Beschluss vom 14.08.2012 -
BVerwG 6 PB 9.12ECLI:DE:BVerwG:2012:140812B6PB9.12.0

Leitsatz:

Bei Anwendung von § 81 Satz 1 LPersVG, wonach die Mitbestimmung des Personalrats in personellen Angelegenheiten von Bediensteten mit überwiegend wissenschaftlicher Tätigkeit nur auf deren Antrag hin greift, ist aufgrund von § 99 Abs. 2 LPersVG auf den hochschulrechtlichen Status des Betroffenen als wissenschaftlicher Mitarbeiter und nicht auf die materiellen Merkmale seiner Tätigkeit abzustellen.

  • Rechtsquellen
    LPersVG § 81 Satz 1, § 99 Abs. 2

  • VG Mainz - 12.07.2011 - AZ: VG 5 K 1021/10.MZ
    OVG Rheinland-Pfalz - 02.03.2012 - AZ: OVG 5 A 11412/11

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 14.08.2012 - 6 PB 9.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:140812B6PB9.12.0]

Beschluss

BVerwG 6 PB 9.12

  • VG Mainz - 12.07.2011 - AZ: VG 5 K 1021/10.MZ
  • OVG Rheinland-Pfalz - 02.03.2012 - AZ: OVG 5 A 11412/11

In der Personalvertretungssache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. August 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge und Prof. Dr. Hecker
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. März 2012 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 1. Da das Klageverfahren bei Inkrafttreten des rheinland-pfälzischen Gesetzes zur Änderung personalvertretungsrechtlicher Vorschriften vom 28. September 2010 (GVBl S. 292) am 6. Oktober 2010 bereits anhängig gewesen ist, ist es aufgrund der Übergangsbestimmung in Art. 3 Abs. 2 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 121 Abs. 1 LPersVG in seiner bis zum 5. Oktober 2010 geltenden Fassung nach den Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung zu führen. Die mit Art. 1 Ziff. 50 des Gesetzes vom 28. September 2010 für Streitigkeiten nach dem Personalvertretungsgesetz des Landes Rheinland-Pfalz wieder eingeführte Anwendbarkeit der Bestimmungen des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlussverfahren (siehe § 121 Abs. 2 LPersVG in seiner seit dem 6. Oktober 2010 geltenden Fassung) kommt nicht zum Tragen. Die Revisibilität des rheinland-pfälzischen Personalvertretungsgesetzes folgt für das vorliegende Verfahren aus § 121 Abs. 2 des Gesetzes in seiner bis zum 5. Oktober 2010 geltenden Fassung.

2 2. Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie auf das Vorliegen von Verfahrensmängeln (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

3 a. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (Beschluss vom 20. Februar 2012 - BVerwG 6 B 38.11 - juris Rn. 11). Aus den Darlegungen der Beschwerde ergibt sich nicht, dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind.

4 aa. In erster Linie macht der Kläger rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage geltend, ob Bedienstete der rheinland-pfälzischen Universitäten im hochschulrechtlichen Status von wissenschaftlichen Mitarbeitern (§ 56 Abs. 1 Satz 1 HochSchG RP) schon kraft dieses Status dem Personenkreis zuzurechnen sind, in dessen Personalangelegenheiten der Personalrat gemäß § 81 Satz 1 LPersVG nur auf Antrag des Betroffenen mitbestimmt, ohne dass es darauf ankäme, inwieweit tatsächlich im Einzelfall - wie in dieser Bestimmung vorgesehen - ihre Tätigkeit einen überwiegend wissenschaftlichen Charakter aufweist (Ziff. 2 Beschwerdebegründung). Das Oberverwaltungsgericht hat diese Frage in seinem angefochtenen Urteil in Bezug auf sämtliche dort in Frage stehenden Personenkategorien bejaht (UA S. 7 f. bzw. S. 14) und sich hierfür auf die Bestimmung in § 99 Abs. 2 LPersVG berufen, wonach u.a. „wissenschaftliche Beschäftigte“ als „Beschäftigte mit überwiegend wissenschaftlicher Tätigkeit im Sinne dieses Gesetzes“ anzusehen sind. Das Oberverwaltungsgericht entnimmt dieser Norm die gesetzgeberische Entscheidung, den hochschulrechtlichen Status der in ihr aufgeführten Personengruppen auch dem Landespersonalvertretungsrecht zu Grunde zu legen mit der Folge, dass eine inhaltliche Überprüfung der konkret ausgeübten Tätigkeit insoweit entbehrlich sei (a.a.O.).

