Beschluss vom 09.03.2005 -
BVerwG 4 VR 1007.04ECLI:DE:BVerwG:2005:090305B4VR1007.04.0

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    BVerwG, Beschluss vom 09.03.2005 - 4 VR 1007.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:090305B4VR1007.04.0]

Beschluss

BVerwG 4 VR 1007.04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. März 2005
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht H a l a m a , Prof. Dr. R o j a h n und G a t z
beschlossen:

Die Beiladung des Herrn Rolf-Roland B., ..., und weiterer Antragsteller - Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Karsten S., ... - wird abgelehnt.

Die Antragsteller machen selbst nicht geltend, dass ein Fall notwendiger Beiladung im Sinne des § 65 Abs. 2 VwGO vorliege. Auch die Voraussetzungen einer einfachen Beiladung auf der Grundlage des § 65 Abs. 1 VwGO sind nicht erfüllt.
Der Zweck der Beiladung ist es, Dritte, die nicht zum Kreis der Hauptbeteiligten gehören, deren rechtliche Interessen aber durch die gerichtliche Entscheidung unmittelbar berührt werden können, am Verfahren zu beteiligen, damit sie die Möglichkeit erhalten, sich mit ihrem Rechtsstandpunkt Gehör zu verschaffen. Ferner soll dadurch, dass die Rechtskraftwirkungen der Entscheidung auch ihnen gegenüber eintreten, aus Gründen der Prozessökonomie etwaigen weiteren Rechtsstreitigkeiten vorgebeugt werden. Ein rechtliches Interesse, das eine Beiladung zu rechtfertigen geeignet sein kann, ist gegeben, wenn der Beizuladende zu einer der Parteien oder zu beiden oder zum Streitgegenstand so in Beziehung steht, dass sich je nach dem Ausgang des Rechtsstreits seine Rechtsposition verbessern oder verschlechtern kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juni 1995 - BVerwG 8 B 68.95 - Buchholz
310 § 65 VwGO Nr. 119 und vom 19. November 1998 - BVerwG 11 A 50.97 - NVwZ-RR 1999, 276). An diesem Merkmal fehlt es hier. Die Entscheidung über den Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld wirkt sich als solche für die Antragsteller rechtlich weder vorteilhaft noch nachteilig aus.
Die Antragsteller wohnen weitab vom Standort Schönefeld im Umland des Flughafens Berlin-Tegel. Sie machen selbst nicht geltend, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 für sie Belastungen mit sich bringt. Beeinträchtigt werden sie vielmehr durch den Flugbetrieb, der auf dem Flughafen Berlin-Tegel stattfindet. Der Wegfall oder der Fortbestand der von ihnen beklagten Lärmbelästigungen steht indes in keinem unmittelbaren rechtlichen Zusammenhang mit der Bestätigung oder der Aufhebung des zum Ausbau des Flughafens Schönefeld ergangenen Planfeststellungsbeschlusses, der den Gegenstand der Verfahren bildet, zu denen sie ihre Beiladung begehren. Die Wirksamkeit dieses Planfeststellungsbeschlusses hängt nicht zwangsläufig vom weiteren rechtlichen Schicksal des Flughafens Berlin-Tegel ab. Das Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung des Landes Brandenburg geht zwar davon aus, dass dieser Flughafen geschlossen wird, sobald der ausgebaute Flughafen Berlin-Schönefeld dem Flugbetrieb zur Verfügung steht. Es sieht indes davon ab, beide Vorgänge unmittelbar aufeinander abzustimmen oder gar in Form eines rechtlichen Automatismus miteinander zu verbinden. Vielmehr bringt es zum Ausdruck, an seinem Planungskonzept selbst dann festhalten zu wollen, wenn das Vorhaben, den Flughafen Berlin-Tegel zu schließen, aus welchen Gründen immer, auf Schwierigkeiten stoßen oder im äußersten Falle auch scheitern sollte (PFB S. 337). Die von den Antragstellern herausgestrichene rechtliche Verknüpfung zwischen den beiden Maßnahmen ist nicht eine Folge von Regelungen, die das Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung des Landes Brandenburg im Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 getroffen hat. Sie beruht vielmehr ausschließlich auf Maßgaben der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im Bescheid vom 29. Juli 2004 über den Widerruf der Betriebsgenehmigung für den Flughafen Berlin-Tegel. Danach wird der Widerruf "mit Ablauf von sechs Monaten wirksam, nachdem die Verlängerung der künftigen Start- und Landebahn 07L/25 R (Nord- und heutigen Südbahn) auf 3 600 m Länge und der Neubau der künftigen Start- und Landebahn 07R/25 L (Südbahn) des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld (SXF) mit einer Länge von mindestens 4 000 m funktionsfähig in Betrieb genommen worden ist". Hierdurch wird den Lärmschutzinteressen der Anwohner des Flughafens Berlin-Tegel Rechnung getragen. Der Rechtsstreit über den Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld bietet keine geeignete Grundlage dafür, als zusätzliche Plattform für diese Interessenwahrnehmung dienstbar gemacht zu werden.
Ohne Erfolg heben die Antragsteller darauf ab, dass ihre Beiladung keine unabsehbaren Weiterungen befürchten lasse. Ihr 16 Personen umfassender Kreis mag für sich genommen überschaubar genug sein, um zu verhindern, dass sich die ohnehin schon hohe Zahl an Verfahrensbeteiligten spürbar erhöht. Was ihnen gewährt würde, könnte anderen Anwohnern des Flughafens Berlin-Tegel indes schwerlich verwehrt werden. Auch die Ankündigung, nur zur grundsätzlichen Zulässigkeit des Ausbaus des Flughafens Berlin-Schönefeld Stellung nehmen zu wollen, Einzelheiten der Ausgestaltung des Vorhabens dagegen unerörtert zu lassen, hat bei der Beurteilung der Beiladungsvoraussetzungen außer Betracht zu bleiben. Eine auf bestimmte Streitpunkte beschränkte Beiladung ist unzulässig. Wird ein Dritter beigeladen, so kann er nicht daran gehindert werden, sich zu allen aus seiner Sicht relevanten Rechtsfragen zu äußern.

