Beschluss vom 31.01.2008 -
BVerwG 6 B 61.07ECLI:DE:BVerwG:2008:310108B6B61.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 31.01.2008 - 6 B 61.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:310108B6B61.07.0]

Beschluss

BVerwG 6 B 61.07

  • Bayer. VG Ansbach - 02.10.2007 - AZ: VG AN 15 K 07.01870

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. Januar 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge
und Dr. Graulich
beschlossen:

  1. Die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 2. Oktober 2007 wird aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren und für das Revisionsverfahren - insoweit vorläufig - auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zuzulassen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht tragend auf der Erwägung, auf den vom Kläger absolvierten dualen Studiengang sei der Zurückstellungsgrund der „bereits begonnenen Berufsausbildung“ aus § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. c WPflG anzuwenden. Der erkennende Senat hat aber am 24. Oktober 2007 in der Parallelsache BVerwG 6 C 9.07 entschieden, dass auf derartige Fälle die Regelung aus § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. b WPflG anzuwenden ist.

2 Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG. Die vorläufige Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Rechtsmittelbelehrung
Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 6 C 10.08 fortgesetzt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091) einzureichen.
Für den Revisionskläger besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Der Revisionskläger muss sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften ferner durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. In derselben Weise muss sich jeder Beteiligte vertreten lassen, soweit er einen Antrag stellt.

Urteil vom 10.06.2008 -
BVerwG 6 C 10.08ECLI:DE:BVerwG:2008:100608U6C10.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 10.06.2008 - 6 C 10.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:100608U6C10.08.0]

Urteil

BVerwG 6 C 10.08

  • Bayer. VG Ansbach - 02.10.2007 - AZ: VG AN 15 K 07.01870

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Juni 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn, Büge, Dr. Graulich und Dr. Bier
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 2. Oktober 2007 wird aufgehoben.
  2. Die Klage wird abgewiesen.
  3. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I

1 Der am 4. November 1987 geborene Kläger wurde am 2. November 2006 als „wehrdienstfähig“ gemustert. Am 28. Januar 2007 beantragte er die Zurückstellung vom Wehrdienst wegen einer Berufsausbildung bei der S. KG. Dazu legte er einen Ausbildungsvertrag vom 15. Januar 2007 vor, wonach er im kombinierten Bildungsgang eine Berufsausbildung und ein Fachhochschulstudium absolvieren sollte. Als Ausbildungsberuf war Industriemechaniker vorgesehen. Der den Besuch der Fachhochschule betreffende Teil des Vertrages stand unter dem Vorbehalt eines bestandenen Abiturs. Mit Bescheid vom 31. Januar 2007 lehnte das Kreiswehrersatzamt Nürnberg den Zurückstellungsantrag ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Wehrbereichsverwaltung Süd mit unanfechtbar gewordenem Widerspruchsbescheid vom 5. März 2007 zurück.

2 Mit Bescheid des Kreiswehrersatzamts Nürnberg vom 31. Mai 2007 wurde der Kläger zur Ableistung des Grundwehrdienstes zum 1. Oktober 2007 einberufen. Den dagegen am 11. Juni 2007 erhobenen Widerspruch - wonach die Ausbildung des Klägers zum Industriemechaniker im Rahmen der dualen Ausbildung eine vollwertige Berufsausbildung sei -, wies die Wehrbereichsverwaltung Süd mit Bescheid vom 27. Juni 2007 zurück.

3 Auf die dagegen gerichtete Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 2. Oktober 2007 den Einberufungsbescheid vom 31. Mai 2007 und den Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2007 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Einberufungsvoraussetzungen lägen zum Gestellungszeitpunkt am 1. Oktober 2007 nicht vor. Es bestehe zu Gunsten des Klägers ein Zurückstellungsgrund nach § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. c WPflG. Der Kläger erfülle zwar für das vorgesehene Fachhochschulstudium nicht den Zurückstellungsgrund nach § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. b WPflG, weil er das dritte Semester noch nicht erreicht habe. Es bestehe aber der Zurückstellungsgrund nach § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. c WPflG. Die Einberufung zum 1. Oktober 2007 würde nämlich eine vertraglich zugesicherte Berufsausbildung ab 1. September 2007 verhindern.

4 Auf die Beschwerde der Beklagten hat der erkennende Senat die Revision gemäß § 132 Abs. 1 Nr. 2 VwGO wegen Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24. Oktober 2007 - BVerwG 6 C 9.07 ) zugelassen.

