Beschluss vom 14.12.2010 -
BVerwG 1 WB 13.10ECLI:DE:BVerwG:2010:141210B1WB13.10.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 14.12.2010 - 1 WB 13.10 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:141210B1WB13.10.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 13.10

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Major Küpper und
den ehrenamtlichen Richter Oberstabsfeldwebel Faderl
am 14. Dezember 2010 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller wendet sich gegen die Feststellung eines Sicherheitsrisikos in seiner erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2).

2 Der 1973 geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 30. April 2027. Zum Hauptfeldwebel wurde er am 25. März 2004 befördert. Der Antragsteller wird als Elektromechanikerfeldwebel Elektronische Kampfführung Streitkräfte beim Zentrum ... verwendet. Im Hinblick auf die hier strittige Entscheidung ordnete der Leiter des Zentrums ... unter dem 24. September 2009 an, durch organisatorische Maßnahmen weiterhin sicherzustellen, dass der Antragsteller auf diesem Dienstposten nicht mit Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrades „VS-Vertraulich“ oder höher in Berührung kommt.

3 Für den Antragsteller war zuletzt am 5. März 2004 eine Aktualisierung seiner erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) ohne Einschränkungen abgeschlossen worden. Mit Nachberichten vom 9. Mai und 2. Juni 2008 teilte der Sicherheitsbeauftragte des Zentrums ... dem Militärischen Abschirmdienst mit, dass sich im Nachgang zu einem Auslandseinsatz des Antragstellers sicherheitserhebliche Erkenntnisse wegen einer Beziehung des Antragstellers zu einer usbekischen Staatsangehörigen ergeben hätten. Der Antragsteller machte hierzu unter dem 27. Mai 2008 erweiterte Angaben zur Sicherheitserklärung.

4 Nach einem Gespräch sowie zwei Befragungen durch Mitarbeiter des Militärischen Abschirmdienstes am 7. August und 20. Oktober 2008 hörte der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung den Antragsteller mit Schreiben vom 10. Februar 2009 zu den vorliegenden sicherheitserheblichen Erkenntnissen an. Dem Antragsteller wurde vorgehalten, dass er im Laufe seines zweiten Einsatzes in Usbekistan von August 2007 bis Februar 2008 eine intime Liebesbeziehung zu einer usbekischen Staatsangehörigen eingegangen sei, die für die Dauer des Einsatzes fortbestanden habe; der Antragsteller beabsichtige nach eigenen Angaben, die usbekische Staatsangehörige nach seiner Scheidung zu heiraten und mit ihr in Deutschland zusammenzuleben. Aufgrund des Verhaltens des Antragstellers bestünden Zweifel an dessen Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit. Nach dem dem Antragsteller bekannten Geschwaderbefehl Nr. 30/06 zur Organisation des Dienstbetriebs des Einsatzgeschwaders Termez vom 25. November 2006 sei der sexuelle Kontakt mit Einheimischen untersagt. Hiergegen habe der Antragsteller verstoßen und seine Beziehung zu der usbekischen Staatsangehörigen im Feldlager deshalb auch bewusst geheim gehalten. Der Antragsteller habe ferner seine Pflicht zur Meldung über Beziehungen zu Personen aus Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken verletzt. Darüber hinaus unterliege er der gesteigerten Gefahr, in das Blickfeld eines fremden Nachrichtendienstes zu geraten und von diesem kontaktiert zu werden. Aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses der usbekischen Staatsangehörigen bestehe außerdem die Gefahr der Erpressbarkeit.

5 Der Antragsteller äußerte sich hierzu mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 13. März und 7. Mai 2009. Bei der usbekischen Staatsangehörigen habe es sich um eine im Feldlager eingesetzte Ortskraft gehandelt, so dass er davon habe ausgehen dürfen, dass sie durch die zuständigen Stellen sicherheitsüberprüft sei. Insofern stelle sich die Situation anders dar, als wenn er außerhalb des Feldlagers zu einer Einheimischen Kontakt aufgenommen hätte. Er räume ein, seinen Meldepflichten nicht nachgekommen zu sein. Allerdings bestehe nach Offenlegung der Situation nunmehr nicht mehr die Gefahr, dass ausländische Nachrichtendienste dies für einen Erpressungs- oder Anbahnungsversuch ausnutzen könnten.

6 Mit formularmäßigem Bescheid (Anlage C 10 zur ZDv 2/30) vom 21. September 2009, dem Antragsteller durch die personalbearbeitende Dienststelle eröffnet am 24. September 2009, stellte der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung fest, dass die erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) Umstände ergeben habe, die im Hinblick auf eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ein Sicherheitsrisiko darstellten. Die Entscheidung schließe auch einen Einsatz in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit nach Ü 1 (Verschlusssachenschutz) aus; sie beinhalte keine Aussage zum Sabotageschutz.

