Beschluss vom 12.08.2008 -
BVerwG 1 WB 35.07ECLI:DE:BVerwG:2008:120808B1WB35.07.0

Leitsätze:

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1. Die Entscheidung des militärischen Führers eines Einsatzkontingents, den Auslandseinsatz eines Soldaten vorzeitig zu beenden (Repatriierung), ist ein Befehl. Für die Zulässigkeit eines Antrags, festzustellen, dass die Repatriierung rechtswidrig war, ist nicht erforderlich, dass der betroffene Soldat ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat (§ 19 Abs. 1 Satz 2 WBO).

  • Rechtsquellen
    WBO § 19 Abs. 1 Satz 2
    WStG § 2 Nr. 2
    SBG § 15 Abs. 2
    SG § 3 Abs. 1

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.08.2008 - 1 WB 35.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:120808B1WB35.07.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 35.07

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst Berken und
den ehrenamtlichen Richter Hauptgefreiter Cahn
am 12. August 2008 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller wendet sich gegen die vorzeitige Beendigung seines Auslandseinsatzes beim Deutschen Einsatzkontingent E.

2 Der 1971 geborene Antragsteller ist Soldat auf Zeit mit einer auf 12 Jahre festgesetzten Dienstzeit, die mit Ablauf des 31. Oktober 2008 enden wird. Zum Oberstabsgefreiten wurde er am 10. Oktober 2002 ernannt. Derzeit wird er beim ... ...kommando ... in W. verwendet.

3 Der Antragsteller war mit Verfügung vom 10. Januar 2007 für die Zeit vom 14. Januar bis 31. Mai 2007 zum Einsatz in einer besonderen Auslandsverwendung als Stabsdienstsoldat im Stabsversorgungszug des Sanitätseinsatzverbands beim ... Deutschen Einsatzkontingent E. in R./Bosnien kommandiert. Dort hatte er zugleich das Amt einer Vertrauensperson der Mannschaften inne. Unter dem 30. Januar 2007 bestellte der Kommandeur des Sanitätseinsatzverbands den Antragsteller zum Verkaufs- und Schankpersonal in der Feldlager-Kantine „...“.

4 Mit Bescheid vom 14. März 2007 löste der Kommandeur des Deutschen Einsatzkontingents E. den Antragsteller vom Einsatz als Stabsdienstsoldat beim Stabsversorgungszug des Sanitätseinsatzverbands Deutsches Einsatzkontingent E. ab und beendete mit sofortiger Wirkung vorzeitig seinen Auslandseinsatz. In der Begründung der Entscheidung stellte er einleitend fest:
„1. Sie haben am Sonntag, den 25.02.2007, in der Feldlager-Kantine ‚...’, Feldlager R., ..., in der Sie als Schank- und Verkaufspersonal eingesetzt waren, gegen 21.30 Uhr beim Wechseln von 20-Euro-Scheinen aus Ihrem Privatvermögen in einen 100-Euro-Schein aus der Kasse der Feldlager-Kantine hinter dem Schanktresen statt fünf 20-Euro-Scheine nur drei 20-Euro-Scheine in die Kasse gelegt und sich dadurch um die Summe von 40 Euro bereichert, um diese für sich zu behalten.
2. Sie haben in Ihrer Funktion als Schank- und Verkaufspersonal am Freitag, den 2.03.2007 in der Feldlager-Kantine ‚...’, Feldlager R., ..., während der Heeresfliegerparty gegen 22.00 Uhr, nachdem Sie kurzfristig hinter die Theke gegangen waren, um Getränke auszuschenken, Ihre rechte Hand auf das Ablagefach in der Kasse für 20-Euro-Scheine gelegt, mit dieser Hand in das Fach gegriffen, eine nicht näher feststellbare Anzahl von 20-Euro-Scheinen in Ihrer Faust verborgen und diese sodann in Ihre rechte Hosentasche gesteckt, um diese für sich zu behalten, und danach den Thekenbereich verlassen.“

