Urteil vom 10.11.2004 -
BVerwG 1 D 26.03ECLI:DE:BVerwG:2004:101104U1D26.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 10.11.2004 - 1 D 26.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:101104U1D26.03.0]

Urteil

BVerwG 1 D 26.03

  • BDiG, Kammer II - ... - - 24.07.2003 - AZ: BDiG II VL 1/03 -

In dem Disziplinarverfahren hat das Bundesverwaltungsgericht, Disziplinarsenat,
in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 10. November 2004,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht
A l b e r s ,
Richterin am Bundesverwaltungsgericht
H e e r e n ,
Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r ,
Postoberamtsrat W i n k e r
und Zollbetriebsinspektor S t e h l
als ehrenamtliche Richter
sowie
Regierungsdirektor ...
als Vertreter der Einleitungsbehörde,
Rechtsanwalt ...,
als Verteidiger
und
Justizangestellte ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

  1. Die Berufung des Zollbetriebsinspektors ...
  2. gegen das Urteil des Bundesdisziplinargerichts, Kammer II - ... -, vom 24. Juli 2003 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

I


1. In dem ordnungsgemäß eingeleiteten förmlichen Disziplinarverfahren hat der Bundesdisziplinaranwalt den am ... in ... geborenen Beamten angeschuldigt, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er
am 20. Juni 2000 in B. im Rahmen einer Hausdurchsuchung in Ausübung seines Dienstes einmal 2 000 Peseten, einmal 1 000 Peseten, einmal 1 000 Lire, einmal 20 österreichische Schillinge sowie vier bereits sichergestellte Eintausendmarkscheine entwendet und sich zugeeignet hat.
Im sachgleichen Strafverfahren war der Beamte vom Amtsgericht ... durch rechtskräftigen Strafbefehl vom 13. März 2001 wegen Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB) mit einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 100 DM belegt worden.
2. Das Bundesdisziplinargericht hat den Beamten durch Urteil vom 24. Juli 2003 unter Bewilligung eines Unterhaltsbeitrags in Höhe von 75 v.H. des erdienten Ruhegehalts auf die Dauer von 12 Monaten aus dem Dienst entfernt.
Das Urteil beruht auf folgenden Tatsachenfeststellungen:
Der Beamte war vor seiner Suspendierung als Zollfahndungsbeamter bei der gemeinsamen Finanzermittlungsgruppe Zoll/Polizei ... beschäftigt. Am 20. Juni 2000 nahm er zusammen mit seinem Kollegen, dem Zeugen B., an einer Durchsuchung des Anwesens ... in B. teil. Die Durchsuchung des Mehrfamilienhauses erfolgte im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft ... wegen eines Bankraubes, Geldwäsche etc. Außer den beiden Zollfahndern waren an der Durchsuchungsaktion mehrere Beamte der Landespolizeidirektion ... und der Einsatzhundertschaft ... sowie eine Mitarbeiterin der Gemeinde B. als Durchsuchungszeugin beteiligt. Geleitet wurde die Durchsuchungsaktion, an der etwa 15 Einsatzkräfte teilnahmen, von der Zeugin W.
Vor der Durchsuchung, die gegen 09.00 Uhr begann, fand in ... eine kurze Einsatzbesprechung statt. In dieser Besprechung wurde festgelegt, dass die Durchsuchungsbeamten die aufgefundenen Gegenstände, die als Beweismittel in Betracht kamen, am Auffindeort sicherstellen sollten. Die als Beweismittel in Betracht kommenden Gegenstände sollten zusammengestellt in dem Raum abgelegt werden, in dem sie aufgefunden wurden. Später sollten die Beweismittel zur Zeugin W. gebracht werden, die die Asservierung der Beweismittel vornahm.
Der Beamte und der Zeuge B. begannen die Durchsuchung gemeinsam mit anderen Beamten in den Kellerräumen. In einem zu einer Einliegerwohnung gehörenden Raum fand der Beamte in einem Schreibtisch u.a. mehrere ausländische Geldscheine unterschiedlicher Währung, die er zusammenrollte
und in seine Hosentasche steckte. Es handelte sich dabei um einmal 2 000 Peseten, einmal 1 000 Peseten, einmal 1 000 Lire und einmal 20 österreichische Schillinge, zusammen ca. 20,00 €.
Auf Anweisung der Zeugin W. begannen der Beamte und der Zeuge B. gegen 12.00 Uhr mit der Durchsuchung des Schlafzimmers der Wohnung im 1. Obergeschoss. Der Zeuge B. fand dort in einem Schrank eine schwarze Damengeldbörse. In einem Fach dieser Geldbörse befanden sich vier Eintausendmarkscheine, die zweimal zusammengefaltet waren. In einem anderen Fach der Geldbörse befanden sich weitere ca. 1 110 DM in kleineren Scheinen.
Der Zeuge B. zeigte dem Beamten die vier Eintausendmarkscheine und fragte ihn, ob er das Geld sicherstellen solle. Nachdem der Beamte dies wegen des möglichen Zusammenhangs mit dem Ermittlungskomplex bejaht hatte, steckte der Zeuge B. das Geld zurück in die Geldbörse und legte die Geldbörse zu dem anderen Beweismaterial auf das Fensterbrett.
Gegen 13.05 Uhr zeigte der Zeuge B. auch dem Zeugen Ba. die vier Eintausendmarkscheine. Er fragte den Zeugen Ba., der der Sachbearbeiter des Ermittlungsverfahrens war und der gegen 12.50 Uhr an dem Ermittlungsobjekt ... eingetroffen war, nachdem er zuvor als Truppführer ein anderes Objekt in B. durchsucht hatte, ob das Geld als Beweismittel sichergestellt werden solle. Nachdem der Zeuge Ba. dies bejaht hatte, steckte der Zeuge B. das Geld erneut in die Geldbörse und legte diese wieder zu den anderen Beweismitteln auf das Fensterbrett.
Kurze Zeit später begab sich der Zeuge Ba. in den Keller. Er fand dort weitere für das Verfahren relevante Gegenstände und bat daher u.a. den Zeugen B. und den Beamten, den Keller nochmals zu untersuchen. Bei dieser Gelegenheit ordnete der Zeuge Ba. die Asservierung eines Kartons an, in dem sich verschiedene Schriftstücke befanden. Der Beamte sollte den Karton zur Registrierung zu der Zeugin W. bringen. Er brachte den Karton jedoch entgegen der Anweisung des Zeugen Ba. nicht zu der Zeugin W., sondern stellte den Karton in das Dienstfahrzeug des Zeugen R. Den Zeugen R., der zu diesem Zeitpunkt in seinem Fahrzeug saß, hatte der Beamte zuvor gefragt, ob er die Beweismittel in seinem Fahrzeug verstauen dürfe.
Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt zwischen 13.05 Uhr und 14.10 Uhr entwendete der Beamte aus der Geldbörse, die der Zeuge B. auf das Fensterbrett des Schlafzimmers gelegt hatte, die vier Eintausendmarkscheine und steckte diese zunächst in seine Hosentasche. Später versteckte er die 4 000 DM in einem Außenfach seines privaten Rucksacks, der sich in seinem Dienstfahrzeug befand. In ein anderes Außenfach seines Rucksacks steckte er die bereits zu Beginn der Durchsuchung an sich genommenen vier ausländischen Geldscheine.
Der Zeuge B. stellte gegen 14.10 Uhr das Verschwinden der 4 000 DM fest, als er die Geldbörse zur Asservierung durch die Zeugin W. bringen wollte. Er informierte die Zeugin W. sofort über das Verschwinden des Geldes.
Die Zeugin W. ließ daraufhin sämtliche zu diesem Zeitpunkt noch anwesenden Durchsuchungsbeamten in das Wohnzimmer kommen und forderte sie auf, den Raum nicht zu verlassen. Auf Anregung des Zeugen R. rief die Zeugin W. beim Dezernat Sonderfälle der Landespolizeidirektion ... an und bat darum, Einsatzkräfte zur Aufklärung des Sachverhalts zu schicken. Es dauerte etwa eine Stunde bis zum Erscheinen der angeforderten Einsatzkräfte. Während dieser Zeit hatte der Beamte starke Schweißausbrüche. Gegenüber der Zeugin W. äußerte er sinngemäß, am Ende habe einer dem anderen das Geld in die Tasche gesteckt.
Nach dem Eintreffen der Beamten der Landespolizeidirektion ... wurden sämtliche Durchsuchungsbeamte körperlich untersucht, wobei das Geld nicht aufgefunden wurde. Anschließend wurden die Dienstfahrzeuge untersucht. Dabei fand der Zeuge L. in einem Seitenfach des Rucksacks des Beamten die zusammengefalteten vier Eintausendmarkscheine. Die in einem anderen Fach des Rucksacks befindlichen Fremdwährungen wurden erst wenige Tage später bei einer genauen Untersuchung des Inhalts des Rucksacks gefunden.
Als dem Beamten mitgeteilt wurde, dass man die 4 000 DM in seinem Rucksack gefunden habe, zeigte er sich zunächst empört und erklärte, damit nichts zu tun zu haben. Bei seiner ersten Beschuldigtenvernehmung am gleichen Tag gab er erneut an, dass er das Geld nicht genommen habe. Er wisse nicht, wie es in seinen Rucksack gekommen sei. Das Geld müsse ihm jemand in den Rucksack gesteckt haben. Diese gegenüber der Polizei abgegebene Behauptung wiederholte der Beamte am Abend des gleichen Tages gegenüber seinem Vorgesetzten, dem Zeugen F., der über den Vorfall von dem Zeugen B. informiert worden war. Auch am nächsten Tag äußerte der Beamte gegenüber dem Zeugen F., er habe mit dem Abhandenkommen des Geldes nichts zu tun und könne sich den Vorfall nicht erklären.
Durch seinen Anwalt räumte der Beamte im Strafverfahren mit anwaltlichem Schriftsatz vom 24. Juli 2000 ein, dass er die 4 000 DM und das bei ihm gefundene Geld in Fremdwährung an sich genommen habe. Er bedauere sein Fehlverhalten sehr. Ein Motiv für die Wegnahme des Geldes wurde in dem anwaltlichen Schriftsatz nicht genannt.
Erstmals mit anwaltlichem Schriftsatz vom 27. November 2000 ließ der Beamte erklären, er habe die 4 000 DM an sich genommen, um seinem Kollegen, dem Zeugen B., einen warnenden Schrecken einzujagen. Dieser habe das Geld ca. 1 1/2 Stunden völlig unbeaufsichtigt auf der Fensterbank liegen lassen. Der Geldbeutel sei deshalb sehr "diebstahlsgefährdet" gewesen. Nach dem erwarteten Schrecken bei dem Zeugen B. über das Abhandenkommen des Geldes habe er das Geld dem Zeugen B. wieder aushändigen und dabei bemerken wollen, man dürfe die Asservate bei der Durchsuchung nicht herumliegen lassen. Das ausländische Geld habe er zu Beginn der Durchsuchung in seine Hosentasche gesteckt, da es keine Tüten gegeben habe, in denen er das Geld hätte asservieren können. Er habe nicht gewusst, wo er das Geld hätte ablegen sollen.
In der Hauptverhandlung behauptete der Beamte erstmals, er habe den Zeugen B. zweimal vergeblich aufgefordert, das von ihm gefundene Geld asservieren zu lassen. Als er die 4 000 DM an sich genommen habe, habe er das Geld dem Zeugen B. in den Keller bringen wollen. Dort habe er festgestellt, dass sich auch der Zeuge Ba. im Keller befunden habe, vor dem er seinen Kollegen nicht habe bloßstellen wollen, so dass er es unterlassen habe, dem Zeugen B. das in seiner Hosentasche befindliche Geld zu übergeben. Als er kurze Zeit danach in der Nähe seines Fahrzeuges gewesen sei, habe er jemanden seinen Namen rufen hören. Da er damit gerechnet habe, dass das Verschwinden des Geldes zeitgleich aufgefallen sei und ihm keiner seine Geschichte über den Grund der Ansichnahme des Geldes glauben würde, habe er sich spontan entschlossen, die 4 000 DM in seinen Rucksack zu stecken. Dies habe er auch mit den ausländischen Geldscheinen getan, die er zuvor in seine Hosentasche gesteckt und dort völlig vergessen habe. Als er dieses Geld wieder in der Hand hielt, habe er es in ein anderes Fach seines Rucksacks gesteckt. Später habe er nicht den Mut gehabt, diesen Sachverhalt aufzuklären.
