn A 20 zwischen Langsdorf und Triebsees (Verkehrseinheit 2823, zweiter Bauabschnitt) sowie zwischen Triebsees und der Anschlussstelle Grimmen-West (Verkehrseinheit 2824) feststellen. Sie betreibt einen landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieb auf Eigentums- und Pachtflächen u.a. in den Gemarkungen Volksdorf und Nossendorf, die teilweise für begleitende Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege beansprucht werden.
Die Klägerin hat am 29. August 2003 Klage erhoben und zu deren Begründung vorgetragen: Ihr sei daran gelegen, die Wiesen in den Poldern Volksdorf und Annenhof zur Verhinderung von Verbuschung zweimal jährlich mähen zu dürfen. Dafür müsse sie auch ein Entgelt erhalten. Die Mäharbeiten sollten nicht, wie in anderen Fällen schon geschehen, an auswärtige Firmen vergeben werden. Die beabsichtigte Verfüllung der Gräben an den Ackerrändern führe dazu, dass die Dränagen ihren Abfluss verlören. Ungeklärt sei, wohin das anfallende Dränagewasser fließen solle. Die im Erörterungstermin abgegebene Zusage der Fa. DEGES, sie, die Klägerin, an der Ausführungsplanung für eine Erdverlegung der 220-kV-Leitung zu beteiligen, sei nicht eingehalten worden. Die Zugänge zur Trebel müssten zur Löschwasserversorgung, die Wegeverbindung zwischen Annenhof und Rodde als Teil des öffentlichen Wegenetzes erhalten bleiben. Für die Beschränkung der Nutzung in den Poldern Rodde und Tannenwiese sei eine Entschädigung zu leisten. Zumindest dem Grunde nach hätte der Beklagte über eine zu leistende Entschädigung entscheiden und einen Zeitpunkt für die Zahlung festsetzen müssen. Die durch die Planfeststellungsbeschlüsse teilweise in Anspruch genommenen Flurstücke 267, 268, 269, 276, 57/1, 76, 85/1 und 86/1 der Flur 1 in der Gemarkung Volksdorf seien nicht Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens gewesen.
Mit Schriftsatz vom 4. Mai 2004 hat die Klägerin die Klage insoweit zurückgenommen, als damit die Aufrechterhaltung der Zugänge zur Trebel und der Wegeverbindung zwischen Annenhof und Rodde erstritten werden sollte.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Planfeststellungsbeschlüsse des Beklagten vom 27. Juni 2003 aufzuheben, soweit die Klage nicht zurückgenommen worden ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er tritt dem Vorbringen der Klägerin im Einzelnen entgegen.

