Beschluss vom 11.12.2003 -
BVerwG 3 C 28.03ECLI:DE:BVerwG:2003:111203B3C28.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 11.12.2003 - 3 C 28.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:111203B3C28.03.0]

Beschluss

BVerwG 3 C 28.03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. Dezember 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht
L i e b l e r und Prof. Dr. R e n n e r t
beschlossen:

  1. Das Verfahren wird eingestellt.
  2. Die Urteile des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 17. März 1997 und des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 7. April 1998 sind wirkungslos.
  3. Die Klägerin trägt die Hälfte, der Beklagte und die Beigeladene tragen jeweils ein Viertel der Gerichtskosten. Seine außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 276 097,62 € (entspricht 540 000 DM) festgesetzt.

Da die Klägerin und der Beklagte, nachdem die angefochtenen Linienverkehrsgenehmigungen zum 31. Oktober 2002 ausgelaufen waren, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Die im Verfahren ergangenen Urteile sind gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 ZPO für wirkungslos zu erklären.
Zwar hat die Klägerin als Revisionsbeklagte und Anschlussrevisionsklägerin vorrangig "die Revisionen" und nur hilfsweise "die Hauptsache (i.S. des Rechtsstreits insgesamt)" für erledigt erklärt. Doch ist diese nur auf das Revisionsverfahren bezogene Erledigungserklärung der Klägerin, die grundsätzlich möglich ist (Beschluss vom 22. April 1994 - BVerwG 9 C 456.93 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 106 m.w.N.), sowohl hinsichtlich der (Haupt-)Revision als auch hinsichtlich ihrer unselbständigen Anschlussrevision einseitig geblieben.
Dies führt hinsichtlich der (Haupt-)Revision dazu, dass die Erledigungserklärung der Klägerin als Revisionsbeklagte schon deshalb ohne Wirkung bleibt, weil eine entsprechende Erledigungserklärung durch die Revisionsklägerin, die Beigeladene, nicht abgegeben wurde.
Hinsichtlich der Anschlussrevision ergibt eine interessengerechte Auslegung der von der Klägerin abgegebenen Erklärung, dass sie ihre Anschlussrevision nur für den Fall für erledigt erklären wollte, dass auch die (Haupt-)Revision durch übereinstimmende Erledigungserklärungen beendet wird. Die Klägerin verfolgte mit ihrer vorrangig auf "die Revisionen" bezogenen Erledigungserklärung nach der Begründung in ihrem Schriftsatz vom 5. September 2003 ausdrücklich das Ziel, das Berufungsurteil, durch das u.a. die von der Klägerin angegriffenen, der Beigeladenen erteilten Linienverkehrsgenehmigungen aufgehoben worden waren, aufrechtzuerhalten und dieses Urteil nicht durch eine übereinstimmend erklärte Erledigung der Hauptsache wir-
kungslos werden zu lassen. Nur hilfsweise hat sie deshalb auch die Hauptsache für
erledigt erklärt und damit die Folge der Unwirksamkeit des für sie jedenfalls im Anfechtungsteil günstigen Berufungsurteils in Kauf genommen. Dagegen hatte die Klägerin vor dem Berufungsgericht mit ihrem weitergehenden Verpflichtungsbegehren nicht durchdringen können und insoweit Anschlussrevision eingelegt. Ginge man davon aus, nach dem Scheitern einer übereinstimmend herbeigeführten Erledigung der (Haupt-)Revision wolle die Klägerin ihre auf die "Revisionen" bezogene Erledigungserklärung jedenfalls für ihre Anschlussrevision aufrechterhalten, liefe sie Gefahr, dass durch eine entsprechende übereinstimmende Erledigungserklärung des Beklagten die von ihr betriebene Anschlussrevision isoliert beendet würde und damit allein der ihr Verpflichtungsbegehren zurückweisende Teil des Berufungsurteils Bestand hat. Dies lag sicherlich nicht in ihrer Absicht. Das führt dazu, eine Kopplung der beiden Teile ihrer vorrangig auf das Rechtsmittelverfahren gerichteten Erledigungserklärung anzunehmen. Offen bleiben kann danach, ob eine unselbständige Anschlussrevision bereits dadurch unwirksam wird, dass die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des Gegenstandes der (Haupt-)Revision in der Hauptsache für erledigt erklärt haben (so Dawin in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO § 141 Rn. 34, und Neumann in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 141 Rn. 56).
Da daher die von der Klägerin hilfsweise auch hinsichtlich der Hauptsache abgegebene Erledigungserklärung durchgreift und insoweit eine übereinstimmende Erledigungserklärung des Beklagten vorliegt, ist - nachdem es insoweit auf eine entsprechende Erledigungserklärung auch der Beigeladenen nicht ankommt (Beschluss vom 15. November 1991 - BVerwG 4 C 27.90 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 92 = NVwZ-RR 1992, 276) - das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Die im Verfahren ergangenen Urteile sind gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 ZPO für unwirksam zu erklären.
Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Billigem Ermessen entspricht es hier, die Kosten - wie tenoriert - zu teilen. Dabei war auch die Beigeladene, die eigene Anträge gestellt hat, gemäß § 154 Abs. 3 VwGO an der Kostentragung zu beteiligen.
Die Durchführung des Revisionsverfahrens hätte auf der Grundlage des in dieser Sache ergangenen Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 24. Juli 2003 voraussichtlich die Klärung bislang offener Rechtsfragen im Zusammenhang mit § 8 Abs. 4, §§ 13 und 13a PBefG sowie der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 des Rates vom 26. Juni 1969 in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 1893/91 des Rates vom 20. Juni 1991 erfordert. Die Komplexität der aufgeworfenen Fragen wird durch die umfangreichen im Anschluss an die Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes eingegangenen und inhaltlich gegenläufigen schriftsätzlichen Äußerungen der Verfahrensbeteiligten nochmals unterstrichen. Ihre Klärung ist ungeachtet der über den vorliegenden Fall hinausgehenden Bedeutung nicht in einem Beschluss über die Verteilung der Kosten nach Erledigung des Verfahrens zu leisten, sondern muss gegebenenfalls künftigen Revisionsverfahren vorbehalten bleiben (Beschlüsse vom 30. April 1998 - BVerwG 7 C 19.97 -, vom 12. Oktober 1994 - BVerwG 8 C 10.94 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 107, vom 28. Oktober 1992 - BVerwG 11 C 30.92 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 98 sowie vom 25. Juli 2000 - BVerwG 3 C 1.00 -).
Bei der Streitwertfestsetzung hat sich der Senat an dem durch das Berufungsgericht festgesetzten Betrag orientiert.