Das Bundesdisziplinargericht hat die Einlassung des Beamten, er habe dem Zeugen B. einen Denkzettel verpassen wollen, als nicht glaubhafte Schutzbehauptung gewertet. Die Kammer habe keine vernünftigen Zweifel daran, dass der Beamte im Rahmen der Hausdurchsuchung die 4 000 DM und die ausländischen Devisen weggenommen habe, um sich das Geld zuzueignen. Gegen die Richtigkeit der "Denkzettelversion" des Beamten sprächen seine widersprüchlichen Einlassungen. Nachdem er die Tat zunächst am 20. Juni 2000 und am 21. Juni 2000 mehrfach geleugnet habe, habe er die Wegnahme des Geldes einen Monat später im Strafverfahren durch seinen Anwalt erstmals eingeräumt, ohne dass er in seinem Geständnis ein Motiv für die Tat genannt habe. Das Motiv des "Denkzettels" für den Zeugen B. habe er erstmals nach weiteren vier Monaten im November 2000 genannt. Dass er diese für ihn günstige Version nicht bereits vier Monate zuvor vorgetragen habe, spreche gegen die Richtigkeit seiner späteren Einlassung.
Nicht glaubhaft sei auch die erstmals in der Hauptverhandlung von dem Beamten aufgestellte Behauptung, er habe den Zeugen B. zweimal vergeblich aufgefordert, das von ihm gefundene Geld asservieren zu lassen. Der Zeuge B. habe eine entsprechende Aussage des Beamten weder in seinen beiden Vernehmungen im Strafverfahren noch bei seiner Vernehmung im Untersuchungsverfahren bestätigt. Im Rahmen seiner umfangreichen Aussagen zu dem Tatgeschehen hätte der Zeuge B. mit Sicherheit darüber berichtet, wenn der Beamte ihn vor dem Verschwinden des Geldes zweimal vergeblich aufgefordert hätte, das Geld asservieren zu lassen. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, warum der Zeuge B. diese den Beamten entlastenden Erklärungen hätte verschweigen sollen. Gegen den Beamten spreche insoweit auch, dass er die Behauptung, er habe den Zeugen B. zweimal vergeblich zur Asservierung des Geldes aufgefordert, erstmals in der Hauptverhandlung vorgetragen habe. Wenn dies tatsächlich der Fall gewesen wäre, hätte es nahe gelegen, diese entlastende Behauptung bereits im Strafverfahren oder im Untersuchungsverfahren vorzutragen.
Gegen den Beamten spreche auch, dass die Ablage des Geldes durch den Zeugen B. auf der Fensterbank nicht zu beanstanden gewesen sei. Der Zeuge B. habe hierzu ausgesagt, er habe keine Bedenken gehabt, den Geldbeutel unbewacht im Zimmer liegen zu lassen. Dies sei bei solchen Durchsuchungen, die er mit dem Beamten jahrelang gemacht habe, nicht unüblich gewesen, weil keine Fremdpersonen in den Untersuchungsräumen gewesen seien. Im Übrigen habe das Handeln des Zeugen B. auch der Anweisung der Zeugin W. entsprochen, die dem Zeugen B. gesagt hatte, er solle den Geldbeutel auf das Fenstersims ablegen.
Wenig glaubhaft sei die "Denkzettelversion" des Beamten hier auch wegen des kollegialen und freundschaftlichen Verhältnisses, das ihn mit dem Zeugen B. nach dessen Aussage und nach der Aussage des Zeugen F. verbunden habe. Dagegen spreche auch der Umstand, dass der erfahrene Zeuge B. keine Belehrung durch den jüngeren Beamten gebraucht habe und dass die schwierige Durchsuchungssituation völlig ungeeignet gewesen sei, den Zeugen B. zu erschrecken.
Die Vorgehensweise des Beamten in der von den Zeugen übereinstimmend als schwierig beschriebenen Durchsuchungssituation spreche vielmehr gegen ein kurzschlussartiges Verhalten des Beamten. Es spreche viel dafür, dass er das Geld zu einem Zeitpunkt in seinem Rucksack versteckt habe, als er sich weisungswidrig bei seinem Fahrzeug befunden habe. Durch den Zeugen Ba. sei er nämlich aufgefordert worden, einen Karton mit Beweismitteln zur Asservierung durch die Zeugin W. zu bringen. Dies habe er jedoch nicht getan, sondern den Karton weisungswidrig in das Fahrzeug des Zeugen R. gebracht und diese Gelegenheit genutzt, das Geld in seinem Rucksack zu verstecken. Die Behauptung des Beamten in der Hauptverhandlung, er habe den Karton auf Anweisung des Zeugen Ba. in das Fahrzeug des Zeugen R. gebracht, halte die Kammer aufgrund der Aussagen der Zeugen Ba. und B. für widerlegt. Der Zeuge Ba. habe im Strafverfahren und im Untersuchungsverfahren ausgesagt, der Karton habe wie die anderen Beweismittel zu der Zeugin W. zur Registrierung gebracht werden sollen. Dies habe er auch deutlich zu den im Keller anwesenden Beamten gesagt. Der Zeuge B., der sich zu diesem Zeitpunkt im Keller befunden habe, habe die Richtigkeit der Aussage des Zeugen Ba. bestätigt und erklärt, der Karton sollte nach oben zur Zeugin W. zum Asservieren gebracht werden. Er habe dem Beamten beim Tragen helfen wollen. Dieser habe aber gesagt, er könne dies allein.
Anhaltspunkte, warum die Zeugen B. und Ba. insoweit die Unwahrheit gesagt haben sollten, seien nicht erkennbar, so die Vorinstanz. Die Aussage der Zeugin W., der Zeuge Ba. habe ihr gegenüber am Abend gesagt, der Beamte habe den Karton in den Dienstwagen bringen sollen, sei nicht geeignet, die übereinstimmenden Aussagen der Zeugen Ba. und B. zu widerlegen. Anders als die Zeugen Ba. und B. sei die Zeugin W. zum Zeitpunkt der streitigen Anweisung des Zeugen Ba. an den Beamten nicht im Keller anwesend gewesen. Ihre Aussage möge daher auf einem Missverständnis zwischen ihr und dem Zeugen Ba. beruht haben. Abgesehen davon habe jedoch auch sie erklärt, richtig wäre es gewesen, den Karton nicht ins Fahrzeug, sondern zu ihr zur Asservierung zu bringen.