II


Der Senat macht von der ihm durch § 84 VwGO eröffneten Möglichkeit Gebrauch, ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Der Streitfall weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf. Die Beteiligten sind zu der gewählten Entscheidungsform gehört worden.
Im Umfang der Klagerücknahme ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen. Die angefochtenen Planfeststellungsbeschlüsse verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Zu Unrecht verlangt die Klägerin, die Trebelwiesen in Volksdorf und Annenhof zur Verhinderung von Verbuschung und damit zum Zwecke der Landschaftspflege zweimal jährlich mähen zu dürfen und mit dieser Aufgabe gegen Entgelt beauftragt zu werden. Ob die Planfeststellungsbeschlüsse eine Landschaftspflege überhaupt vorsehen oder die in Rede stehenden Flächen der natürlichen Sukzession überlassen, braucht nicht ermittelt zu werden; denn die Planfeststellungsbeschlüsse können aus Rechtsgründen nicht leisten, was sich die Klägerin von ihnen verspricht. Sie haben die Aufgabe, über die Zulassung des in Rede stehenden Straßenbauvorhabens zu entscheiden. Sie müssen zwar unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 5 LNatG M-V den Verursacher des Eingriffs in Natur und Landschaft zu Ersatzmaßnahmen verpflichten, dürfen dem Verursacher aber nicht vorschreiben, welcher Person oder Stelle sich jener zur Erfüllung der Verpflichtung zu bedienen hat.
Die Klägerin kann dem Planfeststellungsbeschluss auch nicht mit Erfolg die angeblich unterbliebene Lösung des Problems der Entwässerung durch vorhandene Ackerdränagen entgegenhalten. Ihre Darstellung in der Klageschrift, den Dränagen solle der Abfluss genommen werden, trifft nicht zu. Die DEGES hat im Verwaltungsverfahren zugesagt, im Zuge der Bauausführung beeinflusste Rohrleitungen so weit durch einen offenen Graben zu ersetzen, bis die verbleibenden Dränleitungen aufgrund ihres Gefälles oberhalb des geplanten Stauzieles ausmünden können. Um bisher noch nicht erfasste Ackerdränagen werde man sich in Abstimmung mit den betroffenen Landwirten im Rahmen der Ausführungsplanung kümmern. Der Beklagte durfte sich hiermit zufrieden geben. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt es zu, die Regelung von technischen Einzelheiten des Vorhabens der späteren Ausführungsplanung vorzubehalten (vgl. Urteil vom 5. März 1997 - BVerwG 11 A 5.96 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 44, S. 25 m.w.N.).
Mit der Behauptung, die DEGES habe ihre im Anhörungsverfahren abgegebene Zusage nicht eingehalten, sie, die Klägerin, an der Ausführungsplanung für die Verlegung der 220-kV-Leitung zu beteiligen, lässt sich die Rechtmäßigkeit der Planfeststellungsbeschlüsse ebenfalls nicht in Frage stellen. Mit ihrer Beanstandung muss sich die Klägerin an die DEGES wenden.
Auf die Forderung der Klägerin, Fragen der Entschädigung für dauernde Beschränkungen der Nutzung von Flächen in den Poldern Rodde und Tannenwiese zu regeln, ist der Beklagte zu Recht im Planfeststellungsbeschluss nicht eingegangen. Die rechtliche Regelung des Planfeststellungsbeschlusses erschöpft sich darin, den Zugriff auf privates Grundeigentum zuzulassen. Im Übrigen kann sich die Planfeststellungsbehörde - wie hier (PFB Verkehrseinheit 2823/2, S. 83) - darauf beschränken, den Betroffenen auf das Enteignungsverfahren zu verweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Mai 1992 - BVerwG 4 C 9.89 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 88, S. 79).
Mit der Rüge, der Planfeststellungsbeschluss greife auf Flächen zu, die nicht zum Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens gemacht worden seien, macht die Klägerin einen Verstoß gegen § 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG M-V geltend. Hiernach ist, wenn ein ausgelegter Plan geändert werden soll und hierdurch Belange Dritter erstmalig oder stärker als bisher berührt werden, diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben. Der Senat kann offen lassen, ob die von der Klägerin gepachteten Flurstücke 267, 268, 269, 276, 57/1, 76 und 85/1 der Flur 1 in der Gemarkung Volksdorf - am Flurstück 86/1 hat die Klägerin keine Rechte - nachträglich für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege in Anspruch genommen worden sind. Der geltend gemachte Verfahrensfehler würde - sein Vorliegen unterstellt - nur dann zur Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen, wenn er sich auf die Entscheidung in der Sache ausgewirkt haben kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. April 1999 - BVerwG 11 A 50.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 28). Die erforderliche Kausalität wäre dann zu bejahen, wenn zumindest die konkrete Möglichkeit bestände, dass ohne den Verfahrensfehler die Entscheidung anders ausgefallen wäre. Davon kann nicht ausgegangen werden. Es lässt sich ausschließen, dass der Beklagte die angeblich neu hinzu gekommenen Pachtflächen, die in dem zum Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses gemachten Grunderwerbsverzeichnis nach dem Stand vom 7. Mai 2002 aufgeführt sind, im Falle der nochmaligen Anhörung der Klägerin aus dem Kreis der Gestaltungs- und Ersatzmaßnahmen ausgeklammert hätte; denn es erscheint vom Technischen her nicht möglich und aus naturschutzfachlicher Sicht nicht sinnvoll, das sich an der Trebel entlang ziehende Band der geplanten Vernässungsflächen so zu unterbrechen, dass die von der Klägerin benannten Flurstücke, die keine in sich geschlossene Fläche bilden, verschont bleiben. Auch die Klägerin trägt keine Gesichtspunkte vor, die sich für einen Verzicht auf die Inanspruchnahme der in Rede stehenden Flurstücke ins Feld führen ließen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 2 VwGO.
Rechtsmittelbelehrung
Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides mündliche Verhandlung beantragen. Der Antrag ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, einzureichen. Hierfür besteht Vertretungszwang. Jeder Beteiligte muss sich durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit der Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
Halama Prof. Dr. Rojahn Gatz

Beschluss vom 22.09.2004 -
BVerwG 4 A 21.03ECLI:DE:BVerwG:2004:220904B4A21.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.09.2004 - 4 A 21.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:220904B4A21.03.0]

Beschluss

BVerwG 4 A 21.03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. September 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w , die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. R o j a h n , G a t z
und Dr. J a n n a s c h sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht
Dr. P h i l i p p
beschlossen:

  1. Das Verfahren wird eingestellt.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Klägerin hat ihre Klage in der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2004 mit Einwilligung des Beklagten zurückgenommen. Das Verfahren ist deshalb gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 VwGO.