7 Mit Schreiben vom 21. September 2009 an den Antragsteller und dessen Bevollmächtigten teilte der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung diesen mit, dass er ein Sicherheitsrisiko habe feststellen müssen, und erläuterte diese Entscheidung. Vor dem Hintergrund der im Zusammenhang mit dem Einsatzgeschwader Termez aufgekommenen sicherheitserheblichen Erkenntnisse habe er die Zuständigkeit im Rahmen der ihm obliegenden Fachaufsicht an sich gezogen. Der Antragsteller sei im Laufe seines zweiten Einsatzes in Usbekistan von August 2007 bis Februar 2008 eine intime Liebesbeziehung eingegangen, obwohl der sexuelle Kontakt mit usbekischen Staatsangehörigen durch einen Geschwaderbefehl ausdrücklich untersagt gewesen sei. Dies werfe erhebliche Zweifel an der Ausprägung des Sicherheitsbewusstseins des Antragstellers auf. Sie würden dadurch verstärkt, dass der Antragsteller, wie er selbst einräume, seiner diesbezüglichen Meldepflicht nicht nachgekommen sei. Bei Usbekistan handele es sich um einen Staat, in dem nach Feststellung des Bundesministeriums des Innern besondere Sicherheitsrisiken zu besorgen seien. Dem genannten Geschwaderbefehl käme daher besondere Bedeutung zu. Die vor Ort durchgeführte Befragung von Ortskräften entspreche aus rechtlichen ebenso wie aus tatsächlichen Gründen in ihrer Qualität nicht einer in Deutschland durchgeführten Sicherheitsüberprüfung. Zu diesen Punkten, die bereits für sich genommen die Feststellung eines Sicherheitsrisikos erforderten, komme hinzu, dass die gesteigerte Gefahr bestehe, dass der Antragsteller in den Fokus eines fremden Nachrichtendienstes gerate; zu deren Methodik gehöre es, Personen anzusprechen, die durch ihr Verhalten den Schluss auf ein nicht ausreichend ausgeprägtes Sicherheitsbewusstsein zuließen. Darüber hinaus könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Verbindung des Antragstellers zu der usbekischen Staatsangehörigen genutzt werde, um auf diesem Wege an schutzbedürftige Informationen zu gelangen. Auch unter Fürsorgegesichtspunkten bestehe daher keine Möglichkeit, von der Feststellung eines Sicherheitsrisikos abzusehen. Da die genannten Vorgaben auch für den Einsatz in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, für die eine einfache Sicherheitsüberprüfung Voraussetzung sei, gelten würden, sei auch der Zugang zu bzw. Umgang mit Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrades „VS-Vertraulich“ auszuschließen gewesen.

8 Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 14. Oktober 2009 beantragte der Antragsteller hiergegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Antrag wurde vom Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 4. März 2010 dem Senat vorgelegt.

9 Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Die tatsächlichen Anhaltspunkte rechtfertigten nicht die Feststellung eines Sicherheitsrisikos. Zutreffend sei, dass er mit einer im Bundeswehrfeldlager als Ortskraft eingesetzten usbekischen Staatsangehörigen eine Beziehung aufgebaut habe. Er sei dabei jedoch davon ausgegangen, dass auch Ortskräfte vor ihrer Einstellung einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen würden. Die rechtliche Handhabe hierfür gebe das Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst. Gerade die Tatsache, dass Usbekistan ein Staat mit besonderen Sicherheitsrisiken sei, habe ihn in der Annahme bestärkt, dass eine eingesetzte Ortskraft dann auch entsprechend überprüft worden sei. Deshalb habe er auch die ansonsten geforderte Meldung unterlassen. Es erscheine zudem widersprüchlich, einerseits der usbekischen Staatsangehörigen Zugang zum Feldlager zu gewähren und sie dort zu beschäftigen, andererseits aber davon auszugehen, dass von ihr ein besonderes Sicherheitsrisiko ausgehe. Spätestens das durchgeführte Sicherheitsüberprüfungsverfahren, in dem er bereitwillig Auskunft erteilt habe, lasse die Begründung eines Sicherheitsrisikos mit der Anfälligkeit für Anwerbungsversuche fremder Geheimdienste entfallen. Er sei in keiner Weise durch einen ausländischen Geheimdienst erpressbar. Bei der Annahme, dass seine Verbindung zu der usbekischen Staatsangehörigen dazu genutzt werden könne, um an schutzbedürftige Informationen zu gelangen, handele es sich nur um eine allgemeine Besorgnis, die nicht durch konkrete Umstände substantiiert werde. Die pauschale Behauptung, Kontakte zu einer usbekischen Staatsangehörigen rechtfertigten die Feststellung eines Sicherheitsrisikos, verstoße darüber hinaus gegen das Antidiskriminierungsgesetz, wonach es nicht gestattet sei, Personen aufgrund ihrer Herkunft oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit zu diskriminieren. Insgesamt stelle sich die Feststellung eines Sicherheitsrisikos daher als nicht verhältnismäßig dar. Auch habe es sich bei dem seinerzeitigen Fehlverhalten lediglich um eine Episode gehandelt, die bereits beendet und durch das seither gezeigte dienstliche Verhalten im Sinne einer Nachbewährung wettgemacht worden sei.

