Beschluss vom 13.09.2004 -
BVerwG 6 B 19.04ECLI:DE:BVerwG:2004:130904B6B19.04.0

Beschluss

BVerwG 6 B 19.04

  • Hessischer VGH - 09.12.2003 - AZ: VGH 11 UE 2912/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. September 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. H a h n und Dr. G r a u l i c h
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

1. Die auf sämtliche Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
a) Die Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist unbegründet.
aa) Soweit der Kläger die grundsätzliche Bedeutung daraus herleitet, das Berufungsgericht hätte von sich aus die Grundsatzrevision bereits zulassen müssen, weil es selbst die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO aus grundsätzlichen Erwägungen zugelassen habe, ist damit keine klärungsbedürftige Rechtsfrage verbunden. Das Berufungsgericht hat in seinem Beschluss vom 25. August 2000 die Zulassung beschlossen, weil die waffenrechtliche Zulässigkeit von Schalldämpfern zu Jagdzwecken in seiner Rechtsprechung nicht geklärt war und es diese Frage für klärungsbedürftig gehalten hat. Diese Klärung ist aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofs durch das angefochtene Urteil eingetreten. Im Übrigen besteht eine Bindung des auf Beschwerde über die Revisionszulassung entscheidenden Bundesverwaltungsgerichts lediglich an die Berufungszulassung, nicht aber an die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Berufungszulassung im Zeitpunkt seiner Zulassungsentscheidung.
bb) Eine grundsätzliche Bedeutung ergibt sich ferner nicht aus dem Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht noch nicht "zur rechtlichen Einstufung von Schalldämpfern" entschieden habe. In dieser Allgemeinheit ist diese Frage nicht entscheidungserheblich. Die die Klage abweisende Entscheidung des Berufungsgerichts beruht auf der Verneinung eines waffenrechtlichen Bedürfnisses für das sog. Schallabsorber-Repetiergewehr des Klägers nach §§ 30, 32 WaffG a.F. Die damit verbundene Rechtsfrage besitzt aber keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung mehr, denn Erwerb und Besitz von Schusswaffen oder Munition durch Jäger sowie das Führen und Schießen zu Jagdzwecken sind durch das Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts vom 11. Oktober 2002 (BGBl I S. 3970), berichtigt am 19. September 2003 (BGBl I S. 1957), und den darin enthaltenen § 13 WaffG (neu) geregelt worden. Diese gesetzliche Neuregelung enthält nicht lediglich eine Zusammenfassung zuvor verstreuter Einzelvorschriften, sondern verpflichtet nach der Vorstellung des Gesetzgebers künftig auch Jäger, wie alle übrigen Waffeninteressierten zum Erwerb und Besitz von Schusswaffen grundsätzlich ein Bedürfnis nachzuweisen (BTDrucks 14/7758 S. 61). Die vom Berufungsurteil behandelten Rechtsfragen stellen sich nach neuem Recht, wie der Kläger selbst darlegt, somit anders. An der revisionsgerichtlichen Entscheidung über das inzwischen außer Kraft getretene Recht besteht aber kein über den Fall hinaus reichendes Interesse.
cc) Eine grundsätzliche Bedeutung ergibt sich auch nicht aus der Ansicht des Klägers, der Verwaltungsgerichtshof habe zu Unrecht das Waffengesetz in der vor dem Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts vom 11. Oktober 2002 geltenden Fassung angewandt. Diese Rechtsauffassung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach auch beim Widerruf einer Waffenbesitzkarte maßgebend der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides ist, weil es sich um die Anfechtung eines rechtsgestaltenden Verwaltungsakts handelt (Urteil vom 13. Dezember 1994 - BVerwG 1 C 31.92 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 72 = BVerwGE 97, 245 <250>).
b) Die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Die Revisionsbeschwerde benennt keinen abstrakten Rechtssatz im Berufungsurteil, der gegen einen entsprechenden Rechtssatz in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichts verstößt. Der Kläger sieht eine "innere" Divergenz darin, dass der Verwaltungsgerichtshof die Berufung wegen grundsätzlicher Berufung zugelassen habe, nicht aber die Revision. Darin liegt nicht die Darlegung einer Divergenz i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.
c) Ebenso bleibt die Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ohne Erfolg.
aa) Ein Verfahrensverstoß liegt nicht darin, dass der Verwaltungsgerichtshof zwar die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat, die entsprechende Erwägung für die Zulassung der Revision aber nicht getroffen hat. Gerügt werden kann nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur ein Verfahrensmangel, auf dem "die Entscheidung" beruht. Dabei handelt es sich aber nicht um die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Revisionszulassung nach § 132 Abs. 1 VwGO, sondern um seine Entscheidung in der Hauptsache.
bb) Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen formelles Beweisrecht und den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) darin, dass der Verwaltungsgerichtshof dem klägerischen Antrag in der mündlichen Verhandlung auf Vernehmung des Gärtners H. M. nur in einem geringeren als dem beantragten Umfang stattgegeben hat.
Das Berufungsgericht hat ausweislich des Protokolls den in mündlicher Verhandlung gestellten Beweisantrag durch Gerichtsbeschluss beschieden und diesen in der mündlichen Verhandlung auch begründet. Dies entspricht den Anforderungen des formellen Beweisrechts (§ 86 Abs. 2 VwGO).
Durch die teilweise Ablehnung der Vernehmung des Gärtners M. - nicht nur informatorisch, sondern auch - als sachverständigen Zeugen hat der Verwaltungsgerichtshof nicht gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen. Die Beschwerde gibt an, im Falle seiner umfassenden Vernehmung hätte der Zeuge ausgesagt, dass sich erst und nur durch die vom Kläger unternommene Bejagung mit der streitgegenständlichen schallgedämpften Schusswaffe ein wesentlicher Wandel und jagdlicher Erfolg ergeben habe, während dies zuvor trotz langjähriger Bejagungsversuche mit anderen Mitteln wie Fallen, aber auch mit nicht schallgedämpften Schusswaffen vergeblich geblieben sei. Das Berufungsgericht hat in den Urteilsgründen nachvollziehbar dargelegt, weshalb es den Gärtner zwar hinsichtlich der tatsächlichen Beobachtungen für kompetent hielt, nicht aber für Fragen der jagdlichen Erforderlichkeit von Schalldämpfergewehren. Es hat ihn nicht als taugliches Beweismittel zur Vernehmung als sachverständigen Zeugen angesehen, weil er als Gärtner nicht die notwendige Fachkenntnis für die Kaninchenbejagung mit einem Schalldämpfergewehr besitze. Dies ist überzeugend daher nicht zu beanstanden und lässt keinen Verstoß gegen Denkgesetze o.ä. erkennen. Der Kläger macht auch mit der Beschwerde nicht deutlich, dass der Gärtner M. eine entsprechende Sachkunde besitzt.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf Art. 1 § 72 Nr. 1 KostRMoG, § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F.