Beschluss vom 12.01.2004 -
BVerwG 7 B 108.03ECLI:DE:BVerwG:2004:120104B7B108.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.01.2004 - 7 B 108.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:120104B7B108.03.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 108.03

  • VG Berlin - 22.07.2003 - AZ: VG 31 A 196.03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Januar 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l und K l e y
beschlossen:

  1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 22. Juli 2003 wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
  3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 13 583,10 € festgesetzt.

Der Kläger begehrt das Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens zur Übernahme eines Grundpfandsrechts auf einem früher staatlich verwalteten Grundstück. Sein Antrag wurde abgelehnt, sein Widerspruch zurückgewiesen.
Auch seine dagegen erhobene Klage ist abgewiesen worden.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil ist begründet. Er rügt zu Recht, dass das Verwaltungsgericht seiner Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO nicht in hinreichendem Maße nachgekommen ist und das angegriffene Urteil im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann.
1. Der Rechtsverstoß liegt allerdings nicht darin begründet, dass das Verwaltungsgericht den Kläger nicht darauf aufmerksam gemacht hat, die von diesem angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht als eine Änderung der Sach- oder Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG - betrachten zu wollen. Die Frage, ob dieses Urteil ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach der genannten Vorschrift rechtfertige, war Gegenstand der rechtlichen Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten; § 86 Abs. 3 VwGO verpflichtet das Gericht nicht, schon vorab mitzuteilen, welchen Standpunkt es bei solchen Kontroversen einnehmen wird.
2. Verletzt hat das Gericht seine Hinweispflicht jedoch, soweit es einen Anspruch des Klägers auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens mit der Begründung verneint hat, dass der Beklagte nach Kenntnis des Gerichts grundsätzlich an bestandskräftigen Verwaltungsakten festhalte. Auf diese für die Ermessensbildung maßgebliche Tatsache hätte das Urteil nach § 108 Abs. 2 VwGO nur gestützt werden dürfen, wenn der Kläger sich zu ihr hätte äußern können. Dazu hätte das Gericht seine Kenntnis von der angeblichen Verwaltungspraxis der Beklagten in das Verfahren einführen müssen. Das Urteil kann auch auf dem gerichtlichen Versäumnis beruhen; denn der Kläger macht geltend, er hätte im Falle eines rechtzeitigen Hinweises dazu vorgetragen, dass es die vermeintliche Verwaltungspraxis nicht gebe.
Der Senat nimmt den dem Verwaltungsgericht unterlaufenen Verfahrensfehler zum Anlass, das angefochtene Urteil nach § 133 Abs. 6 VwGO aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.