10 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

11 Das Fehlverhalten des Antragstellers stelle ein Versagen im Kernbereich soldatischer Pflichten dar. Nach dem Geschwaderbefehl Nr. 30/06 zur Organisation des Dienstbetriebes des Einsatzgeschwaders Termez vom 25. November 2006 sei der sexuelle Kontakt mit Einheimischen ausdrücklich untersagt. Die Unterschrift des Antragstellers zur Belehrung darüber liege vor. Das Verhalten gegenüber Ortskräften sei ferner in der vom Einsatzführungskommando der Bundeswehr erlassenen Weisung für die Erhöhung der Sicherheit im Rahmen von Auslandseinsätzen vom 28. Juni 2006 geregelt; im Mittelpunkt stünden insoweit Zurückhaltung und Verschwiegenheit. Dadurch, dass der Antragsteller ein sexuelles Verhältnis zu einer usbekischen Ortskraft eingegangen sei, habe er gegen diese Befehle und Weisungen verstoßen. Er habe damit deutlich gemacht, dass er nicht jederzeit bereit und in der Lage sei, den geltenden Vorschriften nach besten Kräften, vollständig, gewissenhaft und unverzüglich Folge zu leisten und seiner Gehorsamspflicht nachzukommen. Gerade von einem Geheimnisträger werde ein hohes Maß an Verlässlichkeit, Vertrauenswürdigkeit und Verantwortungsbewusstsein gefordert. Wer diese Erwartung nicht erfülle und sich aus eigennützigen Beweggründen darüber hinwegsetze, müsse damit rechnen, dass das Vertrauen des Dienstherrn nachhaltig gestört werde.
Die Einlassung des Antragstellers, er sei davon ausgegangen, dass die im Feldlager eingesetzten Ortskräfte sicherheitsüberprüft seien, entlaste ihn nicht. Das Verbot des sexuellen Kontakts mit usbekischen Staatsangehörigen enthalte keine abweichende Regelung für Ortskräfte. Die vor Ort durchgeführten Maßnahmen hätten lediglich den Charakter einer Sicherheitsbefragung, worauf in der Weisung vom 28. Juni 2006 ausdrücklich hingewiesen werde. Es liege auch kein Widerspruch darin, usbekischen Staatsangehörigen trotz der Sicherheitsrisiken Zugang zum Lager zu gewähren; gerade wegen der Gefährdungslage dürften die Ortskräfte beispielsweise sensitive Bereiche nur in Begleitung eines sicherheitsüberprüften Bundeswehrangehörigen betreten. Der Antragsteller habe sich vielmehr selbst widersprüchlich verhalten, wenn er einerseits geltend mache, er sei davon ausgegangen, sein Kontakt zu der usbekischen Staatsangehörigen sei nicht zu beanstanden, und er andererseits gleichwohl das Verhältnis zu ihr im Feldlager verheimlicht habe.
Der Antragsteller sei außerdem der sich aus seiner Sicherheitserklärung ergebenden Pflicht zur Meldung einer Beziehung zu einer Person aus einem Staat mit besonderen Sicherheitsrisiken nicht gerecht geworden. Der Meldepflicht sei eigeninitiativ und nicht erst auf Aufforderung nachzukommen. Auch insoweit habe sich der Antragsteller widersprüchlich verhalten, wenn er einerseits in der Befragung durch den Militärischen Abschirmdienst ausgeführt habe, er habe die Meldung „vor sich hergeschoben“, weil er nicht gewusst habe, was ihn erwarte, und er andererseits erkläre, er habe die Beziehung deshalb nicht gemeldet, weil er seine Bekannte für sicherheitsüberprüft gehalten habe.
Soweit der Antragsteller sich darauf berufe, er habe sich im Rahmen des Sicherheitsüberprüfungsverfahrens „geoutet“, ändere dies nichts an dem Verstoß gegen Weisungen und Befehle und gegen die Meldepflicht. Jeder dieser Punkte rechtfertige bereits für sich genommen die Feststellung eines Sicherheitsrisikos. Es sei nicht auszuschließen, dass der Antragsteller sein Fehlverhalten lediglich wegen möglicher Folgen im Rahmen des Sicherheitsüberprüfungsverfahrens eingestanden habe. Es könne daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit von einer nachhaltigen Veränderung der Persönlichkeit des Antragstellers ausgegangen werden. Zutreffend sei, dass durch das Eingeständnis keine Gefahr der Erpressbarkeit des Antragstellers mehr bestehe. Ob allerdings eine weitere nachrichtendienstliche Gefährdung durch die Beziehung zu der Usbekin bestehe, könne nicht vollständig ausgeschlossen werden.
Hinsichtlich der zu treffenden Prognoseentscheidung sei zu beachten, dass der Antragsteller auch noch im Sicherheitsüberprüfungsverfahren widersprüchliche Angaben über seine Beziehung zu der usbekischen Staatsangehörigen und zur Nichterfüllung der Meldepflicht gemacht habe. Diese widersprüchlichen und in Teilen unrichtigen Angaben rechtfertigten es, derzeit eine positive Prognose noch nicht zu stellen. Wenn der Antragsteller vortrage, sich „geoutet“ zu haben, so sei dies erst erfolgt, als ein Leugnen nicht mehr möglich gewesen sei. Dies zeige auch sein konspiratives Verhalten in Termez, das nach seinem Bekunden darauf ausgerichtet gewesen sei, das Aufkommen von Gerüchten zu verhindern. Der Umstand, dass der Antragsteller bis September 2009 in sicherheitsempfindlicher Verwendung geblieben sei, stehe einer negativen Prognose nicht entgegen, weil dem Disziplinarvorgesetzten die sicherheitserheblichen Umstände nicht im Einzelnen bekannt gewesen seien. Er habe lediglich von Gerüchten gehört und dem Antragsteller geraten, sich mit dem Militärischen Abschirmdienst in Verbindung zu setzen. Allein aufgrund bloßer Vermutungen ohne abschließende Ermittlung und Wertung der sicherheitserheblichen Umstände habe eine Herauslösung des Antragstellers aus der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit nicht erfolgen können.