5 Hieran anschließend führte der Kommandeur aus, dass er nach Überprüfung aller vorliegenden Ermittlungsunterlagen entschieden habe, dass die schnellstmögliche Ablösung des Antragstellers aus dem Einsatzkontingent unumgänglich sei. Der Antragsteller habe die Grundpflicht zum treuen Dienen verletzt, der im Auslandseinsatz der Bundeswehr besondere Bedeutung zukomme. Die Gründe für die Ablösung lägen nicht in seiner Funktion als Vertrauensperson. Der Antragsteller habe die ihm obliegenden Dienstpflichten so erheblich verletzt, dass eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich und sein Verbleiben im Einsatzkontingent nicht tragbar sei. Durch sein Verhalten habe der Antragsteller sein, des Kommandeurs, persönliches Vertrauen verwirkt.

6 Der Antragsteller wurde am 15. März 2007 nach Deutschland zurückgeführt, wo die disziplinaren Ermittlungen durch die zuständige Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich des Sanitätskommandos ... fortgeführt wurden.

7 Mit Schreiben vom 20. März 2007 legte der Antragsteller Beschwerde gegen die vorzeitige Beendigung seines Auslandseinsatzes ein.

8 Mit Bescheid vom 7. Juni 2007 wies der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr die Beschwerde zurück. Nach den Versetzungsrichtlinien könne ein Soldat versetzt werden, wenn Störungen, Spannungen und/oder Vertrauensverluste, die den Dienstbetrieb unannehmbar belasteten, nur durch seine Versetzung behoben werden könnten. Die Ermittlungen hätten tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Antragsteller sich mindestens zweimal Geld aus der Kasse der Betreuungseinrichtung rechtswidrig angeeignet habe. Auch wenn der Antragsteller dies in seiner Vernehmung bestritten habe, stellten die im Kern übereinstimmenden Aussagen unterschiedlicher Zeugen eine ausreichende Grundlage für den Verdacht und damit den Vertrauensverlust dar. Durch sein Verhalten habe der Antragsteller das von seinen Vorgesetzten in ihn gesetzte Vertrauen so nachhaltig getrübt, dass eine weitere Zusammenarbeit in dem Einsatzkontingent nicht mehr möglich gewesen sei. Dies rechtfertige die Entscheidung, den Auslandseinsatz vorzeitig zu beenden.

9 Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 12. Juni 2007 legte der Antragsteller hiergegen weitere Beschwerde ein.

10 Mit Verfügung vom 15. Juni 2007 sah der Kommandeur des Sanitätskommandos III von der Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens gegen den Antragsteller ab. Nach Prüfung der gegen den Antragsteller erhobenen Vorwürfe bestehe hierfür kein hinreichender Tatverdacht. Der Antragsteller selbst streite die Vorwürfe unter Anführung von Gründen ab. Einzige Augenzeugin sei eine örtliche Zivilangestellte, wobei nicht völlig auszuschließen sei, dass diese aus Angst um den Arbeitsplatz ein Motiv für eine falsche Aussage habe. Da die Kasse nicht überprüft worden sei, sei nicht festgestellt worden, ob an den beiden Tagen tatsächlich Fehlbeträge aufgetreten seien. Zudem habe beim Antragsteller kein entwendetes Geld sichergestellt werden können. Da weitere Beweise oder Indizien, außer reinen Mutmaßungen, nicht vorlägen, blieben so erhebliche Zweifel an der Täterschaft des Antragstellers, dass nach dem Grundsatz „in dubio pro reo - im Zweifel für den Angeklagten“ eine Verurteilung zu einer gerichtlichen Disziplinarmaßnahme nicht wahrscheinlich sei. Trotz starker Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten des Antragstellers sei die Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens nicht vertretbar.

11 Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 26. Juni 2007 bezog der Antragsteller die Absehensverfügung in die Begründung der weiteren Beschwerde ein.