Beschluss vom 11.07.2005 -
BVerwG 4 A 1039.04ECLI:DE:BVerwG:2005:110705B4A1039.04.0

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    BVerwG, Beschluss vom 11.07.2005 - 4 A 1039.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:110705B4A1039.04.0]

Beschluss

BVerwG 4 A 1039.04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. Juli 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht H a l a m a und G a t z
beschlossen:

Das Verfahren wird gemäß § 93a Abs. 1 VwGO ausgesetzt.

In dem Streit um den Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld vom 13. August 2004 sind knapp 4 000 Klagen beim Bundesverwaltungsgericht erhoben worden, die in rund sechzig Verfahren mit jeweils eigenem Aktenzeichen zusammengefasst sind. Aus Gründen der Vereinfachung und Beschleunigung sollen vorab Musterverfahren im Sinne von § 93a VwGO durchgeführt werden. Der Senat hat die Beteiligten aller Verfahren dazu mit Schreiben vom 28. April 2005 unter Darlegung der Einzelheiten angehört (§ 93a Abs. 1 Satz 2 VwGO).
Das vorliegende Verfahren eignet sich nicht als Musterverfahren und ist deshalb gemäß § 93a Abs. 1 Satz 1 VwGO auszusetzen. Die Verfahrensbeteiligten haben Einwendungen hiergegen nicht erhoben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 93a Abs. 1 Satz 3 VwGO).

Beschluss vom 26.04.2006 -
BVerwG 4 VR 1001.06ECLI:DE:BVerwG:2006:260406B4VR1001.06.0

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    BVerwG, Beschluss vom 26.04.2006 - 4 VR 1001.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:260406B4VR1001.06.0]

Beschluss

BVerwG 4 VR 1001.06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. April 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Halama und Prof. Dr. Rojahn
beschlossen:

  1. Der Beschluss vom 27. April 2005 - BVerwG 4 VR 1007.04 - wird geändert, soweit der Senat darin die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Planfeststellungsbeschluss des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg vom 13. August 2004 angeordnet hat. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes wird in vollem Umfang abgelehnt.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Änderungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Änderungsverfahren auf 7 500 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Anträge des Antragsgegners und der Beigeladenen, den Senatsbeschluss vom 27. April 2005 zu ändern, sind nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Hat das Gericht der Hauptsache im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO eine Entscheidung getroffen, so kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

2 Die Anträge sind begründet. Die Voraussetzungen für eine Änderung des Senatsbeschlusses vom 27. April 2005 liegen vor. Veränderte Umstände rechtfertigen es nicht länger, an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers festzuhalten.

