Beschluss vom 13.07.2006 -
BVerwG 8 B 24.06ECLI:DE:BVerwG:2006:130706B8B24.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.07.2006 - 8 B 24.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:130706B8B24.06.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 24.06

  • Thüringer OVG - 22.11.2005 - AZ: OVG 2 KO 874/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Juli 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 22. November 2005 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 222 176,77 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde ist entgegen der Auffassung des Beschwerdegegners wirksam erhoben. Der Bürgermeister hat als gesetzlicher Vertreter der Klägerin ausweislich der vorgelegten Vollmacht vom 9. März 2006 dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Auftrag zur Einlegung der Beschwerde erteilt.

2 Die Beschwerde hat aber keinen Erfolg. Die allein geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.

3 Die Rüge der Beschwerde, das Berufungsgericht habe trotz entsprechenden Sachvortrags nicht zu allen relevanten Themen ermittelt und/oder Beweis erhoben, was zu einer anderen Beurteilung der Ermessensbetätigung des Beklagten hätte führen können, lässt nicht erkennen, welche Beweiserhebung sich dem Berufungsgericht nach Ansicht der Klägerin, die ausweislich der Niederschrift vom 8. November 2005 über die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht keinen Beweisantrag gestellt hat, hätte aufdrängen müssen. Zu ihrem Vortrag, sie habe am 20. April 1993 in der Fachabteilung des Beklagten angerufen und dort zur Antwort bekommen, man habe nichts gegen einen vorzeitigen Baubeginn, war eine Beweiserhebung nicht erforderlich, denn das Berufungsgericht hat diesen Sachverhalt seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Es hat aber gleichzeitig ausgeführt, dass dieses Telefongespräch keinen Rückschluss auf eine Zusicherung der Genehmigung eines vorzeitigen Vorhabensbeginns oder der Genehmigung selbst zulasse, weil nach der - als widersprüchlich angesehenen - Sachdarstellung der Klägerin in einem weiteren Telefongespräch vom selben Tag mit der Haushaltsabteilung des Beklagten die Zustimmung nicht gegeben wurde. Inwiefern darin ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO oder ein Verstoß gegen die Vorwegnahme der Beweiswürdigung liegen soll, ist nicht nachvollziehbar.

4 Auch die Begründung der Beschwerde zu der Frage, ob die in der Rechnung vom 23. April 1993 dargestellten Bauarbeiten in der Zeit zwischen dem 20. und dem 23. April 1993 durchgeführt werden konnten, zeigt keinen Verstoß des Berufungsgerichts gegen die Aufklärungspflicht auf. Denn die Ausführungen des Gerichts dazu, dass nach seiner Überzeugung mit den Tiefbauarbeiten bis zum 20. April 1993 längst begonnen worden war, stellen nur Hilfserwägungen dar und waren nicht entscheidungstragend. Entscheidungserheblich hat das Gericht festgestellt, dass am 20. April 1993 seitens des Beklagten keine Genehmigung erteilt worden ist. Diese Feststellungen werden mit den Ausführungen der Beschwerde nicht wirksam in Frage gestellt. Sie wendet sich in der Sache vielmehr gegen die rechtlichen Schlüsse, die das Berufungsgericht aus den von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen gezogen hat.

5 Ebenso wenig greift die Rüge fehlenden rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) durch. Sie zielt auf die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Klägerin habe vor dem 29. April 1993 mit dem Vorhaben begonnen. Das Gericht hat diese Annahme aus einer Reihe von Umständen geschlossen, insbesondere aus der Abschlagsrechnung des Tiefbauunternehmens F. K. GmbH mit dem Datum des 23. April 1993, der Prüfung der Bauleistungen durch das von der Klägerin beauftragte Ingenieurbüro am 28. April 1993 und der offiziellen Grundsteinlegung am 23. April 1993. Diese Umstände waren der Klägerin bekannt; ebenso war ihr bewusst, dass der Zeitpunkt, zu dem mit dem Vorhaben begonnen wurde, und eine etwaige Genehmigung eines vorzeitigen Beginns der Bauarbeiten für die Entscheidung erheblich sind. Eines gerichtlichen Hinweises bedurfte es deshalb nicht. Wenn das Berufungsgericht, wie die Klägerin vorträgt, Erklärungen als unwahrscheinlich „abgetan“ hat, hätte es für die anwaltlich vertretene Klägerin nahe gelegen, entsprechende Beweisanträge zu stellen, über die das Gericht im Fall der Ablehnung durch einen zu begründenden Gerichtsbeschluss hätte entscheiden müssen (§ 86 Abs. 2 VwGO). Soweit es die Art der Arbeiten vor dem 20. April 1993 betrifft, handelt es sich, wie dargelegt, um nicht entscheidungstragende Hilfserwägungen.

6 Die weiteren Ausführungen der Beschwerde, dass das Gericht auch von seinem Rechtsstandpunkt aus zwischen Vorbereitungsarbeiten und Maßnahmebeginn hätte differenzieren müssen und was die Klägerin auf einen entsprechenden vermeintlich vom Gericht geschuldeten Hinweis vorgetragen hätte, wenden sich gegen die Beweiswürdigung und die rechtlichen Schlussfolgerungen des Berufungsgerichts. Beides sind Fragen des materiellen Rechts und können nicht über die Rüge eines Verfahrensfehlers zur Zulassung der Revision führen.

7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf §§ 47, 52 GKG.