12 Mit Bescheid vom 8. August 2007 wies der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis die weitere Beschwerde zurück. Es habe ein dienstliches Bedürfnis für die vorzeitige Beendigung des Auslandseinsatzes des Antragstellers bestanden, weil das Vertrauen seiner Vorgesetzten in seine Zuverlässigkeit nicht mehr gegeben gewesen sei. Dass die in Deutschland fortgeführten disziplinaren Vorermittlungen eingestellt worden seien, ändere nichts an dem im Einsatzland objektiv bestehenden Vertrauensverlust. Grundlage der Einstellung der Ermittlungen sei nicht die erwiesene Unschuld des Antragstellers, sondern die Nichtaufklärbarkeit des Sachverhalts und daraus resultierende Zweifel an der Verurteilung des Antragstellers in einem etwaigen gerichtlichen Disziplinarverfahren gewesen. Zu Recht habe der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos in der Beschwerdeentscheidung nicht auf ein feststehendes schuldhaftes Handeln des Antragstellers, sondern auf den Vertrauensverlust abgestellt, der sich aus dem konkreten und nicht widerlegten Verdacht eines Dienstvergehens ergeben habe.

13 Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 24. August 2007 beantragte der Antragsteller die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Antrag wurde vom Inspekteur der Streitkräftebasis mit seiner Stellungnahme vom 17. September 2007 dem Senat vorgelegt.

14 Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Die disziplinaren Vorermittlungen gegen ihn hätten zu einer Einstellung des Verfahrens geführt, da weitere Beweise oder Indizien außer reinen Mutmaßungen nicht vorlägen. Die vorzeitige Beendigung einer Auslandsverwendung könne nicht mit einem feststehenden Dienstvergehen gerechtfertigt werden, wenn sich der Verdacht im Zeitpunkt des Antrags auf gerichtliche Entscheidung nicht bestätigt habe. Die Entscheidung vom 14. März 2007 werde jedoch ausdrücklich mit dem angeblichen Dienstvergehen begründet und nicht etwa mit dem (durch Anschuldigungen zweier einheimischer Angestellter) ausgelösten Vertrauensverlust. Auch im Beschwerdebescheid werde auf die im Kern übereinstimmenden Aussagen unterschiedlicher Zeugen und der daraus folgenden ausreichenden Verdachtsgrundlage abgestellt. Tatsächlich gebe es jedoch - abgesehen von dem unbewiesenen und unbeweisbaren Vorwurf - kein Verhalten, das zu einem Vertrauensverlust geführt habe. Würde man seinen Antrag als unbegründet verwerfen, hätte es das Personal des jeweiligen Einsatzlandes in der Hand, durch unbewiesene Beschuldigungen die im Ausland eingesetzten Soldaten zu denunzieren, um deren Abzug zu erzwingen.

15 Der Antragsteller beantragt,
festzustellen, dass die Entscheidung über die vorzeitige Beendigung seines Auslandseinsatzes beim ... Deutschen Einsatzkontingent E. vom 14. März 2007 rechtswidrig war.

16 Der Inspekteur der Streitkräftebasis beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

17 Für die vorzeitige Beendigung des Auslandseinsatzes des Antragstellers habe ein dienstliches Bedürfnis bestanden, weil das Vertrauen der Vorgesetzten in seine Zuverlässigkeit nicht mehr gegeben gewesen sei. Die Einstellung der disziplinaren Vorermittlungen ändere nichts an dem objektiv bestehenden Vertrauensverlust. Grundlage der Einstellung der disziplinaren Ermittlungen sei nicht die erwiesene Unschuld des Antragstellers, sondern die Nichtaufklärbarkeit des Sachverhalts und Zweifel an einer Verurteilung in einem etwaigen gerichtlichen Disziplinarverfahren gewesen. In den Beschwerdebescheiden sei nicht von einem feststehenden Dienstvergehen des Antragstellers ausgegangen, sondern allein auf den Vertrauensverlust abgestellt worden, der durch konkrete (und auch durch die Einstellung der disziplinaren Vorermittlungen nicht ausgeräumte) Verdachtsmomente ausgelöst worden sei.

