Beschluss vom 08.03.2011 -
BVerwG 4 VR 2.10ECLI:DE:BVerwG:2011:080311B4VR2.10.0

Beschluss

BVerwG 4 VR 2.10

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. März 2011
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz, Dr. Jannasch
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp
beschlossen:

Das Ablehnungsgesuch des Antragstellers gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Dem Ablehnungsgesuch des Antragstellers liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

2 Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen den Bebauungsplan Nr. 67 „kommunale Entlastungsstraße Bensersiel“ der Antragsgegnerin vom 20. September 2004. Der Plan ist nach erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 22. Mai 2008 - 1 KN 149/05 - Gegenstand des Revisionsverfahrens BVerwG 4 CN 6.10 (vorher 4 CN 2.09 ). Nach Zulassung der Revision beschloss die Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 72 „Kommunale Entlastungsstraße Bensersiel“ vom 8. Februar 2010. Der Senat hat das gegen den Bebauungsplan Nr. 67 gerichtete Revisionsverfahren mit Beschluss vom 1. Juli 2010 - BVerwG 4 CN 2.09 - bis zur Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts über den Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan Nr. 72 in entsprechender Anwendung des § 94 VwGO ausgesetzt. Den Eilantrag des Antragstellers vom 7. September 2009, den Bebauungsplan Nr. 67 außer Vollzug zu setzen, hat der Senat mit Beschluss vom 19. April 2010 - BVerwG 4 VR 2.09 - abgelehnt. Im vorliegenden Verfahren erstrebt der Antragsteller eine Änderung des Beschlusses.

3 Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2010 lehnte der Antragsteller den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz wegen Besorgnis der Befangenheit ab, nachdem der Stadtdirektor der Antragsgegnerin im Anzeiger für Harlingerland vom 2. Dezember 2010 mit der Äußerung zitiert worden war, die Stadt Esens stehe im ständigen Austausch sowohl mit dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg als auch mit dem Bundesverwaltungsgericht und habe nicht zuletzt deshalb den neuen Bebauungsplan Nr. 72 aufgestellt. Aus der Äußerung des Stadtdirektors ergäben sich, so der Antragsteller, hinreichend objektive Gründe für die Besorgnis, dass der Senatsvorsitzende oder der Berichterstatter die Antragsgegnerin beraten hätten, ohne ihn hiervon zu unterrichten. Vorherige Presseberichte, in denen von „Empfehlungen der Gerichte“ die Rede gewesen sei, sowie der Umstand, dass der Senat entgegen seiner Bitte erst nach Inkrafttreten des Bebauungsplans Nr. 72 über den Eilantrag vom 7. September 2009 entschieden habe, verstärkten den Eindruck, dass es der Antragsgegnerin durch beratende Hinweise des Vorsitzenden oder des Berichterstatters erleichtert worden sei, den Rechtsschutz gegen die Vollziehung des Bebauungsplans Nr. 67 zu vereiteln.

4 Die abgelehnten Richter und der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin haben zu dem Ablehnungsgesuch Stellung genommen, der Antragsteller hat hierauf erwidert.

II

5 Das Ablehnungsgesuch ist unbegründet.

6 Nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO setzt die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Der Erfolg eines Ablehnungsgesuchs ist nicht davon abhängig, dass der Richter tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Auch kommt es nicht darauf an, ob die übrigen Mitglieder des Spruchkörpers den Richter für befangen halten. Es genügt, wenn vom Standpunkt der Beteiligten aus gesehen hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an seiner Unparteilichkeit zu zweifeln. Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen zur Ablehnung nicht aus (Urteil vom 5. Dezember 1975 - BVerwG 6 C 129.74 - BVerwGE 50, 36 <38 f.>; Beschluss vom 11. Dezember 2007 - BVerwG 4 A 3001.07 - juris Rn. 15; stRspr).

7 Bei Anwendung dieses Maßstabs ist die Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und des Richters am Bundesverwaltungsgericht Petz nicht begründet. Besondere Umstände, aus denen sich Zweifel an der Objektivität der abgelehnten Richter ergeben, sind nach dem festgestellten Sachverhalt nicht ersichtlich.