Wenig überzeugend habe die Kammer auch die Antwort des Beamten auf die Frage des Beauftragten des Bundesdisziplinaranwalts in der Hauptverhandlung gefunden, warum er aus der Geldbörse nur die 4 000 DM entnommen und den Zeugen B. auch nur auf dieses Geld habe aufmerksam machen wollen. Der Beamte habe darauf erwidert, den Geldbeutel mit den übrigen 1 100 DM habe er deshalb nicht mit in den Keller genommen, weil ihm nicht bekannt gewesen sei, ob die Geldscheine und der Geldbeutel überhaupt asserviert werden sollten. Diese Einlassung erscheine im Hinblick auf den Gegenstand des Durchsuchungsverfahrens wenig glaubhaft. Aufgrund der Tatsache, dass die Durchsuchung im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Bankraubes, Geldwäsche etc. stattgefunden habe, sei es selbstverständlich gewesen, dabei aufgefundene Geldbörsen einschließlich darin befindlicher Geldbeträge zu asservieren. Da der Beamte nach eigenem Bekunden den Zeugen B. nur habe erschrecken wollen, sei es für die Kammer nicht nachvollziehbar, warum er dem Zeugen B. nur wegen der 4 000 DM und nicht wegen des gesamten Inhalts der Geldbörse einen Schrecken habe einjagen wollen.
Gegen den Beamten spreche auch die Aussage der Zeugin W., sie könne sich noch daran erinnern, dass die Beamten vom Zollfahndungsamt vorab hätten gehen wollen. Der Zeuge B. habe dies bestätigt und ausgesagt, der Beamte sei der Grund für dieses Anliegen gewesen. Er habe möglichst rasch zur Dienststelle zurückgewollt, um mit anderen Kollegen nach Hause zu fahren. Für die Kammer sei es wegen des weggenommenen Geldes nachvollziehbar, dass der Beamte den Wunsch gehabt habe, den Tatort möglichst bald unter einem Vorwand zu verlassen.
Besonders belastet werde der Beamte hier auch wegen der ausländischen Geldscheine, die in seinem Rucksack gefunden worden seien. Die Kammer glaube dem Beamten seine Einlassung nicht, er habe dieses Geld zunächst in seiner Hosentasche vergessen. Es sei nicht glaubhaft, dass der Beamte das ausländische Geld
gerade bei einer Durchsuchungsaktion vergessen haben wolle, bei der er weitere 4 000 DM verbotswidrig an sich genommen habe.
Gegen die Version des Beamten spreche schließlich auch, dass er gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom 13. März 2001, durch den er wegen Diebstahls zur Zahlung von 9 000 DM verurteilt worden war, keinen Einspruch eingelegt habe.
Durch sein Verhalten habe der Beamte - so das Bundesdisziplinargericht - vorsätzlich gegen seine Pflichten zur Uneigennützigkeit (§ 54 Satz 2 BBG) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 54 Satz 3 BBG) verstoßen und damit ein Dienstvergehen i.S.des § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG begangen. Das Dienstvergehen mache wegen seines Gewichts die Entfernung des Beamten aus dem Dienst erforderlich. Durchgreifende Milderungsgründe lägen nicht vor.
3. Gegen dieses Urteil hat der Beamte rechtzeitig Berufung eingelegt und diese durch seinen Verteidiger im Wesentlichen wie folgt begründet:
Das Urteil sei bereits deshalb fehlerhaft, weil es keine vollständige Urteilsformel enthalte. Die Formel benenne nur die Rechtsfolgen und keinen Schuldspruch. Es genüge nicht, dass sich dieser aus den Urteilsgründen ergebe.
Die Urteilsfeststellungen seien sachverhaltlich in wesentlichen Punkten unrichtig. Das Bundesdisziplinargericht habe in der Beweisaufnahme keinen einzigen Zeugen gehört und lediglich Zeugenaussagen verlesen, ohne die Widersprüche in den Zeugenaussagen zu bewerten. Das Gericht nehme eine grob fehlerhafte Beweisbewürdigung vor, indem es die anwaltliche Erklärung aus dem Schriftsatz vom 24. Juli 2000 zum Nachteil des Beamten werte. Das Gericht glaube ihm nicht, weil er seine Verteidigungsargumente nicht schon im ersten Schriftsatz vorgetragen habe. Zweck dieser Voraberklärung sei es gewesen, die Staatsanwaltschaft zu veranlassen, jedwede weitere Ermittlung gegen andere Beamte einzustellen. Sie habe so kurz ausfallen müssen, weil der Beamte am 25. Juli 2000 für vier Wochen in die Ferien gefahren sei und auch sein Anwalt seinen Urlaub geplant habe. Notwendige Besprechungen hätten daher erst später stattfinden können. Die Erklärung im anwaltlichen Schriftsatz vom 24. Juli 2000, der Beamte habe die 4 000 DM an sich genommen, nicht aber zugeeignet, zeige bereits den Weg der Verteidigung auf. Der Beamte habe nach ursprünglichem Leugnen am Tag der Tat stets ohne Widersprüche erklärt, er habe das Geld an sich genommen, es sich aber bei der Wegnahme nicht zueignen wollen. Der Umstand, dass er erst später mit anwaltlichem Schriftsatz vom November 2000 den Hintergrund und die Motivation seiner Tat dargelegt habe, dürfe ihm nicht zum Nachteil ausgelegt werden. Es sei ständige Rechtsprechung, dass aus dem Zeitpunkt der Einlassung dem Beschuldigten kein Nachteil erwachsen dürfe, weil andernfalls die Aussagefreiheit des Beschuldigten verletzt würde. Auch über die Bewertung eines Teilschweigens dürfe keine nachteilige Beweiswürdigung erfolgen. In den Erklärungen des Beamten vom 24. Juli und 27. November 2000 gebe es keine Widersprüche. Die Beweiswürdigung des Bundesdisziplinargerichts, dass der Beamte die für ihn günstige Version nicht bereits vier Monate zuvor vorgetragen habe, spreche gegen die Richtigkeit seiner späteren Einlassung, sei rechtsfehlerhaft und benachteilige den Beamten.
Das Bundesdisziplinargericht habe den Beamten in der Hauptverhandlung ergänzend befragt und der Beamte habe ergänzende Sachausführungen gemacht. Die Beweiswürdigung, der Zeuge B. habe zu diesen neuen Ausführungen zu seiner früheren Zeugenaussage nichts erklärt, enthalte eine unzulässige Beweisantizipation. Die Glaubwürdigkeit des Beamten könne nicht darunter leiden, dass der Zeuge B. zu Umständen schweige, die er nicht gekannt habe und mit denen er niemals konfrontiert worden sei. Der Zeuge möge daher in der Berufungshauptverhandlung vernommen werden.