18 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Inspekteurs der Streitkräftebasis - FüS/RB - Az.: ... -, die Akte der Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich Sanitätskommando ... - Az.: ... - und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

19 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

20 1. Der Antrag ist zulässig.

21 Die Entscheidung des Kommandeurs des Deutschen Einsatzkontingents E., den Auslandseinsatz des Antragstellers beim ... Deutschen Einsatzkontingent mit sofortiger Wirkung vorzeitig zu beenden, stellt eine dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO dar, die der Überprüfung durch die Wehrdienstgerichte - hier: das Bundesverwaltungsgericht (§ 22 WBO i.V.m. § 21 Abs. 1 WBO) - unterliegt.

22 Die Maßnahme ist mit der tatsächlichen Rückführung des Antragstellers nach Deutschland am 15. März 2007 vollzogen und hat sich (spätestens) mit dem Ablauf des vorgesehenen Kommandierungszeitraums am 31. Mai 2007 erledigt. Der Antragsteller hat dieser Sachlage Rechnung getragen, indem er beantragt festzustellen, dass die Entscheidung über die vorzeitige Beendigung des Auslandseinsatzes rechtswidrig war (sog. Fortsetzungsfeststellungsantrag).

23 Der Senat hat bisher die rechtliche Qualifikation der vorzeitigen Beendigung eines Auslandseinsatzes („Repatriierung“) und damit zugleich die Frage offen gelassen, ob sich die Zulässigkeit des Fortsetzungsfeststellungsantrags nach § 19 Abs. 1 Satz 2 WBO, der einen Befehl voraussetzt, oder aber, wenn es sich um eine sonstige Maßnahme (ohne Befehlscharakter) handelt, nach der auch im wehrdienstgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO bemisst (vgl. Beschluss vom 14. Juli 2005 - BVerwG 1 WB 66.04 - <insoweit nicht veröffentlicht in NZWehrr 2006, 157>). Während im Falle eines ausgeführten oder anders erledigten Befehls ein Fortsetzungsfeststellungsantrag gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 WBO ohne Weiteres zulässig ist, fordert § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.

24 Auch im Hinblick darauf, dass der Antragsteller sich zu einem solchen Feststellungsinteresse nicht ausdrücklich geäußert hat, ist klarzustellen, dass die Entscheidung über die vorzeitige Beendigung eines Auslandseinsatzes einen Befehl darstellt (so insb. auch Lucks, NZWehrr 2008, 25 <28 f.>; vgl. ferner Scherer/
Alff/Poretschkin, SG, 8. Aufl. 2008, § 3 Rn. 80b). Nach der - auch für das Wehrbeschwerdeverfahren maßgeblichen (vgl. Beschluss vom 30. November 2006 - BVerwG 1 WB 59.05 - BVerwGE 127, 203 <205 f.> = Buchholz 450.1 § 19 WBO Nr. 1 = NZWehrr 2007, 160) - Begriffsbestimmung des § 2 Nr. 2 WStG ist ein Befehl eine Anweisung zu einem bestimmten Verhalten, die ein militärischer Vorgesetzter einem Untergebenen schriftlich, mündlich oder in anderer Weise, allgemein oder für den Einzelfall und mit dem Anspruch auf Gehorsam erteilt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Im Unterschied zu der gegebenenfalls nachfolgenden Verkürzung des Kommandierungszeitraums durch die personalbearbeitende Stelle wird die Entscheidung über die vorzeitige Beendigung des Auslandseinsatzes durch den militärischen Führer des Einsatzkontingents auf der Grundlage seiner allgemeinen Befehlsbefugnis gegenüber den ihm unterstellten Kontingentangehörigen (§ 1 Abs. 3 Satz 2 SG i.V.m. § 1 Abs. 1 VorgV) und damit im Rahmen einer unmittelbaren (personalen) Vorgesetzten-Untergebenen-Beziehung getroffen (vgl. zu diesem Erfordernis Urteil vom 26. September 2006 - BVerwG 2 WD 2.06 - BVerwGE 127, 1 <23 f.> = Buchholz 449 § 10 SG Nr. 55 = NZWehrr 2007, 79 und Beschluss vom 30. November 2006 a.a.O.). Eine Anweisung zu einem bestimmten Verhalten kann - wie hier durch die Ablösung von dem Dienstposten eines Stabsdienstsoldaten beim Stabsversorgungszug und den damit verbundenen Aufgaben - auch in einem negativen Sinne (Anweisung zu einem Unterlassen, Verbot eines Verhaltens, Entbindung von Aufgaben) erfolgen (allgemeine Meinung; vgl. Scherer/Alff/
Poretschkin, a.a.O., § 10 Rn. 42; Sohm, in: Walz/Eichen/Sohm, SG, 2006, § 10 Rn. 52).

