Beschluss vom 14.05.2003 -
BVerwG 9 B 14.03ECLI:DE:BVerwG:2003:140503B9B14.03.0

Beschluss

BVerwG 9 B 14.03

  • Niedersächsisches OVG - 19.11.2002 - AZ: OVG 15 K 3183/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. Mai 2003
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts
H i e n und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
V a l l e n d a r und Dr. E i c h b e r g e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts - Flurbereinigungsgericht - vom 19. November 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Die allein auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Die Beschwerde hält die Frage für klärungsbedürftig,
ob den Anforderungen des § 130 Abs. 1 Satz 1 FlurbG, wonach die Niederschrift den an der Verhandlung Beteiligten vorzulesen oder vorzulegen ist, auch dadurch genügt wird, dass der Inhalt der Niederschrift der Protokollkraft laut diktiert worden ist.
Diese Frage war für das angefochtene Urteil zwar entscheidungserheblich, da das Flurbereinigungsgericht dem Einwand der Klägerin, ihr Vater habe dem in der mündlichen Verhandlung vor der Spruchstelle für Flurbereinigung geschlossenen Vergleich nicht zugestimmt, nicht gefolgt ist, weil dem die Beweiskraft der Niederschrift über diese mündliche Verhandlung nach § 131 Satz 2 FlurbG entgegenstehe. Es trifft auch zu, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Beweiskraft einer gerichtlichen Sitzungsniederschrift (§§ 165, 314 ZPO) dann nicht greift, wenn das Protokoll entgegen § 162 Abs. 1 ZPO den Beteiligten nicht vorgelesen oder zur Durchsicht vorgelegt und von ihnen nicht genehmigt worden ist (BGH, Beschluss vom 18. Januar 1984 - IVb ZB 53/83 - NJW 1984, 1465) und dass ein unter Verstoß gegen diese Formvorschriften geschlossener Prozessvergleich unwirksam ist (BGH, a.a.O.) oder aus ihm nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Münster, auf das sich die Beschwerde bezieht, jedenfalls nicht vollstreckt werden kann (OVG Münster, Beschluss vom 26. November 1975 - X B 1151/74 - NJW 1976, 1228).
Einer Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren kann die aufgeworfene Rechtsfrage gleichwohl nicht zugeführt werden, weil das Bundesverwaltungsgericht darauf beschränkt ist, die Vereinbarkeit des angefochtenen Urteils mit Bundesrecht zu prüfen (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i.V.m. § 137 Abs. 1 VwGO). Die hier im Streit stehenden Bestimmungen über die förmlichen Anforderungen an eine wirksame Niederschrift nach § 130 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i.V.m. § 162 Abs. 1 ZPO haben vor der Spruchstelle für Flurbereinigung indes nur gemäß § 3 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Flurbereinigungsgesetz (vom 20. Dezember 1954 - GVBl S. 179 - mit späteren Änderungen) und damit als Landesrecht Anwendung gefunden (zur entsprechenden Kompetenz des Landesgesetzgebers vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. November 1978 - BVerwG 5 B 102.76 - Buchholz 310 § 77 VwGO Nr. 1). In welcher Weise und mit welcher Rechtsfolge die nach dieser Bestimmung auf das Verfahren der Spruchstellen sinngemäß anzuwendenden allgemeinen Verfahrensvorschriften der §§ 109 bis 137 FlurbG bei Formverstößen heranzuziehen sind, ist danach der Entscheidung des Flurbereinigungsgerichts vorbehalten und einer revisionsgerichtlichen Klärung nicht zugänglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 GKG.