Das belastende Urteil sei im Wesentlichen auf die Überzeugung des Gerichts gestützt, der Beamte habe entgegen der Weisung des Zeugen Ba. einen Karton mit Beweismitteln zu einem Dienstfahrzeug gebracht. Der Beamte wisse sicher, dass er eine entsprechende Weisung des Zeugen Ba. erhalten habe. Dies bestätige auch die schriftliche Zeugenerklärung der Zeugin W. Diese Aussage stehe in Übereinstimmung mit der wiederholten Erklärung des Beamten, er habe den Karton direkt zum Dienstfahrzeug bringen sollen. Ohne weitere Beweisaufnahme habe das Bundesdisziplinargericht hingegen angenommen, dass die Aussage der Zeugin W. auf einem Missverständnis zwischen ihr und dem Zeugen Ba. beruht haben möge. Das Unmittelbarkeitsprinzip hätte verlangt, die Zeugin W. zu befragen, anstatt ohne weiteres eine von mehreren widersprüchlichen Aussagen zu favorisieren. Auf dieser nachteiligen Beweiswürdigung beruhe das Urteil.
Es sei schließlich fehlerhaft, wenn das Bundesdisziplinargericht aus der Tatsache, dass der Beamte gegen den Strafbefehl mit einer Rechtsfolge von 90 Tagessätzen, also unter der Eintragungsgrenze ins polizeiliche Führungszeugnis, keinen Einspruch eingelegt habe, nachteilige Schlüsse ziehe. Daraus dürfe kein Geständnis gefolgert werden. Es sei dem Beamten wesentlich daran gelegen gewesen, sein Fehlverhalten nicht zum Gegenstand einer öffentlichen Verhandlung zu machen. Das öffentliche Bekanntwerden einer Verfehlung sei im Disziplinarrecht ein wesentlicher rechtsfolgenrelevanter Umstand.
Der Beamte wehre sich gegen die fehlerhafte Beweiswürdigung, er habe das Geld geplant und gezielt wegnehmen und zu seinem eigenen Vorteil an sich nehmen wollen (Zueignungsabsicht). Das sei nicht der Fall. Das Verhalten des Beamten nach Entdecken der Wegnahme spreche gegen jede Planung und lasse das Leugnen der Wegnahme in der hochangespannten Situation noch während der Durchsuchung verständlich erscheinen. Es handele sich ersichtlich um einen sachverhaltlich besonders gelagerten Fall. Die Rechtsfolgen für das zu beanstandende Verhalten des Beamten müssten deshalb geringer als die Entfernung aus dem Dienst bemessen werden.

II


Die Berufung des Beamten hat keinen Erfolg.
Das Disziplinarverfahren ist nach bisherigem Recht, d.h. auch nach In-Kraft-Treten des Bundesdisziplinargesetzes am 1. Januar 2002 nach den Verfahrensregeln und -grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen (vgl. zum Übergangsrecht z.B. Urteil vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - NVwZ 2002, 1515).
Das Rechtsmittel ist unbeschränkt eingelegt, da der Beamte eine Zueignungsabsicht bestreitet. Der Senat hat deshalb den Sachverhalt selbst festzustellen und disziplinarrechtlich zu würdigen.
Entgegen der Auffassung der Berufung ist das erstinstanzliche Urteil nicht bereits aus formalen Gründen zu beanstanden. Es enthält keine unvollständige Urteilsformel. Diese muss nicht den Anforderungen des § 260 Abs. 4 StPO genügen (vgl. auch Behnke, BDO, 2. Aufl., § 25 Rn. 12). Es gilt hier § 76 Abs. 1 BDO. Danach kann das Urteil im Falle einer Verurteilung nur auf eine Disziplinarmaßnahme lauten.
Auch in der Sache selbst bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.
1. Der Senat kommt nach erneuter Überprüfung des dem Beamten vorgeworfenen Sachverhalts zu den gleichen Feststellungen wie das Bundesdisziplinargericht.
Die Ansichnahme der Geldscheine hat der Beamte eingeräumt; der Wegnahmetatbestand ist daher unstreitig. Nach Durchführung der Hauptverhandlung ist der Senat davon überzeugt, dass der Beamte den subjektiven Tatbestand des Diebstahls erfüllt hat. Er hat mit Zueignungsabsicht gehandelt. Dies gilt auch für die Wegnahme und Zueignung der ausländischen Geldscheine. Gründe zu vernünftigen Zweifeln sind zur Überzeugung des Senats nicht gegeben.