8 1. Der Vorsitzende Richter Prof. Dr. Rubel hat dienstlich erklärt, über die in der Gerichtsakte dokumentierten Vorgänge hinaus keinen Kontakt zu den Verfahrensbeteiligten oder Dritten gehabt zu haben. Dokumentiert sind seine Unterschriften unter dem Beschluss vom 19. April 2010 - BVerwG 4 VR 2.09 - und der Verfügung vom 4. Oktober 2010 in diesem Verfahren, mit dem die Zustellung des Schriftsatzes des Antragstellers vom 23. September 2010 an den Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin und den Vertreter des Bundesinteresses angeordnet worden ist. Der Antragsteller bemängelt, dass der Beschluss vom 19. April 2010 auf sein Vorbringen in den Schriftsätzen vom 21. Januar 2010 und 30. März 2010 teilweise nicht eingegangen sei. Allein daraus ergibt sich noch kein Rechtsverstoß. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ist in der Regel davon auszugehen, dass das Gericht bei seiner Entscheidung die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Das gilt auch für Vorbringen, das in den Entscheidungsgründen nicht erörtert ist. Das Gericht ist nicht gehalten, das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO), sondern darf sich auf die Gründe beschränken, die für seine Entscheidung leitend gewesen sind (BVerfG, Beschluss vom 17. November 1992 - 1 BvR 168/89 u.a. - BVerfGE 87, 363 <392 f.>; BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1999 - BVerwG 9 B 797.98 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4). Selbst wenn es angezeigt gewesen wäre, sich im Beschluss vom 19. April 2010 weiter gehend mit dem Vorbringen des Antragstellers zu befassen, wäre das Ablehnungsgesuch unbegründet, weil es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass die abgelehnten Richter bewusst gesetzeswidrig gehandelt hätten.

9 Der Richter Petz bestätigt in seiner dienstlichen Erklärung vom 29. Dezember 2010 zwar Kontakte mit dem Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin, nicht aber die vom Antragsteller geäußerte Vermutung, der Richter habe in seiner Funktion als Berichterstatter der Antragsgegnerin Ratschläge erteilt, wie die umstrittene Straßenplanung „gerichtsfest“ gemacht werden könne. Die im Anzeiger für Harlingerland vom 2. Dezember 2010 wiedergegebene Äußerung des Stadtdirektors der Antragsgegnerin, die Stadt Esens stehe in ständigem Kontakt zum Bundesverwaltungsgericht und nicht zuletzt deshalb sei der Bebauungsplan Nr. 72 aufgestellt worden, hat nicht die Bedeutung, die ihr der Antragsteller beimisst. Nach Darstellung des abgelehnten Richters wurde er im September 2009 vom Bevollmächtigten der Antragsgegnerin fernmündlich darüber informiert, dass sich dessen Mandantin um eine außergerichtliche Einigung mit dem Antragsteller bemühe. Bezug nehmend auf die (beiden) Telefonate, in denen Weiteres nicht besprochen wurde, äußerte er in seiner Verfügung vom 24. September 2009 die Erwartung, dass die Antragsgegnerin bis zum Abschluss der Einigungsbemühungen ohne Einverständnis des Antragstellers keine Maßnahmen treffen werde, die dem Eilantrag zuwiderliefen. Eine Durchschrift der Verfügung hat der Antragsteller erhalten. In einem weiteren Telefonat Ende Oktober 2010 setzte der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin als Anrufer den Richter von dem Scheitern der Vergleichsverhandlungen und der Absicht in Kenntnis, seiner Mandantin zu raten, den Bebauungsplan Nr. 67 durch einen neuen Bebauungsplan zu ersetzen. Der Richter nahm diese Information zur Kenntnis und bat, den Senat über entsprechende planerische Schritte umgehend zu informieren. Zu den Konsequenzen für das Eilverfahren äußerte er sich nicht, sondern verwies auf die Entscheidungskompetenz des Spruchkörpers. Ende des Jahres 2009 oder Anfang des Jahres 2010 rief ihn der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin mehrfach an, um ihn vorab darüber zu informieren, dass der Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 72 demnächst anstehe. Auch diese Information nahm er lediglich zur Kenntnis. Am 29. Januar 2010 kontaktierte er von sich aus den Bevollmächtigten der Antragsgegnerin, um ihn zu bitten, zu dem Schriftsatz der Bevollmächtigten des Antragstellers so schnell wie möglich Stellung zu nehmen. Zu diesem Telefonat gibt es einen entsprechenden Aktenvermerk.

