Beschluss vom 14.12.2006 -
BVerwG 3 B 27.06ECLI:DE:BVerwG:2006:141206B3B27.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 14.12.2006 - 3 B 27.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:141206B3B27.06.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 27.06

  • VG Meiningen - 01.12.2005 - AZ: VG 1 K 563/04 Me

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. Dezember 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick und Dr. Dette
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts M. vom 1. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Klägerin beansprucht berufliche Rehabilitierung nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG), da sie aus politischen Gründen aus dem Schuldienst entlassen worden sei. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, da die Rehabilitierungsbehörde zu Recht festgestellt habe, dass die Klägerin keine Verfolgte im Sinne des § 1 BerRehaG sei.

2 Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist nicht begründet. Der allein geltend gemachte Revisionszulassungsgrund des Verfahrensmangels gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor.

3 Die Beschwerde hält dem Verwaltungsgericht eine Verletzung der Aufklärungs- und Ermittlungspflicht vor. Die Klägerin könne zwar nicht erklären, warum ihr Nichtbeitritt zur SED und ihre fehlende Bereitschaft, die Zeitung „Neues Deutschland“ zu abbonieren, Ursache für ihre spätere Entlassung gewesen sei. Dieser politische Hintergrund sei jedoch insbesondere deswegen naheliegend, weil sie sämtliche SED-Mitglieder bzw. Leser der Zeitung „Neues Deutschland“ durch ihre für diese Verweigerung gegebene Erklärung herabgewürdigt habe. Das Gericht hätte zur weiteren Sachverhaltsaufklärung daher, wie bereits in der Begründung der Klage beantragt, ihren ehemaligen Schulleiter T. und ihren ehemaligen Ehemann B. als Zeugen hören müssen.

4 Diese Rüge geht fehl. Da die Klägerin in der mündlichen Verhandlung keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat (§ 86 Abs. 2 VwGO), läge eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch das Verwaltungsgericht nur vor, wenn sich ihm die Notwendigkeit einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen hätte aufdrängen müssen. Das ist nicht der Fall.

5 Das Verwaltungsgericht hat insoweit zu Recht berücksichtigt, dass Herr T. in zwei Schreiben gegenüber der beklagten Behörde zu dem streitigen Vorgang Stellung genommen und dabei das Vorliegen politischer Gründe für die Entlassung der Klägerin eindeutig verneint hatte. Diese Äußerungen waren als Urkunden im Rechtsstreit verwertbar. Darüber hinaus hat das Gericht entscheidend darauf abgestellt, dass es für die Annahme der Klägerin, sie sei aus politischen Gründen aus dem Dienst entfernt worden, nicht den geringsten Anhaltspunkt gibt. Die von ihr hervorgehobene Weigerung, in die SED einzutreten und das „Neue Deutschland“ zu abbonieren, deckte sich mit dem Verhalten vieler DDR-Bürger, ohne dass daraus negative Konsequenzen gezogen worden wären. Außerdem erfolgte die Weigerung nach den eigenen Angaben der Klägerin zu einem Zeitpunkt, als sie noch in der Sehschwachenschule in W. beschäftigt war. Später wurde sie zwar in einer anderen Einrichtung eingesetzt aber jedenfalls zunächst nicht entlassen. Sonstige Gründe, die Anlass für eine politische Verfolgung hätten sein können, hat die Klägerin weder schriftsätzlich noch bei ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung vorgetragen. Unter diesen Umständen entbehrte die Vermutung der Klägerin, Herr T. habe schriftlich die Unwahrheit gesagt, um sich nicht selbst zu belasten, jeder Grundlage.

6 Der frühere Ehemann der Klägerin hatte sich nach ihrem eigenen Vortrag im Verwaltungsverfahren geweigert, eine von ihr verfasste Erklärung zu unterschreiben, die die Verfolgungsversion bestätigen sollte. Selbst diese Erklärung beschränkte sich auf die Wahrnehmung von Äußerungen, die die Klägerin gegenüber ihrem Ehemann gemacht haben sollte. Auch im Übrigen hat die Klägerin im Verfahren nicht geltend gemacht, ihr Ehemann habe eigene Erkenntnisse über gegen sie gerichtete Verfolgungsmaßnahmen gehabt. Daraus ergab sich, dass eine Zeugenvernehmung des Ehemannes keine über die Aussagen der Klägerin hinausgehenden Erkenntnisse bringen konnte. Da diese Aussagen aber gerade keine politische Verfolgung belegten, bestand für eine solche Beweisaufnahme kein Anlass.

7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.