Beschluss vom 10.05.2007 -
BVerwG 8 B 93.06ECLI:DE:BVerwG:2007:100507B8B93.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 10.05.2007 - 8 B 93.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:100507B8B93.06.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 93.06

  • Schleswig-Holsteinisches OVG - 06.11.2006 - AZ: OVG 2 LB 23/06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Mai 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 6. November 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor. Entgegen der Auffassung der Beschwerde hat die von ihr gestellte Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung im bundesrechtlichen Sinne. Die Beschwerde wirft die Frage auf, ob der Begriff der Unmittelbarkeit des Vor- und Nachteils einer Entscheidung in § 22 Abs. 1 der Gemeindeordnung des Landes Schleswig-Holstein und in gleichlautenden Bestimmungen anderer Bundesländer der durch die Rechtsprechung über den Gesetzeswortlaut hinaus soweit ausgedehnt werden darf, dass auch nur unterstellte mittelbare Fernwirkungen von Geschäftsordnungsbeschlüssen, deren Eintritt immer wegen der freien Mandatsausübung aller Gemeindevertreter eine reine Vermutung bleiben muss, im Gegensatz zu Sachentscheidungen davon erfasst werden dürfe. Eine derartige Rechtsfrage kann in einem Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht geklärt werden. Denn das Gemeinderecht gehört dem irrevisiblen Recht an (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Eine revisionsgerichtliche Prüfung der berufungsgerichtlichen Rechtsanwendung des § 22 Abs. 1 GO S-H scheidet damit aus (§ 173 VwGO, § 560 ZPO). Die Überlegung der Beschwerde zu einer einheitlichen Auslegung und Anwendung des Landesrechts über die einzelnen Befangenheitsregelungen in den Gemeindeordnungen der Bundesländer greifen nicht. Im Gegensatz zu Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmen (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) ist eine weitergehende revisionsgerichtliche Prüfung im Sinne einer einheitlichen Auslegung von Landesrecht nicht möglich.

2 Auch die Überlegung der Beschwerde, dass die Anwendung des irrevisiblen Landesrechts durch das Oberverwaltungsgericht hier sich derart weit von einer ausdrücklichen Regelung entfernt, dass sie keinen Zusammenhang mehr mit dem Gesetz erkennen lässt, sodass an einen Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG zu denken wäre, liegt neben der Sache. Das Oberverwaltungsgericht hat in willkürfreier Weise die maßgebliche landesrechtliche Bestimmung unter sachgerechter Heranziehung der verschiedenen Auslegungsgrundsätze ausgelegt und den Zweck des § 22 GO S-H darin gesehen, dass die Entscheidung der Gemeindevertretung von individuellen Sonderinteressen freizuhalten ist und der Gemeindevertreter nicht gegen mögliche eigene Vorteile stimmt, sondern sich überhaupt nicht an der Entscheidungsfindung beteiligen soll.

3 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52, 72 GKG.