25 Der Fortsetzungsfeststellungsantrag des Antragstellers ist damit nach § 19 Abs. 1 Satz 2 WBO unabhängig davon zulässig, ob sich der Antragsbegründung im Auslegungswege die Darlegung eines Feststellungsinteresses, etwa im Sinne eines Rehabilitierungsinteresses, entnehmen lässt.

26 2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

27 Die vorzeitige Beendigung des Auslandseinsatzes war rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

28 a) Ein Soldat hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte fachliche oder örtliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle über die Verwendung nach pflichtgemäßem Ermessen. Das ihm nach § 3 Abs. 1 SG zustehende Verwendungsermessen hat das Bundesministerium der Verteidigung im Sinne der Gewährleistung einer gleichmäßigen Verwaltungspraxis (Art. 3 Abs. 1 GG) - unter anderem - in den Richtlinien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel und zur Kommandierung von Soldaten vom 3. März 1988 (VMBl S. 76, zuletzt geändert am 11. August 1998 <VMBl S. 242>) - Versetzungsrichtlinien - gebunden. An diesen Versetzungsrichtlinien orientiert sich die Praxis auch in den Fällen der vorzeitigen Beendigung eines Auslandseinsatzes. Diese Praxis ist, wie der Senat wiederholt entschieden hat, rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Beschlüsse vom 25. Januar 1995 - BVerwG 1 WB 51.94 -, vom 22. Juli 1997 - BVerwG 1 WB 4.97 - BVerwGE 113, 112 <113> = Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 17 = NZWehrr 1997, 252 und vom 14. Juli 2005 a.a.O.).

29 Gemäß Nr. 4 1. Spiegelstrich der Versetzungsrichtlinien kann ein Soldat versetzt - bzw. hier: vorzeitig vom Auslandseinsatz abgelöst - werden, wenn ein dienstliches Bedürfnis besteht. Nr. 5 Buchst. a bis h der Versetzungsrichtlinien benennt Fallgruppen, in denen ein dienstliches Bedürfnis für eine Versetzung regelmäßig vorliegt. Das Vorliegen eines dienstlichen Bedürfnisses ist als unbestimmter Rechtsbegriff gerichtlich voll nachprüfbar. Die sich daran anschließende Ermessensentscheidung kann von den Wehrdienstgerichten hingegen nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm insoweit zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 VwGO in entsprechender Anwendung; stRspr, vgl. Beschlüsse vom 11. Mai 2006 - BVerwG 1 WB 36.05 - sowie zuletzt vom 29. April 2008 - BVerwG 1 WB 42.07 - jeweils m.w.N.).

30 b) Für die vorzeitige Beendigung des Auslandseinsatzes des Antragstellers bestand ein dienstliches Bedürfnis.

31 Gemäß Nr. 5 Buchst. h der Versetzungsrichtlinien liegt ein dienstliches Bedürfnis regelmäßig vor, wenn Störungen, Spannungen und/oder Vertrauensverluste, die den Dienst unannehmbar belasten, nur durch die Versetzung bzw. hier entsprechend nur durch die vorzeitige Beendigung des Auslandseinsatzes des Soldaten behoben werden können. Die zuständigen Vorgesetzten haben im Ergebnis zutreffend angenommen, dass Vertrauensverluste in diesem Sinne eingetreten waren.

