Beschluss vom 13.08.2004 -
BVerwG 8 B 58.04ECLI:DE:BVerwG:2004:130804B8B58.04.0

Beschluss

BVerwG 8 B 58.04

  • Thüringer OVG - 16.12.2003 - AZ: OVG 2 KO 968/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. August 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l , den
Richter am Bundesverwaltungsgericht G o l z e und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. H a u s e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde bleibt erfolglos.
1. Der mit der Beschwerde geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor. Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen, ist unbegründet. Der Bevollmächtigte der Klägerin sieht in der Tatsache, dass bei dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 13. November 2001, das vom Bundesverwaltungsgericht mit Entscheidung vom 30. Juli 2003 aufgehoben wurde, und bei der Entscheidung vom 16. Dezember 2003, gegen deren Nichtzulassung der Revision sich die Beschwerde richtet, das Gericht in "fast gleicher Besetzung" (zwei Richter) entschieden und die Klage der Klägerin wiederum abgewiesen hat, eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts. Die beiden Richter des Oberverwaltungsgerichts hätten im Widerspruch zu den Wahlvorschriften des Bundes und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Bürgermeisterwahl als Verhältniswahl angesehen und diese Position auch übereinstimmend in der Entscheidung vom 13. November 2001 vertreten. Sie hätten daher wegen Befangenheit vom weiteren Verfahren ausgeschlossen werden müssen.
Diese Einschätzung verkennt den absoluten Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts. § 138 Abs. 1 Nr. 1 VwGO soll zusammen mit den Vorschriften, die der Bestimmung des gesetzlichen Richters dienen, der Revision bezüglich jeder Form oder Art einer möglicherweise erfolgten Manipulierung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) den Erfolg sichern und diese vorbeugend verhindern.
Der Gesetzgeber hat in § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 41 Nr. 6 ZPO eine abschließende Regelung darüber getroffen, in welchen Fällen Richter von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen sind. § 41 Nr. 6 ZPO, der hier allein in Betracht kommt, will verhindern, dass ein Richter im Rechtsmittelzug seine eigene Entscheidung überprüft (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 23. August 1996 - BVerwG 11 B 25.96 - Buchholz 303 § 42 ZPO Nr. 1 S. 1 <2> und vom 2. Oktober 1997 - BVerwG 11 B 30.97 - Buchholz a.a.O. Nr. 2 S. 3 <4> unter Hinweis auf BVerfGE 30, 153 f.; 78, 337 f.). Nicht von der Regelung erfasst ist die erneute Mitwirkung an der Sache in derselben Instanz und sei es auch nach Zurückverweisung durch das Rechtsmittelgericht oder die Mitwirkung in der Rechtsmittelinstanz, wenn der Richter in der Vorinstanz an einer anderen als der konkret zur Überprüfung gestellten Entscheidung mitgewirkt hat (vgl. Beschluss vom 23. August 1996 - BVerwG 11 B 25.96 - a.a.O.).
Liegt demnach kein gesetzlicher Ausschlussgrund vor, könnte sich die Rüge nur gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts wenden, mit dem die Anträge auf Ablehnung der Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt wurden. Dieser Beschluss ist aber einer Überprüfung im Revisionsverfahren entzogen (§ 146 Abs. 2, § 173 VwGO i.V.m. § 557 Abs. 2 ZPO - vgl. dazu Beschlüsse vom 16. Juni 2003 - BVerwG 7 B 106.02 - Buchholz 303 § 279 ZPO Nr. 1 und vom 23. Januar 2003 - BVerwG 8 B 131.02 - juris Rn. 5).
2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung im beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist.
Hieran fehlt es im vorliegenden Verfahren. Die als klärungsbedürftig aufgezeigte Frage, "ob ein Richter, der eine offensichtlich für ihn erkennbar abwegige Rechtsposition eines der Verfahrensbeteiligten, hier des Freistaates Thüringen, in einer vorangegangenen Instanz vertreten hat, als befangen angesehen werden muss", würde sich in einem Revisionsverfahren wegen der Vorschrift des § 557 Abs. 2 ZPO nicht stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 72 Nr. 1 GKG, §§ 13, 14 GKG a.F.