12 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Verfahrensakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - Az.: 1149/09 - und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

13 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

14 Der Antrag ist zwar zulässig. Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos gemäß § 14 Abs. 3 SÜG kann nach ständiger Rechtsprechung des Senats durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor den Wehrdienstgerichten mit dem Ziel der Aufhebung des entsprechenden Bescheids angefochten werden (vgl. Beschlüsse vom 24. Mai 2000 - BVerwG 1 WB 25.00 - BVerwGE 111, 219 = Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 9, vom 20. Januar 2009 - BVerwG 1 WB 22.08 - m.w.N. sowie zuletzt vom 21. Oktober 2010 - BVerwG 1 WB 16.10 -).

15 Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der Bescheid des Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung vom 21. September 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

16 1. Der Eintritt des Geheimschutzbeauftragten in die Zuständigkeit zur Feststellung eines Sicherheitsrisikos ist rechtlich nicht zu beanstanden.

17 Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG ist zuständig für die Sicherheitsüberprüfung die Behörde oder sonstige Stelle des Bundes, die einer Person eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit zuweisen, übertragen oder sie dazu ermächtigen will. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 SÜG kann in den Fällen (u.a.) der Nummer 1 bei nachgeordneten Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes deren oberste Bundesbehörde Aufgaben der zuständigen Stelle übernehmen; die Übernahme muss nach allgemeiner Auffassung nicht pauschal, sondern kann auch differenziert nach bestimmten Anlässen, zu überprüfenden Personen oder Arten der Sicherheitsüberprüfung erfolgen (vgl. Denneborg, Sicherheitsüberprüfungsrecht, Stand Juli 2010, § 3 SÜG Rn. 11 f.). Dieser gesetzliche Rahmen wird für den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung durch die konkreten Zuständigkeitszuweisungen des als Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes erlassenen Teils C der ZDv 2/30 ausgefüllt. Gemäß Nr. 2416 ZDv 2/30 obliegt danach die Entscheidung, ob ein Sicherheitsrisiko im Hinblick auf die sicherheitsempfindliche Tätigkeit vorliegt, im Bundesministerium der Verteidigung und in den Fällen, in denen eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) erforderlich ist, dem Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung, in den übrigen Fällen der Sicherheitsüberprüfung von Soldaten dem Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt. Der Geheimschutzbeauftragte beim Streitkräfteamt ist dem Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung fachlich nachgeordnet (Nr. 2422 ZDv 2/30; vgl. auch Nr. 2705 Abs. 4 ZDv 20/3)

18 Nach diesen Vorschriften wäre im vorliegenden Fall für die Feststellung eines Sicherheitsrisikos im Rahmen einer erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) grundsätzlich der Geheimschutzbeauftragte beim Streitkräfteamt zuständig gewesen. Der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung war jedoch befugt, im Rahmen der Fachaufsicht in die Zuständigkeit einzutreten. Soweit - wie hier - die Zuständigkeiten nur durch Verwaltungsvorschrift und nicht durch Rechtsnorm verteilt sind, bedarf es für den Eintritt der übergeordneten Behörde in die Entscheidungszuständigkeit im Rahmen der Fachaufsicht keiner speziellen gesetzlichen Ermächtigung (vgl. näher U. Guttenberg, Weisungsbefugnisse und Selbsteintritt, 1992, S. 182 ff. m.w.N.). Der gesetzliche Rahmen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SÜG ist vorliegend nicht berührt, weil durch diese Vorschriften außenwirksame Zuständigkeiten noch nicht definitiv festgelegt sind bzw. die Zuständigkeit des Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt insoweit unter dem Vorbehalt einer Übernahme durch die oberste Bundesbehörde in Gestalt des Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung steht. Für den fachaufsichtlichen Eintritt in die Zuständigkeit genügt daher vorliegend eine einzelfallbezogene Begründung, die das Abweichen von der Zuständigkeitsverteilung unter dem Blickwinkel der durch den Erlass von Verwaltungsvorschriften grundsätzlich auferlegten Selbstbindung des Bundesministers der Verteidigung (Art. 3 Abs. 1 GG) rechtfertigt. Diese Begründung hat der Geheimschutzbeauftragte im Bundesministerium der Verteidigung mit dem Hinweis auf die im Zusammenhang mit dem Einsatzgeschwader Termez aufgekommenen sicherheitserheblichen Erkenntnisse gegeben.

19 2. Die Entscheidung, dass die erweiterte Sicherheitsüberprüfung Umstände ergeben hat, die im Hinblick auf eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ein Sicherheitsrisiko darstellen, ist inhaltlich nicht zu beanstanden.

20 Die Überprüfung von Angehörigen der Bundeswehr auf Sicherheitsbedenken ist eine vorbeugende Maßnahme, die Sicherheitsrisiken nach Möglichkeit ausschließen soll (stRspr, vgl. Beschluss vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 <293 f.>= Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 14 m.w.N.). Die Beurteilung des Sicherheitsrisikos, die zugleich eine Prognose der künftigen Entwicklung der Persönlichkeit des Soldaten und seiner Verhältnisse darstellt, darf sich dabei nicht auf eine vage Vermutung oder eine rein abstrakte Besorgnis stützen, sondern muss auf der Grundlage tatsächlicher Anhaltspunkte getroffen werden. Dabei gibt es keine „Beweislast”, weder für den Soldaten dahingehend, dass er die Sicherheitsinteressen der Bundeswehr bisher gewahrt hat und künftig wahren wird, noch für die zuständige Stelle, dass der Soldat diesen Erwartungen nicht gerecht geworden ist oder ihnen künftig nicht gerecht werden wird (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 18. Oktober 2001 - BVerwG 1 WB 54.01 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 11 und vom 8. März 2007 - BVerwG 1 WB 63.06 - ; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334 <353>).