5 Die erhobene Grundsatzrüge greift nicht durch. Die vom Oberverwaltungsgericht angenommene Maßgeblichkeit des hochschulrechtlichen Status von Bediensteten im Rahmen der Anwendung von § 81 Satz 1 LPersVG erweist sich als offenkundig zutreffend, so dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens nicht bedarf (siehe zu diesem prozessrechtlichen Maßstab: Beschluss vom 24. August 1999 - BVerwG 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 <270> = Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 228 S. 13).

6 Der gemeinsame Nenner der in § 99 Abs. 2 LPersVG bezeichneten Personengruppen liegt darin, dass sie von der Vorschrift anhand ihres hochschulrechtlichen Status erfasst werden. Mit der Maßgabe, dass sie „Beschäftigte mit überwiegend wissenschaftlicher Tätigkeit im Sinne dieses Gesetzes (sind)“, verwendet die Vorschrift eine wortgleiche Formulierung wie in § 81 Satz 1 LPersVG („... sowie der Beschäftigten mit überwiegend wissenschaftlicher oder künstlerischer Tätigkeit ...“). Es liegt auf der Hand, dass § 99 Abs. 2 LPersVG u.a. bezweckt, für die von ihm erfassten Personengruppen im Rahmen der Anwendung von § 81 Satz 1 LPersVG eine materielle Prüfung der jeweiligen Tätigkeitsmerkmale obsolet zu machen, um durch Anknüpfung an den hochschulrechtlichen Status eine abgrenzungssichere Bestimmung desjenigen Personenkreises zu ermöglichen, für den die Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten nur auf Antrag greift. Hätte der Gesetzgeber im Sinn gehabt, eine solche Prüfung lediglich für Zwecke der Bestimmung der Gruppenzugehörigkeit gemäß § 99 Abs. 1 LPersVG - der ebenso wie § 81 Satz 1 LPersVG von „Beschäftigten mit überwiegend wissenschaftlicher Tätigkeit“ spricht - in Verbindung mit § 4 Abs. 2 LPersVG obsolet zu machen, hätte er bei Beachtung der üblichen gesetzesredaktionellen Gepflogenheiten am Ende von § 99 Abs. 2 LPersVG die Formulierung „im Sinne von Absatz 1“ verwendet. Die stattdessen verwendete Formulierung „im Sinne dieses Gesetzes“ macht deutlich, dass der Gesetzgeber für die fragliche Anordnung mindestens einen weiteren Anwendungsfall im Auge gehabt haben muss. Nach Lage der Dinge kann es sich hierbei nur um die Festlegung des Personenkreises im Sinne von § 81 Satz 1 LPersVG handeln; in den übrigen Regelungszusammenhängen des Gesetzes spielen Bedienstete mit wissenschaftlichem Tätigkeitsfeld keine Rolle.

7 Dieses Verständnis, das - wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend aufgezeigt hat (UA S. 10) - durch die Gesetzesmaterialien bestätigt wird (siehe LTDrucks 8/2757 S. 115), deckt sich mit der bereits vorliegenden Rechtsprechung. Der Senat hat zwar in Bezug auf eine dem § 81 Satz 1 LPersVG vergleichbare Vorschrift im Personalvertretungsrecht des Landes Berlin ausgesprochen, dass die Tätigkeit eines Universitätsbeschäftigten nicht unabhängig von den ihm konkret übertragenen Aufgaben schon aufgrund seiner hochschulrechtlichen Rechtsstellung als „wissenschaftliche Tätigkeit“ angesehen werden darf (Beschluss vom 7. Oktober 1988 - BVerwG 6 P 30.85 - BVerwGE 80, 265 <267> = Buchholz 251.2 § 89 BlnPersVG Nr. 1 S. 3). Hierbei hat der Senat allerdings eigens hervorgehoben, dass im Berliner Recht eine dem damaligen § 94 Abs. 2 LPersVG - der Vorgängernorm des § 99 Abs. 2 LPersVG - vergleichbare Vorschrift fehlt (a.a.O. S. 4). Der Sinn dieser Hervorhebung lag offenkundig darin, kenntlich zu machen, dass es bei Existenz einer solchen Vorschrift im Berliner Recht auf die materiellen Tätigkeitsmerkmale des fraglichen Bediensteten nicht angekommen wäre.

8 Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist vom Senat nicht zu prüfen, ob das Oberverwaltungsgericht die in Rede stehenden Personengruppen zu Recht als wissenschaftliche Mitarbeiter im hochschulrechtlichen Sinne eingestuft hat.