5 Die Beklagte begründet ihre Revision unter Hinweis auf das vorgenannte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Oktober 2007. Bei dem Ausbildungsvertrag des Klägers mit der Firma S. KG handele es sich um eine kombinierte Ausbildung zum Industriemechaniker und ein Studium zum Bachelor of Engineering, also ein sog. duales Studium. Dieses sei als Anwendungsfall von § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. b WPflG zu verstehen. Der Kläger erfülle die Zurückstellungsvoraussetzungen deshalb erst nach Ablauf von einem Jahr der am 1. September 2007 begonnenen Ausbildung.

6 Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 2. Oktober 2007 - AN 15 K 07.01 870 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7 Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8 Zur Begründung verteidigt er das erstinstanzliche Urteil. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht den Sachverhalt nach § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. c WPflG beurteilt. Die Berufsausbildung zum Industriemechaniker sei nicht bloßer Bestandteil einer Fachhochschulausbildung nach § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. b WPflG.

II

9 Das Urteil kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, nachdem die Beteiligten ihr Einverständnis damit erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

10 1. Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet. Das erstinstanzliche Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Es ist deshalb aufzuheben, und die Klage ist abzuweisen (§ 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO).

11 Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht tragend auf der Erwägung, auf den vom Kläger absolvierten dualen Studiengang sei der Zurückstellungsgrund der „bereits begonnenen Berufsausbildung“ aus § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. c WPflG anzuwenden. Der erkennende Senat hat aber am 24. Oktober 2007 in der Sache BVerwG 6 C 9.07 (Buchholz 448.0 § 12 WPflG Nr. 214) entschieden, dass auf derartige Fälle die Regelung aus § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. b WPflG anzuwenden ist; daran wird festgehalten (a). Nach diesen Rechtsgrundsätzen erfüllt der Kläger noch nicht die für eine Zurückstellung nötigen Voraussetzungen (b).

12 a) Entscheidungserheblicher Tatsachen- und Rechtszeitpunkt bei der Rechtmäßigkeitsüberprüfung des Einberufungsbescheides zum Grundwehrdienst ist der Gestellungszeitpunkt (Urteil vom 28. Januar 1971 - BVerwG 8 C 90.70  - BVerwGE 37, 151 <152>), vorliegend also der 1. Oktober 2007. Dem Einberufungsbescheid (§ 21 WPflG) können einwendungsweise Gründe entgegengehalten werden, welche der Heranziehung des Wehrpflichtigen entgegenstehen und den Bescheid im Gestellungszeitpunkt somit rechtswidrig machen. Die vom Kläger vorgebrachten Zurückstellungsgründe, mit welchen er nicht bereits wegen des unanfechtbar gewordenen Widerspruchsbescheids vom 5. März 2007 ausgeschlossen war, liegen entgegen der Ansicht des verwaltungsgerichtlichen Urteils aber nicht vor.