Der Beamte ist in der Hauptverhandlung vor dem Senat im Wesentlichen bei der schon früher schriftsätzlich dargelegten Tatversion verblieben: Er habe zunächst bei und nach Verlassen des Zimmers zweimal vergeblich auf die Bedenklichkeit der weiteren Lagerung des Geldbeutels auf der Fensterbank hingewiesen. Der Zeuge B. habe darauf nicht reagiert. Er selbst habe das Geld für gefährdet gehalten und es bei einer sich alsbald bietenden Gelegenheit an sich genommen und in die Hosentasche gesteckt, um B. später einen Schrecken einzujagen bzw. ihm einen Denkzettel zu verpassen. Als er sich schließlich in den Keller begeben habe, um dem dort befindlichen Zeugen zum genannten Zweck das Geld auszuhändigen, habe sich dort auch noch der Zeuge Ba. befunden. Da er B. im Beisein eines Dritten nicht habe desavouieren wollen, habe er seinen Plan zunächst nicht ausgeführt. Auf Weisung Ba. habe er dann einen Umzugskarton mit nicht identifiziertem Papier - der Karton sollte mitsamt Inhalt asserviert werden - nach draußen zum Einsatzwagen getragen, in dem der Zeuge R. gesessen habe, der seine Arbeit bereits erledigt gehabt habe. Nachdem er den Karton im Kofferraum zu anderen Asservaten abgestellt habe, sei er zum eigenen Dienstfahrzeug gegangen, um es vor dem Fahrzeug des Zeugen R. auf einen Schattenplatz umzusetzen und die vorderen Fenster herunterzukurbeln. Zwischen dem eigenen Dienstfahrzeug und dem des Zeugen R. habe noch ein weiteres Fahrzeug gestanden. Als er damit fertig gewesen sei, habe man plötzlich, nach seinem Eindruck von oben aus dem Schlafzimmer heraus, in dem der Geldbeutel gefunden worden sei, nach ihm gerufen. Er meine, die Stimme des Zeugen B. gehört zu haben. Da sei ihm schlagartig klar geworden, dass jetzt alles zu spät sei, weil der Verlust des Geldes aufgefallen sei und er selbst nunmehr unter Verdacht stehen werde, wenn sich herausstelle, dass er das Geld habe. Er sei in Panik geraten und habe hastig das Geld in seinen Rucksack gesteckt, um sich sodann zum Haus zu begeben. Auf Vorhalt gab der Beamte noch an: Er selbst habe das Geld schon in Händen gehabt, als B. es ihm gezeigt habe, um ihn zu fragen, ob das Geld wohl sichergestellt werden müsse. Handschuhe seien bei der Durchsuchungsaktion nicht getragen worden. Der Weisung Ba., den Umzugskarton nach draußen zu bringen, habe er folgen müssen, weil die Zeugin W., die eine Registrierung aller Asservate an Ort und Stelle angeordnet gehabt habe, zwar die Einsatzleiterin der Durchsuchungsmaßnahme, der Zeuge Ba. aber der Sachbearbeiter des Ermittlungskomplexes gewesen sei. Entgegen der Aussage des Zeugen B. habe dieser ihm nicht angeboten, ihm beim Tragen zu helfen; das sei auch nicht nötig gewesen, weil der Karton so schwer nicht gewesen sei. Es sei richtig, dass er, bevor er sich in das Haus begeben habe, "im Vorbeilaufen" den Zeugen R. gebeten habe, auf den Dienstwagen der Zollbeamten mit den heruntergekurbelten Fenstern Obacht zu geben, was dieser zugesagt habe, obwohl er, wie er später gesagt habe, den Dienstwagen der Zollbeamten gar nicht habe sehen können. Dass womöglich jemand einem anderen das Geld in die Tasche gesteckt haben könne, habe er nicht gesagt.
2. Der Senat bewertet diese Einlassung des Beamten, insbesondere die "Denkzettel"-Version, als Schutzbehauptung. Sie ist nicht glaubhaft und durch Teile der Aussage selbst - soweit diesen gefolgt werden kann - sowie durch die Aussagen der Zeugen widerlegt.
a) Schon das Ansichnehmen des Geldes, um es in die Hosentasche zu stecken, stellt einen ermittlungstechnischen "Kunstfehler" dar, den man dem erfahrenen, wiederholt überdurchschnittlich beurteilten und zügig bis in das zuletzt innegehabte Amt beförderten Beamten bei Besonnenheit nicht unterstellen kann. Die Durchsuchungsaktion fand statt, um Raubtäter zu überführen. Erst kurz vor Auffinden des Geldbeutels hatte der Beamte bei der ersten Durchsuchung des Kellers wahrnehmen können, dass die Polizeibeamten den Plastiksack, u.a. mit Geldscheinen ausländischer Währungen, nur mit Handschuhen öffneten, allein um den darin auch enthaltenen Revolver herauszunehmen und zu registrieren, um sodann alles wieder im Plastiksack zu verknoten, und zwar auch, um sicherzustellen, dass die Scheine daktyloskopisch untersucht werden können. Der Beamte jedenfalls hat darauf bestanden, dass er selbst es gewesen sei, der den von B. aufgefundenen Beutel zur Zeugin W. gebracht habe. Auch die Zeugin sagte bei den Vorermittlungen und im Untersuchungsverfahren in diesem Sinne aus. Von daher musste sich dem fachkenntnisreichen Beamten aufdrängen, dass er nicht einfach mit bloßen Händen die (neuen) Geldscheine aus dem Geldbeutel nehmen und in die Hosentasche stecken durfte. Dass er selbst keine Handschuhe trug, ergibt sich auch aus seinen anfänglichen Einlassungen, in denen er auf Befragen nicht in Abrede stellen wollte, die Scheine schon in Händen gehabt zu haben, so dass sich auf ihnen Fingerspuren von ihm finden könnten. Dies kann nicht geschehen sein, als der Zeuge B. ihm die Geldscheine zeigte; denn bei dieser Gelegenheit trug der Zeuge B. nach seinen früheren Aussagen Handschuhe und nahm er die Scheine aus dem Geldbeutel nur heraus, um sie vorzuzeigen, ohne sie aus den Händen zu geben. So bestätigen dies auch die Zeugen Ba. und W., denen der Zeuge ebenfalls auf diese Weise die Scheine gezeigt hatte.
b) Der Plan des Beamten, dem Zeugen B. dadurch einen Schrecken einzujagen, dass er das Geld zunächst an sich nahm, um es ihm dann unter vier Augen zu zeigen, war außerdem zum angestrebten Zweck gänzlich ungeeignet. B. war ja
bekannt, dass der Beamte wusste, was sich in dem Beutel auf der Fensterbank befand. Er vertraute ersichtlich darauf, dass aus dem Kreis der an der Durchsuchung beteiligten Kollegen sich niemand an dem Geldbeutel vergreifen würde. Mit seinem Vorhaben hätte der Beamte dem Zeugen also keinen Denkzettel verpassen und ihm auch keinen Schrecken einjagen können. Im Beisein Dritter wäre dies zwar möglich gewesen, der Zeuge B. wäre dann, wenn die übrigen Anwesenden sein Verhalten als fehlerhaft eingestuft hätten, bloßgestellt worden. Ob diese Ansicht so eindeutig geteilt worden wäre, mag dabei offen bleiben; denn jedenfalls wollte der Beamte, wie er immer wieder bekundet hat, den Zeugen gerade nicht im Beisein Dritter bloßstellen.