9 bb. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht daraus, dass das Oberverwaltungsgericht die Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat. Weder das Oberverwaltungsgericht noch das Bundesverwaltungsgericht sind allein mit Rücksicht darauf, dass der Berufungszulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich dem Revisionszulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO entspricht, verpflichtet, nach Zulassung der Berufung jeweils auch die Revision zuzulassen (Beschluss vom 8. Juni 2010 - BVerwG 5 B 52.09 - juris Rn. 7 m.w.N.).

10 b. Der Kläger erhebt in verschiedener Hinsicht Verfahrensrügen (Ziff. 4 und 6, Ziff. 5 a.E. der Beschwerdebegründung), die sich auf denjenigen Teil der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils beziehen, in dem das Oberverwaltungsgericht im Hinblick auf die Fachbereichsreferenten der Universität Trier sowie im Hinblick auf die dortigen Mitarbeiter des Zentrums für Informations-, Medien- und Kommunikationstechnologie (ZIMK) dargelegt hat, ihre Tätigkeit sei bei materieller Betrachtung als überwiegend wissenschaftlich im Sinne von § 81 Satz 1 LPersVG einzuordnen (UA S. 10 ff.). Diese Verfahrensrügen führen schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision, weil das angefochtene Urteil auf ihnen nicht beruhen könnte. Denn die fragliche Einordnung hat das Oberverwaltungsgericht lediglich zum Zweck einer Hilfsbegründung vorgenommen und ist somit für das angefochtene Urteil nicht entscheidungstragend.

11 c. Nicht zur Zulassung der Revision führt die Rüge des Klägers (Ziff. 5, 3. und 4. Absatz der Beschwerdebegründung), das Oberverwaltungsgericht habe (auf UA S. 9) die hochschulrechtliche Zuordnung der Bediensteten des ZIMK sowie der Fachbereichsreferenten zur Gruppe der wissenschaftlichen Mitarbeiter aus Anstellungsverträgen abgeleitet, die nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden seien und daher keine zulässige Grundlage für die fragliche Schlussfolgerung darstellen würden. Das Oberverwaltungsgericht hat für die fragliche Zuordnung auf die „Ein- bzw. Anstellung als wissenschaftliche Mitarbeiter“ als maßgebliches Kriterium abgestellt (UA S. 9). Sein anschließender Verweis auf die „entsprechenden“ Anstellungsverträge, aus denen „sich die vorgenannte Zuordnung in der Regel ergibt“, macht kenntlich, dass nach seinem Verständnis - hinsichtlich der Tarifbeschäftigten - die Anstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter regelmäßig im Arbeitsvertrag zum Ausdruck gebracht wird. Sie impliziert nicht, dass das Oberverwaltungsgericht seine Annahme, bei den im Verfahren konkret in Rede stehenden Bediensteten des ZIMK bzw. den Fachbereichsreferenten handele es sich um wissenschaftliche Mitarbeiter im hochschulrechtlichen Sinne, auf eine Einsichtnahme in einzelne Arbeitsverträge gestützt hätte. Das Oberverwaltungsgericht war auch nicht gehalten, eine solche Einsichtnahme vorzunehmen. Nach dem Vortrag des Beklagten im Verfahren wurden die in Rede stehenden Bediensteten als wissenschaftliche Mitarbeiter eingestellt (UA S. 4; vgl. Schriftsätze des Beklagten vom 16. Januar 2012 S. 7 f. - GA Bl. 352 f. - und vom 22. November 2010 S. 5 - GA Bl. 78 -). Es ist nicht erkennbar - und im Übrigen vom Kläger auch nicht substantiiert dargetan (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) -, inwiefern das Oberverwaltungsgericht, indem es sich hierauf gestützt und weitere Ermittlungen unterlassen hat, gegen seine Aufklärungspflicht oder gegen den Überzeugungsgrundsatz verstoßen haben könnte.

12 d. Der Kläger führt (Ziff. 5 der Beschwerdebegründung) an, im Tatbestand des angefochtenen Urteils finde sein Vorbringen aus der Begründung seiner Anschlussberufung keine Erwähnung, wonach die Bibliotheksmitarbeiter nicht schon aufgrund hochschulgesetzlicher Regeln den wissenschaftlichen Mitarbeitern zuzurechnen seien. Hierin liegt kein Verfahrensverstoß. Das Oberverwaltungsgericht war nicht gehalten, sämtliches Beteiligtenvorbringen im Tatbestand seines Urteils wiederzugeben; es hat hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands zulässigerweise u.a. auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen (UA S. 6). Auf die Frage der hochschulrechtlichen Einordnung der Bibliotheksmitarbeiter ist das Oberverwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen eingegangen (UA S. 13 f.). Inwiefern es hierbei Vorbringen des Klägers übergangen haben könnte, ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht dargetan.

13 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.