Beschluss vom 11.11.2003 -
BVerwG 9 B 54.03ECLI:DE:BVerwG:2003:111103B9B54.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 11.11.2003 - 9 B 54.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:111103B9B54.03.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 54.03

  • OVG Rheinland-Pfalz - 01.04.2003 - AZ: OVG 6 A 10778/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. November 2003
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts H i e n und die Richter
am Bundesverwaltungsgericht Dr. S t o r o s t und Dr. E i c h b e r g e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. April 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 119 995,69 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die für die Zulassung der Revision allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt der Rechtssache nicht zu. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerwGE 13, 90 <91>). Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen erfüllen diese Erfordernisse nicht.
Die auf dem Hintergrund der Begründung des angefochtenen Urteils systematisch vorrangige Frage, ob
"eine Vorausleistungserhebung deswegen rechtswidrig ist, weil die Gemeinde den einzig noch fehlenden (Widmungs-)Akt zur Entstehung der endgültigen Beitragspflicht ohne sachgerechten Grund unterlässt",
wäre im angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsbedürftig. Die mit den angefochtenen und vom Verwaltungsgericht aufgehobenen Bescheiden vom 16. Mai 2001 ausgesprochenen Umdeutungen der Vorausleistungsbescheide vom 20. Oktober 1999 setzten, wie das Oberverwaltungsgericht in Anwendung der landesrechtlichen Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 3 KAG i.V.m. § 128 AO für ein Revisionsverfahren bindend festgestellt hat, die Fehlerhaftigkeit, d.h. Rechtswidrigkeit jener Vorausleistungsbescheide voraus. Waren die Vorausleistungsbescheide rechtmäßig, hätte dies erst recht die Rechtswidrigkeit der Umdeutungsbescheide zur Folge. Auf die Frage, ob und weshalb die Vorausleistungserhebung rechtswidrig war, käme es deshalb im Revisionsverfahren nicht an.
Die von der Beschwerde sinngemäß weiter aufgeworfene Frage,
ob es "gegen bundesrechtliche Grundsätze des Erschließungsbeitragsrechts verstößt", dass das Oberverwaltungsgericht die Rechtsfolgen eines endgültigen Beitragsbescheids im Vergleich zu denjenigen eines Vorausleistungsbescheids als für den Betroffenen ungünstiger angesehen und deshalb gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 KAG i.V.m. § 128 Abs. 2 Satz 1 AO die Möglichkeit einer Umdeutung des Vorausleistungsbescheids in einen endgültigen Beitragsbescheid verneint hat,
rechtfertigt ebenfalls nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens. Gegen welche bundesrechtlichen Grundsätze die hier vorgenommene Auslegung und Anwendung des Landesrechts verstoßen könnte, hat die Beschwerde nicht schlüssig dargelegt. Weder geht es hier um die für zulässig gehaltene "Umstellung" eines Heranziehungsbescheids auf einen Vorausleistungsbescheid, noch widerspricht das angefochtene Urteil der Erkenntnis, dass eine gezahlte Vorausleistung im Zeitpunkt der Entstehung der endgültigen Beitragspflicht diese tilgt und dem endgültigen Beitragsbescheid dann nur noch eine Feststellungswirkung zukommen kann. Auch kann von einer Weigerung der Beklagten, endgültige Beitragsbescheide zu erlassen, und einem damit etwa verbundenen Wandel der Rechtsnatur der Vorausleistungsbescheide bisher keine Rede sein.
Entsprechendes gilt für die von der Beschwerde sinngemäß als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Frage,
ob es das Bundesrecht nicht gebietet, in einem Vorausleistungsbescheid, der rechtswidrig ist, weil die Voraussetzungen für einen Endbescheid bereits vorlagen, oder in einem Verwaltungsakt, der einen solchen Vorausleistungsbescheid umdeutet und für endgültig erklärt, einen endgültigen Beitragsbescheid zu sehen.
Die in diesem Zusammenhang angeführte, aus § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO herzuleitende Pflicht der Gerichte zur Prüfung, ob ein zu Unrecht auf eine bestimmte Begründung gestützter Beitragsbescheid ohne Änderung der von ihm getroffenen Regelung ganz oder teilweise auf eine andere, fehlerfreie Begründung gestützt werden kann (vgl. BVerwGE 64, 356 ff.; 67, 216 <221 f.>; 80, 96 ff.), führt hier nicht weiter, weil die Erhebung einer Vorausleistung sich nicht nur in der Begründung, sondern auch im Regelungsgehalt von der Erhebung eines endgültigen Beitrags unterscheidet. Dasselbe gilt für die - rückwirkende - Umdeutung eines Vorausleistungsbescheids im Verhältnis zur originären Festsetzung des endgültigen Beitrags. Die Voraussetzungen einer gerichtlichen Umdeutung der Umdeutungsbescheide vom 16. Mai 2001 in endgültige Beitragsbescheide ergeben sich nicht aus dem Bundesrecht, sondern ebenso wie die einer Umdeutung durch die Verwaltungsbehörde aus der landesrechtlichen Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 3 KAG i.V.m. § 128 AO.
Die von der Beschwerde schließlich sinngemäß gestellte Frage,
ob ein Bescheid, mit dem ein rechtswidriger Vorausleistungsbescheid umgedeutet bzw. für endgültig erklärt wird, sowohl die Anordnung der Umdeutung wie auch den Erlass des endgültigen Beitragsbescheids, also gleichsam zwei getrennte Verwaltungsakte enthält,
hat das Oberverwaltungsgericht im Wege der Auslegung der konkreten Schreiben vom 16. Mai 2001 beantwortet. Eine darüber hinausgehende allgemeine Bedeutung kam der Frage im Berufungsverfahren nicht zu. Damit kann sie auch nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache führen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 13 Abs. 2, §§ 14, 73 Abs. 1 Satz 2 GKG.