Beschluss vom 13.10.2006 -
BVerwG 6 B 66.06ECLI:DE:BVerwG:2006:131006B6B66.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.10.2006 - 6 B 66.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:131006B6B66.06.0]

Beschluss

BVerwG 6 B 66.06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Oktober 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn
und Dr. Bier
beschlossen:

  1. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Mai 2006 wird aufgehoben.
  2. Der Rechtsstreit wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
  3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 533,88 € (entspr. 3 000 DM) festgesetzt.

Gründe

1 1. Die Beschwerde hat Erfolg. Sie führt zwar nicht auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), rügt aber zu Recht einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

2 a) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage des revisiblen Rechts, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage verleiht der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.

3 Der Kläger möchte offenbar geklärt wissen, ob die Abbuchung eines Beitrags zu Gunsten des Zahnärztlichen Bezirksverbandes als Erlass eines Verwaltungsaktes zu verstehen ist. Diese Frage führt auf die für die Beitragserhebung maßgeblichen Vorschriften des nicht revisiblen Satzungsrechts der Beklagten und ist insoweit revisionsgerichtlicher Klärung nicht zugänglich. Gegenteiliges zeigt der Kläger nicht auf. Im Übrigen bezieht sich die Frage auf Besonderheiten des Einzelfalles. Die Beiträge sind, wie dem Berufungsurteil entnommen werden muss, von den für den Kläger vorgesehenen Leistungen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayern abgezogen und dem Beklagten zugeführt worden. Der Kläger zeigt nicht auf, dass derartige Besonderheiten der Beitragseinziehung auf eine fallübergreifende Problematik führen. Außerdem muss berücksichtigt werden, dass nach den Ausführungen des Berufungsgerichts vor den „Abbuchungen“ ein Leistungsbescheid erlassen worden ist. Unter solchen Umständen dürfte die „Abbuchung“ seitens der Beklagten lediglich eine Form der Erfüllung der mit dem Leistungsbescheid festgesetzten Geldschuld sein, es sei denn, dem nicht revisiblen Recht wäre etwas anderes zu entnehmen. Dass die Erfüllung eines Leistungsbescheids keine Verwaltungsaktsqualität hat, ist in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. Urteil vom 27. Oktober 1982 - BVerwG 3 C 6.82 - BVerwGE 66, 218 <220>). Das Beschwerdevorbringen lässt nicht erkennen, dass hierzu weiterer Klärungsbedarf bestehen könnte.

4 b) Mit Recht macht der Kläger den Verfahrensmangel ungenügender Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend. Der Verwaltungsgerichtshof hat, anders als das Verwaltungsgericht, die Klage gegen die (gesamte) Beitragserhebung für die Jahre 1993 (2. bis 4. Quartal) bis 1998 (1. Quartal) abgewiesen, weil der nach Auffassung des Berufungsgerichts in dem Schreiben der Beklagten vom 20. August 1993 zu sehende Leitungsbescheid bestandskräftig geworden sei.

5 Das Berufungsgericht hätte bei diesem Ansatz darüber Beweis erheben müssen, ob der Kläger gegen das Schreiben vom 20. August 1993 Widerspruch eingelegt hatte. Der Kläger hatte mit Schriftsatz vom 27. März 2004 unter Beweisantritt vorgetragen, gegen dieses Schreiben Widerspruch eingelegt zu haben. Dem hätte der Verwaltungsgerichtshof auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung nachgehen müssen. Hat der Kläger bereits, wie er behauptet, mit Schreiben vom 31. August 1993 ordnungsgemäß Widerspruch eingelegt, so wäre der Bescheid nicht bestandskräftig geworden.

6 2. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung macht der Senat von der ihm in § 133 Abs. 6 VwGO eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, die angegriffene Entscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

7 3. Die Kostenentscheidung ist der Schlussentscheidung vorzubehalten. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 47, 52 Abs. 3 GKG (20 Quartale à 150 DM).