Beschluss vom 14.03.2013 -
BVerwG 4 B 43.12ECLI:DE:BVerwG:2013:140313B4B43.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 14.03.2013 - 4 B 43.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2013:140313B4B43.12.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 43.12

  • VG Koblenz - 22.02.2011 - AZ: VG 7 K 842/10.KO
  • OVG Rheinland-Pfalz - 29.06.2012 - AZ: OVG 1 A 10878/11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. März 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz und Dr. Decker
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Juni 2012 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 Euro festgesetzt.

Gründe

1 Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2 1. Die behaupteten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) machen die Kläger nicht in einer den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise geltend.

3 Die Kläger rügen, das Oberverwaltungsgericht habe ihr rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es den Kern ihres Vorbringens verkannt und daher eine entscheidungserhebliche Frage verfehlt habe. Das Gericht habe „verfehlt“, dass die Baugenehmigung unbestimmt sei, weil sie nichts darüber aussage, ob der Trainingsbetrieb nach Genehmigungslage auch dann stattfinden könne, wenn Punktspiele stattfinden, ob also Punktspiele die „Emissionshaltigkeit“ des Trainings gleichsam schon für sich „verbraucht“ hätten. Gleichzeitig liege eine Verletzung der Aufklärungspflicht vor, denn das Oberverwaltungsgericht habe wegen seiner unzutreffenden Annahmen zur Bestimmtheit unaufgeklärt gelassen, ob werktags neben den zugelassenen Spielen noch Trainingsbetrieb möglich sei und umgekehrt. Dieser Beschwerdevortrag ist unschlüssig. Die Kläger machen der Sache nach lediglich Fehler bei der Rechtsanwendung geltend. Darlegungen dazu, welchen konkreten Vortrag der Kläger das Oberverwaltungsgericht unberücksichtigt gelassen haben soll, fehlen.

4 Unsubstantiiert ist die Rüge, ein weiterer Verfahrensfehler liege darin, dass der Klägervortrag in den Verfahren erster und zweiter Instanz verkannt worden sei, weil völlig offen und damit unbestimmt sei, ob die Zulassung eines Punktspiels innerhalb der Ruhezeit ein zehn- bis zwanzigminütiges Warmlaufen verbiete. Die - sinngemäße - Rüge der Aktenwidrigkeit ist allein mit dem Vorwurf, das Gericht sei insoweit von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, nicht substantiiert erhoben (stRspr; vgl. zuletzt Beschluss vom 29. Januar 2013 - BVerwG 4 BN 18.12 - Rn. 8). Im Übrigen zielt die Rüge der Sache nach wiederum nur gegen die vorinstanzliche Rechtsanwendung.

5 2. Die Rechtssache hat auch nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.

6 a) Für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig halten die Kläger die - nur schwer verständlich formulierte - Frage,
ob es für die Beantwortung der Frage, ob eine Sportanlage die allgemeine Zweckbestimmung eines allgemeinen Wohngebiets wahrt, auf die bauliche Anlage als solche - hier: Schulsportanlage vom „Typ C“ - oder auf deren konkrete Nutzung - hier: Vermietung der Anlage an einen überregionalen Fußballverein - ankommt,
und ferner,
ob das Oberverwaltungsgericht der Frage hätte nachgehen müssen, ob die genehmigte Überlassung der „regionalen Sportanlage an einen überregionalen Verein“ eine gebietsuntypische Nutzung hervorrufe.

7 Diese Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

8 Die erste Frage ist nicht entscheidungserheblich. Entgegen der Behauptung der Kläger hat das Oberverwaltungsgericht (UA S. 22) die Gebietsverträglichkeit der Sportanlage nicht allein mit Blick auf die Qualität der Sportanlage („Typ C“) bejaht. Es hat eine Gefährdung der allgemeinen Zweckbestimmung eines allgemeinen Wohngebiets bei diesem Typ zwar in der Regel verneint, aber selbst Bedenken geäußert, ob dies uneingeschränkt auch dann gelten könne, wenn bei Fußballspielen und Wettkämpfen insbesondere bei Ligaspielen auch Ansagen aus einer Beschallungsanlage stattfinden, zumal Außenbeschallungsanlagen erhebliche Auswirkungen auf die im allgemeinen Wohngebiet erstrebte gebietsbezogene Wohnruhe hätten und diesem Gebiet grundsätzlich wesensfremd seien. Dieser Gesichtspunkt stehe jedoch der Zulässigkeit des Sportplatzvorhabens nicht (mehr) entgegen, da der Beklagte im Einverständnis mit der Beigeladenen die Nebenbestimmung zur Beschallungsanlage aufgehoben und den Betrieb einer solchen Anlage auf der gesamten Sportanlage untersagt habe (UA S. 22). Maßgeblich für die Annahme des Oberverwaltungsgerichts waren mithin auch die konkreten Umstände der Sportanlage. Die Prämisse, auf die die Kläger ihre Grundsatzfrage gründen, trifft somit nicht zu.