32 aa) Maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung ist bei dem hier gestellten Fortsetzungsfeststellungsantrag der Zeitpunkt, in dem sich die angefochtene Maßnahme erledigt hat (ebenso für das allgemeine Verwaltungsprozessrecht Urteil vom 25. Juli 1985 - BVerwG 3 C 25.84 - BVerwGE 72, 38 <43> = Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr. 7; Beschluss vom 7. Mai 1996 - BVerwG 4 B 55.96 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 286; Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand September 2007, § 113 Rn. 96 und 103; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 113 Rn. 299; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 113 Rn. 124). Das war hier, wie bereits dargelegt, der 31. Mai 2007, also der Zeitpunkt, an dem die Kommandierung des Antragstellers zum ... Deutschen Einsatzkontingent E. planmäßig endete und damit die vorzeitige Beendigung des Auslandseinsatzes gegenstandslos wurde. Da ab diesem Zeitpunkt eine Aufhebung der Repatriierungsentscheidung ins Leere gegangen wäre, sind spätere Änderungen der Sach- und Rechtslage bedeutungslos und konzentriert sich die rechtliche Beurteilung auf die Frage, ob die angefochtene Maßnahme zu diesem Zeitpunkt rechtmäßig oder rechtswidrig war. Soweit der Senat in früheren Entscheidungen über vergleichbare Fortsetzungsfeststellungsanträge auf den Zeitpunkt der Vorlage des Antrags auf gerichtliche Entscheidung (§ 17 Abs. 4 Satz 3 WBO) abgestellt hat, wird an dieser Rechtsauffassung nicht festgehalten.

33 bb) Im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses, am 31. Mai 2007, lagen Vertrauensverluste im Sinne von Nr. 5 Buchst. h der Versetzungsrichtlinien vor. Sie finden ihre Grundlage in dem bis dahin noch nicht ausgeräumten Verdacht, dass der Antragsteller erhebliche schuldhafte Dienstpflichtverletzungen begangen hat.

34 Allerdings hat der Kommandeur des Deutschen Einsatzkontingents in seiner Entscheidung vom 14. März 2007 die Ablösung des Antragstellers darauf gestützt, dass dieser definitiv zwei Eigentumsdelikte begangen habe. Der Antragsteller wendet insoweit zu Recht ein, dass von einem feststehenden Dienstvergehen zu keiner Zeit ausgegangen werden konnte, zumal die disziplinaren Vorermittlungen mit Verfügung vom 15. Juni 2007 eingestellt worden sind, weil sich kein für die Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens hinreichender Tatverdacht ergeben hat. Die Entscheidung vom 14. März 2007 wäre deshalb - für sich betrachtet - rechtswidrig, weil sie auf einer unzutreffenden Tatsachengrundlage ergangen wäre.

35 In dem - hier vorliegenden - Fall, dass dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung ein Beschwerdeverfahren vorangegangen ist, ist Gegenstand der Überprüfung jedoch nicht (isoliert) die ursprüngliche Maßnahme, sondern die Maßnahme in der Gestalt, die sie durch die Entscheidungen über die Beschwerde und gegebenenfalls weitere Beschwerde erhalten hat (vgl. für das allgemeine Verwaltungsprozessrecht § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in dem Beschwerdebescheid vom 7. Juni 2007 und der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis in dem Bescheid über die weitere Beschwerde vom 8. August 2007 haben den Eintritt des Vertrauensverlusts nicht auf ein feststehendes Dienstvergehen, sondern ausdrücklich (nur) auf den Verdacht, dass der Antragsteller ein Dienstvergehen begangen habe, gestützt.

