Beschluss vom 10.07.2007 -
BVerwG 7 B 31.07ECLI:DE:BVerwG:2007:100707B7B31.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 10.07.2007 - 7 B 31.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:100707B7B31.07.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 31.07

  • Sächsisches OVG - 27.03.2007 - AZ: OVG 4 B 707/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Juli 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Guttenberger
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. März 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 100 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Die Klägerin greift einen Bescheid des Beklagten an, mit dem der Betrieb einer Wasserkraftanlage aufgrund des Sächsischen Wassergesetzes untersagt wird. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen und zur Begründung insbesondere ausgeführt: Der Betrieb der Wasserkraftanlage sei eine Störung der öffentlichen Sicherheit, weil eine wasserrechtliche Gestattung hierfür erforderlich sei, aber nicht vorliege. Eine Ausnahme von der Gestattungspflicht bestehe nicht. Die Voraussetzung der hier allein in Betracht kommenden Ausnahmeregelungen über Altrechte (§ 136 SächsWG i.V.m. § 15 WHG) liege nicht vor. Falls ein altes Recht zum Betrieb der Wasserkraftanlage bestanden habe - was offen bleiben könne - , sei es durch eine Entscheidung der Staatlichen Gewässeraufsicht der DDR im Jahre 1988 erloschen. Die Voraussetzungen der Ausnahmebestimmungen lägen auch deshalb nicht vor, weil die Wasserkraftanlage am maßgeblichen Stichtag, dem 1. Juli 1990, nicht mehr funktionsfähig gewesen sei. Diese Stichtagsregelung sei verfassungsmäßig. Der Beklagte habe bei der Betriebsuntersagung sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Insbesondere sei der Betrieb der Anlage nicht legalisierbar.

II

2 Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, vgl. 1.). Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht auch nicht auf einer Abweichung von der in der Beschwerde genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, vgl. 2.). Schließlich liegt kein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, vgl. 3.).

3 1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss daher dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>).

4 Das Oberverwaltungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass keine Ausnahme von der wasserrechtlichen Gestattungspflicht aufgrund der Sonderregelungen über Altrechte vorliegt. Es hat seine Entscheidung insoweit auf zwei selbständig tragende Gründe gestützt. Falls ein altes Recht bestanden habe, sei dies durch eine Entscheidung der Staatlichen Gewässeraufsicht der DDR erloschen. Außerdem sei die Wasserkraftanlage am maßgeblichen Stichtag nicht mehr funktionsfähig gewesen. Die Revision könnte daher nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich beider Gründe ein geltend gemachter Revisionszulassungsgrund vorliegt.

5 Es kann dahinstehen, ob die grundsätzliche Bedeutung der Sache insoweit prozessordnungsgemäß dargelegt wird, als es um die Funktionsfähigkeit der Wasserkraftanlage geht. Jedenfalls soweit es um das Erlöschen eines möglicherweise bestehenden Rechts durch eine Entscheidung der Staatlichen Gewässeraufsicht geht, wird die grundsätzliche Bedeutung nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Vielmehr wird insoweit lediglich im Stile einer Berufungsbegründung die inhaltliche Richtigkeit der oberverwaltungsgerichtlichen Entscheidung angegriffen, ohne dass eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung wenigstens sinngemäß dargelegt würde. Hinsichtlich dieser selbständig tragenden Begründung liegt auch kein anderer Revisionszulassungsgrund vor (vgl. unten).

6 2. Das Berufungsurteil weicht auch nicht von der in der Beschwerde bezeichneten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Entscheidung vom 8. Juli 1971 - 1 BvR 766/66 - BVerfGE 31, 275 <289 f.>) ab. Das Oberverwaltungsgericht hat keinen von dieser Entscheidung abweichenden Rechtssatz ausdrücklich oder sinngemäß aufgestellt. Vielmehr rügt die Beschwerde allein die unrichtige Anwendung dieser Rechtsprechung im Einzelfall. Im Übrigen bezieht sich die Beschwerde insoweit lediglich auf die zweite selbständig tragende Begründung der angefochtenen Entscheidung (also auf das Vorhandensein funktionsfähiger Anlagen an einem Stichtag).

7 3. Schließlich liegt kein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

8 Soweit die Beschwerde rügt, das Oberverwaltungsgericht habe sich bei Auslegung der Entscheidung der Staatlichen Gewässeraufsicht aus dem Jahre 1988 über die Auslegung der Widerspruchsbehörde hinweggesetzt, wird kein Verfahrensfehler dargelegt. Im Übrigen ist ein Gericht selbstverständlich befugt, auch zu Lasten eines Klägers Vorgänge anders zu beurteilen als eine Behörde.

9 Das Oberverwaltungsgericht hat auch seine Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht verletzt.

10 Die Beschwerde rügt insoweit zum einen, das Berufungsgericht habe die Förderakten des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit zum Förderprogramm „Erneuerbare Energien“ nicht beigezogen. Hier wird schon nicht dargelegt, wieso sich dem Gericht ohne Beweisantrag der anwaltlich vertretenen Klägerin die Beiziehung hätte aufdrängen müssen und wieso sich aus diesen Akten Entscheidungserhebliches hätte ergeben können. Wie dieses Ministerium die wasserrechtliche Lage beurteilt hat, war für das Oberverwaltungsgericht erkennbar ohne Bedeutung.

11 Weiter meint die Beschwerde, das Gericht hätte Zeugen vernehmen müssen zu den Fragen der Rechtmäßigkeit, des Regelungsumfangs und des Zugangs der Entscheidung der Staatlichen Gewässeraufsicht aus dem Jahre 1988. Dies trifft nicht zu. Die Frage der Rechtmäßigkeit der damaligen Entscheidung ist eine Rechtsfrage. Tatsächliche Umstände, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit erheblich sein und durch Zeugenbeweis aufgeklärt werden könnten, legt die Beschwerde nicht dar. Den Regelungsumfang der damaligen Entscheidung hat das Berufungsgericht durch deren Auslegung unter Berücksichtigung der einschlägigen Bestimmungen des Wassergesetzes der DDR ermittelt. Welche Tatsachen für diese Auslegung noch erheblich gewesen wären und durch Zeugenbeweis hätten geklärt werden können, wird von der Beschwerde ebenfalls nicht dargelegt.

12 Mit der Frage, ob die Entscheidung damals dem Betroffenen bekanntgegeben wurde, hat sich das Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil näher auseinandergesetzt. Es hat Umstände genannt, die für die Bekanntgabe sprechen und ausgeführt, die Klägerin habe diese lediglich pauschal bestritten (UA S. 11). Angesicht dessen musste sich dem Gericht die vermisste Zeugenvernehmung ohne förmlichen Beweisantrag der Klägerin nicht aufdrängen.

13 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.