3 Der Senat hat sich nach dem seinerzeitigen Erkenntnisstand außerstande gesehen, eine Prognose über den Prozessausgang anzustellen. Unter Hinweis darauf, dass im Hauptsacheverfahren eine Vielzahl zum Teil schwieriger Tatsachen- und Rechtsfragen unter Einschluss insbesondere der Standort- und der Immissionsschutzproblematik sowie der raumordnungsrechtlichen Vorgaben und der Anforderungen des Natur-, des Wasser- und des Bodenschutzrechts zu klären sei, hat er die Frage, ob die Anfechtungsklage Erfolg haben werde, als offen bezeichnet und in dieser Situation der Ungewissheit im Wege einer Interessenabwägung dem Aufschubinteresse des Antragstellers nach Maßgabe des Tenors der Entscheidung vom 27. April 2005 den Vorrang vor dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners und der Beigeladenen eingeräumt.

4 Für eine solche Interessenbewertung ist kein Raum mehr. Die Beurteilungsgrundlagen haben sich verändert. In den nach § 93a VwGO ausgewählten Musterverfahren liegen inzwischen Hauptsacheentscheidungen vor. Wie aus den Urteilen vom 16. März 2006 in den Verwaltungsstreitsachen BVerwG 4 A 1001.04 , 4 A 1073.04 , 4 A 1075.04 und 4 A 1078.04 zu ersehen ist, geht der Senat davon aus, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 zwar punktuell nachbesserungsbedürftig ist, aber weder unter spezifisch planungsrechtlichen Gesichtspunkten noch unter den sonst rechtlich relevanten Aspekten Mängel aufweist, die so schwer wiegen, dass sie nicht im Wege der Planergänzung behoben werden können, sondern zu einer Planaufhebung nötigen.

5 Nach dem bisherigen Vorbringen des Antragstellers sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass in dem ausgesetzten Verfahren Tatsachen- und Rechtsfragen von Bedeutung sind, die in den Musterverfahren keine Rolle gespielt haben und die es, anders als in den mit Urteilen vom 16. März 2006 abgeschlossenen Fällen, rechtfertigen, den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss in vollem Umfang aufzuheben. Auch im Schriftsatz vom 24. April 2006 trägt der Antragsteller nichts dazu vor. Die darin erbetene Fristverlängerung kann angesichts der Eilbedürftigkeit der Sache nicht gewährt werden. Sollten derzeit nicht ersichtliche Umstände im weiteren Gang des Verfahrens zutage treten, so kann ihnen gegebenenfalls in dem durch § 80 Abs. 7 VwGO abgesteckten Rahmen Rechnung getragen werden.

6 Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Eine weitere Erhebung von Gerichtskosten erfolgt aufgrund Vorbemerkung 5.2. Abs. 2 Satz 2 KV des GKG nicht. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Beschluss vom 19.12.2006 -
BVerwG 4 A 1052.06ECLI:DE:BVerwG:2006:191206B4A1052.06.0

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    BVerwG, Beschluss vom 19.12.2006 - 4 A 1052.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:191206B4A1052.06.0]

Beschluss

BVerwG 4 A 1052.06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. Dezember 2006
durch den Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rojahn und Dr. Jannasch
beschlossen:

  1. Der Beklagte wird verpflichtet, über eine weitergehende Einschränkung des Nachtflugbetriebes in Teil A II 5.1.1, über die Anordnung passiver Schallschutzmaßnahmen in Teil A II 5.1.3 und über die Grenzziehung des Entschädigungsgebietes Außenwohnbereich in Teil A II 5.1.5 Nr. 2 des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004 in der Fassung vom 21. Februar 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
  2. Soweit der Planfeststellungsbeschluss diesen Verpflichtungen entgegensteht, wird er aufgehoben.
  3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  4. Von den Gerichtskosten sowie den außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen zu 1 trägt der Kläger 3/4.
  5. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Beklagte und die Beigeladene zu 1 jeweils 1/8. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
  6. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Der Kläger wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 13. August 2004 zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld. Er ist Eigentümer eines zu Wohnzwecken genutzten Grundstückes in ... S., J.-Straße 77 (Gemarkung S., Flur ..., Flurstück ..., 973 m²). Das Grundstück liegt in der Umgebung des planfestgestellten Flughafens, wird aber nicht für das Vorhaben unmittelbar in Anspruch genommen. Der Kläger fühlt sich insbesondere durch den zu erwartenden Fluglärm beschwert.

2 Mit seiner am 19. Oktober 2004 erhobenen Klage beantragt der Kläger,
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 13. August 2004 in der Fassung vom 21. Februar 2006 aufzuheben,
hilfsweise: festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und solange nicht vollziehbar ist, bis dessen Mängel durch ein ergänzendes Verfahren behoben worden sind.

3 Der Beklagte und die beigeladenen Träger des Vorhabens beantragen eine Abweisung der Klage.

4 Gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 haben nahezu 4000 Personen Klagen erhoben, die in rund 60 Verfahren zusammengefasst waren. Der beschließende Senat hat von der ihm durch § 93a Abs. 1 VwGO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, vorab Musterverfahren durchzuführen und die übrigen Verfahren auszusetzen. Die Beteiligten aller Verfahren sind dazu gemäß § 93a Abs. 1 Satz 2 VwGO angehört worden, die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens mit Schreiben vom 28. April 2005. Der Kläger, dessen Klage nicht als Musterverfahren vorgesehen war, hat sich ebenso wie der Beklagte und die Beigeladenen mit dem beabsichtigten Vorgehen einverstanden erklärt. Mit Beschluss vom 11. Juli 2005 - BVerwG 4 A 1039.04 - hat der Senat das vorliegende Verfahren gemäß § 93a Abs. 1 VwGO ausgesetzt.

5 Über die ausgewählten Musterklagen, die in vier Verfahren zusammengefasst waren, ist auf die mündliche Verhandlung vom 7. bis 9., 14. bis 16. und 21. bis 23. Februar 2006 durch Urteile vom 16. März 2006 entschieden worden (vgl. BVerwG 4 A 1001.04 , BVerwG 4 A 1073.04 , BVerwG 4 A 1078.04 und BVerwG 4 A 1075.04 - letzteres abgedruckt in BVerwGE 125, 116 ff.). Die Anfechtungsklagen wurden abgewiesen, die hilfsweise erhobenen Anträge auf Planergänzung hatten, soweit es um besseren Lärmschutz ging, teilweise Erfolg.

6 Mit Schreiben vom 29. Juni 2006 hat das Gericht den Kläger darauf hingewiesen, dass sein Verfahren nach dem rechtskräftigen Abschluss der Musterverfahren fortzuführen sei (Aktenzeichen BVerwG 4 A 1052.06 ), gegebenenfalls auch nach Maßgabe des § 93a Abs. 2 VwGO. Dem Schreiben war ein Abdruck des Urteils vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - und des Protokolls über die mündliche Verhandlung beigefügt; eine Übersendung der drei weiteren, nahezu inhaltsgleichen Musterurteile wurde dem Kläger bei Bedarf angeboten. Der Kläger hat sich zur Sache geäußert und im Übrigen beantragt, in entsprechender Anwendung von § 94 VwGO das Verfahren bis zur Entscheidung über die gegen die Musterurteile erhobenen Verfassungsbeschwerden auszusetzen. Der Beklagte wendet sich gegen eine Aussetzung.

7 Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie auf das Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - (BVerwGE 125, 116 ff.) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung in den Musterverfahren verwiesen.