13 Nach § 12 Abs. 4 Satz 1 WPflG soll ein Wehrpflichtiger auf Antrag vom Wehrdienst zurückgestellt werden, wenn die Heranziehung zum Wehrdienst für ihn wegen persönlicher, insbesondere häuslicher, wirtschaftlicher oder beruflicher Gründe eine besondere Härte bedeuten würde. § 12 Abs. 4 Satz 2 WPflG benennt Regelfälle einer besonderen Härte, wobei Nr. 3 dieser Vorschrift die Fälle betrifft, in denen die Zurückstellung wegen einer Ausbildung des Wehrpflichtigen erfolgen soll. Die Zurückstellungsgründe des Klägers sind entgegen der im erstinstanzlichen Urteil vertretenen Rechtsauffassung nicht als Fall der Berufsausbildung aus § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. c WPflG zu beurteilen. Die Ausbildung des Klägers im dualen Studiengang ist vielmehr als ein Fall der besonderen Härte aufgrund der Aufnahme eines Studiums nach § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. b Alt. 1 WPflG anzusehen. Die Zurückstellung vom Grundwehrdienst entscheidet sich deshalb ausschließlich nach dieser Regelung. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 24. Oktober 2007 zur Eigenart dualer Studiengänge ausgeführt:
„Duale Studiengänge der vom Kläger betriebenen Art sind durch den Erwerb eines Berufsabschlusses in einem anerkannten Ausbildungsberuf während des Studiums - etwa an einer Fachhochschule - gekennzeichnet. In dualen Studiengängen werden zwei Ausbildungen nebeneinander durchgeführt. Das Ziel dieser besonderen Ausbildungsform ist die Erlangung von zwei verschiedenen Abschlüssen, nämlich sowohl des Facharbeiterbriefes in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf als auch eines Hochschulgrads, hier des Ingenieurdiploms in einem Fachhochschulstudiengang. Diese Doppelqualifikation der Absolventen kennzeichnet den dualen Studiengang. Das zwischen dem Auszubildenden und dem Ausbildungsbetrieb im Rahmen eines dualen Studiengangs bestehende Rechtsverhältnis ist dabei auf ein eigenständiges Ausbildungsziel - den Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf - ausgerichtet und damit als Berufsausbildung anzusehen. Die Verantwortung für die Vermittlung der beruflichen Handlungsfähigkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 und des § 38 Satz 1 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) vom 23. März 2005 (BGBl I S. 931) liegt nicht bei der Hochschule, sondern allein beim Ausbildungsbetrieb. Zuständig für die Abnahme der entsprechenden Abschlussprüfungen sind ebenfalls nicht die Hochschulen, sondern die bei den Industrie- und Handelskammern zu errichtenden Prüfungsausschüsse (§ 39 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 71 Abs. 2 BBiG). Parallel dazu wird das Studium an der Fachhochschule oder dem sonstigen Träger des dualen Studiengangs absolviert.
Unerheblich für den Charakter einer betrieblichen Ausbildung als Berufsausbildung ist, dass der Erwerb der theoretischen Kenntnisse für die Abschlussprüfung statt an der Berufsschule (‚duale Ausbildung’) durch das Studium an der Fachhochschule (‚duales Studium’) erfolgt. Zwar ist Prüfungsgegenstand der Abschlussprüfung gemäß § 38 Satz 2 BBiG u.a. der im Berufsschulunterricht zu vermittelnde, für die Berufsausbildung wesentliche Lehrstoff. Hierin kommt das klassische Modell der Berufsausbildung in der Form der sog. ‚dualen Ausbildung’ zum Ausdruck, wonach der Auszubildende die praktische Ausbildung in einem Ausbildungsbetrieb und die theoretische Ausbildung in der Berufsschule erhält. Auch die Vorschriften der § 14 Abs. 1 Nr. 4, § 15 Satz 1 BBiG, nach denen die Ausbildenden die Auszubildenden zum Besuch der Berufsschule anzuhalten und für die Teilnahme am Berufsschulunterricht freizustellen haben, gehen von der dualen Ausbildung aus. Die Möglichkeit einer ‚externen’ Zulassung gemäß § 43 Abs. 2 BBiG (§ 40 Abs. 3 BBiG a.F.) zeigt jedoch, dass der Unterricht an der Berufsschule für die Qualifizierung einer Ausbildung als Berufsausbildung nicht zwingend notwendig ist. Vielmehr lässt das Gesetz auch Raum für neuartige Formen der Ausbildung in den anerkannten Ausbildungsberufen, indem etwa der herkömmliche Berufsschulunterricht durch gleich- oder höherwertige theoretische Unterweisungen ersetzt wird.“

