Beschluss vom 10.05.2005 -
BVerwG 7 B 27.05ECLI:DE:BVerwG:2005:100505B7B27.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 10.05.2005 - 7 B 27.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:100505B7B27.05.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 27.05

  • VG Berlin - 02.12.2004 - AZ: VG 22 A 534.99

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Mai 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht K l e y und K r a u ß
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung
  2. der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin
  3. vom 2. Dezember 2004 wird verworfen.
  4. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  5. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Die Kläger beanspruchen die Rückübertragung eines Grundstücks nach den Vorschriften des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen - VermG -. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage abgewiesen, weil die seinerzeitige Enteignung des Rechtsvorgängers der Kläger keine Schädigungsmaßnahme im Sinne des § 1 VermG gewesen sei.
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil ist unzulässig. Ihr Vortrag lässt weder den nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerügten Verfahrensmangel erkennen (1.), noch genügen ihre Ausführungen den prozessrechtlichen Anforderungen an die Begründung der daneben erhobenen Abweichungsrüge nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (2.).
1. Die Kläger sehen einen Verfahrensmangel darin, dass das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung einen Tatbestand zugrunde gelegt habe, der den Sachverhalt unvollständig und damit unrichtig wiedergebe, und legen im Einzelnen dar, wie der Tatbestand ihrer Auffassung nach hätte formuliert werden müssen.
Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wird durch dieses Vorbringen nicht dargetan. Das Verwaltungsgericht hat einen entsprechenden Tatbestandsberichtigungsantrag der Kläger mit der Begründung abgelehnt, dass die von ihnen gewünschten Ergänzungen nicht erforderlich seien, weil die Wiedergabe dieser Einzelheiten im Tatbestand gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO durch die Bezugnahme auf die vom Gericht beigezogenen Akten, insbesondere auf die Einheitswertakte des Finanzamts Lichtenberg, ersetzt worden sei. Angesichts dessen wäre es Aufgabe der Kläger gewesen darzulegen, warum der Tatbestand des Urteils unter Berücksichtigung dieser Bezugnahme nicht geeignet ist, entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 1 VwGO den Sach- und Streitstand seinem wesentlichen Inhalt nach wiederzugeben. Demgegenüber begnügen sich die Kläger damit, ihre Ergänzungswünsche aus dem Tatbestandsberichtigungsantrag zu wiederholen, ohne substantiiert zu erläutern, warum die jeweils von ihnen vermissten Einzelheiten für das Verständnis des entscheidungserheblichen Sachverhalts notwendig sind. Abgesehen davon legen sie auch nicht dar, inwieweit das angegriffene Urteil auf dem vermeintlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO beruhen kann, mit anderen Worten: warum die vermeintlichen Auslassungen im Tatbestand unter Berücksichtigung der dem Urteil zugrundeliegenden materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ursächlich für die getroffene Entscheidung sein können. Auch in dieser Hinsicht genügt ihre Verfahrensrüge nicht den Begründungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
2. Ebenso wenig kann die daneben erhobene Abweichungsrüge nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zum Erfolg des Rechtsbehelfs führen. Auch dieses Beschwerdevorbringen erfüllt nicht die Voraussetzungen, die für die Begründung einer solchen Rüge gelten. Die Kläger beanstanden, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts eine entschädigungslose Enteignung im Sinne des § 1 Abs. 1 Buchst. a VermG vorliege und das Verwaltungsgericht überdies zu Unrecht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Buchst. b VermG sowie des § 1 Abs. 3 VermG verneint habe.
Sie versäumen es jedoch, Rechtssätze des angegriffenen Urteils herauszuarbeiten, die mit Rechtssätzen aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Widerspruch stehen. Vielmehr ziehen sie in der Art einer Berufungsbegründung die Tatsachenfeststellung und -würdigung des Verwaltungsgerichts in Zweifel und vertreten die Auffassung, dass das Gericht bei richtiger Anwendung der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Rechtssätze zu einer anderen Entscheidung hätte kommen müssen. Mit der Darlegung solcher vermeintlicher Subsumtionsfehler wird aber eine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht dargetan. Soweit die Kläger sich allgemein gegen dieses Verständnis einer Divergenz wenden und die Auffassung vertreten, auch die lediglich fehlerhafte Anwendung von Rechtssätzen, die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelt worden seien, müsse als Abweichung im prozessualen Sinne begriffen werden, verkennen sie den Zweck dieses Revisionszulassungsgrundes. Dieser dient der Wahrung der Rechtseinheit und der Rechtsfortbildung und nicht der Beseitigung eines Rechtsanwendungsfehlers im Einzelfall. Dies darf allerdings nicht mit den Klägern dahin missverstanden werden, Voraussetzung einer Divergenz sei ein bewusstes oder absichtliches Abweichen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Dieses Bewusstsein ist gerade nicht Voraussetzung für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; maßgeblich ist ausschließlich, dass dem angegriffenen Urteil objektiv ein Rechtssatz zugrunde liegt, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz einer Entscheidung der im Gesetz aufgeführten Divergenzgerichte steht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Dabei sind die Kosten der Beigeladenen zu 1 nicht erstattungsfähig, weil sie keinen Antrag gestellt hat. Demgegenüber hat sich die Beigeladene zu 2 zwar mit einem Antrag am Beschwerdeverfahren beteiligt. Sie war aber von der Beschwerde gar nicht betroffen, weil das Grundstück, dessentwegen sie beigeladen worden ist, wegen der insoweit erklärten Klagerücknahme gar nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits war. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und Abs. 4 sowie § 72 Nr. 1 GKG.