10 Der Richter hat den Inhalt der Telefonate, in denen der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin der anrufende Teilnehmer war, nicht in Aktenvermerken festgehalten. Dieser Umstand begründet die Besorgnis der Befangenheit indes nicht (a.A. wohl Gehrlein, in: Münchener Kommentar, ZPO, 3. Aufl. 2008, § 42 Rn. 36). Aktennotizen haben u.a. die Funktion, Gesprächs- und Verhandlungsergebnisse festzuhalten. Sie sind, wenn sie, wie geboten, zeitnah zu ihrem Anlass gefertigt werden, ein zuverlässiges Beweismittel. Fehlen sie, bedeutet dies jedoch nicht, dass der Beweiszweck vereitelt oder die Beweisführung erschwert werden soll. Gesprächsinhalte können auch ohne Aktenvermerke rekonstruierbar sein. Das ist vorliegend der Fall. Der Richter hat in seiner dienstlichen Erklärung den Inhalt der Telefonate im Einzelnen und in sich widerspruchsfrei wiedergegeben. Seine Darstellung wird vom Bevollmächtigten der Antragsgegnerin bestätigt (Schriftsätze vom 11. und 28. Januar 2011). Seit den Telefonaten ist auch nicht so viel Zeit vergangen, dass sich ihr Inhalt ohne Gedächtnisstützen nicht mehr verlässlich in Erinnerung rufen ließe. Es besteht daher aus objektiver Sicht kein Anlass, an der Richtigkeit der dienstlichen Erklärung zu zweifeln.

11 Der Inhalt der übrigen vom Antragsteller zitierten Presseartikel ist ebenfalls nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit des Richters Petz zu begründen. Soweit darin Einschätzungen des Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin zum Prozessverlauf und -ausgang wiedergegeben werden (Anzeiger für Harlingerland vom 14. Januar 2010: „Mit einer Eilentscheidung in Leipzig ist nicht mehr zu rechnen“; Ostfriesen-Zeitung vom 10. Februar 2010: „Es <gemeint ist das Verfahren gegen den Bebauungsplan Nr. 67> ist vom Tisch“), sind sie dem Richter nicht zuzurechnen. Gleiches gilt für die dem Stadtdirektor der Antragsgegnerin zugeschriebene Behauptung im Anzeiger für Harlingerland vom 10. Februar 2010, der Bebauungsplan Nr. 72 sei „auf Empfehlung der Gerichte“ aufgestellt worden. Sie entspricht jedenfalls, was das Bundesverwaltungsgericht angeht, nicht den Tatsachen.

12 Auch der Inhalt der dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden Richters am Oberverwaltungsgericht Claus, der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin habe ihm von einer „Verabredung“ mit dem Bundesverwaltungsgericht berichtet, Eilverfahrensfragen vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht klären zu lassen, vermag die Besorgnis der Befangenheit des Richters Petz nicht zu begründen. Der Richter hat in seiner dienstlichen Erklärung vom 25. Januar 2011 eine derartige Verabredung bestritten, und der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin hat schlüssig aufgezeigt, was unter der vom Vorsitzenden Richter Claus in Anführungszeichen gesetzten Verabredung zu verstehen sei, nämlich die gegenüber dem Richter Petz geäußerte Auffassung, dass allein das Oberverwaltungsgericht für einen etwaigen Eilantrag gegen den Bebauungsplan Nr. 72 zuständig sei.