II

8 Der Senat macht von der ihm durch § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO eröffneten Möglichkeit Gebrauch, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden. Eine erneute Aussetzung des Verfahrens kommt im Hinblick auf die ungewisse Dauer der Verfahren über die Verfassungsbeschwerden nicht in Betracht. Dies hat der Senat dem Kläger bereits mit Schreiben vom 2. November 2006 mitgeteilt.

9 1. Die Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO sind gegeben.

10 Über die Musterklagen ist durch die Urteile vom 16. März 2006 (BVerwG 4 A 1001.04 , BVerwG 4 A 1073.04 , BVerwG 4 A 1078.04 und BVerwG 4 A 1075.04 - letzteres abgedruckt in BVerwGE 125, 116 ff.) rechtskräftig entschieden worden. Die Beteiligten sind zu der gewählten Entscheidungsform gehört worden (§ 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO). Auf die Aufforderung des Gerichts, sich zu der Frage zu äußern, ob der hier zu entscheidende Streitfall gegenüber den Musterurteilen wesentliche Besonderheiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder ob der Sachverhalt noch nicht geklärt ist, hat der Kläger auf seine individuelle gesundheitliche Betroffenheit durch den Fluglärm, auf die Beeinträchtigung seines Außenwohnbereichs und auf die Minderung des Verkehrswerts seines Grundstücks hingewiesen.

11 Nach einstimmiger Auffassung des Senats ist der Sachverhalt des hier zu ent-scheidenden Streitfalles geklärt. Die Lage des Wohngrundstücks des Klägers ist bekannt. Es befindet sich innerhalb des in Anlage 2 zum Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 festgelegten Tag- und Nachtschutzgebietes. Daraus folgt, dass das Grundstück in erheblichem Maße von nächtlichem Fluglärm betroffen wäre und dass dem Kläger deshalb ein Anspruch auf passive Schallschutzmaßnahmen nach Maßgabe der Regelungen im Planfeststellungsbeschluss zusteht. Weder dem Klagevorbringen noch dem sonstigen Akteninhalt lässt sich entnehmen, dass entscheidungserhebliche Tatsachen noch aufgeklärt werden müssten.

12 Der Senat ist weiterhin einstimmig der Auffassung, dass die Sache gegenüber den Musterverfahren keine wesentlichen Besonderheiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Von solchen Besonderheiten ist regelmäßig dann auszugehen, wenn in den ausgesetzten Verfahren neue, in den Musterverfahren noch nicht angesprochene Rechts- oder Tatsachenfragen aufgeworfen werden, deren Beantwortung das in den entschiedenen Verfahren gefundene Ergebnis in Zweifel ziehen oder jedenfalls seine Übertragbarkeit als problematisch erscheinen lassen könnte (vgl. Rudisile in: Schoch u.a., VwGO Kommentar, Stand: April 2006, § 93a VwGO Rn. 20).

13 Die vom Kläger geltend gemachten Besonderheiten sind nicht wesentlich, denn sie werfen keine Fragen auf, die nicht schon in den Musterurteilen erschöpfend und abschließend behandelt worden wären. Die Lärmeinwirkungen unter Berücksichtigung der festgesetzten Schutzgebiete sind für den Kläger nicht anders zu beurteilen als für die Kläger der Musterverfahren. Die Grundstücke der dortigen Kläger repräsentieren die gesamte Bandbreite der möglichen Lärmbelastungen, nämlich von Grundstücken, die in keinem der vier Schutzgebiete (Tagschutzgebiet, Nachtschutzgebiet, Entschädigungsgebiet Außenwohnbereich, Übernahmeanspruch) liegen, über Grundstücke, die nur von einigen dieser Schutzgebiete erfasst sind, bis hin zu Grundstücken, die in allen Schutzgebieten liegen. Damit ist in den Musterurteilen auch über die Lärmbetroffenheiten solcher (Wohn)Grundstücke entschieden worden, die wie das Grundstück des Klägers vom Tag- und Nachtschutzgebiet erfasst sind.