9 Die Beantwortung der zweiten Frage hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und ist einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.

10 b) In einem Revisionsverfahren klären lassen möchte die Beschwerde ferner die Frage,
ob nach Nr. 6.9 der TA Lärm/Nr. 1.6 der 18. BImSchV ein Messabschlag von 3 dB(A) nicht anzuwenden ist, wenn auf eine Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung die auf das betreffende Gebäude einwirkenden Lärmimmissionen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch eine Messung überprüft worden sind.

11 Auch diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren mangels Entscheidungserheblichkeit nicht stellen.

12 Die Kläger räumen selbst ein, dass sich die aufgeworfene Frage nur im Fall einer Ermittlung der Geräuschimmissionen durch Messung nach Nr. 3 des Anhangs zur 18. BImSchV stellt, weil gemäß Nr. 1.6 Alt. 2 des Anhangs nur in diesem Fall ein Messabschlag von 3 dB(A) in Betracht kommt, während im Fall einer Ermittlung der Geräuschimmissionen durch Prognose der nach Nr. 2 des Anhangs ermittelte Beurteilungspegel gemäß Nr. 1.6 Alt. 1 des Anhangs direkt mit den Immissionsrichtwerten nach § 2 der 18. BImSchV zu vergleichen ist. Das Oberverwaltungsgericht (UA S. 23) hat seine Feststellung, dass die Immissionsrichtwerte der 18. BImSchV nicht überschritten seien, jedoch tragend auf die im Genehmigungsverfahren eingeholte und zum Gegenstand der Baugenehmigung gemachte schalltechnische Immissionsprognose sowie die Erläuterungen des Sachverständigen gestützt. Bereits auf dieser Grundlage ist es zu dem Ergebnis gelangt, dass bei Einhaltung der Nebenbestimmungen unzumutbare Belästigungen für die Kläger nicht zu erwarten seien (UA S. 24). Nur ergänzend hat es angemerkt, dass die Prognose letztlich durch Messung der Lärmimmissionen während eines Fußballspiels, die im Rahmen einer Beweisaufnahme im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durchgeführt worden sei, im Wesentlichen bestätigt worden sei. Damit hat sich das Oberverwaltungsgericht auf den Standpunkt des Verwaltungsgerichts (GA S. 101 f.) gestellt, das festgestellt hatte, Grundlage der nachbarschützenden Regelungen in der angefochtenen Baugenehmigung bleibe nach wie vor die im Genehmigungsverfahren eingeholte schalltechnische Immissionsprognose, die sich als belastbar erwiesen habe und nachvollziehbar erläutert worden sei, während der tatsächlich durchgeführten Messung in der vorliegenden Fallgestaltung lediglich Bedeutung bei der Überprüfung der Belastbarkeit der Prognose zukomme. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts (UA S. 25 f.) zur Berechtigung eines Messabschlags gemäß Nr. 1.6 Alt. 2 des Anhangs zur 18. BImSchV, die die Kläger bereits in ihrem Berufungsvortrag in Abrede gestellt hatten, haben deshalb ersichtlich nur eine ergänzende, nicht selbständig tragende Bedeutung.

13 c) Damit ist auch die von der Beschwerde abschließend aufgeworfene Frage,
ob ein seltenes Ereignis im Sinne des § 5 Abs. 5 der 18. BImSchV i.V.m. Nr. 1.5 des Anhangs ein anderes Ereignis als das „Normalereignis“ voraussetzt,
der die Kläger - soweit ersichtlich - ebenfalls die Prämisse zugrunde legen, dass die gemessenen Beurteilungspegel „dann doch in erheblichem Umfang über die zulässigen Immissionsrichtwerte hinausgehen“, nicht entscheidungserheblich.

14 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.