36 Der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos und der Inspekteur waren zu dieser Korrektur der Gründe befugt. Die Beurteilung, ob ein dienstliches Bedürfnis im Sinne von Nr. 5 Buchst. h der Versetzungsrichtlinien vorliegt, ist nicht dem für die (Ausgangs-)Entscheidung über die vorzeitige Beendigung des Auslandseinsatzes zuständigen Kontingentführer persönlich vorbehalten. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geht die Zuständigkeit für diese Beurteilung vielmehr, wie auch sonst, auf den zur Entscheidung über die Beschwerde bzw. weitere Beschwerde berufenen nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten (§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 16 Abs. 3 WBO) über. Dieser muss der Beschwerde nur dann stattgeben und die angegriffene Maßnahme aufheben (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 16 Abs. 4 WBO), wenn diese im Ergebnis (im Entscheidungstenor) rechtswidrig ist. Beruht die Rechtswidrigkeit der Maßnahme darauf, dass sich die Gründe, auf die sie gestützt ist, als fehlerhaft oder unzureichend erweisen, so muss die Maßnahme nicht aufgehoben werden, wenn die Rechtmäßigkeit auch durch eine Korrektur oder Ergänzung der Gründe hergestellt werden kann. Von dieser Möglichkeit haben die nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten hier Gebrauch gemacht.

37 cc) Die Annahme, dass bereits aufgrund des gegen den Antragsteller bestehenden Verdachts eines Dienstvergehens ein dienstliches Bedürfnis für seine vorzeitige Ablösung bestanden habe, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

38 Vertrauensverluste, die den Dienstbetrieb unannehmbar belasten, können sich nicht nur aus einem feststehenden Dienstvergehen, sondern grundsätzlich auch aus dem Verdacht einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung durch den Soldaten ergeben (vgl. zuletzt Beschluss vom 29. Mai 2008 - BVerwG 1 WDS-VR 10.08 - m.w.N.). Hierfür genügen nicht, wie der Antragsteller befürchtet, beliebige aus der Luft gegriffene Beschuldigungen oder Denunziationen. Erforderlich ist, je nach den Umständen des Einzelfalls, ein hinreichendes Maß an Konkretheit des Verdachts sowie ein hinreichendes Gewicht des Dienstvergehens, auf das sich der Verdacht bezieht. Beides ist hier gegeben. Bereits am Einsatzort in Rajlovac wurden Ermittlungen durch den Disziplinarvorgesetzten bzw. einen von ihm beauftragten Offizier (Rechtsberater ... Deutsches Einsatzkontingent E.) mit einer Vernehmung des Antragstellers und drei Zeugenvernehmungen durchgeführt (§ 32 WDO), deren Ergebnisse die gegen den Antragsteller erhobenen Vorwürfe jedenfalls nicht als haltlos erscheinen ließen. Das Dienstvergehen, auf das sich der Verdacht bezieht, weist ein erhebliches Gewicht auf; es handelt sich - seine Begehung unterstellt - um eine nicht unerhebliche Schädigung des Vermögens einer dienstlich betriebenen Betreuungseinrichtung, ausgeführt im Dienst und aus einer förmlich übertragenen Vertrauensstellung als Verkaufs- und Schankpersonal heraus.

39 Der gegen den Antragsteller bestehende Verdacht einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung war am 31. Mai 2007 noch nicht ausgeräumt oder so weit gemildert, dass er die Ablösung des Antragstellers nicht mehr hätte rechtfertigen können. Die in Deutschland durch die Wehrdisziplinaranwaltschaft fortgeführten Ermittlungen wurden erst mit Verfügung vom 15. Juni 2007, also nach dem hier maßgeblichen Zeitpunkt, eingestellt. Dass im Ergebnis von der Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens gegen den Antragsteller abgesehen wurde, ändert nichts daran, dass die zuständigen Vorgesetzten während der laufenden disziplinaren Vorermittlungen von einem für die Ablösung des Antragstellers hinreichenden Verdacht ausgehen durften.

