Beschluss vom 13.03.2014 -
BVerwG 9 B 67.13ECLI:DE:BVerwG:2014:130314B9B67.13.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.03.2014 - 9 B 67.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:130314B9B67.13.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 67.13

  • OVG Lüneburg - 04.09.2013 - AZ: OVG 15 KF 37/09

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. März 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ und Prof. Dr. Korbmacher
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 4. September 2013 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2 1. Die Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) greifen nicht durch.

3 Die mit der Beschwerde erhobene Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz aufklärungsbedürftig waren, welche Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese Feststellungen nach der maßgeblichen Rechtsauffassung der Vorinstanz zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätten führen können; weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 f.; stRspr).

4 Dem genügt das Beschwerdevorbringen nicht. Die Beschwerde rügt, das Flurbereinigungsgericht habe seine Pflicht zur Amtsermittlung verletzt, da es nicht durch Einholung einer amtlichen Auskunft oder Vernehmung des Vorstandes der Teilnehmergemeinschaft aufgeklärt habe, ob den Vorstandsmitgliedern bekannt gewesen sei, dass es sich bei dem Betrieb des Klägers um einen auf die stetige Erweiterung von Grünlandflächen angewiesen Milchviehbetrieb handele. Beweisanträge zur Aufklärung dieser Behauptung hat der Kläger in der Vorinstanz ausweislich der Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 4. September 2013 nicht gestellt. Er hat auch nicht in sonstiger Weise auf eine weitere Aufklärung hingewirkt. Der Vorinstanz mussten sich auch keine Ermittlungen von Amts wegen aufdrängen. Dass der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft „von jeher wusste, dass die Struktur des klägerischen Milchviehbetriebes eine stetige Erweiterung um entsprechende Grünlandflächen erfordert“ (Beschwerdebegründung S. 5), hat der Kläger im Verfahren vor dem Flurbereinigungsgericht nicht vorgetragen. Er hat sich in seiner Klageschrift und im Schriftsatz vom 28. August 2013 vielmehr auf die Behauptung beschränkt, es sei von der Flurbereinigungsbehörde nicht beachtet worden, dass sein Betrieb als Milchviehbetrieb mit 100 Milchkühen, Kälberaufzucht und Bullenmast auf eine Erweiterung der Grünlandflächen zwingend angewiesen sei. Für das Flurbereinigungsgericht bestand allein aufgrund dieser Formulierung auch deswegen kein Anlass zu einer weiteren Aufklärung, weil der Beklagte der Charakterisierung des Betriebs des Klägers als Milchviehbetrieb mit dem Hinweis entgegen getreten ist, dass es sich tatsächlich um einen Gemischtbetrieb handele, da neben dem Futterbau für das „Hauptstandbein“ des Betriebes, der Milchwirtschaft, jährlich 10 - 15 ha Getreide und ca. 13 ha Stärkekartoffeln angebaut würden. Diesen Angaben hat der Kläger in der Vorinstanz nicht widersprochen.

5 Auch die von der Beschwerde erhobene Rüge einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) greift nicht durch. Der Ausnahmefall einer aktenwidrigen Feststellung des Sachverhalts durch das Gericht liegt nicht vor. Er setzt einen zweifelsfreien, also ohne weitere Beweiserhebung offensichtlichen Widerspruch zwischen den Feststellungen der Vorinstanz und dem Akteninhalt voraus (vgl. Beschluss vom 19. November 1997 - BVerwG 4 B 182.97 - Buchholz 406.11 § 153 BauGB Nr. 1 m.w.N.). Ein solcher Widerspruch ist nicht erkennbar. Die Beschwerde konkretisiert ihre Behauptung, der Kläger habe die besonderen Bedürfnisse seines Betriebes gegenüber dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft vielfach deutlich gemacht, weder in zeitlicher noch in sonstiger Hinsicht. Mit ihrem pauschalen Hinweis, dies sei „den Verfahrensakten“ zu entnehmen, übersieht sie, dass es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts ist, die Verfahrensakten eines sich über mehrere Jahrzehnte erstreckenden Flurbereinigungsverfahrens darauf durchzusehen, ob eine im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde aufgestellte Behauptung zutrifft, sondern es der Beschwerde obliegt, den behaupteten Verfahrensmangel durch entsprechende konkrete Angaben zu „bezeichnen“ (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

