Beschluss vom 13.07.2007 -
BVerwG 8 B 28.07ECLI:DE:BVerwG:2007:130707B8B28.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.07.2007 - 8 B 28.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:130707B8B28.07.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 28.07

  • VG Dresden - 10.10.2006 - AZ: VG 13 K 2822/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Juli 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 10. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird in Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Dresden vom 8. Februar 2007 für das Verfahren in erster Instanz und für das Beschwerdeverfahren auf jeweils 290 158 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 Das Verwaltungsgericht hat sein Urteil einerseits damit begründet, dass es der Klage am Rechtsschutzbedürfnis fehle, weil sich der Kläger als Alleinerbe aufgrund eines Vertretungsverhältnisses die Bestandskraft des Bescheids vom 12. Juli 2000 entgegenhalten lassen müsse. Zum anderen hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die Beteiligten des Restitutionsverfahrens hätten sich zusätzlich darauf geeinigt, dass auch der staatliche Anteil gelöscht und damit aus dem Unternehmen zurückgeführt würde. Der Berechtigte und folglich dessen Sohn, der Kläger, hätten dafür eine Entschädigung nach § 6 Abs. 5c Satz 3 VermG zu zahlen.

3 Ist eine Klage in den Gründen des klageabweisenden Urteils nicht nur als unzulässig, sondern auch als unbegründet bezeichnet worden, stellen sich die Ausführungen zur Sache lediglich als nicht entscheidungstragende ergänzende Hinweise an die Parteien dar (Urteil vom 12. Juli 2000 - BVerwG 7 C 3.00 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 133 S. 13 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Danach kommt es für die Beurteilung, ob die Beschwerde Erfolg hat, allein auf die geltend gemachten Zulassungsgründe an, die sich auf die vom Verwaltungsgericht angenommene Unzulässigkeit der Klage beziehen.

4 1. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang grundsätzliche Bedeutung geltend macht (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), rechtfertigt dies nicht die Zulassung der Revision.

5 Die im Zusammenhang mit einer rechtswirksamen Zustellung eines Verwaltungsakts an einen Bevollmächtigten aufgeworfenen Fragen betreffen irrevisibles Landesrecht, das Sächsische Verwaltungszustellungsgesetz und nicht die Auslegung von Bundesrecht, nämlich die §§ 164 f. BGB. Das vor dem Bundesverwaltungsgericht revisible Recht ist entweder Bundesrecht oder ein mit Bundesrecht gleich lautendes Verwaltungsverfahrensgesetz eines Landes. Bei den §§ 164 f. BGB handelt es sich zwar um Bundesrecht, doch unter Bundesrecht im Sinne von § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO wird nur das Recht gemeint, welches für die zu entscheidende Rechtssache kraft eines Gesetzgebungsbefehls des Bundesgesetzgebers gilt (stRspr; vgl. etwa Urteile vom 4. November 1976 - BVerwG 5 C 73.74 - BVerwGE 51, 268 <271> und vom 24. September 1992 - BVerwG 3 C 64.89 - BVerwGE 91, 77 <80>). Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Vertretung und die Vollmacht regeln keine Zustellungsfragen an den Bevollmächtigten. Sie werden auch nicht deshalb revisibel, als sie der Lückenfüllung nichtrevisiblen Landesrechts dienen könnten. §§ 8, 9 Sächsisches Verwaltungszustellungsgesetz enthalten keinen Verweis auf den von der Beschwerde angesprochenen § 172 Abs. 1 BGB. Zu dieser Vorschrift liegt auch keine bewusst offen gelassene Lücke vor, die vom Verwaltungsgericht in richterlicher Zuständigkeit geschlossen worden ist. Allein durch den Hinweis des Verwaltungsgerichts, dass der Tod des Vollmachtgebers in der Regel nicht zum Erlöschen der Vollmacht führt, wird nicht das Ausmaß der Revisibilität bestimmt (Urteil vom 27. April 2005 - BVerwG 8 C 5.04 - BVerwGE 123, 303 <307>).

6 Im Übrigen lassen sich die aufgeworfenen Fragen, soweit sie revisibles Recht betreffen ohne weiteres anhand des Gesetzeswortlauts beantworten, ohne dass es zu ihrer Klärung der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Im Verwaltungsverfahren bestimmt sich die Vertretung eines Beteiligten durch einen Bevollmächtigten nach § 14 VwVfG. Danach ist die Vertretung durch einen Bevollmächtigten nicht davon abhängig, dass eine schriftliche Vollmacht vorgelegt wurde. Erst auf Verlangen der Behörde hat er seine Vollmacht schriftlich nachzuweisen (§ 14 Abs. 1 Satz 3 VwVfG). Die Vorlage der Vollmacht ist damit nicht Voraussetzung der Vertretungsbefugnis, sondern dient allein dem Nachweis der Vollmacht (Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Auflage 2001, § 14 Rn. 14). Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 VwVfG wird die Vollmacht durch den Tod des Vollmachtgebers nicht aufgehoben. Dies gilt unabhängig davon, ob zuvor der Behörde eine schriftliche Vollmacht vorgelegt worden ist (zur Fortsetzung des Verfahrens und zu einer entsprechenden Anwendung des § 246 ZPO vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Auflage 2005, § 11 Rn. 18).

7 2. Das Verwaltungsgericht hat auch seine Aufklärungspflicht nicht verletzt, § 132 Abs. 2 Nr. 3, § 86 Abs. 1 VwGO.

8 Die Beschwerde meint, das Verwaltungsgericht habe es unterlassen aufzuklären, ob dem Beklagten die Vollmacht vom 14. Juli 1991, die erstmals mit Schriftsatz der Beigeladenen vom 25. September 2006 in das Verfahren eingeführt worden sei, bei Erlass des Bescheids vom 12. Juli 2000 vorgelegen habe. Der Kläger ist der Auffassung, dass nur unter dieser Voraussetzung nach § 8 Abs. 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes für den Freistaat Sachsen (SächsVwZG) in der Fassung vom 10. September 2003 (GVBl S. 620) eine Zustellung an den Bevollmächtigten hätte erfolgen können.

9 Das Verwaltungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob nach § 8 Abs. 1 SächsVwZG eine wirksame Zustellung voraussetzt, dass der Behörde zuvor eine schriftliche Vollmacht vorgelegen haben muss. Insoweit kann der Senat selbst die landesrechtliche Norm auslegen, von deren Regelung es abhängt, ob ein Aufklärungsdefizit besteht. Nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 SächsVwZG „können“ Zustellungen an den Vertreter gerichtet werden. Dies ist, wie auch ein Umkehrschluss aus Satz 2 bestätigt, nicht davon abhängig, dass zuvor der Behörde eine Vollmacht vorgelegt worden ist. Die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht hat nach Satz 2 (lediglich) zur Folge, dass Zustellungen an den Vertreter zu richten „sind“. Auf die vom Kläger vermisste Aufklärung kam es mithin nicht an.

10 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Streitwert war entgegen dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8. Februar 2007 auf 290 158 € festzusetzen. Er bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Wert. Die Rückzahlungsverpflichtung war im streitgegenständlichen Bescheid auf 567 500 DM festgesetzt worden.