Darüber hinaus wäre das "kunstfehlerhafte" Verhalten des Beamten auch deshalb als eindeutig überzogen nicht veranlasst gewesen, weil der Beamte den Zeugen B. zuvor nicht auf den Fehler einer ungesicherten Lagerung des Geldes hingewiesen hatte. Der Beamte behauptet dies zwar, er will sogar zweimal darauf hingewiesen haben. Jedoch ist er darauf erst nach Abschluss des Strafverfahrens verfallen. Ein Grund, warum er diesen wesentlichen Baustein seiner heutigen Version damals unerwähnt gelassen hat, ist dem Senat nicht ersichtlich. Verteidigungstaktische Gründe können es nicht gewesen sein. Der Zeuge hingegen hat diese Behauptung durchgängig in Abrede gestellt. Der Senat hält den Zeugen insoweit für glaubhaft, weil er bis heute keinen Grund sieht, warum sein Verhalten zu beanstanden gewesen sein soll. Subjektiv hatte und hat er also keinen Grund, irgendetwas zu leugnen. Darüber hinaus wäre das Verhalten des Zeugen auch zu Zwecken der Sicherstellung des Geldes vor einer Wegnahme durch Dritte vernünftigerweise - weil eindeutig
überzogen - nicht zu rechtfertigen gewesen. Ein einfacher Hinweis an die Zeugin W. darauf, dass sich auf der Fensterbank ein Geldbeutel mit einem größeren Geldbetrag befinde, der, da sie, die Zollbeamten, nun in den Keller gehen müssten, nicht länger ungeschützt herumliegen sollte, hätte aus der Sicht des Beamten genügen müssen, um geeignete Maßnahmen zu veranlassen.
c) Die Einlassung des Beamten ist weiterhin deshalb als nicht glaubhafte Schutzbehauptung zu würdigen, weil der Beamte sehenden Auges die letzten Chancen hat verstreichen lassen, dem Zeugen B. von Dritten unbeobachtet das Geld zu geben. Diese Gelegenheit hätte sich beim Heraustragen des Umzugskartons aus dem Keller ergeben. Dabei kann dahinstehen, ob der Zeuge Ba. dem Beamten, wie dieser behauptet, ausdrücklich die Weisung erteilt hat, den Karton sogleich nach draußen zum Einsatzwagen zu tragen: Der Zeuge Ba. hat das Gegenteil ausgesagt; die Zeugin W. will sich an Äußerungen erinnern, die eher für die Version des Beamten sprechen könnten; der Zeuge B. hatte sich im Untersuchungsverfahren eher in einem Sinne eingelassen, dass man die Aussage des Zeugen Ba. als bestätigt hätte ansehen können. Heute erinnert sich der Zeuge B. eher anders. Auf die unterschiedlichen Aussagen kommt es deshalb nicht an, weil der Beamte einer entsprechenden Weisung zwar hätte folgen können, in Kenntnis des Bestrebens um korrekte, d.h. vollständige Registrierung der Asservate durch die Einsatzleiterin aber auch anders hätte handeln können. Das hätte ihm keinen Vorwurf eintragen können. Außerdem hätte der Beamte das Angebot des Zeugen B. annehmen können, ihm bei Tragen des Umzugskartons zu helfen. Diesen Teil der Aussagen des Zeugen hält der Senat für glaubhaft. Der Zeuge hat durchgehend daran festgehalten. Eine Belastung des Beamten war damit auch ersichtlich nicht intendiert. Die Erwähnung des Hilfsangebots widerspricht sogar der Annahme des Versuchs einer Distanzierung des Zeugen von dem Beamten. Anhaltspunkte für eine nachhaltige Spannung zwischen dem Beamten und dem Zeugen waren auch vor dem Senat nicht zu erkennen, wurden auch von dem Beamten nicht berichtet.
Der Beamte musste auch erkannt haben, dass es inzwischen dringend an der Zeit war, dafür zu sorgen, dass das Geld dorthin gelangte, wo es hingehörte. Ein Teil der Beamten war bereits vom Einsatzort entlassen, unter anderem die Beamten, die ihn mit zum Dienst genommen hatten. Der Zeuge R. hatte seine Tätigkeit ebenfalls beendet und wartete im Einsatzwagen auf die Abfahrt. Auch die beiden Zollbeamten hatten gefragt, ob sie schon fahren könnten, zunächst der Beamte, dann sich ihm anschließend auch der Zeuge B. Das scheiterte jedoch letztlich daran, dass oben im Gebäude noch die Registrierung der Asservate durchzuführen war und die Zeugin W. darauf bestand, dass zumindest einer der beiden Zollbeamten ihr die von ihnen aufgefundenen Asservate vorlegte. Statt die Nähe zu B. zu suchen oder doch zumindest im Hause zu bleiben, begab sich der Beamte nach draußen. Zwar mag er die Aufforderung an B. und die Entscheidung B., an der Erfassung der Asservate mitzuwirken, nicht mitbekommen haben. Ihm musste jedoch klar sein, dass die Durchsuchungsaktion zu Ende ging. Einen entsprechenden Wunsch hatte er ja zusammen mit B. geäußert; der Vorbereitung der bevorstehenden Abfahrt diente letztlich auch das Umsetzen des Fahrzeugs und das Öffnen der Fenster desselben durch den Beamten.
d) Für widerlegt durch die von dem Beamten und den Zeugen geschilderten Umstände hält der Senat auch die Einlassung des Beamten, dass er in Panik geraten sei. Er hat nicht hastig und kopflos das Geld in den Rucksack gesteckt, um sodann in das Haus zu laufen. Vielmehr konnte er das deutsche und das ausländische Geld noch in zwei verschiedene Taschen zu stecken und fand er noch Zeit zu der Überlegung, den Zeugen R. darum zu bitten, auf den geöffneten Wagen Acht zu geben. Der Zeuge hat von einem hastigen Zuruf im Vorbeilaufen oder einer sonstigen Auffälligkeit des Verhaltens des Beamten in dieser Situation nicht berichtet.
Bestätigt sieht sich der Senat in der Würdigung des Verhaltens des Beamten auch durch dessen Umgang mit den Geldscheinen ausländischer Währung, die er ebenfalls in die Hosentasche gesteckt, angeblich um sie später asservieren zu lassen, und dann, wie er sich einlässt, vergessen hatte. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine vollkommen unglaubhafte Schutzbehauptung. Auch hier muss sich der überdurchschnittlich beurteilte Beamte wieder vorhalten lassen, dass ihm ein derart unprofessionelles Verhalten nicht zuzutrauen ist. Selbstverständlich musste er sicherstellen, dass die Scheine und ihr genauer Fundort von der Einsatzleitung zur Kenntnis genommen wurden, um ihr Folgeentscheidungen zu ermöglichen, so wie dies auch im Umgang mit dem Plastiksack geschehen ist. Schlechthin unvorstellbar ist aber, dass der Beamte vergessen haben will, dieses Geld in die Hosentasche gesteckt zu haben. Spätestens als er vier Eintausendmarkscheine in die andere Hosentasche steckte, muss ihm bewusst geworden sein, dass er vor einigen Augenblicken sich schon einmal Geld in die Tasche gesteckt hatte. Dass er in der Folgezeit sich des deutschen Geldes in seinen Taschen bewusst geblieben sei, das ausländische Geld hingegen vergessen hätte, ist schlicht nicht nachzuvollziehen.