14 Soweit der Kläger vorbringt, der prognostizierte Fluglärm werde sein Hörvermögen erheblich beeinträchtigen und die Ausübung seines Berufs (leitende Position in einem Versicherungsunternehmen) beeinträchtigen, handelt es sich nicht um entscheidungserhebliche Gesichtspunkte. Im Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - (BVerwGE 125, 116 Rn. 325) ist näher ausgeführt, dass für die Beurteilung der Zumutbarkeit des Fluglärms besondere Empfindlichkeiten, gesundheitliche Indispositionen oder sonstige persönliche Eigenheiten außer Betracht zu bleiben haben. Vielmehr sei das, was der Nachbarschaft an Beeinträchtigungen abverlangt werden kann, an Hand eines typisierenden und generalisierenden Maßstabs zu bestimmen. Das gilt auch für den Kläger.

15 Soweit der Kläger auf die fluglärmbedingte Beeinträchtigung seines Außenwohnbereichs, insbesondere der Wohnterrasse verweist, sind gleichfalls keine Besonderheiten gegenüber den Entscheidungsgrundlagen erkennbar, die für die Musterurteile maßgebend waren. Bei der erneuten Grenzziehung des Entschädigungsgebiets Außenwohnbereich, zu der der Beklagte in den Musterurteilen verpflichtet worden ist, ist somit auch die Lärmsituation auf dem klägerischen Grundstück nach den allgemeinen Grundsätzen zu berücksichtigen.

16 Schließlich führt auch das Vorbringen des Klägers zur Verkehrswertminderung nicht auf entscheidungserhebliche Besonderheiten. Im Urteil vom 16.  März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - (a.a.O. Rn. 400 ff.) ist näher ausgeführt, dass der Planfeststellungsbeschluss das Problem der vorhabenbedingten Minderungen des Verkehrswerts abwägungsfehlerfrei berücksichtigt hat. Aus den vorliegenden Gutachten ist zu ersehen, dass die Bodenpreise in den lärmbetroffenen Anliegergemeinden in der Zeit von 1996 bis Ende 2002 um ca. 15 % bis 20 % zurückgegangen sind, was „mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit auf den Faktor befürchteter Fluglärm“ zurückzuführen ist; dies hält sich nach Einschätzung der Gutachter insbesondere vor dem Hintergrund eines allgemein sinkenden Preisniveaus in Berlin und Umgebung noch innerhalb der marktüblichen Schwankungsbreite (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 406). Vor diesem Hintergrund konnten die Musterurteile keinen Abwägungsfehler feststellen. Der Kläger setzt sich mit diesen Ausführungen in den Musterurteilen nicht auseinander, sondern behauptet lediglich pauschal „einen Wertverlust von über 100 000 Euro“. Bei einem derart unsubstantiierten Vortrag besteht für den Senat kein Anlass, sich weiter mit diesem Vorbringen zu befassen.

17 2. Der Antrag des Klägers, den Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 aufzuheben, ist nicht begründet. Der Senat nimmt Bezug auf die Gründe in den genannten Musterurteilen. Diese Gründe, denen nichts hinzuzufügen ist, gelten uneingeschränkt auch für den Kläger.

18 3. Auf den Hilfsantrag des Klägers ist der Beklagte in dem sich aus der Entscheidungsformel ergebenden Umfang zur Planergänzung zu verpflichten. Diese Verpflichtung ist inhaltsgleich mit dem entsprechenden Ausspruch in den Musterurteilen.

19 Der in der Klageschrift formulierte Hilfsantrag ist zwar nur allgemein gehalten, ohne die begehrte Planergänzung im Einzelnen zu präzisieren. Aus der Klagebegründung ergibt sich indes, dass der Kläger sich u.a. gegen den nächtlichen Flugbetrieb wendet und die Rechtmäßigkeit des im Planfeststellungsbeschluss angeordneten passiven Schallschutzes in Zweifel zieht. Bei sachdienlicher Auslegung des Hilfsantrags ist somit der Antrag auf Planergänzung auch auf die Gesichtspunkte gerichtet, die Gegenstand des Verpflichtungsausspruchs in den Musterurteilen sind. Weitergehende Planergänzungsansprüche hat der Kläger aus den in den Musterurteilen dargelegten Gründen nicht.

III

20 Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 1 GKG.