6 Auch soweit die Beschwerde eine aktenwidrige Feststellung im Zusammenhang mit der Bewertung der Aussagen in dem Gutachten der G. GmbH rügt, bleibt sie ohne Erfolg. Das Gericht hat nicht, wie von ihr behauptet, die Feststellung getroffen, dass „es durch den Fortfall der Stauanlage im Graben E-Nr. ... am H.weg ursächlich zu einer Grundwasserabsenkung kam“ (Beschwerdebegründung S. 8). Es hat sich vielmehr der Beurteilung des Gutachtens angeschlossen, dass ein positiver wie negativer Effekt der Stauanlage auf die angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen selbst bei einer maximalen Aufstauung wegen des zu großen Abstands zwischen dem Wasserspiegel und dem Gelände zu vernachlässigen sei (UA S. 14). Hiervon geht im Übrigen auch die Beschwerde selbst aus, wenn sie als Ursache für die Grundwasserabsenkung einen zu tiefen Grabenausbau aus dem Jahr 1979 erwähnt und das Gutachten als Beleg dafür versteht, dass trotz des Aufstauens der Grundwasserstand immer noch zu tief sei, um die angrenzenden Felder ausreichend mit Wasser zu versorgen.

7 2. Die Rechtssache hat auch nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.

8 Die Frage, ob im Planwunschtermin vom Teilnehmer nicht geäußerte Aspekte und Änderungswünsche einschließlich qualifizierter Änderungswünsche von Amts wegen Berücksichtigung finden müssen, wenn sie für kundige Landwirte und insbesondere den Vorstand der Teilnehmergemeinschaft auf der Hand liegen bzw. ihm - etwa wegen des Inhalts der Akten eines gegebenenfalls über viele Jahre geführten Flurbereinigungsverfahrens - sogar bekannt sind oder bekannt sein mussten, rechtfertigt die Zulassung der Revision schon deswegen nicht, weil sie nicht an die von der Vorinstanz getroffenen tatsächlichen Feststellungen und davon ausgehenden rechtlichen Erwägungen anknüpft. Das Oberverwaltungsgericht hat keine Feststellungen dahingehend getroffen, dass dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft die von der Beschwerde behauptete Notwendigkeit einer Erweiterung der Grünlandfläche bekannt war bzw. bekannt sein musste. Dass die Vorinstanz dabei ihre Pflicht zur Aufklärung des Sachverhaltes nicht verletzt hat, ist oben dargelegt worden. Abgesehen hiervon, ist die aufgeworfene Frage in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens gehalten, im Rahmen des Planwunschtermins auf die für das Vorliegen eines qualifizierten Planwunsches maßgeblichen Gesichtspunkte hinzuweisen, sofern diese nicht ohnehin für den Vorstand der Teilnehmergemeinschaft erkennbar sind (Urteil vom 23. August 2006 - BVerwG 10 C 4.05 - BVerwGE 126, 303 = Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 82, jeweils Rn. 30). Wird im Wunschtermin nicht auf solche besonderen Entwicklungstendenzen hingewiesen und werden hierzu keine konkreten Gestaltungsvorschläge gemacht, so kann regelmäßig nicht erwartet werden, dass solche Umstände bei der Plangestaltung Berücksichtigung finden (Beschluss vom 19. Mai 1981 - BVerwG 5 CB 13.80 - Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 39).

9 Auch die Frage, ob auf das Flurbereinigungsverfahren zurückgehende, zwischen der Wertermittlung und dem Eintritt des neuen Rechtszustandes eintretende Wertveränderungen einen Anspruch auf Wertausgleich begründen, geht von einem Sachverhalt aus, den das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt hat. Die Vorinstanz hat ein durch Maßnahmen im Rahmen der Flurbereinigung verursachtes Trockenfallen von Grundstücken des Klägers verneint. Verfahrensfehler sind ihm dabei - wie dargelegt - nicht unterlaufen. Abgesehen davon ist die Frage bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Danach sind regelmäßig nur Wertveränderungen zu berücksichtigen, die unabhängig von der Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens eintreten und vor dem Eintritt der Rechtsänderung den Wert des Einlagegrundstücks verändern. Werterhöhungen, die durch Maßnahmen der Flurbereinigung selbst entstehen, lassen dagegen den Abfindungsanspruch und demnach auch die festgestellten Schätzwerte unberührt (Urteil vom 17. April 1975 - BVerwG 5 C 38.74 - BVerwGE 48, 160 <163 f.>).

10 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes aus § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.