21 Dem Geheimschutzbeauftragten steht bei der ihm hiernach obliegenden Entscheidung ein Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der Geheimschutzbeauftragte von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. Beschlüsse vom 18. August 2004 - BVerwG 1 WB 37.04 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 18 m.w.N.> und vom 22. Juli 2009 - BVerwG 1 WB 53.08 -).

22 Die Feststellung des Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung, dass in der Person des Antragstellers ein Sicherheitsrisiko vorliegt, hält diese Grenzen des Beurteilungsspielraums ein.

23 a) Der Geheimschutzbeauftragte ist nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen.

24 Der Sachverhalt, den der Geheimschutzbeauftragte seiner Entscheidung als sicherheitserheblichen Umstand zugrundegelegt hat, wird als solcher vom Antragsteller in den für die Entscheidung wesentlichen Punkten nicht bestritten, sondern lediglich abweichend bewertet. Danach ist der Antragsteller im Laufe seines zweiten Einsatzes in Usbekistan von August 2007 bis Februar 2008 eine intime, auch sexuelle Beziehung zu einer usbekischen Staatsangehörigen, die im Feldlager der Bundeswehr als Ortskraft beschäftigt war, eingegangen. In späteren Befragungen gab der Antragsteller an, dass die Beziehung nach dem Einsatz fortbestanden habe und er beabsichtige, die usbekische Staatsangehörige nach seiner Scheidung zu heiraten und mit ihr in Deutschland zusammenzuleben. Während des Auslandseinsatzes verheimlichte der Antragsteller die Beziehung und erstattete insbesondere keine diesbezügliche Meldung. Erst nachdem der Antragsteller nach Rückkehr aus dem Auslandseinsatz von einem Vorgesetzten auf Gerüchte über die Beziehung zu der usbekischen Staatsangehörigen angesprochen und ihm ein Gespräch mit dem Militärischen Abschirmdienst angeraten wurde, offenbarte sich der Antragsteller.

25 b) Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Geheimschutzbeauftragte auf der Grundlage dieses Sachverhalts das Vorliegen eines Sicherheitsrisikos angenommen hat. Er hat mit dieser Einschätzung weder den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt noch allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt.

26 aa) Der Geheimschutzbeauftragte hat in erster Linie tatsächliche Anhaltspunkte für Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG, Nr. 2414 Satz 1 Nr. 1 ZDv 2/30) in dem Verstoß des Antragstellers gegen die Befehls- und Weisungslage zu Kontakten mit der usbekischen Zivilbevölkerung und Ortskräften sowie in dem Unterlassen der gebotenen Meldung einer Beziehung zu einer Person aus einem Staat mit besonderen Sicherheitsrisiken erkannt.

27 Gemäß Nr. 3 Buchst. g des Geschwaderbefehls Nr. 30/06 zur Organisation des Dienstbetriebes des Einsatzgeschwaders Termez vom 25. November 2006 ist den Soldaten des Deutschen Einsatzkontingents der sexuelle Kontakt mit Einheimischen ausdrücklich untersagt; der Antragsteller hat eine Belehrung speziell auch über dieses Verbot mit seiner Unterschrift bestätigt. Weitere Regeln für das Verhalten gegenüber Ortskräften ergeben sich aus der Weisung des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr für die Erhöhung der Sicherheit im Rahmen von Auslandseinsätzen vom 28. Juni 2006; insbesondere verpflichtet Nr. 3 Buchst. b (10) (e) dieser Weisung jeden Kontingentangehörigen, gegenüber Ortskräften Zurückhaltung und Verschwiegenheit über persönliche Lebensumstände sowie persönliche und dienstliche Probleme oder Belange zu wahren. Der Antragsteller hat gegen diese Anordnungen, insbesondere gegen das eindeutige Verbot sexueller Kontakte, verstoßen und damit seine Gehorsamspflicht (§ 11 SG) verletzt.

28 Unter Nr. 8 der Sicherheitserklärung für die erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Anlage C 3 zur ZDv 2/30) hat ferner jeder Soldat als Betroffener einer solchen Überprüfung, so auch der Antragsteller bei der Durchführung der erweiterten Sicherheitsüberprüfung im Jahre 2004, Beziehungen in Staaten anzugeben, in denen nach Feststellung des Bundesministeriums des Innern als Nationale Sicherheitsbehörde besondere Sicherheitsrisiken für die mit sicherheitsempfindlicher Tätigkeit befassten Personen zu besorgen sind (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 17 SÜG); dies betrifft nicht nur verwandtschaftliche, sondern ausdrücklich auch sonstige Beziehungen zu Angehörigen dieser Staaten. Eine Liste der Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken, zu denen auch Usbekistan gehört, ist der Anleitung zum Ausfüllen der Sicherheitserklärung beigefügt. Im Feld unmittelbar vor seiner Unterschrift unter die Sicherheitserklärung wird der Betroffene über nachträgliche Meldepflichten belehrt; im letzten Satz heißt es ausdrücklich: „Ebenso werde ich über neue Beziehungen in Staaten gem. § 13 Abs. 1 Nr. 17 SÜG (siehe beigefügte Staatenliste) berichten“. Gegen diese Berichtspflicht bestehen unter dem Gesichtspunkt der dienstlichen Rechtfertigung (§ 13 Abs. 2 SG) keine Bedenken. Dadurch, dass der Antragsteller es während seines Auslandseinsatzes und auch einige Zeit danach unterlassen hat, über seine intime Beziehung zu der usbekischen Staatsangehörigen zu berichten, hat er daher seine Meldepflicht (§ 13 Abs. 2 SG) verletzt.