14 Zur Anwendbarkeit von § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. b WPflG auf die Fälle sog. dualer Studiengänge hat das Bundesverwaltungsgericht in demselben Urteil u.a. ausgeführt:
„Vor allem Sinn und Zweck der Regelung in § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. b Alt. 1 WPflG führen zu der Annahme, dass der duale Studiengang diesem Zurückstellungstatbestand zuzuordnen ist. Diese Regelung beruht auf dem Grundsatz, dass der studierwillige Wehrpflichtige seinen Grundwehrdienst vor der Studienaufnahme abzuleisten hat, es sei denn, die Wehrersatzbehörde macht von ihrem Recht zur Einberufung bis zum Eintritt ins dritte Semester keinen Gebrauch. Die Anwendung dieser Regelung trägt sowohl dem Charakter des dualen Studiengangs als auch den Regelungsabsichten des Gesetzgebers besser Rechnung als der auf Berufsausbildungen bezogene Zurückstellungstatbestand nach § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. c WPflG. Obwohl beide Teile des dualen Studiengangs - die betriebliche Ausbildung und die Fachhochschulausbildung - formal selbständig sind, sind sie doch zeitlich und inhaltlich miteinander verzahnt. Typischerweise laufen beide Ausbildungen parallel; jedenfalls beginnt das Fachhochschulstudium deutlich vor dem Ende der betrieblichen Ausbildung. Während der Besuch der Fachhochschule den die betriebliche Ausbildung sonst begleitenden Berufsschulbesuch ersetzt, liefert die betriebliche Ausbildung ihrerseits dem Fachhochschulstudium den sinnvollen und gewünschten Praxisbezug. Kann man in diesem Sinne vom dualen Studiengang als von einer integrierten Gesamtausbildung sprechen, so ist diese vom Fachhochschulstudium stärker geprägt als von der betrieblichen Ausbildung. Das Studium beansprucht mehr Zeit und verleiht die höherwertige Qualifikation. Sein erfolgreicher Abschluss wird bereits bei Eingehen des Berufsausbildungsverhältnisses ebenfalls angestrebt. Es hat bei wertender Betrachtung mit Blick auf die Regelungsinhalte und -ziele der hier in Rede stehenden Zurückstellungstatbestände des Wehrpflichtrechts das höhere Gewicht. Denn die Anwendung des § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. c WPflG auf duale Studiengänge würde dem auch für diese Studiengänge zutreffenden Grundsatz in § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. b Alt. 1 WPflG zuwiderlaufen, wonach der studierwillige Wehrpflichtige seinen Grundwehrdienst vor der Aufnahme des Studiums abzuleisten hat; außerdem wäre unter dieser Voraussetzung - anders als in den meisten anderen Berufsausbildungsfällen - wegen der zusätzlichen Anwendbarkeit des § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. b Alt. 1 WPflG nach Ablauf von zwei Semestern nicht gewährleistet, dass der Wehrpflichtige immerhin nach Beendigung der Berufsausbildung für den Wehrdienst zur Verfügung steht. Stattdessen würden die Begünstigungswirkungen beider Regelungen zweckwidrig kumuliert.“

15 Die Ausführungen des Klägers in der Revisionserwiderung zur Eigenständigkeit seiner Berufsausbildung führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Der Kläger verkennt, dass der erkennende Senat die Anwendung des § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. c WPflG auf duale Studiengänge nicht deswegen missbilligt hat, weil es an einer Berufsausbildung im Sinne dieser Vorschrift fehlen würde, sondern deswegen, weil die Anwendung des § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. b Alt. 1 WPflG, wie im Urteil vom 24. Oktober 2007 näher dargelegt ist, sowohl dem Charakter eines solchen Ausbildungswegs als auch den Regelungsabsichten des Gesetzgebers besser Rechnung trägt als die Anwendung jener Vorschrift.

16 b) Nach diesen Grundsätzen ist der Kläger nicht zurückzustellen. Er absolviert aufgrund eines Vertrages mit der Fa. S. KG seit dem 1. September 2007 einen dualen Studiengang, der § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. b Alt. 1 WPflG zuzuordnen ist. Der Kläger wird von der S. KG nach dem Ausbildungsvertrag vom 15. Januar 2007 „im praktischen Teil“ zum Industriemechaniker ausgebildet und studiert darüber hinaus für den Abschluss als Bachelor of Engineering, Fachrichtung Maschinenbau. Da der aus einem betrieblichen und einem Hochschulteil bestehende duale Studiengang als Einheit zu betrachten ist, die durch das Hochschulelement geprägt wird, ist es folgerichtig, mit der Semesterzählung im Rahmen von § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 Buchst. b Alt. 1 WPflG auch dann sofort zu beginnen, wenn das Fachhochschulstudium der betrieblichen Ausbildung erst mit gewissem zeitlichen Abstand folgt. Der Begriff „Semester“ steht nicht entgegen, weil er allgemein im Sinne von Ausbildungshalbjahr verstanden werden kann. Ein Wehrpflichtiger, der einen dualen Studiengang absolviert, kann daher nicht einberufen werden, wenn er zum Gestellungstermin bereits das erste Jahr seiner betrieblichen Ausbildung absolviert hat und erst danach in die erste Studienphase an der Fachhochschule eintritt (BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2007 - BVerwG 6 C 9.07 - a.a.O. Rn. 30). Im Gestellungszeitpunkt am 1. Oktober 2007 hatte der Kläger aber erst einen Monat der Ausbildung im dualen Studiengang absolviert, und dies reicht für einen Zurückstellungsgrund nicht aus.

17 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.