Bei dieser zur Überzeugung des Senats eindeutigen Beweislage, die vernünftige Zweifel an der Überzeugung von der frühzeitigen Zueignungsabsicht des Beamten nicht aufkommen lässt, kann der Beamte sich auf die angebliche Unsinnigkeit seines Verhaltens als Gegenindiz nicht berufen. Als von vornherein objektiv unsinnig musste sich ihm der Versuch einer Zueignung nicht darstellen. Es ist richtig, dass die Zeugen B., Ba. und W. das Geld gesehen hatten und der Beamte sich dessen bewusst gewesen sein muss. Der Kreis der potentiellen Täter war jedoch verhältnismäßig groß und die Durchsuchungsmaßnahme war recht unübersichtlich verlaufen. Der Beamte konnte auch im Sinn gehabt haben, in der sich anbahnenden Aufbruchsituation vor der abschließenden Registrierung der vorläufig sichergestellten Gegenstände zusammen mit B. und - unbemerkt auch von diesem - mit dem Geld davonfahren zu können.
3. Das vorsätzlich begangene Dienstvergehen (§ 54 Satz 2 und 3, § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG) wiegt schwer und rechtfertigt den Ausspruch der disziplinarischen Höchstmaßnahme. Die Zueignung der im Rahmen der polizei- und zollfahndungsdienstlichen Hausdurchsuchung aufgefundenen Gelder stellt sich disziplinarrechtlich als Zugriff auf dienstlich anvertraute oder zugängliche Güter dar. Der Beamte hat nicht nur einen Diebstahl anlässlich einer Dienstausübung begangen (vgl. dazu z.B. BVerwGE 83, 237: Postzustellbeamter begeht anlässlich des Zustellganges einen Diebstahl gegenüber Dritten), sondern hat bei seiner dienstlichen Tätigkeit (Hausdurchsuchung) beschlagnahmtes und zu asservierendes, d.h. ihm dienstlich zugängliches Geld in Zueignungsabsicht an sich genommen (vgl. dazu auch Urteil vom 23. Mai 2001 - BVerwG 1 D 12.00 m.w.N.: Entwendung von Gegenständen im Rahmen einer zollamtlichen Beschau). Wie die Vorinstanz zu Recht ausgeführt hat, ist in einem solchen Fall die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in der Regel nur dann möglich, wenn ein in der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund gegeben ist. Daran mangelt es hier.
Der allein in Betracht kommende Milderungsgrund einer einmaligen, persönlichkeitsfremden Gelegenheitstat in einer "besonderen Versuchungssituation" (vgl. dazu z.B. Urteil vom 3. Februar 2004 - BVerwG 1 D 27.03 m.w.N.) scheidet im Falle des Beamten aus. Das Auffinden eines größeren Geldbetrags und ausländischer Geldscheine bei einer Durchsuchungsaktion , die u.a. einem "Geldwäsche"-Delikt galt,
ist für einen bei einer solchen Aktion eingesetzten Ermittlungsbeamten im Zollfahndungsdienst eine alltägliche dienstliche Situation, die einen erfahrenen und überdurchschnittlich beurteilten Beamten weder überraschen noch "kopflos" machen kann. Für eine schockartig ausgelöste psychische Ausnahmesituation (vgl. zu diesem Milderungsgrund z.B. Urteil vom 3. Februar 2004 a.a.O.) haben sich in der Berufungsverhandlung ebenfalls keinerlei Anhaltspunkte ergeben. Selbst beim Verstecken der Geldscheine in seinen privaten Rucksack ist der Beamte noch planvoll und umsichtig vorgegangen. Dass er in der Wartesituation nach Bekanntwerden des Verschwindens der Scheine Anzeichen von Nervosität zeigte, ist nachvollziehbar, weil nunmehr die Furcht vor der Entdeckung der bereits vorher stattgefundenen Aneignung sichtbar zutage trat.
4. Der Ausspruch der Entfernung des Beamten aus dem Dienst ist auch nicht unverhältnismäßig.
Das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung (vgl. BVerfGE 46, 17, 29). Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von dem Betroffenen hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinarische Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung den Zweck der Generalprävention. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen - wie im vorliegenden Fall -,
so erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als geeignete und erforderliche Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. So verhält es sich regelmäßig bei den Zugriffsdelikten. Liegt keiner der anerkannten Milderungsgründe vor, ist bei ihnen die Entfernung aus dem Dienst auch angemessen. Dabei kommt es nicht auf das Verhältnis zwischen den von dem Beamten durch das Dienstvergehen erlangten Vorteil und den durch die Disziplinarmaßnahme bewirkten Nachteilen an. Abzuwägen sind vielmehr das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastungen andererseits. Liegt einer der Milderungsgründe vor, kann noch ein Rest an Vertrauen
als vorhanden angenommen werden. Ist das Vertrauensverhältnis gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als vorhersehbare Rechtsfolge vergleichbarer Pflichtverletzungen zuzurechnen (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 27. September 2000 - BVerwG 1 D 24.98 -; vgl. auch BVerfG - 3. Kammer -, Beschluss vom 21. Dezember 1988 - 2 BvR 1522/88 -). Dabei ist in die Abwägung einzustellen, dass der Beamte mit der Entfernung aus dem Dienst keineswegs auf Dauer ohne Versorgung dasteht; denn er ist in der Rentenversicherung nachzuversichern (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 SGB VI).
5. Mit dem bewilligten Unterhaltsbeitrag hat es sein Bewenden. Eine weitere Bewilligung nach Ablauf des Bewilligungszeitraums ist zwar grundsätzlich nicht ausgeschlossen (vgl. dazu z.B. Urteil vom 3. Februar 2004 a.a.O. m.w.N.); der Senat macht jedoch vorsorglich darauf aufmerksam, dass bei der Prüfung der Bedürftigkeit auch das dann aktuelle Einkommen der Ehefrau zu berücksichtigen sein wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 114 Abs. 1 Satz 1 BDO.