29 Nach ständiger Rechtsprechung des Senats können sich tatsächliche Anhaltspunkte, die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SÜG, Nr. 2414 Satz 1 Nr. 1 ZDv 2/30 Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit und damit ein Sicherheitsrisiko begründen, unter anderem daraus ergeben, dass der Betroffene ein Dienstvergehen begangen hat, das auch ohne speziellen Bezug zu Geheimhaltungsbestimmungen ein gestörtes Verhältnis zur Rechtsordnung erkennen lässt (vgl. Beschlüsse vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 19.05 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 19 und vom 24. Januar 2006 - BVerwG 1 WB 17.05 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 20 = NZWehrr 2006, 153). In Übereinstimmung hiermit nennt Hinweis Nr. 9 zu Nr. 2414 Satz 1 Nr. 1 ZDv 2/30 (Anlage C 18) als Beispiel für entsprechende Anhaltspunkte Verstöße des Betroffenen gegen Dienstpflichten. Dabei kommen der Gehorsamspflicht (§ 11 SG) und der Pflicht, in dienstlichen Angelegenheiten die Wahrheit zu sagen (§ 13 Abs. 1 SG), einschließlich der damit in enger Verbindung stehenden Meldepflicht (§ 13 Abs. 2 SG), ein besonderes Gewicht für die sicherheitsrechtliche Beurteilung zu (vgl. Beschluss vom 22. Juli 2009 - BVerwG 1 WB 53.08 - Rn. 30 m.w.N.). Nicht nur, aber gerade auch im Umgang mit geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen muss sich die militärische Führung auf die strikte Einhaltung bestehender Befehle, Weisungen und sonstiger Regelungen, auf die Richtigkeit abgegebener Meldungen, Erklärungen und Aussagen sowie auf die unaufgeforderte Erfüllung von Meldepflichten jederzeit und grundsätzlich ohne weitere Nachprüfung verlassen können.

30 Es begegnet deshalb keinen rechtlichen Bedenken, dass der Geheimschutzbeauftragte die Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers als Geheimnisträger mit dem beschriebenen Verstoß gegen die Befehls- und Weisungslage, insbesondere das Verbot sexueller Kontakte mit Einheimischen, und mit der Unterlassung der geforderten Meldung neuer Beziehungen in Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken begründet hat. Dies gilt um so mehr, als es sich bei den Dienstpflichtverletzungen des Antragstellers um Verstöße gegen Vorschriften handelte, die unmittelbar der militärischen Sicherheit und dem Schutz der Soldaten im Einsatz dienen.

31 Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, er habe angenommen und annehmen dürfen, dass eine als Ortskraft im Bundeswehrfeldlager beschäftigte usbekische Staatsangehörige sicherheitsüberprüft sei und deshalb in diesem Falle die genannten Befehle und Weisungen sowie die Meldepflicht nicht gelten würden, handelt es sich um einen unbeachtlichen Rechtsirrtum, der das Verhalten des Antragstellers weder rechtfertigt noch entschuldigt. Das Verbot sexueller Kontakte in dem Geschwaderbefehl Nr. 30/06 ist eindeutig und ohne Ausnahmen formuliert. Gleiches gilt für die sich aus der Sicherheitserklärung ergebende Pflicht zur Meldung neuer Beziehungen in Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken. Die Vorschrift über Ortskräfte in der Weisung für die Erhöhung der Sicherheit im Rahmen von Auslandseinsätzen vom 28. Juni 2006 (Nr. 3 Buchst. b <10> <b>) hebt ausdrücklich hervor, dass Ortskräfte in der Regel zwar einer Sicherheitsbefragung unterlägen, diese aber nicht die Qualität einer in Deutschland durchgeführten Sicherheitsüberprüfung habe. Entgegen der Auffassung des Antragstellers verfügt der Militärische Abschirmdienst bereits aus rechtlichen Gründen über keine Möglichkeiten der Ermittlung, die einer im Inland durchgeführten Sicherheitsüberprüfung entsprechen (siehe hierzu im Einzelnen Beschluss vom 26. Juni 2007 - BVerwG 1 WB 37.06 - Rn. 45 ff.).