13 2. Die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter lässt sich nicht darauf stützen, dass sie über den Eilantrag gegen den Bebauungsplan Nr. 67 erst nach Inkrafttreten des diesen Plan ersetzenden Bebauungsplans Nr. 72 entschieden haben. Der Verdacht des Antragstellers, die Richter hätten den Beschluss hinausgezögert, um ihm die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen den Bebauungsplan Nr. 67 abzuschneiden, entbehrt der sachlichen Grundlage. Für eine umgehende Entscheidung über den Antrag auf Außervollzugsetzung des Bebauungsplans Nr. 67 bestand kein Anlass, weil die Sache nicht eilbedürftig war. Wie sich aus den Schriftsätzen ihres Bevollmächtigten vom 26. Oktober 2009 und 27. November 2009 ergibt, hat die Antragsgegnerin nach Eingang des Eilantrags beim Senat am 8. September 2009 die Bauarbeiten ruhen lassen. Der Behauptung des Antragstellers im Schriftsatz vom 21. Januar 2010, die Bauarbeiten seien am 18. Januar 2010 wieder aufgenommen worden, hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 1. Februar 2010 widersprochen. Die Baustelle liege weiterhin still, und die Bauarbeiten würden erst fortgesetzt, wenn der in Aufstellung befindliche Bebauungsplan (Nr. 72) bekannt gemacht sei. Dann möge der Antragsteller vor dem Oberverwaltungsgericht um Rechtsschutz nachsuchen. Bei den vom Antragsteller erwähnten Arbeiten handele es sich um Anschlussarbeiten an einer Leitung, die bereits zuvor im Zuge der bis September 2009 durchgeführten Baumaßnahmen verlegt worden sei. Die Maßnahme sei aus Gründen der Versorgungssicherheit erforderlich gewesen.

14 Die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass sie den Eilantrag gegen den Bebauungsplan Nr. 67 unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 10. August 1990 - BVerwG 4 C 3.90 - (BVerwGE 85, 289) als unstatthaft abgelehnt haben. Die Vermutung des Antragstellers, die Heranziehung des Urteils, die nicht naheliegend gewesen sei, weil ihr ein wesentlich anderer Sachverhalt zugrunde gelegen habe, sei auf die Gespräche zwischen dem Berichterstatter und dem Bevollmächtigten der Antragsgegnerin zurückzuführen, ist aus der Luft gegriffen. Der Prozessbevollmächtigte der Abtragsgegnerin hatte das Urteil in seinem Schriftsatz an das Oberverwaltungsgericht Lüneburg vom 15. Februar 2010 zitiert, den der Antragsteller mit Schriftsatz vom 22. Februar 2010 selbst dem Senat vorgelegt hatte.

Beschluss vom 14.07.2011 -
BVerwG 4 VR 2.10ECLI:DE:BVerwG:2011:140711B4VR2.10.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 14.07.2011 - 4 VR 2.10 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:140711B4VR2.10.0]

Beschluss

BVerwG 4 VR 2.10

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. Juli 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz
beschlossen:

  1. Der Antrag des Antragstellers, den Bebauungsplan Nr. 67 „Kommunale Entlastungsstraße Bensersiel“, Teilpläne I und II der Antragsgegnerin (als Satzung beschlossen am 20. September 2004) unter Abänderung des Beschlusses vom 19. April 2010 (BVerwG 4 VR 2.09) im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO vorläufig außer Vollzug zu setzen, wird abgelehnt.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Eilverfahren auf 20 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Der Antrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO ist nach wie vor unzulässig.

2 Den ablehnenden Beschluss vom 19. April 2010 hat der Senat alternativ damit begründet, dass der in der Revisionsinstanz anhängig gemachte Antrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO, mit dem der Antragsteller den Bebauungsplan Nr. 67 im Wege der einstweiligen Anordnung außer Vollzug setzen lassen will, entweder unstatthaft oder mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig ist. Unstatthaft (geworden) ist der Antrag, falls der Bebauungsplan Nr. 72, der nach dem Willen der Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 67 ersetzen soll, mit der ortsüblichen Bekanntmachung am 11. Februar 2010 rechtswirksam in Kraft gesetzt worden ist. Sollte der neue Bebauungsplan Nr. 72 demgegenüber - wie der Antragsteller meint - unwirksam sein, lässt die auf den alten Bebauungsplan Nr. 67 bezogene Nichtvollzugszusage (derzeit) das Rechtsschutzinteresse für den hiergegen gerichteten Eilantrag entfallen.