40 c) Der vorzeitigen Beendigung des Auslandseinsatzes stand auch nicht entgegen, dass der Antragsteller das Amt einer Vertrauensperson der Mannschaften inne hatte.

41 Es kann dahingestellt bleiben, ob der besondere Schutz, den die Vertrauensperson gegen Versetzungen oder Kommandierungen von mehr als drei Monaten Dauer genießt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SBG), überhaupt den Fall einer (vorzeitigen) Beendigung des Auslandseinsatzes durch den Kontingentführer umfasst. Ein solcher Schutz wäre jedenfalls gemäß § 15 Abs. 2 SBG ausgeschlossen. Zwar bezieht sich diese Vorschrift ihrem Wortlaut nach nur auf Versetzungen aus dem Ausland und gibt bei diesen dem militärischen Interesse, die Auslandsverwendung des Soldaten erforderlichenfalls beenden zu können, den Vorrang vor dem Schutz des Soldaten dagegen, das Amt der Vertrauensperson als Folge einer Personalmaßnahme vorzeitig zu verlieren. Dass § 15 Abs. 2 SBG nur Versetzungen benennt, dürfte indes ein redaktionelles Versehen darstellen. Es würde jedenfalls einen eklatanten Wertungswiderspruch bedeuten, wenn einerseits die dauerhafte (Rück-)Versetzung einer Vertrauensperson aus dem Ausland unter den allgemeinen Voraussetzungen der Versetzungsrichtlinien zulässig wäre, jedoch eine weniger einschneidende Verwendungsentscheidung, wie die vorübergehende (Rück-)Kommandierung einer Vertrauensperson aus dem Ausland (von mehr als drei Monaten Dauer), zusätzlich an den strengen Anforderungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 SBG zu messen wäre. § 15 Abs. 2 SBG ist deshalb nach Sinn und Zweck und mit einem Erst-Recht-Schluss so auszulegen, dass die Vorschrift alle Entscheidungen erfasst, die eine Auslandsverwendung beenden. Die Vertrauensperson genießt mit anderen Worten auch gegen eine (Rück-)Kommandierung aus dem Ausland von mehr als drei Monaten oder gegen die vorzeitige Beendigung einer besonderen Auslandsverwendung - ungeachtet des damit verbundenen vorzeitigen Endes ihres Amts (vgl. § 9 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 2 Abs. 6 SBG) - keinen besonderen Schutz gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 SBG.

42 Für einen Verstoß gegen das - hiervon unberührte - allgemeine Behinderungs- und Benachteiligungsverbot des § 14 Abs. 1 SBG gibt es keine Anhaltspunkte. Es ist vom Antragsteller weder dargelegt noch für den Senat sonst ersichtlich, dass die vorzeitige Beendigung des Auslandseinsatzes in irgendeinem Zusammenhang mit der Tätigkeit des Antragstellers als Vertrauensperson steht.

43 d) Die an die Feststellung des dienstlichen Bedürfnisses (oben b) anschließende Ermessensentscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es sind keine Umstände ersichtlich, die es als ermessensfehlerhaft oder missbräuchlich erscheinen ließen, dass von der Möglichkeit, den Antragsteller von seiner besonderen Auslandsverwendung abzulösen, Gebrauch gemacht wurde.

44 e) Die angefochtene Entscheidung ist schließlich auch ohne Verfahrensfehler zustande gekommen. Die Vorschriften der Nr. 14.2 des Befehls des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr - J 1 - für Personalführung und Personalbearbeitung bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr vom 13. März 2002 (Stand: 28. Oktober 2003; Az.: 16-01-00) in Verbindung mit Nr. 9 der Versetzungsrichtlinien wurden beachtet. Im Einzelnen wird hierzu auf die vom Antragsteller nicht bestrittene Darstellung in dem Beschwerdebescheid vom 7. Juni 2007 sowie auf die Verfahrensunterlagen in der Akte der Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich Sanitätskommando ... (Az.: ...) verwiesen.