32 Nicht durchdringen kann der Antragsteller schließlich mit dem Einwand, die Feststellung eines Sicherheitsrisikos wegen Kontakten zu einer usbekischen Staatsangehörigen verstoße gegen das „Antidiskriminierungsgesetz“, wonach es nicht gestattet sei, Personen aufgrund ihrer Herkunft oder ethnischen Zugehörigkeit zu diskriminieren. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1897) ist auf Soldaten nicht, auch nicht entsprechend (Umkehrschluss aus § 24 AGG), anwendbar (vgl. Beschluss vom 25. Juni 2008 - BVerwG 1 WB 13.08 - Buchholz 449.2 § 30 SLV 2002 Nr. 1). Mit Blick auf § 3 Abs. 1 SG und auf das für Soldaten geltende Gesetz über die Gleichbehandlung der Soldatinnen und Soldaten (SoldGG) vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1904) ist nicht ersichtlich, inwiefern eine Ungleichbehandlung vorliegen soll; denn die Maßgaben des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes gelten in gleicher Weise für alle Soldaten der Bundeswehr. Soweit schließlich § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 17 SÜG von den betroffenen Soldaten Angaben u.a. zu Beziehungen in bestimmte - vom Bundesministerium des Innern als Nationaler Sicherheitsbehörde für den Bundesminister der Verteidigung bindend (vgl. Beschluss vom 26. Juni 2007 - BVerwG 1 WB 37.06 - Rn. 37) festgestellte - Staaten fordert, knüpft die Differenzierung zwischen den Staaten nicht an die Kriterien der Herkunft oder ethnischen Zugehörigkeit, sondern an das Vorliegen von „besonderen Sicherheitsrisiken für die mit sicherheitsempfindlicher Tätigkeit befassten Personen“ an; dieses letztere Kriterium stellt einen für die Zwecke des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes offenkundig geeigneten und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden sachlichen Grund dar.

33 bb) Der Geheimschutzbeauftragte hat seine Entscheidung - außer auf die Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers, die bereits für sich genommen zur Feststellung eines Sicherheitsrisikos nötigten - daneben auch darauf gestützt, dass tatsächliche Anhaltspunkte eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste, insbesondere die Besorgnis der Erpressbarkeit, begründeten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SÜG, Nr. 2414 Satz 1 Nr. 2 ZDv 2/30). Er hat diese Gefährdung zum einen daraus hergeleitet, dass es zur Methodik fremder Nachrichtendienste gehöre, Personen anzusprechen, die durch ihr Verhalten - hier insbesondere durch den Verstoß gegen Befehle und Weisungen, die dem Schutz der Kontingentangehörigen dienten - den Schluss auf ein nicht ausreichend ausgeprägtes Sicherheitsbewusstsein zuließen; zum anderen könne die usbekische Staatsangehörige aufgrund ihrer Beziehung zu dem Antragsteller angesprochen, ggf. sogar unter Druck gesetzt werden. In dem Vorlageschreiben vom 4. März 2010 (zu dessen Verwertbarkeit nachfolgend c) hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - diese zweite Begründung für die Feststellung eines Sicherheitsrisikos deutlich relativiert. Dadurch, dass der Antragsteller nunmehr sein Fehlverhalten eingestanden habe, bestehe insoweit keine Gefahr der Erpressbarkeit mehr; ob allerdings eine weitere nachrichtendienstliche Gefährdung durch die Beziehung zu der Usbekin bestehe, könne nicht vollständig ausgeschlossen werden.

34 Im Hinblick darauf, dass die hier strittige Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten auf zwei selbständig tragende Gründe gestützt ist und jedenfalls die Begründung der Feststellung eines Sicherheitsrisikos mit Zweifeln an der Zuverlässigkeit des Antragstellers keinen rechtlichen Bedenken begegnet (oben aa), kann es vorliegend dahingestellt bleiben, ob auch die zweite Begründung der besonderen Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste, auch in ihrer zuletzt abgeschwächten Form, für sich genommen tragfähig wäre.

35 c) Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist ferner die vom Geheimschutzbeauftragten getroffene Prognose der künftigen Entwicklung der Persönlichkeit des Antragstellers und seiner Verhältnisse (vgl. zum prognostischen Element in der Feststellung eines Sicherheitsrisikos Beschlüsse vom 8. März 2007 - BVerwG 1 WB 63.06 -, vom 27. September 2007 - BVerwG 1 WDS-VR 7.07 - Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 13 und vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 <296 ff.> = Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 14).

36 Allerdings finden sich in dem Begründungsschreiben des Geheimschutzbeauftragten vom 21. September 2009 keine ausdrücklichen Ausführungen zu der Frage, wie das Verhalten des Antragstellers für die Zukunft eingeschätzt wird und welche Folgerungen aus dieser Einschätzung für eine mögliche Verwendung in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit gezogen werden. Zur Risikoprognose nimmt erst das Vorlageschreiben des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - vom 4. März 2010 (dort insbesondere Seite 8, der Sache nach auch Seite 7) eingehend Stellung. Diese ergänzenden Ausführungen im Vorlageschreiben sind bei der Überprüfung der Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten zu berücksichtigen (vgl. zum Folgenden näher Beschluss vom 11. März 2008 a.a.O. Rn. 31 ff.).