3 Der Antragsteller wendet hiergegen ein, die Antragsgegnerin habe nach Informationen, die er inzwischen erhalten habe, entweder nie beabsichtigt oder beabsichtige jedenfalls nicht mehr, den Bebauungsplan Nr. 72 zu vollziehen; vollzogen werde dagegen - weiterhin - der hier streitgegenständliche Bebauungsplan Nr. 67. Im Rat der Antragsgegnerin herrsche Einigkeit darüber, dass die im Bebauungsplan Nr. 72 festgesetzte Lärmschutzanlage nicht gebaut werde. Die Antragsgegnerin habe daher für die Lärmschutzanlage keine konkreten Ausführungspläne erstellen lassen und auch keine finanziellen Mittel in ihrem Haushalt vorgesehen. Wegen des erreichten Baufortschritts sei die Lärmschutzwand auch aus bautechnischen Gründen kaum mehr zu realisieren.

4 Dieser Vortrag liefert keine hinreichenden Indizien für die Annahme, dass die Antragsgegnerin entgegen ihrer auf den Bebauungsplan Nr. 67 bezogenen Nichtvollzugszusage, die sie anlässlich des vorliegenden Verfahrens ausdrücklich noch einmal bekräftigt hat, tatsächlich doch diesen alten Bebauungsplan vollzieht. Der Antragsteller behauptet nicht, dass bestimmte durchgeführte Baumaßnahmen allein den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 67 entsprechen würden und deshalb auch nur als dessen Vollzug gesehen werden könnten. Er moniert vielmehr einen unvollständigen Vollzug der Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 72. Das widerlegt dessen Vollzug im Übrigen nicht. Abgesehen davon hat die Antragsgegnerin mit dem Vortrag, es könne sich die Prüfung empfehlen, ob im Hinblick auf die Überführung des bisherigen faktischen Vogelschutzgebiets in ein ausgewiesenes Vogelschutzgebiet und den dadurch eingetretenen rechtlichen Regimewechsel auf die Errichtung der Lärm- und Sichtschutzwand verzichtet werden könne, auch ein Motiv für ihr Zuwarten beim Bau der im Bebauungsplan Nr. 72 festgesetzten Lärm- und Sichtschutzwand benannt, das sie mit der 1. Änderung dieses Bebauungsplans nunmehr auch normativ umgesetzt hat.

5 Anhaltspunkte dafür, dass der Bebauungsplan Nr. 72 - wie der Antragsteller erneut andeutet - ausschließlich dem Ziel gedient habe, effektiven Rechtsschutz zu erschweren, hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 19. April 2010 nicht zu erkennen vermocht.

6 Soweit der Antragsteller geltend macht, er erleide fortlaufend schwere Nachteile durch den Weiterbau der Straße, ist er insoweit auf die Rechtsschutzmöglichkeiten zu verweisen, die ihm hinsichtlich desjenigen Bebauungsplans, den die Antragsgegnerin beim Bau der Straße tatsächlich vollzieht, zur Verfügung stehen. Diese Rechtsschutzmöglichkeiten hat er hinsichtlich des Bebauungsplans Nr. 72 auch in Anspruch genommen. Mit seinem Antrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO auf Aussetzung der Vollziehung dieses Bebauungsplans ist er beim Oberverwaltungsgericht unterlegen, das von ihm beantragte Normenkontrollverfahren ist dort noch anhängig. An dieser Sachlage würde sich auch nichts ändern, wenn der Senat über den Antrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO auf Aussetzung der Vollziehung des nicht vollzogenen Bebauungsplans Nr. 67 inhaltlich entscheiden würde.

7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.