37 Maßgeblich für die gerichtliche Kontrolle ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Vorlage durch den Bundesminister der Verteidigung. Bis zu diesem Zeitpunkt - und damit auch durch das Vorlageschreiben selbst - können tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Sicherheitsrisikos einschließlich der dabei zu treffenden Prognose in Ergänzung zu der Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten in das Verfahren eingeführt werden. Allerdings kann eine solche Ergänzung nur mit Zustimmung des Geheimschutzbeauftragten, dem der gerichtlich nur beschränkt überprüfbare Beurteilungsspielraum zugewiesen ist, und nach dessen neuerlicher Beurteilung des Sachverhalts erfolgen. Sollen neue entscheidungserhebliche Tatsachen in das Verfahren eingeführt werden, so ist dem Betroffenen hierzu gemäß § 14 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 SÜG Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Die ergänzenden Ausführungen in dem Vorlageschreiben des Bundesministers der Verteidigung vom 4. März 2010 sind, wie sich aus dem im Gerichtsverfahren vorgelegten Entwurf dieses Schreibens ergibt, mit Zustimmung des Geheimschutzbeauftragten und nach dessen neuerlicher Beurteilung des Sachverhalts erfolgt. Der Geheimschutzbeauftragte hat den Entwurf des Vorlageschreibens mitgezeichnet und an dessen Inhalt durch Änderungen und Einfügungen mitgewirkt. Mit dem Vorlageschreiben wurden auch keine neuen Tatsachen in das Verfahren eingeführt, sondern lediglich der bereits zuvor in der Anhörung durch den Geheimschutzbeauftragten erörterte Sachverhalt weiter gewürdigt; eine zusätzliche Anhörung des Antragstellers war daher nicht erforderlich.

38 Inhaltlich wurde die zu treffende Prognoseentscheidung vor allem darauf gestützt, dass der Antragsteller auch noch im Sicherheitsüberprüfungsverfahren widersprüchliche Angaben über seine Beziehung zu der usbekischen Staatsangehörigen und zur Nichterfüllung der Meldepflicht gemacht habe. Der Antragsteller habe sich letztlich erst „geoutet“, als ein Leugnen nicht mehr möglich gewesen sei; dies zeige auch sein konspiratives Verhalten in Termez, das nach seinem Bekunden darauf ausgerichtet gewesen sei, das Aufkommen von Gerüchten zu verhindern; es sei nicht auszuschließen, dass er sein Fehlverhalten lediglich wegen möglicher Folgen im Rahmen des Sicherheitsüberprüfungsverfahrens eingestanden habe. Die widersprüchlichen und in Teilen unrichtigen Angaben rechtfertigten es, derzeit eine positive Prognose noch nicht zu stellen. Es könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit von einer nachhaltigen Veränderung der Persönlichkeit des Antragstellers ausgegangen werden.

39 Diese Einschätzung des Sicherheitsrisikos begegnet keinen rechtlichen Bedenken; sie genügt den Anforderungen an die Prognoseentscheidung und lässt keine fehlerhaften oder sachfremden Erwägungen erkennen, die den Beurteilungsspielraum überschreiten würden. Die prognostische Bewertung begründet auch keine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsprinzips als eines allgemeinen Wertmaßstabs. Vielmehr darf einem Betroffenen noch über eine längere Zeit eine Bewährung abverlangt werden, die belegt, dass eine Verhaltensänderung eingetreten ist, die auch eine nachhaltige Bestätigung finden und von Bestand sein wird (vgl. Beschlüsse vom 20. Januar 2009 - BVerwG 1 WB 22.08 -, vom 21. Juli 2010 - BVerwG 1 WB 68.09 - und vom 21. Oktober 2010 - BVerwG 1 WB 16.10 -). Nicht zu beanstanden ist, dass sich die Entscheidung dabei grundsätzlich an der Fünf-Jahres-Frist der Nr. 2710 Abs. 2 Satz 1 ZDv 2/30 orientiert.

40 Eine für den Antragsteller günstigere Prognose oder eine Verkürzung des Zeitraums bis zu einer erneuten Sicherheitsüberprüfung war auch nicht deshalb geboten, weil der Antragsteller nach der Rückkehr aus dem Auslandseinsatz in Usbekistan auf seinem Dienstposten als Elektromechanikerfeldwebel ... weiterverwendet wurde - und bis heute weiterverwendet wird - und erst zeitgleich mit der hier strittigen Entscheidung eine förmliche Anweisung durch den Leiter des Zentrums ... erging, auch weiterhin sicherzustellen, dass der Antragsteller nicht mit Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrades „VS-Vertraulich“ oder höher in Berührung kommt. Hierfür ist allerdings nicht allein der vom Bundesminister der Verteidigung hervorgehobene Umstand maßgeblich, dass dem Disziplinarvorgesetzten des Antragstellers die sicherheitserheblichen Umstände nicht im Einzelnen bekannt gewesen seien. Entscheidend ist vielmehr, dass - wie sich aus der Anordnung des Leiters des Zentrums ... vom 24. September 2009 ergibt - der Antragsteller auf seinem Dienstposten ohnehin nicht mit Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrades „VS-Vertraulich“ oder höher in Berührung kam. Weder kann deshalb von einer Nachbewährung des Antragstellers in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit gesprochen werden noch hatte der Disziplinarvorgesetzte Anlass, den Antragsteller von seinem Dienstposten abzulösen. Auch nach der Feststellung des Sicherheitsrisikos konnte sich der Leiter des Zentrums ... - in Absprache mit dem Geheimschutzbeauftragten - vielmehr auf die unter dem 24. September 2009 getroffene Anordnung begleitender organisatorischer Maßnahmen beschränken.

41 d) Rechtmäßig ist schließlich, dass der Geheimschutzbeauftragte die Feststellung eines Sicherheitsrisikos auf die Verwendung des Antragstellers in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit der Überprüfungsart Ü 1 (Verschlusssachenschutz) erstreckt hat. Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Antragstellers und die Risikoeinschätzung ergeben sich im vorliegenden Fall insoweit keine von der erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) abweichenden Gesichtspunkte.

42 e) Weitere Einwände gegen die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten, wie etwa eine Verletzung von Verfahrensvorschriften, sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.